Göttliche Fügung und Determinismus

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closs
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#21 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von closs » Mi 3. Dez 2014, 13:23

Pluto hat geschrieben:Weil nach der Logik, Ereignisse nur im Fluss der Zeit geschehen können.
Das vermute ich auch - andererseits wissen wir nicht, was es noch außer Zeit geben kann, in dem Ereignisse stattfinden. - Das ist das eine.

Das andere ist: Wenn Gott aus der Über-Zeitlichkeit heraus in die Zeitlichkeit hineinwirkt, wirkt er doch in der Zeit und nicht in der Überzeitlichkeit. - Insofern finde ich Dein Argument unlogisch.

Pluto hat geschrieben:Wenn du nicht weißt was das ist, wie kannst du dann behaupten, Gott existiere in "seinem Sein"?
Doch - man kann das auch als Black Box sehen. - Du sagst damit nicht anderes, als dass es Gott nur dann geben könne, wenn wir wüssten, wie er funzt. - Damit machst Du einmal mehr Realität zur abhängigen Größe von Wahrnehmung.

Pluto hat geschrieben:Vielleicht weil es unsinnig ist so etwas behaupten zu wollen?
Möglicherweise ist es aber auch dialektisch logisch. - Der Unterschied zwischen uns scheint zu sein, dass Du Logik an unmittelbarer Wahrnehmung fest machst, während ich Logik als Mittel zur Schlussfolgerungen ins Unbekannte hinein aus dem Bekannten heraus verstehe.

Pluto hat geschrieben:Allerdings kann Er sich über die Logik hinwegsetzen, so Er will.
Das kann in der Tat so sein - nur sehe ich bisher keinen Anlass, diesen Fall in Anspruch zu nehmen.

Pluto hat geschrieben: Dazu muss man aber einen nicht-beliebigen Gott voraussetzen.
Das meint Descartes unerfindlicherweise. - Was wäre der Unterschied im Bewusstsein "Ich bin", ob Gott beliebig wäre oder nicht? - Vor allem: Was ist überhaupt ein beliebiger Gott? - Einer, dessen Handlungen wir nicht verstehen?

Pluto hat geschrieben:Glaubst du, außer von dir wäre dies in den über 350 Jahren seines Besetehens nicht längst von einem Student von Descartes' Philosophie erkannt worden?
Möglicherweise ist es ja im Sinne des descarteschen Denksystems so nötig (selbiges kenne ich en detail nicht) - aber unter ontologischen Gesichtspunkten (in meinem Verständnis ist es halt nicht nötig.

Pluto hat geschrieben:Wo ist der Unterschied, ob Gott einmal oder mehrmals beliebig ist?
Ontologisch ist es KEIN Unterschied. - Nur müsste erst einmal klargestellt werden, was Beliebigkeit Gottes aus menschlicher Wahrnehmung heraus überhaupt ist. - Bislang kann ich nur beliebige Setzungen des Menschen erkennen.

Pluto hat geschrieben:Tut man das nicht, wird dieser Satz zu einer subjektiven Wahrnehmung herabgestuft
Eine subjektive Wahrnehmung, die in Bezug auf das Objekt ("Ich") sicher ist. - Wie könnte die bewusste (!!!!) Wahrnehmung "Ich bin" (wir reden hier nicht von einem Papagei, dem nicht bewusst ist, was er plappert) objektiv nicht richtig sein?

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#22 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von closs » Mi 3. Dez 2014, 13:33

Savonlinna hat geschrieben:. Es kann auch die Vermischung von rein intellektuell hergeleiteten Begriffen und dem Verstehen von holistischem Geschehen sein.
PRinzipiell ja - aber nicht "Vermischung". - Es ist der intellektuelle Wahrnehmungs-Versuch eines holistischen Seins, das unabhängig von diesem Versuch "ist" oder "nicht-ist".

Savonlinna hat geschrieben:was closs hier mit "Gott" meint.
Ja - Gott wäre dann das holistische Sein, das man intellektuell oder emotional erkennt oder nicht - und das rein theoretisch auch NICHT sein kann, weil man es ja nicht nachweisen kann.

Pluto hat geschrieben: Weil hier die Entwicklung vorher abgeschlossen wurde, so dass dann im "entwicklungsfreien Holos" nicht mehr geschieht.
Das ist richtig. - Entwicklung gibt es im Holon nicht - das ist doch genau der Grund für die Chiffre/das Gleichnis "Sündenfall": In dem Moment, in dem Entwicklung nötig wird (hier: Eigen-Bewusstsein des Menschen) MUSS die "Vertreibung" aus dem Holon erfolgen in die Zeit hinein. - Gott selber kann da bleiben, wo er ist - bei ihm als Holon gibt's nichts zu entwickeln.

Savonlinna hat geschrieben: das holistische Denken, mit dem ich mich überhaupt noch nicht groß beschäftigt habe, liegt dem Denken von Meister Eckhart ziemlich nahe.
Bingo.

Andreas hat geschrieben: wenn closs und Pluto nicht zum x-ten mal ihre Fügungsdiskussion auch hier abhalten würden
Das ist wirklich ein objektives Problem - es gibt kaum einen Thread, der nicht in die Irre führt, wenn die Weichenstellungen von vorneherein falsch sind.

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#23 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von Savonlinna » Mi 3. Dez 2014, 14:00

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:was closs hier mit "Gott" meint.
Ja - Gott wäre dann das holistische Sein, das man intellektuell oder emotional erkennt oder nicht - und das rein theoretisch auch NICHT sein kann, weil man es ja nicht nachweisen kann.
Nachweisen kann man es dann schon - wenn man sich von rationalistischen Begriffen, die innerlich leer sind, verabschiedet. Nachweisen als intersubjektiv vorhanden.

Aber egal. Für den holistischen Hinweis bin ich sehr dankbar, und da komme ich selber weiter.
Wenn das mit rationaler Begriffsapparatur umkleidet werden muss für den oder den, dann ist das mir dann auch egal. Ich wollte nur erklären, warum man dann vielleicht nie verstanden wird. Man vermixt dann schon zwei Begriffssysteme, und wer soll da noch mitkommen können. Es ist also nicht die Sache, die schwer ist, sondern die Formulierung, die irgendwie zwei Göttern gleichzeitig gerecht werden will - und letztlich keinem.

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#24 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von Pluto » Mi 3. Dez 2014, 16:16

closs hat geschrieben:Wenn Gott aus der Über-Zeitlichkeit heraus in die Zeitlichkeit hineinwirkt, wirkt er doch in der Zeit und nicht in der Überzeitlichkeit. - Insofern finde ich Dein Argument unlogisch.
Sehe ich genauso.
Mein Argument ist aber ein anderes:
Wenn Gott über der Logik und der Zeit steht, kann für uns Menschen alles grenzenlos beliebig werden. Dann ist auch Descartes' "cogito" ncht mehr absolut gesichert. Das hatte Descartes erkannt, daher seine Annahme (Setzung), dass Gott wohlwollend sei.

closs hat geschrieben:Doch - man kann das auch als Black Box sehen.
Ja, das kannst du so sehen. Dann kannst du aber nicht das Innere der "Black Box" beschreiben. Dann kannst du z. Bsp. nicht wissen, ob Gott im Sein ist oder nicht; das wäre dann reine Mutmaßung.

closs hat geschrieben:Möglicherweise ist es aber auch dialektisch logisch.
dialektisch logisch...? :o Was genau ist das? — Ich verstehe nur "Bahnhof".

closs hat geschrieben:Der Unterschied zwischen uns scheint zu sein, dass Du Logik an unmittelbarer Wahrnehmung fest machst
Für mich ist Logik die Begrenzung durch Realität; z. Bsp. können wir keinen Würfel ohne Kanten bauen!

closs hat geschrieben:während ich Logik als Mittel zur Schlussfolgerungen ins Unbekannte hinein aus dem Bekannten heraus verstehe.
Schlussfolgerungen ins Unbekannte...? Wie soll das gehen? Etwas ist entweder bekannt, oder unbekannt. Aber über Unbekanntes kann man gar keine Schlussfolgerungen ziehen, weil man es nicht kennt.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Allerdings kann Er sich über die Logik hinwegsetzen, so Er will.
Das kann in der Tat so sein - nur sehe ich bisher keinen Anlass, diesen Fall in Anspruch zu nehmen.
Das ist ein Dekfehler. Aus der Logik geht kein Wirken ohne Zeit. Wenn Gott also aus dem Überzeitlichen in der Welt wirken soll, dann muss er dazu auch über der Logik stehen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Dazu muss man aber einen nicht-beliebigen Gott voraussetzen.
Das meint Descartes unerfindlicherweise.
Für mich ist das die einzige logische Schlussfolgerung, sonnst wird selbst das "cogito" beliebig. Descartes war kein Dummkopf, und hat sicher nicht aus "Jux und Tollerei" Dinge angenommen, die er nicht brauchte.

closs hat geschrieben:Was wäre der Unterschied im Bewusstsein "Ich bin", ob Gott beliebig wäre oder nicht? - Vor allem: Was ist überhaupt ein beliebiger Gott? - Einer, dessen Handlungen wir nicht verstehen?
Ein beliebiger Gott wäre ein Gott der uns das "cogito" vortäuschen könnte.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Glaubst du, außer von dir wäre dies in den über 350 Jahren seines Besetehens nicht längst von einem Student von Descartes' Philosophie erkannt worden?
Möglicherweise ist es ja im Sinne des descarteschen Denksystems so nötig (selbiges kenne ich en detail nicht) - aber unter ontologischen Gesichtspunkten (in meinem Verständnis ist es halt nicht nötig.
Du weichst meiner Frage aus. Wenn Descartes Unrecht hatte, warum hat das bisher noch kein Philosoph der Welt bemerkt?

closs hat geschrieben:Eine subjektive Wahrnehmung, die in Bezug auf das Objekt ("Ich") sicher ist. - Wie könnte die bewusste (!!!!) Wahrnehmung "Ich bin" (wir reden hier nicht von einem Papagei, dem nicht bewusst ist, was er plappert) objektiv nicht richtig sein?
Aha! Da lieg der Denkfehler.
Die Wahrnhmung des "cogito" ist nur dann absolut, wenn man (wie Descartes) von einem wohlwollenden Gott des Vertandes ausgeht. Ansonst wird selbst das "cogito" beliebig.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#25 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von closs » Mi 3. Dez 2014, 16:27

Wo machmer jetzt weiter?

Pluto
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#26 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von Pluto » Mi 3. Dez 2014, 18:30

closs hat geschrieben:Wo machmer jetzt weiter?
Na! — Hier. :mrgreen:
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#27 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von closs » Mi 3. Dez 2014, 23:11

Pluto hat geschrieben:Wenn Gott über der Logik und der Zeit steht, kann für uns Menschen alles grenzenlos beliebig werden.
Zumindest nicht beeinflussbar.

Pluto hat geschrieben: Dann ist auch Descartes' "cogito" ncht mehr absolut gesichert.
Diese Verbindung verstehe ich eben nicht. - Natürlich kann man sich Gott theoretisch als Satan vorstellen, der bspw. seine Schöpfung vernichten will. - Aber was ändert das an der Feststellung "cogito". - Selbst wenn das "cogito" nur SChrott erzeugen würde, wäre es erkannter Beweis für die eigene Existenz.

Pluto hat geschrieben:Dann kannst du z. Bsp. nicht wissen, ob Gott im Sein ist oder nicht; das wäre dann reine Mutmaßung.
Der Mensch kann so gut wie nichts "wissen" - jegliches Wissen beruht auf Prämissen. - Die Prämisse wäre hier, dass das spirituell-geistige Vermögen des Menschen so geschaffen ist, dass es wahrheits-annäherungs-fähig ist (hier wäre übrigens die Setzung des "wohlwollenden Gottes" angebracht).

Pluto hat geschrieben:dialektisch logisch...?
Logisch im Sinne der Dialektik - bei der die Aufhebung der niedrigeren Ebene 1 in die höhere Ebene 2 u.a. dazu führt, dass die Ebene 2 in sich alle Eigenschaften der Ebene 1 trägt - beispielsweise.

Pluto hat geschrieben:z. Bsp. können wir keinen Würfel ohne Kanten bauen!
Ist das eine Frage der Logik? - Das klingt eher nach Definition.

Pluto hat geschrieben: Wie soll das gehen? Etwas ist entweder bekannt, oder unbekannt.
Genau durch dialektische Logik. - Man erkennt etwas auf Ebene 1 und kann lokalisieren, wo Ebene 2 ist - ohne sie selbst betreten zu können.

Pluto hat geschrieben:Wenn Gott also aus dem Überzeitlichen in der Welt wirken soll, dann muss er dazu auch über der Logik stehen.
Aber da, wo er wirkt, ist doch Zeit - dafür ist sie doch da.

Pluto hat geschrieben:Ein beliebiger Gott wäre ein Gott der uns das "cogito" vortäuschen könnte.
Dann müsste "uns" aber Dritte sein - uns als Dritte kann man etwas vortäuschen. - Aber nicht dem Betroffenen, der "Cogito" BEWUSST (!!!!) sagen kann oder nicht sagen kann. - Entweder das "Cogito" ist dem Betroffenen vorgetäuscht, dann kann er "Cogito" nicht bewusst sagen, oder der Betroffene kann es bewusst sagen, dann ist es keine Vortäuschung.

Pluto hat geschrieben: Wenn Descartes Unrecht hatte, warum hat das bisher noch kein Philosoph der Welt bemerkt?
Das wurde bestimmt schon gemerkt - möglicherweise wird Descartes im Kontext seiner Zeit gesehen und gar nicht mehr mit der Gegenwart korrelliert - keine Ahnung. - Im übrigen: Wie will eine materialistische Philosophie, die Descartes als dualistisch (miss-) versteht, ihn modern rezipieren können?

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#28 Re: Göttliche Fügung und Determiniamus

Beitrag von sven23 » Fr 5. Dez 2014, 07:19

closs hat geschrieben:
Wenn Du morgen abend aus freier Entscheidung zwei Flaschen Wodka trinkst und danach heimfahren willst, ist Fügung, dass Dein Auto-Motor nicht anspringt.

Auch das wäre ja ein aktives Eingreifen, in diesem Fall ja durchaus positiv. Aber was soll man positiv daran finden, wenn Gott so etwas wie Ausschwitz fügt, arrangiert, herbeiführt, wie immer man es nennen will?
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#29 Re: Göttliche Fügung und Determiniamus

Beitrag von sven23 » Fr 5. Dez 2014, 07:24

closs hat geschrieben: Erst jetzt kommt Gott, indem er im Wissen um das, was Folge der Eigen-Entwicklung von Natur und Mensch ist, voraus-schauend beeinflusst - Beispiel oben: Im WIssen, dass Du Dich besoffen ans Steuer setzen willst, kann Gott eingreifen, indem aus unerfindlichen (oder erfindlichen Gründen - jeder Zünd ritzel geht mal kaputt) Dein Auto nicht anspringen lässt.

Und wenn man sich die Welt anschaut, scheint es ja auch hervorragend andersherum zu funktionieren, d. h. Gott benutzt sein Wissen und seine Allmacht, um den Menschen zu schaden. Mit diesem Fügungskonzept schadest du deinem Gott erheblich. Paß auf, daß der dich nicht wegen Rufmord zur Verantwortung zieht. :lol:
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#30 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von closs » Fr 5. Dez 2014, 09:56

sven23 hat geschrieben:Und wenn man sich die Welt anschaut, scheint es ja auch hervorragend andersherum zu funktionieren
Ja, natürlich. - Fügung muss nicht immer positiv empfunden werden. - Hier ging es erst mal darum, dass Fügung mit dem sogenannten "freien Willen" verträglich ist, beide sich also nicht in die Quere kommen.

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