http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-10/t ... ade-siegel
Soweit so gut. Zusammenstürzende Kleiderfabriken in Asien will niemand und auch keine giftigen Kleider. Auf dem "Fairtrade-Markt" reiten nun zahlreiche Produkte (selbstverständlich teurer) aber jeder zahlt gerne für eine gute Tat - sofern er etwas Geld übrig hat. Ob damit irgendjemand aus der Schar der fleißigen ArbeiterInnen mehr Lohn bekommt und gleichzeitig neue Fabriken gebaut werden?Seine Pläne sind ehrgeizig, manch ein Kritiker nennt sie naiv. Er will ein Siegel, das die deutsche Textilbranche auf höhere Öko- und Sozialstandards verpflichtet. Und: Besonders giftige Chemikalien soll die Textilbranche durch umweltfreundlichere Stoffe ersetzen.
Zwei Dinge gefallen mir nicht in dem Zusammenhang:
A) Lohnwirtschaft
B) Modeansichten über die niemand spricht
Zu A) Vor ein par Tagen ein Gespräch im Zug:
Anlässlich eines Pilotenstreiks mischte ich mich in die "hochgeistigen" Gespräche einiger BWL-Studenten, die gebetsmühlenartig alle bisherigen Perspektiven der Markwirtschaft aufrollten. Ich erzählte von meinen Expriment mit dem Landleben. Oft schaffte ich es, im Monat mit 30 € auszukommen. Das geht nicht auf Dauer, sicher, denn wichtige Fahrkarten sind oft teurer. Es reicht auch nicht für ein Wirtschaftsessen bei einem Verein oder für die Anschaffung neuer Winterkleidung. Ein Mann aus Pakistan hörte dem Gespräch interessiert, beinah erregt zu. Seinem Gesicht war die Zustimmung zu entnehmen. Danach sah er mich mit erlöstem Blick an. Fakt ist, in den Billiglohnländern spielen nicht Mieten von Tausenden Euro, und auch nicht Geschäftsessen eine Rolle. Das bescheidene Leben ist günstig durch fruchtbares Land und durch umkompliziertes Wohnen. Diese "Infrastruktur" ist nicht bei uns vorhanden. Wegen der Geldvermehrung auf dem Kapitalmarkt, durch viele unnütze Spielereien sowie der Preisspirale der Immobilien "lohnte" sich die deutsche Produktion nicht mehr. Auch ging leider das Wissen teilweise ins Ausland.
Zu B) dem Modediktat
Schmunzelnd saß ich in der S-Bahn einer etwa gleichaltrigen Künstlerin gegenüber, die verwirklicht hatte, was ich mir insgeheim schon längst wünschte. Sie hatte sich ein hübsches Kleid genäht, ihren Vorstellungen entsprechend. Es war gar nicht viel Arbeit gewesen, ein paar Nähte nur. Arbeit, das machen die vielen Firlefanz mit Jeans verschleißen, Falten reinbüglen und dergleichen mehr, dazu der tägliche Aufwand mit dem Waschen der enganliegenden Kleidung. Ich ärgere mich jedenfalls sehr, dass es kaum praktische Arbeitskleidung und so gut wie gar nichts Sinnvolles zum Warmhalten auch in der Wohnung gibt. Den Asiaten wird mit ihrer Nähbegabung sicher beim Nähen der Plastik-Textilien heiß. Wir aber brauchen mehr Öl, weil die kaum wärmen. Das Geld für Öl ist auch nur für den Schornstein bestimmt. Die Ölländer können durch unser Verhalten mehr Munition für Kriege erhalten.
Seit einiger Zeit bin ich fair.
Eine Art Poncho aus Deckenmaterial hält wunderbar bis zu den Füßen wohlig warm, ist oberbequem. Und wie es das Aufdrehen der Heizung erspart und die trockene Luft im Zimmer.
Dass so ein Verhalten viele Arbeitsplätze kostet - ist mir ganz egal. Arbeit gibt es stets trotzdem. Und - Bescheidenheit verbietet bis jetzt kein Gesetz der Welt.