Sind religiöse Menschen anfälliger für Esotherik?

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Demian
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#41 Re: Sind religiöse Menschen anfälliger für Esotherik?

Beitrag von Demian » Sa 11. Mai 2013, 14:22

sven23 hat geschrieben: Vielleicht ist Esoterik so was wie die Ersatzreligion für geistig Arme.

Ich weiß nicht, was Esoterik heutzutage sein soll. Erkläre mir das, bring das auf eine Definition. Ich sehe nämlich nicht ein, weshalb ich Sprache so gebrauchen sollte, wie es der die Sprache kommerzialisierende Markt mir vorgibt. Zwar verzichte ich persönlich auf dieses Wort, aber dennoch halte ich die Einteilung von Aristoteles ... in Exoterik ( das objektiv und allgemeingültig Erkennbare ) und Esoterik ( als psychische Kehrseite der selben Wirklichkeit ) für richtig. Ursprünglich war damit die Selbsterkenntnis gemeint, wie es die antike Stoa lehrt. „Conscientia = Mitwissen“, im Griechischen „syneidesis = Mitschauen, Zusammenschauen“. Das wäre dann die Weisheit gegenüber dem objektiven Wissen. Ob ein Psychiater seine Patientin heilen und ins Leben zurückführen kann, hängt nicht nur ab von einer Diagnose, akademischen Fachwissen und statistisch bewährten Behandlungsmethoden, sondern von seiner ganzen Person. Um dieses intersubjektive Gespür geht es.

blindflug
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#42 Re: Sind religiöse Menschen anfälliger für Esotherik?

Beitrag von blindflug » Sa 11. Mai 2013, 16:23

Das liest sich hier wie ein riesengroßer Mischmaschion in mancehn Köpfen.

Esoterik IST eine Religion! Eine von vielen. Wie alle anderen Religionen auch und sie hat sich aus allen möglichen Ecken was zusammengefischt. Makrobiotische Ernährung ist auch eine Religion, Vegetarismus Klimaerwärmung auch, Energie aus regenerativen Enerigien und Evolution auch, Ufologie, Astrologie usw. Meteorismus ist keine Religion, entsteht aber in vielen Köpfen aufgrund zu intensiver Beschäftigung mit derselben.

Ich kenne niemanden, den ich als wirklich gläubig in dem Sinne kennengelernt habe, dass er Jesus Christus für sich als Herrn und Erlöser anerkennt, der auch wirklich "religiös" ist. Glaube an Jesus Christus als Heiland/Messias schliesst nach meiner Erfahrung Religiosität aus bzw. umgekehrt: Wer allen möglichen Religiositäten hinterherhechelt, hat Jesus noch nicht wirklich kennen gelernt.

Religion in dem hier abgehandelten Sinne ist Aberglaube - das bedeutet "Widerglaube", Gegenglaube. Wer an Jesus gläubig ist, kann nicht gleichzeitig widergläubig/abergläubisch sein. Das liegt daran, dass niemand zwei Herren gleichzeitrig dienen kann.

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Demian
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#43 Re: Sind religiöse Menschen anfälliger für Esotherik?

Beitrag von Demian » Sa 11. Mai 2013, 16:47

blindflug hat geschrieben:Esoterik IST eine Religion

Im philosophischen Sinne umfasst Esoterik alles, was dem inneren Erfahren/Erleben/Erkennen des Menschen angehört. Also alles, was die Seele in ihren Seinsweisen beinhaltet, beziehungsweise den Weg der Selbsterkenntnis. Esoterik kann keine Religion sein, weil sie ein Sammelsurium bestimmter Methoden ist. Zum Beispiel gehört die west-östliche Meditationspraxis dazu. Diese sind wissenschaftlich überprüfbar.

closs
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#44 Re: Sind religiöse Menschen anfälliger für Esotherik?

Beitrag von closs » Sa 11. Mai 2013, 17:04

sven23 hat geschrieben:Nun, wir reden ja hier nicht über neue "Phänomene", sondern über alte Hüte :chapeau:
So ist es - uralte Hüte sogar, zu denen der Kopf passt oder nicht.

sven23 hat geschrieben:Niemand benötigt heute eine Studie, um die Existenz oder Funkionalität von Telefonen zu belegen. Bei Esotherik, Homöopathie, Hellseherei und dergleichen sieht das etwas anders aus.
Wenn man Esoterik, Homöopathie und Hellseherei vergleicht, dann vergleicht man auch Salmonellen, Frikadellen und Autodellen.

Demian hat geschrieben: Was heißt Esoterik im wörtlichen Sinne? ... „dem inneren Bereich zugehörig“),
Vollkommen richtig - aber da hat es halt semantische Shifts gegeben. - "Esoterik" steht heute genauso für religions-ähnliches Gebaren ohne stringenten geistigen Zusammenhang. - Deshalb meide ich das Wort, weil es - wie Du sagst - inzwischen stigmatisiert ist. - Insofern sind Sätze wie "Kohler ist ein Fußballgott" auch esoterisch. - Babylonische Sprachverwirrung.

sven23 hat geschrieben:Vielleicht ist Esoterik so was wie die Ersatzreligion für geistig Arme.
Ohh - da gibt es noch ganz andere ersatz-religiöse Felder: DSDS, Heidi Klum, Fußball-Vergötterung, Positivismus, .........................................................

Demian hat geschrieben: „Conscientia = Mitwissen“, im Griechischen „syneidesis = Mitschauen, Zusammenschauen“. Das wäre dann die Weisheit gegenüber dem objektiven Wissen.
Das ist inhaltlich super - übrigens auch ein Beitrag zum Thema "Essentialismus". - Aber wie gesagt: begrifflich missbraucht und somit schwer verwendbar.

blindflug hat geschrieben:Glaube an Jesus Christus als Heiland/Messias schliesst nach meiner Erfahrung Religiosität aus
Jetzt wird es definitorisch noch komplizierter - wie soll das einer verstehen, dass das Christentum keine Religion ist, aber Esoterik eine. - Wir sollten diszipliniert definieren.

blindflug hat geschrieben:Religion in dem hier abgehandelten Sinne ist Aberglaube
Man kann Sprache so definieren, dass das rauskommt - der "normale" Gläubige blickt da nicht mehr durch. - Sprachkrise.

barbara
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#45 Re: Sind religiöse Menschen anfälliger für Esotherik?

Beitrag von barbara » Sa 11. Mai 2013, 17:19

Demian hat geschrieben: Bevor man ein Wort stigmatisiert, sollte man nach der Etymologie fragen. Was heißt Esoterik im wörtlichen Sinne? Esoterik (von griechisch ἐσωτερικός esōterikós „innerlich“, „dem inneren Bereich zugehörig“), kann man im Grunde auf jede innerseelische Erfahrung beziehen, von der Wahnvorstellung bis zur mystischen Meditation. Oft hat man die Worte Mystik und Esoterik als Synonyme verwendet ... die Frage ist also, wie man sich heute redlicher Weise dazu positionieren soll ... soll man sich dem inflationären Sprachgebrauch anschließen oder dagegen halten?

Neben der "inneren Erfahrung", aufs Innere des Menschen bezogen, kann es auch heissen: einem inneren Zirkel zugänglich, nicht dem gewöhnlichen Gläubigen. In diesem zweiten Sinn war die Bibel während langer Zeit esoterisch, da es immer wieder dem gewöhnlichen Volk verboten war, eine solche selbst zu lesen; die Interpretation und auch die Inhalte wurden von den Esoterikern, also den Geistlichen, vorgegeben. Im AT findet man als "esoterische" Kaste die Leviten, deren Aufgabe das Priesteramt war, und die deswegen besondere Privilegien erhielten, aber im Gegenzug gewisse Rechte nicht hatten, die die andern 11 Stämme hatten.

Es gibt auch die Idee, dass in vielen biblischen Texten noch verschlüsselte Informationen der Mysterienschulen vermittelt werden; im AT werden sie "Prophetenschulen" genannt; Teil davon ist unter anderem auch die Zahlenmystik. Ein Buch mit dem Titel "das esoterische Christentum", das solche Aspekte aufgreift, findet man von Rudolf Steiner.

Wer hingegen in östlichen Fachsprachen (deren Teil zB die Worte Chakra und Mandala sind) keine intellektuelle und generelle Herausforderung sieht, ist offenbar noch nie mit der ganzen Fülle dieser Weltanschauung in Kontakt gekommen.

grüsse, barbara

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#46 Re: Sind religiöse Menschen anfälliger für Esotherik?

Beitrag von barbara » Sa 11. Mai 2013, 17:22

sven23 hat geschrieben: Das ist wohl eine der Hauptmotivationen auf der Anbieterseite. Daß es aber auch eine entsprechende Nachfrageseite gibt, ist mir aber völlig unverständlich.

Die Nachfrageseite besteht zu einem grossen Teil aus Menschen, die ein chronisches gesundheitliches Problem haben, das
von der kassenfinanzierten Gesundheitsdienstleistungen nicht gelöst wird.

So wie auch Jesus zuallererst als Therapeut bekannt wurde; in seiner Nähe wurden viele Menschen gesund, die vorher eine ganze Ärzteodysse ohne Erfolg hinter sich hatten und das des öftern bei Krankheitsbildern, bei denen auch die heutige Medizin oft genau gar nichts tun könnte.

grüsse, barbara

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Demian
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#47 Re: Sind religiöse Menschen anfälliger für Esotherik?

Beitrag von Demian » Sa 11. Mai 2013, 17:34

closs hat geschrieben:
Demian hat geschrieben: Was heißt Esoterik im wörtlichen Sinne? ... „dem inneren Bereich zugehörig“),
Vollkommen richtig - aber da hat es halt semantische Shifts gegeben. - "Esoterik" steht heute genauso für religions-ähnliches Gebaren ohne stringenten geistigen Zusammenhang. - Deshalb meide ich das Wort, weil es - wie Du sagst - inzwischen stigmatisiert ist. - Insofern sind Sätze wie "Kohler ist ein Fußballgott" auch esoterisch. - Babylonische Sprachverwirrung.

Darum: auch Sprache ist „erlösungsbedürftig“, muss transzendiert werden, sonst macht man sich abhängig von einseitigen Definitionen. Es reicht nicht aus, einfach andere Worte zu gebrauchen. Eine spirituelle „Erweckungsbewegung“, müsste daher auch die Sprache beleben und öffnen, denn die Grenzen der Sprache, sind die Grenzen meiner/unsrer Welt: als das WORT/der LOGOS. Ich würde auch vorschlagen, dass man den entsprechenden Sinngehalt lieber mit anderen Worten assoziiert - Spiritualität, Mystik, Selbsterfahrung, Lebenskunst, Poesie, Meditation - aber man sollte gelegentlich sich selbst und anderen den Spiegel vorhalten ... wie im Hohelied der Liebe beschrieben.

Als ich ein Mann wurde, / legte ich ab, was Kind an mir war. Jetzt schauen wir in einen Spiegel / und sehen nur rätselhafte Umrisse, / dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. / Jetzt erkenne ich unvollkommen, / dann aber werde ich durch und durch erkennen, / so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin...

Ein Gespräch kann ein solcher Spiegel sein.

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#48 Re: Sind religiöse Menschen anfälliger für Esotherik?

Beitrag von closs » Sa 11. Mai 2013, 18:00

Demian hat geschrieben:Ein Gespräch kann ein solcher Spiegel sein.
Ja - ABER: Die Gefahr ist groß, dass man sich nur per Spezialsprache intern verständigen kann. - übrigens eine Grundkrankheit christlicher Glaubensgemeinschaften: Gruppendynamisch nach innen gerichtete Spezial-Sprache. - Ich weiß bis heute nicht, was "Gott loben" bedeutet. "Hast Du gut gemacht?" - Tausende Beispiele gibt es dafür, die jemand außerhalb der Gruppe nicht versteht.

R.F.
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#49 Re: Sind religiöse Menschen anfälliger für Esotherik?

Beitrag von R.F. » Sa 11. Mai 2013, 20:30

sven23 hat geschrieben:Mir ist aufgefallen, daß viele religiöse Menschen einen Faible für Esotherik, Homöopathie, Wünschelruten und dergleichen haben. Sind sie leichtgläubiger als andere, weil sie nicht gewohnt sind, die Dinge zu hinterfragen? Ist es ein Bildungsproblem oder gibt es noch andere Gründe?
In Buchhandlungen findet man neben theologischen Schriften oft direkt daneben esotherische. Zufall?
Sven, hau’ nicht so auf den Putz. Auf Deinem Nachttisch liegt eine Nostradamus-Ausgabe, und zum Kaffee inhalierst Du das Tageshoroskop...

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sven23
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#50 Re: Sind religiöse Menschen anfälliger für Esotherik?

Beitrag von sven23 » Sa 11. Mai 2013, 20:42

R.F. hat geschrieben: Sven, hau’ nicht so auf den Putz. Auf Deinem Nachttisch liegt eine Nostradamus-Ausgabe, und zum Kaffee inhalierst Du das Tageshoroskop...

Ha,ha, weder noch. Nur die Bibel und der Herr der Ringe. Ich hab halt eine Schwäche für Fantasy. :mrgreen:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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