Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

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Andreas
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#221 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von Andreas » So 30. Jul 2017, 04:32

closs hat geschrieben:"Sündenfall" ist beim einzelnen Menschen der Zeitpunkt, an dem er bewusst "Ich" denken kann, weil damit eine andere Orientierungs-Größe als Gott entsteht - mehr ist es nicht.
Der Zeitpunkt des bewusst "Ich" denken Könnens liegt beim einzelnen Menschen ca. um das Ende des dritten Lebensjahres. Du sprichst hier von Kleinkindern, d.h. keines von ihnen hatte vor dem "Ich" denken Können die "Orientierungsgröße Gott", weil in diesem Alter kein Kleinkind auch nur einen blassen Schimmer von Gott hat. Nicht "Gott" ist diese andere Orientierung-Größe zum "Ich", sondern die menschliche Mutter (oder von mir aus die Familie). Das hat mit christlicher Logik und Gott einfach absolut nichts zu tun - weil Mamma halt Mamma ist und nicht der transzendente dreieinige Gott, der Schöpfer von Himmel und Erde, Jesus Christus und Heiliger Geist. Menschen werden nicht aus dem Paradies vertrieben, weil sie ihr "Ich" bewusst gedacht haben, sondern aus dem Mutterleib, damit sie lernen können ihr "Ich" bewusst zu denken.

So kommen einzelne Menschen als Individuen in die Welt.

Wenn überhaupt wird Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen durch Erziehung oder Missionierung irgendwann einmal die neue "Orientierungsgröße" Gott nahe gebracht. Es ist also im wirklichen Leben des Menschen genau umgekehrt: Erst "Ich" - dann "Gott". Das Gottesbild ist immer ein anthropomorphes mit dem Ziel ein theozentrischen Weltbild im Menschen zu etablieren. Das kann und soll ja durchaus heilsam auf das bewusste "Ich" wirken.

So kommen Gottesbilder in den Menschen - aber erst, nachdem das "Ich" schon im Menschen etabliert ist und nicht davor.

Du bist auf meine Frage überhaupt nicht eingegangen. Um das deutlich zu machen:
Andreas hat geschrieben:Na dann erzähl mal, in welchem Alter und wie sich die Sündenfallszene konkret in deinem Leben zugetragen hat und wie du dich da von Gott abgewendet hast.
Ich fragte konkret nach deinem Leben. Du antwortest stattdessen: "beim einzelnen Menschen" und scheinst dir gar nicht bewusst zu sein, dass du von 2 - 3 Jährigen Menschenkindern sprichst, auf deren Leben deine Aussage nicht ansatzweise zu überführen sind. Selbstverständlich hast du auch nicht, die von mir erbetene Sündenfallszene in deine Ausführung eingebunden. Hätte mich schon interessiert, wofür in deinem Kleinkind-Dasein Gott, das Gebot, die Schlange, die Bäume und Adam und Eva stehen würden.
Jetzt habe ich entweder dich, die christliche Logik, die biblische Sündenfall Erzählung, das wirkliche Leben eines einzelnen Menschen oder am Ende gar alles zusammen völlig missverstanden.


Deine Antwort zu meiner zweiten Frage:
closs hat geschrieben:"Erlösung durch Jesus" kann ich persönlich "nur" verstehen als Eröffnung eines Wegs, den es ohne Jesus (oder wofür er steht) nicht gäbe - unter "Erlösung" verstehe ich als Daseins-Lebender NICHT, dass ich frühmorgens "erlöst" aufstehe, sondern dass ich geistig verstanden habe, wohin mich der Weg führt. - Ich bin letztlich komplett frei und spüre das auch - Tod ist für mich kein Beinbruch.
Interessant wäre halt gewesen was der historische Jesus mit dir macht und warum er dazu historisch sein MUSS, denn darum ging es ja gerade in unserem Gespräch. Deshalb fragte ich dich:
Andreas hat geschrieben:Und wenn du schon dabei bist, kannst du auch gleich erläutern, wie dich der historische Jesus am Kreuz von deinen Erbsünden erlöst.
Du bist auch nicht auf die Erbsünde eingegangen, die ja angeblich beim "Sündenfall" der Bewusstwerdung des "Ich" eines Kleinkindes entsteht. Nach christlicher Logik muss der Mensch ja nur wegen dem Sündenfall den ersten natürlichen Tod sterben, wird aber durch den historischen Jesus am Kreuz dafür (?) vom zweiten Tod (?) erlöst werden. Warum eigentlich nicht gleich vom ersten Tod? Unbeantwortete Fragen über unbeantwortete Fragen.

Das wofür Jesus steht, MUSS ja keineswegs historisch sein, so wie es nicht historisch sein muss, wofür Krishna steht. Um für etwas zu stehen, MUSS es den historischen Jesus so wenig geben wie den historischen Krishna. Das wofür Jesus steht, ist nicht wahrer, weil er historisch gelebt hat und das wofür Krishna steht, nicht unwahrer, weil er nicht historisch gelebt hat. Historische Tatsachen sind kein Wahrheitskriterium für spirituelle Inhalte. Das die antiken Juden und Christen so dachten ist ja gut und schön, aber diese "historisierende" Denk- und Glaubensweise ist falsifiziert. Eine solch verstandene Christologie ist heute sehr wohl verstehbar, aber nicht mehr glaubwürdig bzw. mental umsetzbar, falls die menschliche Vernunft im Christentum noch die geringste Bedeutung behalten soll.

Meine Fragen an dich, bitte ich nicht nur als rein dekorative Gestaltungselemente in meinen Beiträgen wahrzunehmen.

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Andreas
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#222 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von Andreas » So 30. Jul 2017, 06:05

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Aus der christlichen Logik ist Jesus die Person, die aus dem Dasein ("Geschichte") heraus durch seine Doppelfunktion als "wahrer Gott und wahrer Mensch" die Kluft zwischen irdischer Welt ("Geschichte") und göttlichem Sein überwindet - er MUSS also historisch sein, um seine spirituelle Funktion auszuüben.
Wieso MUSS er dass? Bei mir muss er das nicht - eigentlich darf er es auch gar nicht sein. Das was du da christliche Logik nennst ist klassisches Neusprech. Genau wie ich es schon sagte, muss dieses Neusprech unverständlich sein um wirken zu können. Niemand kann das verstehen oder hat es je verstehen können. Einzig die penetrante Wiederholung und Nachplapperei wirkt, denn logisch ist das ja gerade nicht, sondern einfach nur unlogisch.
Der Kontext war: Aus christlicher Logik muss er es.
Geht es etwas weniger autoritär?
Frage: Wieso muss er es?
Antwort: Er muss es - aus christlicher Logik. Solltest du nicht diese Logik besser erklären? Darauf richtete sich meine Frage.

closs hat geschrieben:- Davon abgesehen: Hier gilt aus meiner Sicht das "Ex opere operato" (= Etwas wirkt unabhängig von der Einstellung dessen, an dem und für den es getan wird).
Aha, ist das wirklich alles, mehr hast du nicht, als Antwort? Das wäre ja nur eine Erklärung, wozu es Jesus und das gesamte Christentum NICHT bräuchte. Gott macht seinen Job ohne dass es einer mitbekommt, und gut ist's.

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Das was du da christliche Logik nennst ist klassisches Neusprech. Genau wie ich es schon sagte, muss dieses Neusprech unverständlich sein um wirken zu können.
Ich würde es ganz anders angehen: Dieses "Neusprech" sollte inner-theologisch bleiben und gar nicht erst auf die Leute losgelassen werden - für den nicht-theologischen Menschen reicht 1.Kor. 13,ff. - Mit anderen Worten: Es ist dann kein Neusprech mehr, weil es gar nicht manipulativ eingesetzt wird.
Erstens haut das schon allein deswegen nicht hin, weil neuerdings die Menschen selbst die Bibel lesen können und da Fragen auftauchen, die man als Kirchenmensch nicht unbeantwortet lassen kann. Diese Fragen werden aber mit dem unverständlichem Neusprech Zeug beantwortet und sind deshalb sehr wohl manipulativ. Diesen Neusprech verstehen doch die Theologen selber nicht, weil doch Unverständlichkeit das entscheidende Wesensmerkmal des Neusprech ist.
closs hat geschrieben:Wir brauchen nicht besser theologische geschulte Laien (das führt nur zu Halbzeug), sondern besser theologisch geschulte Theologen (damit sie kein Halbzeug bleiben).
Dieser Satz ist ziemlich unsinnig, weil die Theologen ausgezeichnet geschult werden - nur leider eben mit diesem manipulativem Neusprech, was sie ja zu dem Halbzeug macht, das sie sind. Deswegen erzählen sie den Laien doch: "Jesus ist wahrer Mensch und wahrer Gott." Erklär mir halt die Bedeutung dieser Phrase, du scheinst sie ja verstehen zu können. Das hast du doch bis jetzt vergeblich versucht, denn das war ja der Ausgangspunkt, so sind wir schließlich auf den historisch sein müssenden Jesus gekommen.

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Ein Gott der historisch kacken können muss um den Menschen zu erlösen, ist doch eine Lachnummer.
Finde ich nicht. - Wenn Gott in Jesus als Mensch wirkt, durchleidet er auch Hämorrhoiden.
Damit Gott in mir wirken kann, braucht es doch nicht die historisch sein müssenden Hämorrhoiden Jesu. "Ex opere operato" kann es den Hämorrhoiden schließlich scheißegal sein wem sie gehören- sofern ich deine Ansicht vorhin richtig verstanden haben sollte.
Sind Gott meine Hämorrhoiden nicht gut genug, um mit mir mitleiden zu können? Fehlt es Gott etwa an der nötigen Empathie?
Gott müsste eigentlich jede Kreuzigung erleiden, jedes Leid eines jedes Menschen. Das würde mehr Sinn machen, von diesem spirituellen Bewusstsein lenkt der plakative, weil historisch sein MÜSSENDE Tod Jesu doch nur ab und führt eher in die Irre. Deshalb meine ich, dass Jesus als Bild keinesfalls überflüssig ist - der historisch sein müssende Jesus aber sehr wohl. Es macht ja auch nichts, dass Jesus wirklich lebte - nur ans Kreuz geschlagen wurde der historische Jesus aus ganz anderen Gründen als unsere Schuld zu tragen oder uns von unseren (Erb-)Sünden zu erlösen, sondern weil er seinen institutionellen Gottesvertretern auf Erden und/oder der römischen Staatsmacht ein Dorn im Auge wahr. Davon hast du doch auch schon mal gehört. Ist das falsch?

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#223 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von 2Lena » So 30. Jul 2017, 09:46

Andreas hat geschrieben:Wenn überhaupt wird Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen durch Erziehung oder Missionierung irgendwann einmal die neue "Orientierungsgröße" Gott nahe gebracht.
Worauf sie ihre Kenntnisse vergessen, die sie durch Intuition erhalten konnten.

Andreas hat geschrieben:Nach christlicher Logik muss der Mensch ja nur wegen dem Sündenfall den ersten natürlichen Tod sterben, wird aber durch den historischen Jesus am Kreuz dafür (?) vom zweiten Tod (?) erlöst werden. Warum eigentlich nicht gleich vom ersten Tod?
Wer nie sein Brot mit Tränen aß
auf seinem Bette weindend saß
der kennt euch nicht ihr himmlischen Mächte.
Ihr stoßt ins Leben uns hinein
Ihr lässt den Armen schuldig werden,
dann überlässt ihr ihn der Pein,
denn alle Schuld rächt sich auf Erden ...

Hat Schiller recht sinnig gereimt, und ist damit schon ein Stückchen auf das Geheimnis gestoßen.
In weiteren Dichtungen seit der Römerzeit, die nicht immer nur "Larifari" waren (ach, wir machen Kunst!) wurden wertvolle Überlieferungen "geschmückt". Darin sind zu finden, wie die Menschheit durch falsches Verhalten ihre Fähigkeit mit Gott zu kommunizieren verloren hat. Kein siebter Sinn mehr, harter Aufknall in der Materie, sprich Realität, die sich knallhart mit Bedingungen zeigt. Jesus hat als einziger diese überwunden und eine Menge Lehren dazu gegeben. Du fragst nicht nach den Lehren, sondern motzst über die überlieferten Sätze, die keiner verstehen kann.

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#224 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von closs » So 30. Jul 2017, 10:33

Andreas hat geschrieben: Du sprichst hier von Kleinkindern, d.h. keines von ihnen hatte vor dem "Ich" denken Können die "Orientierungsgröße Gott", weil in diesem Alter kein Kleinkind auch nur einen blassen Schimmer von Gott hat.
Ich spreche NICHT von einem bewussten "Schimmer von Gott", sondern von einem nicht-bewussten Eingebundensein.

Andreas hat geschrieben:Menschen werden nicht aus dem Paradies vertrieben, weil sie ihr "Ich" bewusst gedacht haben
Vom Grundgedanken meine ich das schon - die "Vertreibung" ist eine Chiffre dafür.

Andreas hat geschrieben: sondern aus dem Mutterleib, damit sie lernen können ihr "Ich" bewusst zu denken
"Mutterleib" ist die naturalistische Chiffre für "Paradies".

Andreas hat geschrieben: Es ist also im wirklichen Leben des Menschen genau umgekehrt: Erst "Ich" - dann "Gott".
Aus Sicht des menschlichen Bewusstseins ist das richtig, da der Mensch logischerweise erst einmal "ich" sagen können muss, um danach sagen zu können "Ich reflektiere GOtt".

Aber im Vorbewussten ist es anders rum: Der Mensch kommt "aus etwas", an dem er gebunden ist, und dessen Bindung er mit der Zeit durch Platzgreifung des Bewusstseins nach und nach verliert. - Erst danach kann er sich wieder bewusst Gott zuwenden - und genau ist es auch biblisch gemeint.

Andreas hat geschrieben:Hätte mich schon interessiert, wofür in deinem Kleinkind-Dasein Gott, das Gebot, die Schlange, die Bäume und Adam und Eva stehen würden.
Ich hatte Deine Frage schon beantwortet, weil es bei mir genauso ist wie jedem anderen auch. - Jetzt scheinst Du aber zu meinen, wie ich BEWUSST die Sündenfall-Szene reflektiert habe - das war vor knapp 20 Jahren. - Und danach habe ich mich NICHT mehr abgewendet, weil ich gemerkt habe, dass die Genesis mit meinen philosophischen Denkweisen überraschend gut übereinstimmt.

Andreas hat geschrieben:Interessant wäre halt gewesen was der historische Jesus mit dir macht und warum er dazu historisch sein MUSS, denn darum ging es ja gerade in unserem Gespräch.
Jesus ist das einzige Wesen, das (nach Glaube des Christentums "wahrer Gott und wahrer Mensch") in sich sowohl Gott-Orientierung als auch menschliche Ich-Orientierung hat - diese menschliche Ich-Orientierung kann nur historisch stattfinden. - Somit kann auch die Aufhebung von Ich-Orientierung in Gott-Orientierung ("Dein Wille geschehe") nur historisch stattfinden - und: Das KANN kein Nur-Mensch schaffen.

Andreas hat geschrieben:Nach christlicher Logik muss der Mensch ja nur wegen dem Sündenfall den ersten natürlichen Tod sterben, wird aber durch den historischen Jesus am Kreuz dafür (?) vom zweiten Tod (?) erlöst werden.
Dieses komplizierte Konstrukt habe ich noch nicht durchdacht - mir geht es lediglich um die Substanz. - Und diese Substanz wäre:

"Sünde" und "Schuld" sind nicht Kategorien im Sinne von "Ich habe etwas ausgefressen und andere nicht", sondern unvermeidbare WESENS-Züge des Menschen - der Mensch ist sündig so wie der Elephant einen Rüssel hat. - Es geht nicht ohne. Was natürlich zur Frae einlädt, ob wir unsere juristischen Schuldbegriff auf den theologischen Schuldbegriff übertragen können.

"Schuld" ist aus meiner Sicht ein Vektor: Wenn "Schuld" dasselbe wäre wie "nach links gucken", wäre man genauso schuldig, ob man freiwillig nach links guckt oder einem der Kopf mit Gewalt nach links gedreht wird: In beiden Fällen schaut man nach links. - In Bezug auf Erbschuld: Als Bild magst Du Dir vorstellen, dass seit Adam dem Menschen an sich der Kopf nach links gedreht wurde - er wird damit geboren (es hat also NICHTS damit zu tun, dass man etwas ausgefressen hat).

Andreas hat geschrieben:Das wofür Jesus steht, MUSS ja keineswegs historisch sein
Doch - aus obigen Gründen ("wahrer Mensch und wahrer Gott") schon.

Andreas hat geschrieben:Antwort: Er muss es - aus christlicher Logik. Solltest du nicht diese Logik besser erklären?
Siehe das Motiv "Wahrer Mensch und wahrer Gott" - nur in dem dadurch bedingten historischen Raum ist die Aufhebung des menschlichen Willens in den göttlichen Willen in Jesus möglich.

Andreas hat geschrieben:Das wäre ja nur eine Erklärung, wozu es Jesus und das gesamte Christentum NICHT bräuchte. Gott macht seinen Job ohne dass es einer mitbekommt, und gut ist's.
Da ist was dran - Gott wirkt auch ohne AT und NT (siehe Röm. 2,13ff). Insofern sind aus meiner persönlicher Sicht manche Naturreligions-Völker dem EINEN Gott näher als viele Christen.

Die Bibel hat eine andere Funktion: Die geistige Bewusstwerdung des Menschen anzukurbeln - es geschehen dort Dinge, die vom Menschen bewusst verstanden und reflektiert werden sollen, auf dass er - so weit die menschlich möglich ist - Gott erkennen möge und seine Orientierung dahin öffnen möge. - Umgekehrt: Wäre Jesus den Neanderthalern erschienen, hätten diese die nachfolgenden Paulus-Briefe nicht verstehen KÖNNEN - es muss ein ausreichend hohes kulturelles Reflexions-Vermögen des Menschen da sein, bevor es Sinn macht, Jesus erscheinen zu lassen.

Andreas hat geschrieben:Erstens haut das schon allein deswegen nicht hin, weil neuerdings die Menschen selbst die Bibel lesen können und da Fragen auftauchen, die man als Kirchenmensch nicht unbeantwortet lassen kann.
In diesem Feld ist viel gestört: Der durchschnittliche Leser (und damit meine ich zu Deinen Gunsten Dich NICHT) ist von unserem Zeitgeist gebunden - viele Theologen glauben biblische Wahrheiten ab, statt sie zu reflektieren ("Ich verstehe es nicht, deshalb ist es ein göttliches Geheimnis, vor dem ich die Knie beuge") - da ist viel Denkfaulheit unterwegs.

Andreas hat geschrieben:Diesen Neusprech verstehen doch die Theologen selber nicht, weil doch Unverständlichkeit das entscheidende Wesensmerkmal des Neusprech ist.
Zustimmung: Es hat sich eine theologische Sprache entwickelt, die einerseits gar nicht sinnlos ist, aber mühsam entschlüsselt werden müsste, aber oft nicht wird ("Das Lamm Gottes erlöst uns durch sein Blut" - hä?) - da fehlt geistige Nähe anstelle von geistiger Unterwerfung.

Andreas hat geschrieben:Dieser Satz ist ziemlich unsinnig, weil die Theologen ausgezeichnet geschult werden - nur leider eben mit diesem manipulativem Neusprech, was sie ja zu dem Halbzeug macht, das sie sind.
OK - sie müssen ANDERS geschult werden - UND: Sie müssen SELBER geistig fundiert sein, also WIRKLICH berufen sein. - Heute meinen viele Theologen, sie seien besonders tolle Sozialarbeiter und sonst nichts.

Andreas hat geschrieben:Gott müsste eigentlich jede Kreuzigung erleiden, jedes Leid eines jedes Menschen.
So ist es doch gemeint, oder nicht? - Die Frage "Wo war Jesus in Ausschwitz?" wird in diesem Sinne beantwortet mit "Am Kreuz".

Andreas hat geschrieben:Es macht ja auch nichts, dass Jesus wirklich lebte - nur ans Kreuz geschlagen wurde der historische Jesus aus ganz anderen Gründen als unsere Schuld zu tragen oder uns von unseren (Erb-)Sünden zu erlösen, sondern weil er seinen institutionellen Gottesvertretern auf Erden und/oder der römischen Staatsmacht ein Dorn im Auge wahr. Davon hast du doch auch schon mal gehört. Ist das falsch?
Das ist nicht falsch, aber es sind zwei Paar Stiefel. - Beides schließt sich nicht aus und kann gleichzeitig gelten. - Konkret:

Jesu geistiger Weg ist, dass Gott in ihm am Kreuz jedes Leid des Menschen mit-leidet - die historische Folie dazu sind politische Hintergründe der Zeit.

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#225 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von sven23 » So 30. Jul 2017, 10:56

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Für meinen Glauben ist es völlig unwichtig, ob Gott die Welt erschaffen hat, oder ob Jesus je gelebt hat. Wenn sich morgen rausstellen würde, das nicht, würde das meinen Glauben nicht tangieren. Wenn aber daran die Kirchen zugrunde gehen würden, würde es doch nur ihre spirituelle Armut beweisen.
Zu Ende gedacht würde ich Dir zustimmen, da das Ende ohne jegliche "Story" ist, sondern nur sprachfreies Sein ist - aber im Dasein bedarf es der Darstellung des Seins/Gottes durch Offenbarungen, die sich durch Verständlichkeit durch den Menschen definieren - eine dieser Offenbarungs-Chiffren ist "Geschichte".
Zu Ende gedacht würde es bedeuten, dass Gott im Feuerbachschen Sinn lediglich eine menschliche Projektion ist. Mit allen Konseqeuenzen:
also keine Belohnung und Bestrafung, kein Erlösung von was auch immer, kein ewiges Leben usw. Was wäre so schlimm daran?
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#226 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von Tree of life » So 30. Jul 2017, 11:01

closs hat geschrieben:Aber im Vorbewussten ist es anders rum: Der Mensch kommt "aus etwas", an dem er gebunden ist, und dessen Bindung er mit der Zeit durch Platzgreifung des Bewusstseins nach und nach verliert. - Erst danach kann er sich wieder bewusst Gott zuwenden - und genau ist es auch biblisch gemeint.
Der Mensch(ich ,du, er, sie) kann sich gar nicht "wieder" Gott zuwenden, da er sich nie bewusst abgewandt hat.
Erst ein Mensch, der bewusst durch "Glaube" sich diesem biblischen Gott verbunden fühlt, kann sich bewusst abwenden und sich ihn wieder bewusst zuwenden(Verlorener Sohn)
Und der Glaube kommt lt. Paulus erst durch die Predigt, da ist nichts in unserem Vorbewussten(was auch immer das in clossschem Sinn sein soll).

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#227 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von sven23 » So 30. Jul 2017, 11:23

Andreas hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Ein Gott der historisch kacken können muss um den Menschen zu erlösen, ist doch eine Lachnummer.
Finde ich nicht. - Wenn Gott in Jesus als Mensch wirkt, durchleidet er auch Hämorrhoiden.
Damit Gott in mir wirken kann, braucht es doch nicht die historisch sein müssenden Hämorrhoiden Jesu. "Ex opere operato" kann es den Hämorrhoiden schließlich scheißegal sein wem sie gehören- sofern ich deine Ansicht vorhin richtig verstanden haben sollte.
Sind Gott meine Hämorrhoiden nicht gut genug, um mit mir mitleiden zu können? Fehlt es Gott etwa an der nötigen Empathie?
Gott müsste eigentlich jede Kreuzigung erleiden, jedes Leid eines jedes Menschen. Das würde mehr Sinn machen, von diesem spirituellen Bewusstsein lenkt der plakative, weil historisch sein MÜSSENDE Tod Jesu doch nur ab und führt eher in die Irre. Deshalb meine ich, dass Jesus als Bild keinesfalls überflüssig ist - der historisch sein müssende Jesus aber sehr wohl. Es macht ja auch nichts, dass Jesus wirklich lebte - nur ans Kreuz geschlagen wurde der historische Jesus aus ganz anderen Gründen als unsere Schuld zu tragen oder uns von unseren (Erb-)Sünden zu erlösen, sondern weil er seinen institutionellen Gottesvertretern auf Erden und/oder der römischen Staatsmacht ein Dorn im Auge wahr. Davon hast du doch auch schon mal gehört. Ist das falsch?

Wow, diese Einsicht hätte ich dem Andreas gar nicht zugetraut. Es ist genau das, was die historische Jesusforschung sagt. :thumbup:
Der Tod am Kreuz wird nachträglich umgedeutet in einen gewollten und vorherbestimmten Opfer- und Sühnetod für die ganze Menschheit. Paulus machte so aus einer Niederlage am Kreuz einen vermeintlichen Sieg, weil dieser angeblich heilsnotwendig sei.
Closs macht sich das nun einfach. Er meint, dies seien alles nur "methodische" Ergebnisse der Forschung. Man müsse halt nur eine andere Hermeneutik vorschalten und käme dann wieder in Übereinstimmung mit dem kerygmatischen Christus, den die Kirche verkündet.
Meiner Meinung nach war es ein großer Fehler der Kirche, die Evangelien zu historischen Tatsachenberichten zu stilisieren, und dies hält ja besonders in der verdogmatisierten katholischen Kirche bis heute an.
Das Markusevangelium beschreibt Jesus vor allem als einen besonderen, gottgläubigen Menschen. Dabei hätte man es belassen sollen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#228 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von Andreas » So 30. Jul 2017, 13:42

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben: Du sprichst hier von Kleinkindern, d.h. keines von ihnen hatte vor dem "Ich" denken Können die "Orientierungsgröße Gott", weil in diesem Alter kein Kleinkind auch nur einen blassen Schimmer von Gott hat.
Ich spreche NICHT von einem bewussten "Schimmer von Gott", sondern von einem nicht-bewussten Eingebundensein.
Du irrst dich wirklich. Denn du hast tatsächlich von "Orientierungsgröße Gott" und nicht von einem nicht-bewussten Eingebundensein gesprochen. Vielleicht hast du an ein nicht-bewussten Eingebundensein gedacht, aber gesprochen hast du von der "Orientierungsgröße Gott".

Hat Orientierung etwas mit nicht-bewusstem Eigebunden sein zu tun? Nein. Für eine nicht-bewusste Gurke, die ich nach Osten ausgerichtet auf meinem Tisch liegen habe, ist Osten keine Orientierungsgröße. Die Gurke orientiert sich nämlich nicht, denn ich habe sie nach Norden ausgerichtet, weil ich das kann, weil ich ein "Ich" bewusst denken kann und auch denken kann, das Osten von Orient kommt und weiß, wo Osten ist. Es geht ja darum herauszufinden, was du mit deiner Chiffre "Orientierungsgröße Gott" meinst. Ich behaupte, dass das Neusprech von dir ist, und schlicht gar nichts bedeutet, was mit dem Leben eines Menschen im Alter von 2-3 Jahren zu tun hat und schon gar nichts mit einem Menschen der noch viel jünger ist.

Jetzt ersetzt oder erläuterst du deine Neusprech-Chiffre "Orientierungsgröße Gott" mit der neuen Chiffre des "nicht-bewussten Eingebundenseins (in Gott, versteht sich)". Warum sagst du denn nicht gleich "nicht-bewusstes Eingebundensein"? Schon klar, weil ich schuld bin (egal warum, wodurch mein Kopf falsch orientiert nach links gedreht ist, wo du doch rechts stehst) und es nicht verstanden habe, beginnst du jetzt "neue Einflugschneisen" (Neusprech) zu suchen, um mir zu helfen dich doch zu verstehen. Dadurch löst sich aber die "Orientierungsgröße Gott" nicht in Luft auf und sie bekommt nicht dadurch einen verständlichen Inhalt, dass du mich jetzt durch den Irrgarten deiner sich an jeder Gesprächsecke ständig wechselnden Neusprechweisen bugsierst. Denn dein Neusprech ist der Irrgarten aus dem du selbst nicht herausfindest.

Eigentlich könnte es ja vielleicht ganz einfach sein, denn 1. Kor. 13 weist tatsächlich auf die "Orientierungsgröße Gott" hin - die Liebe. Immer vom Idealfall aus gedacht, wird ein Kleinkind von der Mutter geliebt und beginnt im Laufe seiner Bewusstwerdung diese Liebe zu lernen, sich an dieser Liebe zu orientieren. Erst wenn es "Ich" sagen kann, kann es auch "Ich liebe dich" sagen. Davor ist es nicht-bewusst in die Liebe der (Mutter/Familie) eingebunden.
Das wäre eine dechiffrierte Chiffre die jeder verstehen kann, denn unchiffrierbare Chiffren sind Neusprech.

Die Sache hat jetzt aber einen entscheidenden Haken für dich - nicht für mich: Das Kleinkind wendet sich nicht von der Liebe, in welche es nicht-bewusst eingebettet war ab, oder entdeckt eine neue "Orientierungsgröße" statt der Liebe - die Gott ist - sondern wird sich dieser "Orientierungsgröße" bewusst, und orientiert s(ich) immer mehr selbst an dieser. Der Haken für dich, ist, dass der "Sündenfall" aus dieser ansonsten sinnvollen Rechnung rausgefallen ist, weil an dieser Stelle gar keine Desorientierung oder Umorientierung stattfindet im tatsächlichen Leben des Menschen. Nach deiner "Definition" von Sünde, war das Kind ja vormals in eine andere Richtung orientiert - in Richtung Gott = Liebe - und nun müsste es nach deiner und der "christlichen Logik" ja in eine andere Richtung auf - nicht Gott = nicht Liebe - orientiert sein. Ist es aber nicht.

Tatsächlich geht mit der Bewusstwerdung des "Ich" zeitgleich die Trotzphase der Kleinkinder einher. Da stehen dann verbotene Bäume in der Gegend rum, aber nicht um die Kinder sterben zu lassen, sondern damit sie an den verbotenen Früchten lernen, was Liebe ist. Da werden selbst-verständlich (!) Gebote nicht mit Gehorsam sondern wildem Ungehorsam beantwortet. Aber auch diese, für das Kind rießengroß erscheinenden, Konflikte führen keineswegs zum Abfall von der Liebe, sondern im Gegenteil zu einem tieferen, bewussteren Verständnis der Liebe zu ihren Eltern, die in den Sprachen der Menschen und Engel reden weil sie die Liebe haben und aus Sicht des Kindes prophetisch reden, und alle Geheimnisse wissen und alle Erkenntnis haben und alle Glaubenskraft besitzen und damit Berge versetzen, weil sie die Liebe haben, und die ihre ganze Habe verschenken und notfalls ihren Leib dem Feuer übergeben, weil sie die Liebe dazu haben und deshalb nützt es dem Kind auch etwas - nämlich Lieben ( = Gott) zu lernen.

Die Garten-Eden-Erzählung kann man in diesem Sinne und sogar noch viel besser lesen - aber nur wenn man es schafft, von dem manipulativen Neusprech der Kirchen und von dir weg zu kommen, in dem man die, in der Erzählung enthaltenen Chiffren in einer Weise dechiffriert die verständlich, jedermann nachvollziehbar, lebensecht und authentisch ist.

Es ist ja nun nicht so, dass es im nächsten Kapitel des AT keinen Sündenfall gäbe und da steht auch ganz deutlich, worin er besteht und das hat da auch tatsächlich etwas mit noch nicht richtig verstandener Liebe und Verantwortungslosigkeit zu tun: "Bin ich meines Bruders Hüter?" im Gegensatz zu der liebesorientierten Schutzformel des ganzen Orient: "Dies ist Fleisch von meinem Fleisch und Bein von meinem Bein."

Die Frage ist halt: Geht es um Glaubensgehorsam gegenüber Glaubensinstitutionen oder um die Liebe? Falls ersteres wird der kategorische "Sündenfall", der das "Ich" eines jeden Menschen verteufelt, dem Satan unterwirft, zum Tode verurteilt und die Angst gelehrt, mit Hilfe jeder Menge manipulativem Neusprech - falls aber letzteres, lehrt man vernünftiges Vertrauen (= Glaube) und die Hoffnung auf greifbar nahen Frieden und die frohe Botschaft der Liebe. Deshalb werde ich deine Sündenfalltheologie niemals verstehen, und wenn du noch so viele Platzrunden drehst um die angeblich richtige Einflugschneise zu finden. Irgendwann geht dir da oben in den Sphären Gottes der Sprit aus. Runter kommen sie alle. Die Liebe ist langmütig.

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#229 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von closs » So 30. Jul 2017, 15:02

sven23 hat geschrieben:Zu Ende gedacht würde es bedeuten, dass Gott im Feuerbachschen Sinn lediglich eine menschliche Projektion ist.
Nein - nicht "Gott" (als Entität) ist eine Projektion, sondern unsere Gottesvorstellung.

sven23 hat geschrieben:Mit allen Konseqeuenzen: also keine Belohnung und Bestrafung, kein Erlösung von was auch immer, kein ewiges Leben usw.
Die Interpretation von Belohnung, Bestrafung, etc. ist ebenfalls eine menschliche Vorstellung - aber das, WAS da interpretiert wird, ist wiederum Entität. - In anderen Worten: Das kriegt man mit Feuerbach nicht weg.

Tree of life hat geschrieben:Der Mensch(ich ,du, er, sie) kann sich gar nicht "wieder" Gott zuwenden, da er sich nie bewusst abgewandt hat.
Du hast Recht - das "wieder" war falsch oder mindestens missverständlich. - Was ich sagen wollte, war:

Der Mensch ist vor seiner geistigen Bewusst-Werdung mit Gott vor-/un-bewusst verbunden - durch das Bewusst-Werden wendet er sich erst einmal ab, weil er - salopp formuliert - erst mal mit sich selber beschäftigt ist. - Erst danach kann er "wieder" an Gott orientiert sein - aber dann bewusst.

Tree of life hat geschrieben:Und der Glaube kommt lt. Paulus erst durch die Predigt, da ist nichts in unserem Vorbewussten(was auch immer das in clossschem Sinn sein soll).
Mir ging es um die Verbundenheit mit Gott, die keinerlei Reflexion bedarf - ein Embryo überlegt nicht, ob es zur Mutter gehört oder nicht - es "ist" einfach dort. - Verstehst Du mich?

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#230 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von closs » So 30. Jul 2017, 15:32

Andreas hat geschrieben:Vielleicht hast du an ein nicht-bewussten Eingebundensein gedacht, aber gesprochen hast du von der "Orientierungsgröße Gott".
Ja - so ähnlich. - Ich verstehe "Orientierung" NICHT als bewusst reflexive Größe, sondern neutral als Vektor: Ein Embryo ist im Mutterleib an der Mutter orientiert - egal, ob es darüber nachdenkt oder nicht. - Aber vielleicht kommt das nicht so rüber ...

Andreas hat geschrieben:Für eine nicht-bewusste Gurke, die ich nach Osten ausgerichtet auf meinem Tisch liegen habe, ist Osten keine Orientierungsgröße.
OK - so meinst Du das. - Da würde ich sagen: Auch ein Embryo ist ein geistiges Ich-Wesen, das unreflektiert fühlt - also auch Orientierung spürt.

Aber ich habe das Missverständnis verstanden. - Welches andere Wort wollen wir nehmen, bei dem dieses Missverständnis ausgeschlossen ist?

Andreas hat geschrieben:Dadurch löst sich aber die "Orientierungsgröße Gott" nicht in Luft auf und sie bekommt nicht dadurch einen verständlichen Inhalt, dass du mich jetzt durch den Irrgarten deiner sich an jeder Gesprächsecke ständig wechselnden Neusprechweisen bugsierst. Denn dein Neusprech ist der Irrgarten aus dem du selbst nicht herausfindest.
Ich schon - aber möglicherweise mache ich es anderen schwer. - Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn Du Aussagen von mir inhaltlich verstehst und sprachlich besser formulierst - ganz im Gegenteil.

Andreas hat geschrieben: Der Haken für dich, ist, dass der "Sündenfall" aus dieser ansonsten sinnvollen Rechnung rausgefallen ist, weil an dieser Stelle gar keine Desorientierung oder Umorientierung stattfindet im tatsächlichen Leben des Menschen.
Das findet IMMER statt, weil der Mensch nie seine Ich-Orientierung komplett in Gott aufheben kann. - Was glaubst Du, warum Papst Johannes XXIII jeden Abend gebeichtet hat? - Mit anderen Worten: Den "Sündenfall" kann der Mensch nie aus eigener Kraft loswerden.

Andreas hat geschrieben:Tatsächlich geht mit der Bewusstwerdung des "Ich" zeitgleich die Trotzphase der Kleinkinder einher. Da stehen dann verbotene Bäume in der Gegend rum, aber nicht um die Kinder sterben zu lassen, sondern damit sie an den verbotenen Früchten lernen, was Liebe ist. Da werden selbst-verständlich (!) Gebote nicht mit Gehorsam sondern wildem Ungehorsam beantwortet. Aber auch diese, für das Kind rießengroß erscheinenden, Konflikte führen keineswegs zum Abfall von der Liebe, sondern im Gegenteil zu einem tieferen, bewussteren Verständnis der Liebe
Sehe ich eigentlich genauso - aber der Weg zu "bewussterem Verständnis der Liebe" geht über die Straßen des Leids ("Unter Schmerzen sollst Du gebären ....").

Andreas hat geschrieben:Eigentlich könnte es ja vielleicht ganz einfach sein, denn 1. Kor. 13 weist tatsächlich auf die "Orientierungsgröße Gott" hin - die Liebe. Immer vom Idealfall aus gedacht, wird ein Kleinkind von der Mutter geliebt und beginnt im Laufe seiner Bewusstwerdung diese Liebe zu lernen, sich an dieser Liebe zu orientieren. Erst wenn es "Ich" sagen kann, kann es auch "Ich liebe dich" sagen. Davor ist es nicht-bewusst in die Liebe der (Mutter/Familie) eingebunden.
Das wäre eine dechiffrierte Chiffre die jeder verstehen kann, denn unchiffrierbare Chiffren sind Neusprech.
Das war an anderer Stelle ja auch MEINE Aussage - mit der Schlussfolgerung, dass sich "das Volk" nicht um Theologie kümmern sollte, wenn es nicht bereit ist, sich in "Neusprech" einzuarbeiten (Stichwort: "Halbzeug").

Oder um es einmal sehr praktisch zu sagen: Die meisten echten Christen in meinem Bekanntenkreis sind keine intellektuellen Anspruchs-Erheber, sondern Menschen mit tiefem geistigen Instinkt, die mir in der Regel überlegen sind. Mit diesen Menschen diskutiere ich auch nicht, weil es nicht nötig ist. - Es gibt nur sehr wenige Menschen, die diese "Einfachheit im Geist" und gleichzeitig tiefgründige Versiertheit in Philosophie und Theologie haben. - Es gibt sie, aber es sind sehr wenige.

Andreas hat geschrieben: Geht es um Glaubensgehorsam gegenüber Glaubensinstitutionen oder um die Liebe?
NAtürlich geht es um Gott/die Liebe - das sagt sogar die RKK, wenn sie irgendwo schreibt, dass die Kirche dem Verhältnis zwischen Mensch und Gott nicht im Wege stehen darf.

Andreas hat geschrieben:Deshalb werde ich deine Sündenfalltheologie niemals verstehen, und wenn du noch so viele Platzrunden drehst um die angeblich richtige Einflugschneise zu finden.
Wenn Dein Verhältnis zu Gott so von Deinem geistigen Instinkt bestimmt ist, dass Du solche Erklärungsmodelle nicht brauchst, ist es nicht nötig, eine solche Theologie zu verstehen. - Aber ich kann Dir sagen, dass man umgekehrt nicht um diese Theologie herum kommt, wenn man "Gott und Mensch" in ihrem Verhältnis philosophisch begründen will - aber wie gesagt: Das MUSS man nicht - es ist nicht relevant fürs Seelenheil.

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