Ruth hat geschrieben: ↑Mi 12. Mai 2021, 11:10
Ich würde darum gerne, zusammen mit euch hier darüber nachdenken, wo eigene Erfahrungen aufzeigen, dass das Böse dazu bewegt hat, dass letztendlich Gutes daraus erwirkt wurde.
Da gibt es so so so viele Beispiele in meinem Leben, dass ich sie nicht zählen kann und auch nicht weiß, wo ich damit anfangen soll.
Das Böse treibt mich immer wieder zum Guten hin. Es bringt das Beste an mir zum Vorschein. Ich habe dabei zB auch die Vorstellung, wie ein Bildhauer mit großer Gewalt eine wunderschöne Skulptur aus einem Granitblock herausschlägt. Denn Stein muss mit Gewalt bearbeitet werden, um eine andere Form zu bekommen.
Ein ganz grundsätzliches Schema dabei ist:
Das Böse treibt mich zu selbstschädigendem Verhalten. Darunter leide ich. Aber leiden will ich ja nicht. Das Leid zwingt mich quasi dazu, mir Gedanken zu machen über die Ursachen. Und indem ich sie finde, kann ich auch etwas dagegen unternehmen. Indem ich etwas verändere. Ich werde dadurch bewusster und wachsamer. Somit können die Ursachen angegangen und ausgeräumt werden, auf die ein oder andere Art.
Ein anderes Schema:
Das Böse stellt sich mir entgegen. Dadurch baut sich wiederum in mir ein wachsender Widerstand auf, der mich motiviert und Kräfte freisetzt. Je mehr man mich unter Druck setzt, desto mehr Widerstandskraft baut sich in mir auf. Das bringt mich dann weiter. Ich suche aktiv nach Lösungen und finde die dann auch oft - nicht immer - früher oder später. Mit Gottes Hilfe ist alles möglich. Es gibt immer einen Weg. Man muss ihn nur finden.
Nächstes Schema:
Das Böse erteilt mir auch inhaltlich Lektionen, indem es an mir arbeitet. Ich kann das Böse nicht verstehen, nicht erkennen, wie es arbeitet, wie es denkt, welche Taktiken und Strategien es anwendet, wenn es das nicht an mir tut. Indem es mich angreift, offenbart es sich mir und treibt mich dazu, es anzuschauen, mir darüber Gedanken zu machen, es zu verstehen. Dadurch werde ich natürlich wachsamer und bewusster.
Beispiele:
Das Böse trieb mich schon zu vielen Dingen. In meiner Jugend - das ist mittlerweile mehr als 25 Jahre her - habe ich - wie manch andere auch - mit Betäubungsmitteln "experimentiert". Ich habe auch ziemlich viel geraucht. Die Erfahrungen, die ich damit gesammelt habe, haben mir letztlich bittere Lektionen erteilt, bitter, bitter, bitter. Das Böse (vor allem in mir selbst) trieb mich da hin, das zu tun. Indem ich dem nachgab, was ja so erwünscht und beabsichtigt war, sammelte ich aber Erfahrungen, die mich letztlich völlig und gründlich von diesem Thema befreiten. Darum halte ich seit Jahrzehnten mit äußerster Konsequenz Abstand von allen Berauschungsmitteln, von sehr wenigen Ausnahmefällen mit alkoholischen Getränken abgesehen, bereut habe ich das fast immer. Das letzte Mal, wo ich Alkohol getrunken habe, unabsichtlich, unwissentlich durch einen "alkoholfreien Sekt" ist es mir schlecht bekommen.
Ohne diese Erfahrungen würde ich mich vielleicht auch von solchen Mitteln fernhalten. Entscheidend dabei ist aber das Wort "vielleicht". Vielleicht ist nichts, worauf man bauen kann. Es ist kein Fundament. Es bedeutet, da ist eine Schwachstelle. Mit den schönen und angenehmen Dingen der Welt ist es so, dass man sie bewusst ablehnen und verabscheuen muss, und zwar aus triftigen Gründen. Es reicht nicht aus, kein Interesse zu haben. Oder zu denken: Das mag ich eben nicht. Nein: Man muss es verabscheuen. Oder besser noch fürchten. So dass man sich innerlich aufbäumt und davon rennt mit aller Kraft, wenn es einem begegnet. Denn es bleibt nicht einfach stehen, es rennt einem noch hinterher. Wenn die Verführung nicht funktioniert, rennt es uns noch hinterher und versucht, sich uns aufzudrängen. Es muss eine ganz zwingende, besser noch panische Ablehnung dahinter stehen, damit man im Zweifelsfall wirklich immun dagegen ist. Eine wirklich große und voll bewußt zwingend begründete Entschlossenheit, sich ggf. mit aller Kraft und unter allen Umständen dagegen zu stellen. So eine Art von Entschlossenheit wächst am besten aus Leid. Je schlimmer das Leid, desto fester die Ablehnung. Und Gott ist nicht derjenige, der uns Leid gibt.
Anderes Beispiel:
In einer bestimmten Zeit meines Lebens war mir viel daran gelegen, einen Partner zu finden. Weil sich das einfach nicht einstellen wollte, habe ich mich ernsthaft mit dem Thema "Verführung" befasst. Ich habe es quasi "studiert". Ich will es nicht immer das Böse nennen, weil böse nochmal etwas Spezielles ist. Sondern lieber negativ. Am liebsten verwende ich den Ausdruck "negative Kraft". Ich halte das für passender, treffender, angemessener. Jedenfalls, ich drücke es mal so aus, die negative Kraft hat ein Interesse daran, dass wir uns auf die ihr angenehme und vertraute Art ausleben, und darum unterstützt sie uns grundsätzlich darin, das zu tun. In meinem Fall hat sie mir indirekt - wenn man so will - Methoden der Manipulation und Verführung offenbart, damit ich sie anwende. Sinn und Zweck war nicht, mich darin zu schulen, damit ich sie erkenne und mich dem entziehe. Genau das aber hat es letztlich bewirkt. Weil ich es gelernt und auch angewendet habe, erkenne ich es und kann mich dadurch auch bewusst und sicher davon abgrenzen. Besser aus ihrer Sicht wäre es gewesen, mich unbewusst in Beziehungen hinein zu treiben. So aber habe ich eine Menge dazu gelernt.
Solche Beispiele könnte ich nun noch Viele nennen. Das Böse treibt mich jeden Tag aufs Neue voran. Es mobilisiert alle Kräfte in mir. Es verpasst mir wieder und wieder Tritte und Schläge, damit ich ja nie vergesse, dass es immer da ist und wie schrecklich es ist. Es verhindert dadurch das Schlimmste: Dass ich lau werde, hochmütig und selbstgefällig, träge und zufrieden. Dann gibt es auch keinen Fortschritt mehr sondern es geht eher abwärts. Denn nach unten geht es von alleine. Nach oben muss man doppelt streben, einmal um den Zug nach unten zu überwinden und dann nochmal, um abzuheben. Die Schwerkraft ist immer da.