Der totalitäre Gott.

Säkularismus
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Savonlinna
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#21 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von Savonlinna » Sa 29. Nov 2014, 21:36

sven23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Was in den ursprünglichen Schriften steht, ist in einer aufgeklärten Religion nicht mehr von Belang.
Sagen wir mal so: es wäre wünschenswert, wenn sie nicht mehr von Belang wären.
Einverstanden.

sven23 hat geschrieben:Leider ist aber das Gegenteil der Fall.
In manchen Kreisen ja. In anderen Kreisen nicht.
Die - für mich - überraschende Wiederbelebung des pietistischen Denkens - ich charakterisiere das jetzt mal so mangels genauerer Beschreibungsmöglichkeit im Moment - vor ca 20 Jahren scheint ja einerseits eine Gegenreaktion auf die Liberalisierung der Kirchen zu sein. Andererseits eine Gegenreaktion gegen gewisse naturwssenschaftliche "Dogmen", gegen die ein Unbehagen entstand.

Letztlich sehe ich darin ein Auf und Ab, wie es auch in der Kulturgeschichte - Dichtung, Philosophie, sogar Kunst - ständig zu verfolgen ist:
mal ist der Rationalismus oben, mal der Irrationalismus - ich vereinfache jetzt sehr.
Die beiden Bewegungen waren auch oft gleichzeitig, mitunter auch in Versöhnung miteinander. Aber sie sind mindestens seit 2000 Jahren in ihrem Auf und Ab zu beobachten.

In den Siebziger Jahren - zu Zeiten der Studentenrevolten - war zumindest die Evangelische Kirche fast völlig säkularisiert. "Wir wollen hier auf Erden schon..." war der Titel eines Buches eines bekannten Theologen, von dem ich im Moment aber nicht mehr weiß, wer es war.
Da ging es nur noch um gesellschaftliche Fragen. Diese Christen lehnten ab, sich ein jenseitiges Reich Gottes vorzustellen, sondern wollten Gerechtigkeit hier und jetzt. Und zwar, indem sie daran mitarbeiteten.

Da fehlte dann die Spiritualität, die ja auch ein Grundbedürfnis des Menschen ist.
Das baute sich dann irgendwie unterschwellig eine Weile auf, und plötzlich sprudelte es an allen Ecken und Enden aus dem Boden auf:
Esoterik, Fantasy, tieffromme Religiosität mit dem Bedürfnis des Wörtlichlesens heiliger Schriften.

Irgendwann wird das wieder abgelöst werden durch eine erneute Gegenbewegung Richtung Rationalität. Und dann hört man vielleicht auch den Kirchen wieder mehr zu, wenn sie sagen: Überholte Ansichten der Antike sind nicht unsere Basis.

Sehr erschwerend allerdings kommt hinzu, dass da auch die Konfrontation westlicher Lebensformen / nicht-westlicher Lebensformen stattfindet, und zwar weltweit.
Durch die inzwischen weltweite Verflechtung wirtschaftlicher Interessen ist diese Konfrontation nicht mehr zu vermeiden. Sie verschärft das von mir Formulierte dermaßen prinzipiell, dass das Religiöse nur noch ein Teil, wenn nicht gar nur Vorwand für diese Grundkonfrontation ist. Das wurde weiter oben im Thread ja auch schon vermutet.

Denn immerhin ist damit ja auch die Wiederbelebung des nationalen Denkens im Westen verknüpft. Da man fast nicht mehr die Augen davor verschließen kann, dass weltweit eine Vermischung aller Nationen stattfinden wird, schon begonnen hat, finden bestimmte Parteien, die national argumentieren, erneut Zulauf.

Die fundamentalistischen Christen haben darum noch ein Feindbild mehr bekommen: nicht nur die Naturwissenschaft und die liberale Kirche, sondern auch den Islam als Religion.

Diesem ganzen Paket von Schwierigkeiten steht aber der sich ständig demokratisierende Mensch gegenüber. Nichts ist so verführerisch wie die Vernunft, hat mal jemand sinngemäß gesagt. Die in Deutschland lebenden Moslems distanzieren sich weitgehend von ihren gewalttätigen Glaubensgenossen, wenn ich das richtig beurteile.

Für mich liegt das Gelingen eines Sieges der Vernunft aber vor allem erst mal in dem Gelingen, das sogenannte Irrationale - also das, was viele als ein Geheimnis des Lebens empfinden - zu integrieren. Wenn Spiritualität ständig bekämpft wird, radikalisiert sie sich. Wird sie als Teil des Menschen anerkannt und darf sich äußern, ohne verhöhnt und erniedrigt zu werden, dann kann sie sich entspannen und ist keine Gefahr mehr für die Gesellschaft.

closs
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#22 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von closs » Sa 29. Nov 2014, 21:44

Pluto hat geschrieben:andere Leute wegen einer Neigung zum gleichen Geschlecht zu diffamieren, sie als irgendwie krank oder minderwerig hinzustellen und ihnen Sünde zu unterstellen, halte ich für absurd. Da sage ich STOPP.
Das sollte jeder Christ ebenfalls tun - und die authentischen Christen tun das auch. - Man kann Menschen voll annehmen, ohne alle ihre Eigenschaften annehmen zu müssen.

Hemul
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#23 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von Hemul » So 30. Nov 2014, 00:45

Pluto hat geschrieben: andere Leute wegen einer Neigung zum gleichen Geschlecht zu diffamieren, sie als irgendwie krank oder minderwerig hinzustellen und ihnen Sünde zu unterstellen, halte ich für absurd. Da sage ich STOPP.
Wie auch immer du das als Agnostiker sehen magst, es ist für Gott nicht relevant. Für mich pers. gilt seine Ansicht diesbezgl. die er in Römer 1:24-27 wie folgt aufzeigt:
24 Darum hat Gott sie den Begierden ihrer Herzen ausgeliefert; er hat sie ihrer Unsittlichkeit preisgegeben, sodass sie ihre eigenen Körper schändeten. 25 Sie vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge. Sie beteten die Geschöpfe an und verehrten sie anstelle des Schöpfers, der doch für immer und ewig zu preisen ist. Amen! 26 Darum hat Gott sie entehrenden Leidenschaften ausgeliefert. Ihre Frauen vertauschten den natürlichen Geschlechtsverkehr mit dem widernatürlichen, 27 und ihre Männer machten es genauso. Sie gaben den natürlichen Verkehr mit den Frauen auf und wurden von wildem Verlangen zueinander gepackt. Männer trieben es schamlos mit Männern. So empfingen sie den gebührenden Lohn für ihre Verirrung an sich selbst.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

Hemul
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#24 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von Hemul » So 30. Nov 2014, 00:50

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:andere Leute wegen einer Neigung zum gleichen Geschlecht zu diffamieren, sie als irgendwie krank oder minderwerig hinzustellen und ihnen Sünde zu unterstellen, halte ich für absurd. Da sage ich STOPP.
Das sollte jeder Christ ebenfalls tun -
:roll:
Römer 1:24-27,
24 Darum hat Gott sie den Begierden ihrer Herzen ausgeliefert; er hat sie ihrer Unsittlichkeit preisgegeben, sodass sie ihre eigenen Körper schändeten. 25 Sie vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge. Sie beteten die Geschöpfe an und verehrten sie anstelle des Schöpfers, der doch für immer und ewig zu preisen ist. Amen! 26 Darum hat Gott sie entehrenden Leidenschaften ausgeliefert. Ihre Frauen vertauschten den natürlichen Geschlechtsverkehr mit dem widernatürlichen, 27 und ihre Männer machten es genauso. Sie gaben den natürlichen Verkehr mit den Frauen auf und wurden von wildem Verlangen zueinander gepackt. Männer trieben es schamlos mit Männern. So empfingen sie den gebührenden Lohn für ihre Verirrung an sich selbst.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#25 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von closs » So 30. Nov 2014, 01:17

Hemul hat geschrieben:Darum hat Gott sie den Begierden ihrer Herzen ausgeliefert ...
Trotzdem STOPP - der Mensch hat nicht zu richten, sondern den Nächsten zu lieben wie sich selbst.

Pluto
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#26 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von Pluto » So 30. Nov 2014, 02:40

Hemul hat geschrieben:Wie auch immer du das als Agnostiker sehen magst, es ist für Gott nicht relevant.
Woher willst DU wissen was für Gott relevant ist, und was nicht? Warum überlässt du die Entscheidung nicht IHM.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#27 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » So 30. Nov 2014, 08:24

closs hat geschrieben:Das kann ich Dir ganz kurz sagen (ansonsten eigener Thread): Das Christentum betrachtet Geschlechtsorgane primär als SChöpfungsorgane, mit denen orgiastisch neues Leben geschaffen wird. - Das geht bei Homosexualität nicht.

Stellt sich nur die Frage, warum Gott die HS immer wieder neu erschafft, denn Homosexuelle können sich nicht fortpflanzen. Und im Tierreich ist sie ein weit verbreitetes Phänomen.
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#28 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » So 30. Nov 2014, 08:35

Hemul hat geschrieben: Wie auch immer du das als Agnostiker sehen magst, es ist für Gott nicht relevant. Für mich pers. gilt seine Ansicht diesbezgl. die er in Römer 1:24-27 wie folgt aufzeigt:

Du hast diese Stelle vergessen:
3Mo 20,13 "Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist, und sollen beide des Todes sterben; Blutschuld lastet auf ihnen."


Hat Gott bei der Schöpfung einen Fehler gemacht, als er dem Menschen die Veranlagung zu HS mitgab?
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#29 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » So 30. Nov 2014, 08:42

closs hat geschrieben: Dreh's mal rum: Wenn Gott allmächtig ist, kann er genauso etwas verlauten, was absolut klar ist. -

Das wär schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Hätten die Väter des Grundgesetzes so geschlampt und ein Werk voller Widersprüche vorgelegt, hätte man ihnen das Grundgesetz mit Recht um die Ohren gehauen.

closs hat geschrieben: Die Menschen würden es auswendig lernen und dann meinen, erkannt zu haben. -

Gerade das tun sie doch in Koranschulen.
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#30 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » So 30. Nov 2014, 08:57

Was für viele den totalitären Gott so attraktiv macht ist auch folgendes:
in einer immer komplexer werdenden Welt sehnen sich viele nach einfachen Lösungen. Der religiöse Fundamentalismus bietet diese einfachen Lösungen an, weil er nicht um Differenzierung bemüht ist, sondern schwarz-weiß bevorzugt. Der radikale Islam teilt die Welt in 2 Gruppen: Gläubige und Ungläubige.
Dieses einfache Konzept begreifen auch schlichte Gemüter und fühlen sich davon angesprochen.
Scientology macht es ähnlich, die Welt wird eingeteilt in Scientologen und nicht Scientologen, die gleichbedeutend sind mit Feinden der Scientology.

Hamed Abdel-Samad zieht auch eine interessante Parallele zwischen Islam und Faschismus.

"Der Faschismus ist eine politische Ideologie und der Islam ist eine Religion. Wie passt das zusammen? Dann sage ich: Der Faschismus ist nicht nur eine politische Ideologie, sondern auch eine politische Religion. Der Faschismus hat alles, was zu einer Religion gehört: Absolute Wahrheiten, charismatische Führer, die mit einem heiligen Auftrag ausgestattet sind, die Feinde zu besiegen, die Nation zu einen. Und der Islam ist nicht nur eine Religion, sondern auch eine politische Ideologie."

Ich denke, da ist was Wahres dran, aber nicht auf den Islam beschränkt. Denkt man an Adolf Hitler, den die Propaganda als Retter und Heilsbringer stilisierte, kann man die Parallelen deutlich erkennen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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