Missbrauch der Religion als Kriegsstifter

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
closs
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#11 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von closs » Fr 26. Dez 2014, 11:29

sven23 hat geschrieben:Halten wir uns an das naheliegende und wahrscheinliche.
"Halten wir uns an das aus Sicht des Materialismus naheliegende und wahrscheinliche", meinst Du damit.

sven23 hat geschrieben:Wenn Hirnareale durch elektrische Ströme stimuliert werden und "Gotteserfahrungen" hervorrufen, dann ist die Stimulation die Ursache und kein Geist.
"Wenn das Auge die Sonne erkennt, dann ist dies eine Erfindung des Gehirns. Oder sollen wir glauben, dass die Sonne im Stromkabel wohnt?" - Das meinst Du natürlich nicht, weil die Sonne sichtbar ist - für andere Menschen ist Gott ähnlich präsent.

WIE das genau geht, weiss ich auch nicht. - Rein spekulativ tippe ich auf den Mikromikro-Kosmos - oder auf ein physikalisches Phänomen, das wir von Grund auf nicht kennen. - Dass wir diese Blackbox nicht öffnen können, änderet nichts an deren Wirksamkeit.

sven23 hat geschrieben: Dinge, die der Mensch noch nicht versteht, chiffriert er gerne mit Gott.
Klingt logisch und sogar nachvollziehbar. - Aber welche Fälle könnte er meinen?

sven23 hat geschrieben:Dreißigjährige Krieg (1618–1648)
Natürlich fand dieser Krieg im Kontext der Glaubensspaltung 100 Jahre vorher statt. - Aber warum? Weil die Landesfürsten dies zum Anlass machten, ihre Position gegen den Kaiser zu stärken. - WENN man schon einen Kernpunkt für diesen Krieg finden will, dann muss man im deutschen Mittelalter suchen - denn damals (Karl IV???) scheiterte der Versuch, eine Erbmonarchie zu installieren. - Wäre dies geglückt, wären die Landesfürsten nie so stark geworden (Wahlmonarchie/Föderalismus).

Wenn man "Religionskriege" definieren will, sollte man nicht die Frage stellen "Gibt es einen religiös-kulturellen Kontext?", sondern "War dieser Kontext der eigentliche Punkt für den Ausbruchs des Krieges?" - Und das war er eben beim 30hährigen Krieg NICHT.

Natürlich hat der Wiener Kaiser seinen Hegemonial-Anspruch über sein katholisches Kaisertum begründet (eine Art "völkerrechtliches Mandat") - aber das war überhaupt nicht der Grund. - Der Grund lag in beiderseitigen machtpolitischen Interessen.

Das ist so ähnlich, wenn die USA Krieg irgendwo in der Welt führen: Vorgeschoben werden demokratische Werte, die man in der Welt installieren müsse - tatsächlich sind es reine Machtinteressen. - Nach dem Argumentationsmuster von Dir und Pluto würde dies heißen, dass die Demokratie schuld war am Vietnamkrieg (= böse Demokratie). - Das geht so nicht.

sven23 hat geschrieben:WKII ist kein klassicher Religionskrieg, aber es schwingen religiöse Motive mit
Dasselbe in Grün. - Der Kriegsherr versucht, sein Treiben PR-mäßig zu verkaufen. - Der Grund für WK II (auch aus Sicht von Hitler) waren "Rache für Versailles" und "Lebensraum im Osten". - Geht man weiter zurück, wäre eigentlich Karl der Große schuld, weil er sein Reich damals aufgeteilt hat. - Hätte er es EINEM Sohn gegeben, hätte es nie die Erbfeindschaft zwischen Franzosen und Deutschen gegeben.

Warum aber ist Karl der Große nach WK II nicht aus den Geschichtsbüchern verschwunden? ("Karl der Große als Urgrund des Faschismus") - Weil es genauso absurd wäre, wie wenn man WK II (incl. Holocaust) im Kontext eines Religionskonflikts verstehen würde.

Aber Ihr bringt mich auf den Verdacht, dass die sogenannte "Aufklärung" des 20.Jh. nicht davor zurückschrecken würde, die Kriege seit der Zeit, die sich übrigens selbst "Aufklärung" nennt, als "Religions-Kriege" zu bezeichnen, um die Zeit seit der Mitte des 20. Jh. als Ausdruck des aufgeklärten Säkularismus zu verkaufen. - SOOO viel Geschichts.Klitterung hätte ich nicht erwartet.

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sven23
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#12 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von sven23 » Fr 26. Dez 2014, 12:21

closs hat geschrieben: Wenn das Auge die Sonne erkennt, dann ist dies eine Erfindung des Gehirns. Oder sollen wir glauben, dass die Sonne im Stromkabel wohnt?" - Das meinst Du natürlich nicht, weil die Sonne sichtbar ist -

In welchem Stromkabel?
Das Auge ist eine Anpassung der Evolution. Was wir über die Netzhaut ins Gehirn eingespielt bekommen, ist ein Abbild der Realität.
Die Stimulation bestimmter Hirnareale ist, die vorhersagbare Gefühle erzeugt, ist doch ein überdeutlicher Hinweis auf Ursache und Wirkung. Oder sollen wir glauben, daß Gott sich per Knopfdruck beliebig herbei zitieren läßt? Das wäre doch wirklich zu albern. Es sind Gefühle, die sich künstlich stimulieren lassen.

closs hat geschrieben: Klingt logisch und sogar nachvollziehbar. - Aber welche Fälle könnte er meinen?

Damit meint Hawking alles, was sich der Mensch mit seinen bescheidenen Mitteln nicht erklären konnte. Das war vor 20000 Jahren sicher eine ganze Menge mehr als heute. Heute reduzieren ihn manche auf den Lückenbüßergott. Und die Lücken sind in den letzten 100 Jahren immer kleiner geworden. Zum Schluß wird nur noch ein Nischengott übrigbleiben. ;)


closs hat geschrieben: Wenn man "Religionskriege" definieren will, sollte man nicht die Frage stellen "Gibt es einen religiös-kulturellen Kontext?", sondern "War dieser Kontext der eigentliche Punkt für den Ausbruchs des Krieges?" - Und das war er eben beim 30hährigen Krieg NICHT.

Ich sagte ja schon, daß ein Krieg selten monokausal ist. Aber daß er auch ein Religions-/Konfessionskrieg war, darüber haben Historiker nicht den geringsten Zweifel.

"Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 war ein Konflikt um die Hegemonie im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und in Europa und zugleich ein Religionskrieg."

Quelle: Wikipedia


closs hat geschrieben: Weil es genauso absurd wäre, wie wenn man WK II (incl. Holocaust) im Kontext eines Religionskonflikts verstehen würde.

WKII war sicher kein Religionskrieg, aber das Christentum und im besonderen die RKK hat die Musik komponiert, nach der dann gespielt wurde. Der Antisemitismus war keine Erfindung Hitlers, sondern ist 2000 Jahre durch das Christentum kultiviert worden.
Die Kirche war am Anfang zumindest nicht empört darüber, daß den "Gottesmördern" nun endlich mal die gerechte Strafe zukommt.
Das war der geistige Nährboden, auf dem sich dann die Katastrophe vollzogen hat.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#13 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von Pluto » Fr 26. Dez 2014, 12:40

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dreißigjährige Krieg (1618–1648)
Natürlich fand dieser Krieg im Kontext der Glaubensspaltung 100 Jahre vorher statt. - Aber warum? Weil die Landesfürsten dies zum Anlass machten, ihre Position gegen den Kaiser zu stärken. - WENN man schon einen Kernpunkt für diesen Krieg finden will, dann muss man im deutschen Mittelalter suchen - denn damals (Karl IV???) scheiterte der Versuch, eine Erbmonarchie zu installieren. - Wäre dies geglückt, wären die Landesfürsten nie so stark geworden (Wahlmonarchie/Föderalismus).
Lieber closs,
Gehen wir doch mal an den Ausgangspunkt der Diskussion über die religiösen Hintegründe der Kriege in Europa zurück.
Du hattest geschrieben:
closs hat geschrieben:In den letzten ca. 400 Jahren waren alle Kriege Europas primär säkular bedingt.
Das kann man angesichtsder Geschichte nur als falsch bezeichnen. Du kannst dich drehen und wenden wie du willst, um diese ursprüngliche Aussage aufrechtzuerhalten, muss man schon eine sehr stark rosa gefärbte Brille tragen. Der Ausgagspunkt der Kriege der letzten 4 Jarhunderte war allzuoft die Religion.

Wenn man "Religionskriege" definieren will, sollte man nicht die Frage stellen "Gibt es einen religiös-kulturellen Kontext?", sondern "War dieser Kontext der eigentliche Punkt für den Ausbruchs des Krieges?" - Und das war er eben beim 30hährigen Krieg NICHT.
Als Freund der Hermeneutik sollte dir klar sein, dass dies falsch ist.
Der Grund für den Ausbruch des Krieges 1618, war der Aufstand in Böhmen. Den Bürgern wurde die Religionsfreiheit versprochen.
Aus Sicht der Böhmer, wurden diese Versprechen nicht eingehalten. Die Folge war der Böhmisch-Pfälzische Krieg (1618–1623).

Das ist so ähnlich, wenn die USA Krieg irgendwo in der Welt führen: Vorgeschoben werden demokratische Werte, die man in der Welt installieren müsse - tatsächlich sind es reine Machtinteressen.
Auch das ist nicht richtig.
Es wurden immer wieder religiöse Motive ins spiel gebracht. So sagte G.W. Bush 2003 während einer Rede:
"Gott hat uns aufgerufen, unser Land zu verteidigen und die Welt zum Frieden zu führen. ... Die Freiheit ist nicht Amerikas Geschenk an die Welt, sie ist Gottes Geschenk."

closs hat geschrieben:Der Kriegsherr versucht, sein Treiben PR-mäßig zu verkaufen. - Der Grund für WK II (auch aus Sicht von Hitler) waren "Rache für Versailles" und "Lebensraum im Osten".
Natürlich ging es in WK-II primär um Demokratie, aber das ändert nichts an den Motiven Hitlers, die er schon 1927 in Mein Kampf formulierte. Seine antisemitischen Motive gehen da klar hervor: In dem er Juden verfolgte, sah er sich als Erfüller des Willens des HERRN.
Anders kann man das nicht auslegen. Und der Holocaust war eindeutig gegen die Juden gerichtet.
Und wer waren die Täter?
Jedenfalls gibt es keine Berichte aus der damaligen Zeit, von einer "Kirchenflucht": Die Menschen in Deutschland, darunter auch viele von Hitlers Schergen in den KZs waren bekennende Christen.
Die damalige Realität war aus heutiger Sicht schizophren: Wochentags quälte und tötete man Juden, am Sonntag ging man mit der Familie in die Kirche.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#14 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von closs » Fr 26. Dez 2014, 13:04

sven23 hat geschrieben: Was wir über die Netzhaut ins Gehirn eingespielt bekommen, ist ein Abbild der Realität.
Das naturalistische Weltbild ist mir leidlich bekannt - darum geht es nicht.

sven23 hat geschrieben:Es sind Gefühle, die sich künstlich stimulieren lassen.
Darum geht es. - Alles, was sich der Naturalismus mit seinen Mitteln nicht erklären kann, nennt er "Phantasie" oder sonstwas. - Von wem stammt folgender Satz gleich wieder? "Wir haben eben diesen Begründungszwang. Wir wollen, dass nichts ohne Ursache geschieht. Manchmal, wenn wir die eigentliche nicht erkennen, erfinden wir eine." :devil: :lol: - Singers Versionen repräsentieren den Begründungs-Zwang des Naturalismus.

Der Naturalismus kann systembedingt nur zwischen naturalistisch nachweisbar und nicht-nachweisbar unterscheiden. - Dementsprechend teilt er ein in "real" und "virtuell".

sven23 hat geschrieben:Aber daß er auch ein Religions-/Konfessionskrieg war, darüber haben Historiker nicht den geringsten Zweifel.
Dass er ohne die Religionskriege des 16. Jh. so nicht möglich gewesen wäre, ist richtig. - Mich interessiert aber mehr die Eigen-Motivation eines Kriegs: Was war eigentlich der Grund dafür, dass es den Fenstersturz in Prag gab, etc. - und da wird man keine religiösen Gründe finden.

sven23 hat geschrieben: Der Antisemitismus war keine Erfindung Hitlers, sondern ist 2000 Jahre durch das Christentum kultiviert worden.
Auch hier: Der Antisemitismus ist selbstverständlich eine abendländische Größe - hier ist ein Volk ohne Nationalstaat überall Minderheit und auch noch mächtig - das kann nicht gut gehen. - Warum ist es ein Volk ohne Nationalstaat? - Weil sein Staat von den Römern zerstört wurde.

Natürlich spielen religiöse Motive hinein ("Judas = Verräter unseres Heilands") - diese Motive wären jedoch wirkungslos gewesen, hätten die Juden durchgehend ihren eigenen Nationalstaat gehabt. - Sind die Römer nun die Schuldigen am Holocaust? Ist das Christentum schuldig am Holocaust? - Ja, weil ohne deren historische Rolle die Grundlagen gefehlt hätten, Juden zur Zielgruppe des Holocaust zu machen. - Nein, weil der Nationalsozialismus historisch genauso wenig mit Römern wie mit Christen zu tun hat. - Wie wollen wir es haben?

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#15 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von closs » Fr 26. Dez 2014, 13:22

Pluto hat geschrieben: Du kannst dich drehen und wenden wie du willst, um diese ursprüngliche Aussage aufrechtzuerhalten
An Nordirland und Bosnien hatte ich nicht gedacht - vielleicht gibt es noch welche, die ich übersehen habe. - Aber unterm Strich und in überwältigender Mehrheit wird meine Aussage kaum angreifbar sein - es sei denn, man konstruiert Definitionen hinein, auf die man nicht selber kommt.

closs hat geschrieben:Der Grund für den Ausbruch des Krieges 1618, war der Aufstand in Böhmen. Den Bürgern wurde die Religionsfreiheit versprochen.
Ja - aber die Gründe dafür waren doch rein machtpolitischer Natur. - Wien hat dies nicht aus religiösen, sondern aus machtpolitischen Gründen abgelehnt. - Es ging im gesamten 30jährigen Krieg nicht um religiöse Überzeugungen, sondern um säkulare Hegemonie in Europa. - WIr sind uns insofern einig, dass die Religions-Kriege des 16.Jh. die Matrix sind, auf der argumentiert wird.

Eigentlich müsste geklärt werden, wann man von "Religions-Krieg" sprechen kann: Wenn a) man aus religiösen Überzeugungen (Kreuzfahrer-Kriege, Luther-Kriege, ISIS-Kriege, etc.) Krieg führt oder b) wenn man unter dem Vorwand historisch bedingter religiöser Muster Kriege führt. - Aus meiner Sicht sollte man a) zugrunde legen. - Legt man b) zugrunde, kann man irgendwann alle Kriege mit Adama und Eva begründen - das wäre mir zu diffus.

Pluto hat geschrieben: Die Freiheit ist nicht Amerikas Geschenk an die Welt, sie ist Gottes Geschenk."
Dasselbe in Grün - da spricht Bush wie Hitler. - Man hat eigene Interessen und verklärt sie in historischen Mustern, von denen man hofft, dass sie beim Volk ankommen. - Im Klartext: Die USA haben NICHT in Korea oder Vietnam oder Irak gekämpft, weil sie Gottes Wille damit befolgen, sondern weil sie jeweils knallharte macht-politische Interessen verfolgt haben. - In beiden Fällen findet härteste Blasphemie statt.

Pluto hat geschrieben:Die damalige Realität war aus heutiger Sicht schizophren: Wochentags quälte und tötete man Juden, am Sonntag ging man mit der Familie in die Kirche.
Das ist leider normal beim Menschen - man nennt das kollektive dissoziative Identitätsstörung. - Wer heute Fleisch isst und gleichzeitig gegen Tierquälerei ist, tut dasselbe - nur dass die heutigen Menschen nicht in weltgeschichtlich so brutalen Umständen leben wie damals.

Der einzige Schutz dagegen sind wasserdichte Verfassungen auf humanistischer Grundlage sowie ein Staat, der stark genug ist, diese Verfassung durchzusetzen - der Mensch selber bleibt der gleiche, ist aber damit domestiziert. - Der durchschnittliche Bürger heute ist qualitativ kein anderer als der durchschnittliche Bürger damals.

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#16 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von sven23 » Fr 26. Dez 2014, 14:54

closs hat geschrieben:Das naturalistische Weltbild ist mir leidlich bekannt - darum geht es nicht.

Warum leidlich? Ist dir die Natur so zuwider? :lol:

closs hat geschrieben: Darum geht es. - Alles, was sich der Naturalismus mit seinen Mitteln nicht erklären kann, nennt er "Phantasie" oder sonstwas. -

Gefühle selbst sind doch keine Phantasie, sie sind real.

closs hat geschrieben: Von wem stammt folgender Satz gleich wieder? "Wir haben eben diesen Begründungszwang. Wir wollen, dass nichts ohne Ursache geschieht. Manchmal, wenn wir die eigentliche nicht erkennen, erfinden wir eine."

Von Prof. Singer. Und natürlich hat er damit recht.
So ist nun mal die menschliche Natur. Wir sind neugierig und wißbegierig (zum Glück), Rätsel und ungelöste Fragen ziehen uns magisch an. Und wenn wir keine Lösung finden, dann erfinden wir eine. Das gilt aber nur für geistig-spirituelle Dinge. In der Wissenschaft ist so was verpönt.


closs hat geschrieben: Sind die Römer nun die Schuldigen am Holocaust? Ist das Christentum schuldig am Holocaust? - Ja, weil ohne deren historische Rolle die Grundlagen gefehlt hätten, Juden zur Zielgruppe des Holocaust zu machen. - Nein, weil der Nationalsozialismus historisch genauso wenig mit Römern wie mit Christen zu tun hat. - Wie wollen wir es haben?

Wenn schon dann beide, schließlich heißt es ja nicht umsonst Römisch-katholische Kirche. ;)

Im Ernst. Schon mal daran gedacht, daß der Schuldzuweisung an die Juden eine interessegesteuerte Motivation zu Grunde liegen könnte?


"Pontius Pilatus war im Gegensatz zu Jesus eine historisch verbürgte Person. Seine Lebensdaten sind bekannt, doch die Evangelien berichten nicht angemessen über ihn.
Pilatus war nachweislich ein brutaler Herrscher, der vor der Ermordung von Familienmitgliedern nicht zurückschreckte.
Die Evangelienautoren lassen ihn viel zu milde und geduldig handeln. Es gibt keinen plausiblen Grund für Pilatus' Hilflosigkeit.
Der Grund wird erst aus dramaturgischer Sicht klar: Man wollte die Römer von der Schuld am Tod Jesu frei sprechen. Schliesslich war man zur Zeit der Evangelienschreibung dabei, unter ihnen zu missionieren.
Zu diesem Zeitpunkt war der Bruch zum Judentum nämlich schon vollzogen und die Heidenbekehrung oberstes Ziel und Gebot. (Wie so oft weltliche Motive hinter den vielen Bibelgeschichten.) "

Quelle
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#17 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von Salome23 » Fr 26. Dez 2014, 14:54

sven23 hat geschrieben:
http://www.sueddeutsche.de/wissen/wolf- ... n-1.171628

Singer endet mit einem sehr schönen Satz:

"Wir haben eben diesen Begründungszwang. Wir wollen, dass nichts ohne Ursache geschieht. Manchmal, wenn wir die eigentliche nicht erkennen, erfinden wir eine."
Nö-mit diesem Satz endet nur die erste Seite von 3 Seiten.
Aber danke fürs reinstellen, guter Artikel und ich werd mir wohl das Buch zulegen,welches auf Seite 2 erwähnt wurde....

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#18 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von Pluto » Fr 26. Dez 2014, 15:03

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Du kannst dich drehen und wenden wie du willst, um diese ursprüngliche Aussage aufrechtzuerhalten
An Nordirland und Bosnien hatte ich nicht gedacht - vielleicht gibt es noch welche, die ich übersehen habe. - Aber unterm Strich und in überwältigender Mehrheit wird meine Aussage kaum angreifbar sein - es sei denn, man konstruiert Definitionen hinein, auf die man nicht selber kommt.
Weißt du wie Adolf Eichmann seine Arbeit sah?
  • "Ich tat reinen Gewissens und gläubigen Herzens meine Pflicht."

closs hat geschrieben:WIr sind uns insofern einig, dass die Religions-Kriege des 16.Jh. die Matrix sind, auf der argumentiert wird.
Die des 17. Jahrhunderts größtenteils auch. ;)

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Die Freiheit ist nicht Amerikas Geschenk an die Welt, sie ist Gottes Geschenk."
Dasselbe in Grün - da spricht Bush wie Hitler.
Da hast du recht.

Wichtig ist, beide wollten den Krieg mit ihrem Glauben an die Allmacht Gottes rechtfertigen.
Das Problem ist menschlich gesehen, immer dasselbe. Es geht um die Abgabe der Verantwortung!
Deshalb ist es für Untergebene bequem, die Schuld am Verbrechen (Krieg) dem Befehlshaber zuzuschieben.
Aber was tut der Befehlshaber? — Er bequemt sich in dem er die Schuld auf den unsichtbaren Herrscher abwälzt; das Ergebnis: Religionskriege.
Das Muster ist immer dasselbe, das war schon bei den Kreuzritter so, als sie unter Banner "deus lo volt" marschierten.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die damalige Realität war aus heutiger Sicht schizophren: Wochentags quälte und tötete man Juden, am Sonntag ging man mit der Familie in die Kirche.
Das ist leider normal beim Menschen.
Man rechtfertigt Kriege mit der Aussage, "Gottes Wille geschehe". Die Reilgion ist nun mal ein willkommener "Blitzableiter" für fehlgeleitete menschliche Aggressionen.

closs hat geschrieben:nur dass die heutigen Menschen nicht in weltgeschichtlich so brutalen Umständen leben wie damals.
Dieser Hoffnungsschimmer ist eine Leistung der Aufklärung der letzten 500 Jahre und ein Zeichen, dass wir endlich Herr der "finsteren Engel" unserer Seelen werden.

closs hat geschrieben:Der durchschnittliche Bürger heute ist qualitativ kein anderer als der durchschnittliche Bürger damals.
Wenn das stimmt, dann müssen wir unsere Anstrengungen in Richtung Aufklärung noch weiter intensivieren.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#19 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von sven23 » Fr 26. Dez 2014, 15:04

Salome23 hat geschrieben: Nö-mit diesem Satz endet nur die erste Seite von 3 Seiten.
Aber danke fürs reinstellen, guter Artikel und ich werd mir wohl das Buch zulegen,welches auf Seite 2 erwähnt wurde....

Danke für den Hinweis, das mit dem LSD laß ich wohl lieber. ;)
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#20 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von Salome23 » Fr 26. Dez 2014, 15:22

sven23 hat geschrieben: Danke für den Hinweis, das mit dem LSD laß ich wohl lieber. ;)
Na ich weiss nicht-8 Stunden vor ner weissen Wand sitzen ohne Blick abwenden ist wohl der ärgere Trip.... ;)
Ich schaffte es gestern Nacht nicht mal 10 Minuten, ich schlief ein :D

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