Homöopathie IV

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Catholic
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#901 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Catholic » Sa 18. Nov 2017, 14:25

JackSparrow hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Dazu ist der Arzt da, zu unterscheiden.
Du räumst also ein, dass ein Arzt bei echten Krankheiten nicht auf Homöopathie vertrauen sollte?

Ich weiss nicht was in diesem Kontext mit "echten Krankheiten" gemeint ist.
Nun,in akuten Fällen,in denen schnelle und direkte Hilfe notwendig ist,halte ich eindeutig zur Schulmedizin.
Wenn vor mir jemand liegt,der blutet,dann ist es das Gebot der Stunde (oder genauer des Momentes) die Blutung zu stoppen und nicht dem Verletzten einen Vortrag über die Änderung seiner Ernährung zu halten.
Wenn aber jemand über längere Zeit erhöhten Blutdruck hat kann,nachdem der Blutdruck mittels Medikamenten wieder eingestellt ist,die alternative Heilkunde helfen ihm zu einer angemesseneren Lebensweise zu verhelfen.

Anton B.
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#902 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Anton B. » Sa 18. Nov 2017, 16:39

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Dann ist es keine "Vereinbarung".
Die Etablierung eines Systems und die Handlungsweisen, die man daraus rekrutiert, würde ich schon als "Vereinbarung" bezeichnen.
Da musst Du dann "Etablierung" schon in einem sehr weiten Sinn benutzen. Und klar, dann ergeben sich im weiten Sinne auch "Vereinbarungen". Wenn wir schon so dran gehen, ja, dann können wir auch "Setzung" verwenden, wo es nicht passt.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Mir ist überhaupt nicht klar, wie Deinem Anspruch der Vermittlung angemessen Rechnung getragen werden kann. Ich weiß auch nicht, ob das eingefordert werden kann. Es verbleibt immer, dass dem Laien etwas "erzählt" wird.
So ist die Praxis - aber letztlich läuft es doch auf Täuschung hinaus.
Das ist auch wieder sehr eigen formuliert. In wissenschaftlicher Hinsicht noch relativ exakt wird es in den akademischen Lehrbüchern formuliert. Dort finden sich auch Quellenhinweise, über die direkt oder indirekt der Leser auf die primäre wissenschaftliche Literatur geleitet wird. Anstrengen muss sich ein Leser immer. Vorkauen geht nur bedingt.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Welche Positionierung? "Vernünftig begründet" ist keine Position, sondern ein Projekt.
Da sehe ich jetzt keinen Widerspruch. - Und doch: Es ist eine "Positionierung", was allein damit anfängt, dass man "Vernunft" nach bestimmten (anthropogenen) Kriterien definiert - das kann man machen, aber man kann es auch ganz anderes machen: Also "Positionierung"/"Perspektive".
Eine Position ist frei wählbar und da kann ich immer bei bleiben. Sie ist und bleibt wahlfrei. Ein echter Standpunkt. Ein Projekt aber kann in die Hose gehen. Entweder es funzt oder funzt nicht. Funzt es nicht, laufen die Leutchen schreiend weg.


closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Wir akzeptieren "das" Wissen nicht, weil sich die Definition so gut anhört oder weil wir uns gegenseitig geschworen haben, uns auf diese Erkenntnisart zu einigen, sondern weil wir damit gut fahren.
Siehst Du: Genau das würde ein HP-Arzt auch sagen - wir tun es, weil wir therapeutisch gut damit fahren.
Selbstverständlich. Denn was ich als Richtigstellung Deiner Anmerkung, "Wissenschaft sei theoretisch" sagen wollte ist: Wissenschaft wird nach außen durch die Praxis begründet. Wissenschaft ist zuvorderst pragmatisch. Nach innen wird "theoretisch" gearbeitet.

Und der HP-Arzt kommt zu dieser Aussage, kann sie aber außer mit seinen "Wahrnehmungen" nicht begründen. Wird es systematisch nachgeprüft, entfleucht die Aussage. Das sind wesentliche Unterschiede.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: "Setzung" passt nicht. Kann mich auch nicht erinnern, in der philosophischen Literatur die Bezeichnung "Setzung" dafür gelesen zu haben.
Da sagt man "Axiom" oder "Dogma", die man dann untereinander noch einmal (wenig überzeugend) unterscheidet - deshalb ziehe ich das neutrale "Setzung" vor.
Nee, nee. Man sagt dort auch nicht "Axiom " oder "Dogma". Das hast Du Dir ausgedacht. "Axiome", "Dogmen" und "Setzungen" passen da, wo ein theoretisches System eine Fundierung benötigt. Wissenschaft aber ist auf eine solche Weise nicht fundiert, weil es in eine andere Kategorie fällt. Nämlich in eine, deren Ausprägungen nicht durch ein Fundament gerechtfertigt ist, welches logisch weiter entwickelt wird, sondern durch was anderes. Nämlich alleine durch seine Erfolge. Immer an die auf den Kopf gestellte Begründungspyramide bzw. an den Schwanz denken, der mit dem Hund wackelt. Das ist gilt für die Mathematik doch genauso, wirst Du einwenden, aber hier konnte durch die Axiome eine quasi-theoretische Fundierung innerhalb des Systems Mathematik geschaffen werden. Das fehlt bei den Naturwissenschaften.

Übrigens juckt es zahlreichen jungen Studenten in den Fingern, ein Axiomensystem für Wissenschaft zu formulieren. Aber ob Studenten oder altersweise Philosophen, niemand hat sowas vernünftig präsentieren können.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Und weil die Aussage im Kontext "Glauben" formuliert habe, tritt die Aussage in keinen Konflikt mit der Kategorie "Wissen". Und in der -- dass hatten wir schon -- feiert "die Wirklichkeit" ein trauriges, verkanntes Dasein.
Das kann man gar nicht oft genug wiederholen!!!!!!

Im übrigen verstehe ich wirklich nicht, warum man "Wirklichkeit" einvernehmlich als das definieren könnte, "was ist, ob wir es wissen/wahrnehmen oder nicht" - das ist doch wirklich neutral.
Ja. Es ist neutral. Außerdem gibt es auch sonst keinen Hinderungsgrund, "Wirklichkeit" zu definieren. Mehr noch, es gibt philosophische Definitionen, da brauchst DU doch nur in eine beliebige philosophische Enzyklopädie zu schauen. Die Auseinandersetzung damit ist ja sogar eines der Hauptthemen der Philosophie. Nur, wie Wirklichkeit bzw. Realität in die Wissenschaftstheorie nutzbringend und gerechtfertigt eingebracht werden soll, das ist nicht klar.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Kommt mir vor, als hätte der closs mal wieder einen seiner Versuchsballons zur Etablierung einer über verschiedene Kategorien greifenden Erkenntnis hat steigen lassen.
Moment: Nicht die (unsere) Erkenntnis erstreckt sich über verschiedene Kategorien (was ja hieße: über unsere Wahrnehmung hinaus - das wäre ein Oxymoron). - Aber das, was "ist", ist eine andere Kategorie als das, was wir (per Alltagssinne oder wissenschaftliche Modelle) wahrnehmen. - Nur darum geht es.
Ich mache da nicht mit. Lass die Argumentation mit Realität, Wirklichkeit oder "was der Fall ist" bleiben oder zeige auf, wie damit irgendwas anzufangen ist.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Selbst wenn die HP-Ärzte dann aber, was ich befürchte, mit jeweils eigenen individuellen Modellen um die Ecke kommen, dann können die vergleichend Untersucht werden.
Auch das kann sein - auch das HP-Feld ist heterogen (aber eigentlich ist das überall so, oder nicht?).
Klar. Aber wenn es so heterogen ist, dass eine vernünftige Beschäftigung wegen genau dieser heterogenen Ausprägung nicht möglicht ist und eine "innere" Gemeinsamkeit nicht erkennbar oder plausibel ist, dann ist es schlecht Bestellt um die vernünftige Beschäftigung damit. Und "Globuli" als Gemeinsamkeit zu sehen, ist schwach.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Nur sind immer Modelle nötig.
Da scheint es zu hapern - was aber wirklich auch objektive Gründe hat.

Nimm mal ein Beispiel, das ich hier bereits zum Besten gegeben habe, und sage mir, wie man da ein Modell draus machen kann:
Ich?`Warum ich? Warum nicht Du oder die HP-Gemeinde?


closs hat geschrieben: * Aufwändige Anamnese über SChriftbilder, Farbvorlieben, etc. (natürlich auf Basis von vorherigem medizinischen Durchchecken)
* Auswahl eines ganz bestimmten Mittels AUFGRUND dieser Anamnese.
* Prognose: Erstverschlimmerung, dann Totalentgiftung, nach einem Jahr Heilung.

Wir sind uns doch einig, dass man Studien machen müsste, die mindestens ein Jahr lang anhalten - oder?
Das ist kein Modell, das ist ein Studien- oder Experimentvorschlag. Ob der clever ist, weiß ich nicht. Auf jedem Fall ist er obsolet, bevor nicht endlich ein Modell da ist. Du machst wieder den zweiten vor dem ersten Schritt.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

Pluto
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#903 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Pluto » Sa 18. Nov 2017, 17:12

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es braucht keine Vereinbarung; man macht es weil es funktioniert, NICHT weil es vereinbart wird.
1) Dieser Satz könnte von einem HP-Arzt kommen.
Auch gut.
Allerdings haben wir das Problem bei HP, dass die Wirkung nur oberflächliche Wahrnemung ist und nicht mehr da ist, wenn man genau hinschaut.

closs hat geschrieben:2) Die Art und Weise, WIE man es macht ("Wir machen es jetzt nach folgenden Kriterien") ist schon eine Vereinbarung.
In deinem Sprachgebrauch, vielleicht. Es ist schon deshalb keine Vereinbarung, weil Niemand da ist, mit dem man etwas "vereinbaren" kann. Man folgt einer Methode, mehr nicht.

closs hat geschrieben:ODer "Wir bezeichnen auch Nicht-Messbarkeit einer Sache als Falsifizierung einer Sache" - auch das ist eine Vereinbarung.
Auch das ist keine Vereinbarung. Wenn Jemand daherkommt (wie im Fall von HP) und behauptet etwas würde wirken, so ist dies Nichtwirkung eine eindeutige Widerlegung der Behauptung. Wie gesagt, da braucht es keine Vereinbarung.

closs hat geschrieben:Der Punkt ist: Man darf die Aussage "Wir handeln in DIESEM Korridor" nicht umdrehen und daraus machen: "Wenn etwas NICHT in diesem Korridor ist, dann gibt es es nicht" - so machen es nämlich die ideologischen Vertreter des kR.
Das ist eine infame Unterstellung, die ich erst gelten lasse, wenn du mir sagen kannst wer das so macht.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es braucht keine Positionierung. Die Handlung erfolgt weil sie funktioniert.
Sehr pragmatisch - mache ich zuhause genauso. - Und die HP-Leute machen es auch.
Wie gesagt... das Problem bei HP, ist nicht so sehr ob es funktioniert, sondern dass Jemand daherkommt und eine Wirkung behauptet, die bei näherer Betrachtung wegschmilzt wie eine Schneeflocke in der Augustsonne.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Doch nähert man sich dem Problem systematisch, verschwindet der therapeutische Erfolg, was die Frage aufwirft, ob der HP-"Arzt" nicht vielleicht doch an einer Wahrnehmungsstörung litt?
Diesen Gap verstehe ich genauso wenig wie Du - weshalb ich gerne einen wirklich guten HP-ler hier im Thread an Bord hätte, der die Studien dazu kennt.
Wenn er dazu beitragen kann, gerne. Aber ich befürchte, wenn er die Argumente hört, wird er sich ganz schnell wieder verkrümeln.
So geschehen, bei Barbara. Sie kam aus der HP-Praxis zu uns.

closs hat geschrieben:2) Dein "Mit anderen Worten" ist ein non sequitur - denn: Die Tatsache, dass wir eine Wirkung nicht erkennen (können), sagt nichts darüber aus, ob etwas wirkt.
Doch. Keine beobachtbare Wirkung; keine Relevanz. Dieser Leitfaden hat die Empirie so überzeugend gemacht, weil es sich immer wieder gezeigt hat, dass es stimmt.
Kannst du ein Beispiel bringen, wo etwas ohne erkennbare Wirkung wirkt?

closs hat geschrieben:Korrekt formuliert: Warum stellen wir mit unseren systematischen Annäherungen keine Wirkung von Globuli fest? - Dazu gibt es zwei Antworten: 1) Es gibt ontisch keine Wirkung.
2) Wir nähern uns falsch.
Wie sollte man sich dem Problem nähern?

closs hat geschrieben:Bei hohen Ds verschwimmt die Zuordnung von Mittel und Krankheit, weil dort der Typus eine größere Rolle spielt.
Was zu beweisen wäre... :D

closs hat geschrieben:Warum wird dann ständig Cortison verschrieben?
Cortison wirkt entzündungshemmend. Es wird vom Körper bei jeder Verletzung produziert. Der Arzt kann helfen, indem er es gezielt einsetzt.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Kann ich mir nicht vorstellen. Woher will denn der HP-"Arzt" wissen wo er schauen muss?
Weil er es diagnostisch gelernt hat - hier bringt die HP-Ausbildung eigenes Wissen mit sich.
Papperlapapp!
Ähnliches wurde bein den Meridianen in der TCM behauptet, bis man dies als Hokuspokus entlarvte. Was glaubst warum die modernen Chinesen auf westliche Medizin setzen?

closs hat geschrieben:Halt irgendwelche spezifischen Verbindungen zwischen den einzelnen Teilen des Körpers, die jetzt nicht benennen kann, mit denen aber ein ausgebildeter Arzt arbeitet.
Das wird immer sonderbarer! Behauptungen kaschieren Behauptungen.
Welcher Arzt arbeitet so?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Woher hast du das Beispiel?Ob es sich bei einer echten Prognose wirklich so verhält, bezweifle ich.
Das ist EIN konkretes Beispiel des Kölner Arztes, den ich kannte. - Das entspricht knallhart der PRaxis.
Schön. Und woher weiß ich, dass dein Kölner Freund nicht der größte Quacksalber auf Erden war?

closs hat geschrieben:Gibt es Langzeitstudien zur HP?
Ja klar.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#904 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Sa 18. Nov 2017, 17:18

JackSparrow hat geschrieben:Vergleichen wir einfach die Datenlage: gibt es Menschen, die beobachtet haben, dass nach einer Behandlung mit esoterischen Heilmethoden ihre Beschwerden verschwunden waren? Ist aus dieser Beobachtung zu folgern, dass esoterische Heilmethoden zu Beschwerdefreiheit führen?
Natürlich nicht - deshalb reden wir hier von nachhaltigen PRaxiserfahrungen zwischen Arzt und Patienten.

JackSparrow hat geschrieben:Du räumst also ein, dass ein Arzt bei echten Krankheiten nicht auf Homöopathie vertrauen sollte?
Nein - weil dieser Gedanke irreführt. - Es gibt viele Krankheiten, die homöopathisch nicht behandelt werden können und deshalb auch nicht behandelt werden - dann gibt es welche, die sowohl Schulmediziner als auch HP-ler behandeln - und dann gibt es welche, bei denen die HP-ler bessere Ergebnisse erzielen (meistens im chronischen Bereich).

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#905 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Pluto » Sa 18. Nov 2017, 17:30

closs hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Du räumst also ein, dass ein Arzt bei echten Krankheiten nicht auf Homöopathie vertrauen sollte?
Nein - weil dieser Gedanke irreführt.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass HP nur bei unechte Krankheiten zum Einsatz kommt. — Dachte ich es mir doch.

closs hat geschrieben:dann gibt es welche, die sowohl Schulmediziner als auch HP-ler behandeln - und dann gibt es welche, bei denen die HP-ler bessere Ergebnisse erzielen (meistens im chronischen Bereich).
Meinst du scheinbare Ergebnisse?
Was wirkt bei HP? Feenstaub?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#906 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Sa 18. Nov 2017, 18:36

Anton B. hat geschrieben:Wenn wir schon so dran gehen, ja, dann können wir auch "Setzung" verwenden, wo es nicht passt.
Mit Verlaub: Ich denke über etablierte Sprachgebräuche hinaus, weshalb dann plötzlich etwas passt, was in der Sprachetikette nicht vorgesehen ist.

Anton B. hat geschrieben:In wissenschaftlicher Hinsicht noch relativ exakt wird es in den akademischen Lehrbüchern formuliert. Dort finden sich auch Quellenhinweise, über die direkt oder indirekt der Leser auf die primäre wissenschaftliche Literatur geleitet wird. Anstrengen muss sich ein Leser immer. Vorkauen geht nur bedingt.
Damit sind bereits 90+x % der Bevölkerung rausgekegelt - und um diese geht es. - Solche Leute schauen sich eine Sendung an, in denen etwas als "wissenschaftlich nachgewiesen" dargestellt wird, und meinen damit im strengen Sinn: "So ist es tatsächlich" (und meinen dies natürlich in IHREM Verständnis). - Und genau setzt die Manipulation an, bei der man sich danach mit die Hände in Unschuld waschen kann. - Querverweis: Daraus entspringt AfD-Affinität.

Anton B. hat geschrieben:Ein Projekt aber kann in die Hose gehen. Entweder es funzt oder funzt nicht. Funzt es nicht, laufen die Leutchen schreiend weg.
RIchtig - oder etwas gehoben formuliert: Eine angesetzte Hermeneutik, die bei jedem Schritt in neue Widersprüche reintappt, kommt nicht weit.

Nur kommt jetzt die PRaxis, die dann ein ganz anderes Moment bringt:
Die in sich schlüssig begründbare Position wird seitens eines transzendent denkenden Menschen als letztlich NICHT funzend verstanden - und umgekehrt auch. - Beide berufen sich auf "Aufklärung" und "Vernunft", weil beide sehr verschiedenes darunter verstehen. - Und jetzt?

Anton B. hat geschrieben:Und der HP-Arzt kommt zu dieser Aussage, kann sie aber außer mit seinen "Wahrnehmungen" nicht begründen. Wird es systematisch nachgeprüft, entfleucht die Aussage. Das sind wesentliche Unterschiede.
Richtig - das ist ein Unterschied. - In weiterem Kontext dazu habe ich heute ganz zufällig in der neuesten ZEIT einen populär-wissenschaftlichen Artikel zum Thema "Wasser" gelesen ("Das fremde Element"). - Dort wird u.a. über den (paradoxen) Mpemba-Effekt gesprochen, der als solcher anerkannt ist - gleichzeitig heißt es zum Thema Parodoxie: "Zudem lässt sich das paradoxe Verhalten nur in einem Teil der Versuche reproduzieren. Warum? Das weiß niemand so recht".

Natürlich lässt mich das an unsere Diskussion hier denken: Wie ist es möglich, dass ein an sich anerkannter Effekt experimentell mal ja mal nein reproduzieren lässt? - Gibt es etwas zwischen Praxis und Reproduktion?

Anton B. hat geschrieben:Wissenschaft aber ist auf eine solche Weise nicht fundiert, weil es in eine andere Kategorie fällt. Nämlich in eine, deren Ausprägungen nicht durch ein Fundament gerechtfertigt ist, welches logisch weiter entwickelt wird, sondern durch was anderes. Nämlich alleine durch seine Erfolge.
Das gilt in den Naturwissenschaften, bei denen eine These experimentell, also unabhängig, überprüft werden kann - schon klar.

Aber bereits bei der Umkehrung dieses Satzes wird es eng (siehe "Falsifizierung"): Wenn man eine These NICHT experimentell bestätigt, gilt sie als falsifiziert, selbst wenn sie in Wirklichkeit zutreffend ist/wäre. - Ist das etwa KEINE Vereinbarung?

Anton B. hat geschrieben:Übrigens juckt es zahlreichen jungen Studenten in den Fingern, ein Axiomensystem für Wissenschaft zu formulieren.
Schön, dass diese Fragestellung überhaupt erkannt ist.

Anton B. hat geschrieben:Ja. Es ist neutral. Außerdem gibt es auch sonst keinen Hinderungsgrund, "Wirklichkeit" zu definieren. Mehr noch, es gibt philosophische Definitionen, da brauchst DU doch nur in eine beliebige philosophische Enzyklopädie zu schauen.
Richtig - alles ist längst klar. - Aber was nützt das, wenn es nicht verstanden wird? - Und es wird in der Tat anscheinend weitläufig nicht verstanden, weil man - im Gegensatz zu Dir - gerne "Wissenschaftsergebnis" mit "Realität" gleichsetzt.

Anton B. hat geschrieben:Nur, wie Wirklichkeit bzw. Realität in die Wissenschaftstheorie nutzbringend und gerechtfertigt eingebracht werden soll, das ist nicht klar.
Allein, dass es diese Fragestellung gibt, ist doch schon super - denn damit wird gezeigt, dass beides unterschiedliche Kategorien sind - gäbe es diese Erkenntnis überall, wäre ich schon zufrieden.

Anton B. hat geschrieben:Lass die Argumentation mit Realität, Wirklichkeit oder "was der Fall ist" bleiben oder zeige auf, wie damit irgendwas anzufangen ist.
"Anfangen" kann man sehr wohl insofern etwas, wenn man daraus schlussfolgert, dass methodische Ergebnisse immer anthropogene Provisorien sind - allein diese Erkenntnis ist Gold wert.

Anton B. hat geschrieben:Ich?`Warum ich? Warum nicht Du oder die HP-Gemeinde?
Das war eine strukturelle Frage im Sinne von: Kann man unter diesen individuellen Bedingungen überhaupt ein Modell machen?

Anton B. hat geschrieben:Das ist kein Modell, das ist ein Studien- oder Experimentvorschlag.
OK, das ist nicht mein Fach. - deshalb die Verständnisfrage: Wäre es kein "Modell", wenn man sagt: "Nach diesem Muster funktioniert HP - eine Studie müsste dementsprechend so oder so aussehen" ---???---

closs
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#907 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Sa 18. Nov 2017, 18:54

Pluto hat geschrieben:Es ist schon deshalb keine Vereinbarung, weil Niemand da ist, mit dem man etwas "vereinbaren" kann. Man folgt einer Methode, mehr nicht.
Aber diese Methode wurde doch vereinbart ...

Pluto hat geschrieben:Das ist eine infame Unterstellung, die ich erst gelten lasse, wenn du mir sagen kannst wer das so macht.
Wie ich hier gelernt habe, nennt man nicht nur positive Nachweise gegen eine Behauptung "Falsifikation" ("Du hast gesagt, es gäbe keine schwarzen Schwäne: Hier ist einer - ätsch - Deine Behauptung ist falsifiziert"), sondern auch negative Nachweise im Sinne von "Wir haben nichts gefunden" ("Du hast gesagt, es gäbe schwarze Schwäne, wir haben aber keine gefunden - ätsch - Deine Behauptung ist falsifiziert"). - Davon rede ich.

Pluto hat geschrieben:Wenn Jemand daherkommt (wie im Fall von HP) und behauptet etwas würde wirken, so ist dies Nichtwirkung eine eindeutige Widerlegung der Behauptung.
Du meinst: "Die Nicht-Findung einer Wirkung ist eine eindeutige Widerlegung der Behauptung" - genau das meine ich.

Pluto hat geschrieben:das Problem bei HP, ist nicht so sehr ob es funktioniert, sondern dass Jemand daherkommt und eine Wirkung behauptet, die bei näherer Betrachtung wegschmilzt wie eine Schneeflocke in der Augustsonne.
Dann würde es ja nicht funktionieren - aber aus Sicht der HP-Leute funktioniert es halt.

Pluto hat geschrieben: Aber ich befürchte, wenn er die Argumente hört, wird er sich ganz schnell wieder verkrümeln.
Aber nicht unbedingt, weil diese Argumente für ihn überzeugend sind, sondern weil er sieht, dass hier nichts zu machen ist. - Manchmal seufzen beide Seiten gleichzeitig.

Pluto hat geschrieben:Kannst du ein Beispiel bringen, wo etwas ohne erkennbare Wirkung wirkt?
Das wäre ein Oxymoron - hier geht es um etwas anderes: Nämlich ob etwas wirken kann, ohne dass wir es erkennen.

Pluto hat geschrieben:Wie sollte man sich dem Problem nähern?
ICh weiß es nicht - mir reicht es zunächst einmal zu erkennen, dass beides der Fall sein könnte.

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Bei hohen Ds verschwimmt die Zuordnung von Mittel und Krankheit, weil dort der Typus eine größere Rolle spielt.

Was zu beweisen wäre... :D
Das ist Alltagspraxis - da müsstest Du nur mit einem High-D-Behandler anbandeln, der Dir das mal erklärt.

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Warum wird dann ständig Cortison verschrieben?

Cortison wirkt entzündungshemmend.
Schon klar - aber vorher hast Du geschrieben, dass die meisten Entzündungen eh weggehen und damit HP-Mittel als nicht wirkend dargestellt.

Pluto hat geschrieben:Was glaubst warum die modernen Chinesen auf westliche Medizin setzen?
Weil sich beides ergänzt, aber doch nicht, weil sie meinen, ihre traditionelle Medizin wäre ein Irrtum.

Pluto hat geschrieben:Das wird immer sonderbarer! Behauptungen kaschieren Behauptungen. Welcher Arzt arbeitet so?
Wirklich viele. - Man findet dieses Prinzip auch bei der Fußmassage, wo bestimmte Stellen für bestimmte Organe stehen, etc. - Mein Hausärztin hat bei unserem Kennenlernen u.a. den Zahnstand wissen wollen, weshalb ich ihr ein OPC mitgeommen habe, wo sie gucken konnte. - Das gilt ganz und gar nicht als "esoterisch".

Pluto hat geschrieben:Und woher weiß ich, dass dein Kölner Freund nicht der größte Quacksalber auf Erden war?
Nachfragen, ob man die Akten einsehen kann - oder nachfragen, ob sein Nachlass geordnet wurde und zugänglich ist - oder vielleicht wurde er sogar wissenschaftlich aufgearbeitet - ich weiß es nicht. - Nochmal: Ich bin nicht hier, um nachzuweisen, sondern um verständlich zu machen - das sind auschließlich Angebote und ganz sicher keine Ansprüche.

Pluto hat geschrieben:Meinst du scheinbare Ergebnisse?
Wenn man per HP scheinbare ERgebnisse erzielt, die aber der PRaxis und dem Leben standhalten, dann - tja - dann besteht das Leben halt aus scheinbaren Ergebnissen.

Anton B.
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#908 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Anton B. » Sa 18. Nov 2017, 19:29

closs hat geschrieben:Mit Verlaub: Ich denke über etablierte Sprachgebräuche hinaus, weshalb dann plötzlich etwas passt, was in der Sprachetikette nicht vorgesehen ist.
Das macht die Verständigung aber nicht einfacher.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:In wissenschaftlicher Hinsicht noch relativ exakt wird es in den akademischen Lehrbüchern formuliert. Dort finden sich auch Quellenhinweise, über die direkt oder indirekt der Leser auf die primäre wissenschaftliche Literatur geleitet wird. Anstrengen muss sich ein Leser immer. Vorkauen geht nur bedingt.
Damit sind bereits 90+x % der Bevölkerung rausgekegelt - und um diese geht es.
Sehe ich genau so: Die sind "rausgekegelt". Aber nicht, weil man was Böses will. Und auch meinereins kegeln sie raus. Weil ich eben von bestimmten Dingen keine Ahnung habe und nicht einsehe (oder zu blöde bin) mir das d'raufzuschaffen. Das richtet sich doch dann nicht persönlich gegen mich sondern ist anderen Dingen geschuldet.

closs hat geschrieben:Solche Leute schauen sich eine Sendung an, in denen etwas als "wissenschaftlich nachgewiesen" dargestellt wird, und meinen damit im strengen Sinn: "So ist es tatsächlich" (und meinen dies natürlich in IHREM Verständnis). - Und genau setzt die Manipulation an, bei der man sich danach mit die Hände in Unschuld waschen kann. - Querverweis: Daraus entspringt AfD-Affinität.
Wieso das denn: Wenn jemandem bei "Planet Wissen" oder wie so eine Sendung heißt bei der Darstellung von Einsteins Theorien der Kamm schwillt, weil er sich als Lagerarbeiter mit Hauptschulabschluss und naturwissenschaftlichen Kenntnissen auf diesem Niveau sich veräppelt fühlt, dann war er schon vorher Typ "Wutbürger".

Leider werden uns heutzutage schon durch die Diversifizierung und Spezialisierung Grenzen überall aufgezeigt. Ob Lagerarbeiter oder nicht. Wer damit Probleme hat, bekommt halt Ärger mit seinen Herzkranzgefäßen.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Ein Projekt aber kann in die Hose gehen. Entweder es funzt oder funzt nicht. Funzt es nicht, laufen die Leutchen schreiend weg.
RIchtig - oder etwas gehoben formuliert: Eine angesetzte Hermeneutik, die bei jedem Schritt in neue Widersprüche reintappt, kommt nicht weit.

Nur kommt jetzt die PRaxis, die dann ein ganz anderes Moment bringt:
Die in sich schlüssig begründbare Position wird seitens eines transzendent denkenden Menschen als letztlich NICHT funzend verstanden - und umgekehrt auch. - Beide berufen sich auf "Aufklärung" und "Vernunft", weil beide sehr verschiedenes darunter verstehen. - Und jetzt?
Verstehe ich nicht! Welche "schlüssig begründete Position"? Naturwissenschaft als Naturwissenschaft?

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Und der HP-Arzt kommt zu dieser Aussage, kann sie aber außer mit seinen "Wahrnehmungen" nicht begründen. Wird es systematisch nachgeprüft, entfleucht die Aussage. Das sind wesentliche Unterschiede.
Richtig - das ist ein Unterschied. - In weiterem Kontext dazu habe ich heute ganz zufällig in der neuesten ZEIT einen populär-wissenschaftlichen Artikel zum Thema "Wasser" gelesen ("Das fremde Element"). - Dort wird u.a. über den (paradoxen) Mpemba-Effekt gesprochen, der als solcher anerkannt ist - gleichzeitig heißt es zum Thema Parodoxie: "Zudem lässt sich das paradoxe Verhalten nur in einem Teil der Versuche reproduzieren. Warum? Das weiß niemand so recht".
Schaue doch in den Wiki-Artikel! Paradox wird er bezeichnet, weil er der allgemeinen Erfahrung und dem Wissen als wahrgenommenes Phänomen widerspricht. Die systematische Nachprüfung hat ihn aber bestätigt. Es werden auf der Basis des bekannten physikalischen und chemischen Wissens bessere Modelle zur Erklärung und Modellierung des Effektes gesucht. So soll es auch sein.

closs hat geschrieben:Natürlich lässt mich das an unsere Diskussion hier denken: Wie ist es möglich, dass ein an sich anerkannter Effekt experimentell mal ja mal nein reproduzieren lässt? - Gibt es etwas zwischen Praxis und Reproduktion?
Wahrscheinlich ja! Typen wie ich nennen es ein Modell, eine Theorie. :lol:

Und wenn das Modell noch nicht gut passt, weil bestimmte Parameter nicht berücksichtigt sind, dann steht man auf halbem Wege da, wo die ERklärung des Mpemba-Effektes offensichtlich derzeit steht.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Wissenschaft aber ist auf eine solche Weise nicht fundiert, weil es in eine andere Kategorie fällt. Nämlich in eine, deren Ausprägungen nicht durch ein Fundament gerechtfertigt ist, welches logisch weiter entwickelt wird, sondern durch was anderes. Nämlich alleine durch seine Erfolge.
Das gilt in den Naturwissenschaften, bei denen eine These experimentell, also unabhängig, überprüft werden kann - schon klar.

Aber bereits bei der Umkehrung dieses Satzes wird es eng (siehe "Falsifizierung"): Wenn man eine These NICHT experimentell bestätigt, gilt sie als falsifiziert, selbst wenn sie in Wirklichkeit zutreffend ist/wäre. - Ist das etwa KEINE Vereinbarung?
Ich sehe hauptsächlich die vom closs mit sich selber vereinbarte Vereinbarung, immer die Wirklichkeit in seine Gedanken einzuschleusen.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Lass die Argumentation mit Realität, Wirklichkeit oder "was der Fall ist" bleiben oder zeige auf, wie damit irgendwas anzufangen ist.
"Anfangen" kann man sehr wohl insofern etwas, wenn man daraus schlussfolgert, dass methodische Ergebnisse immer anthropogene Provisorien sind - allein diese Erkenntnis ist Gold wert.
Das ist doch schon mal was.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Das ist kein Modell, das ist ein Studien- oder Experimentvorschlag.
OK, das ist nicht mein Fach. - deshalb die Verständnisfrage: Wäre es kein "Modell", wenn man sagt: "Nach diesem Muster funktioniert HP - eine Studie müsste dementsprechend so oder so aussehen" ---???---
"Nach diesem Muster funktioniert es", wäre ein Modell. Das gibst Du dann den Experiment-Experten, und schauen dann, was sie an Beobachtungsvorhersagen und Experiment-Designs da rausquetschen können. So geht man die Sache richtig herum an.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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#909 Re: Homöopathie IV

Beitrag von closs » Sa 18. Nov 2017, 20:16

Anton B. hat geschrieben:Das macht die Verständigung aber nicht einfacher.
Klar - aber es gibt als Inhalte, für die man neue Worte suchen oder alte variieren muss.

Anton B. hat geschrieben:Sehe ich genau so: Die sind "rausgekegelt".
Müsste aber nicht sein - und vor allem: Warum sendet man dann überhaupt solche Sendungen? - Mal davon abgesehen, dass sich hier einiges zum Positiven bewendet hat - es gibt heute sehr akzeptable populärwissenschaftliche Sendungen.

Mir geht es mehr um DIEJENIGEN, die wissen müssten, was ein Modell ist, es aber als "Wirklichkeit" ausgeben - konnotativ damit verknüpft wird dann: "Wenn Ihr hier nicht zustimmt, seid Ihr nicht 'aufgeklärt', sondern 'esoterisch'".

Anton B. hat geschrieben: Wenn jemandem bei "Planet Wissen" oder wie so eine Sendung heißt bei der Darstellung von Einsteins Theorien der Kamm schwillt, weil er sich als Lagerarbeiter mit Hauptschulabschluss und naturwissenschaftlichen Kenntnissen auf diesem Niveau sich veräppelt fühlt, dann war er schon vorher Typ "Wutbürger".
Das meine ich nicht - ich spreche von Fällen, von denen der Durchschnittsbürger in seiner Lebenserfahrung betroffen ist.

Als Paradebeispiel habe ich Dir den "38% aller inländischen Muslime sind extremisch"-Fall schon genannt (obwohl es nur 1% sind). - Und da gibt es halt noch andere, wo der Zuhörer sagt: "Das kann doch nicht sein - aber man muss ja sein Maul halten, weil man sonst als un-aufgeklärt oder braun oder sonstwas gilt". - Und in diesen Kontext gehört es eben, wenn Wissenschaft zur ideologischen Waffe gemacht wird.

Anton B. hat geschrieben:Verstehe ich nicht! Welche "schlüssig begründete Position"? Naturwissenschaft als Naturwissenschaft?
Das wäre EIN Beispiel für eine schlüssige Position: "Wir sehen die Welt aus der perspektive des Kritischen Rationalismus". - Bestens.

Problematisch wird es, wenn bei Fragen wie Evolutions-Theorie oder "Woher kommt Geist?" naturwissenschaftliche Positionen mit spirituellen Positionen (schein-) kollidieren - "schein" deshalb, weil sie gar nicht kollidieren können, wenn beide bei ihren Leisten bleiben. - Denn dann zeigt sich, wer von den Wissenschafts-Vertretern Wissenschaft unter methodischen und wer sie unter weltanschaulichen Gesichtspunkten versteht.

Anton B. hat geschrieben:Und wenn das Modell noch nicht gut passt, weil bestimmte Parameter nicht berücksichtigt sind, dann steht man auf halbem Wege da, wo die ERklärung des Mpemba-Effektes offensichtlich derzeit steht.
NAtürlich - und völlig normal. - Mir geht es darum, dass hier etwas zu sein scheint, was mir aus der HP vertraut vorkommt: Der Effekt selber wird von den Beteiligten als akzeptiert - aber beim experimentellen Nachweis hapert es.

Anton B. hat geschrieben:Ich sehe hauptsächlich die vom closs mit sich selber vereinbarte Vereinbarung, immer die Wirklichkeit in seine Gedanken einzuschleusen.
Moment: In die Wissenschaft will ich sie NICHT einschleußen - andererseits möchte ich regelmäßig daran erinnern, dass der Mensch nicht in Modellen, sondern in dieser Wirklichkeit lebt. - Mit anderen Worten: Im Ernstfall hat die Wirklichkeit ein Vetorecht über Wahrnehmungs-Systeme, die sich mit ihr (der Wirklichkeit) beschäftigen.

Anton B. hat geschrieben:Das ist doch schon mal was.
Bitte weitersagen. :)

Anton B. hat geschrieben:"Nach diesem Muster funktioniert es", wäre ein Modell. Das gibst Du dann den Experiment-Experten, und schauen dann, was sie an Beobachtungsvorhersagen und Experiment-Designs da rausquetschen können. So geht man die Sache richtig herum an.
Und da frage ich mich/Dich, ob der hier strapazierte Fall des Kölner Arztes für so was geeignet ist - zur Erinnerung (und idealisiert, aber trotzdem realistisch dargestellt):

100 psychisch schwerkranke, austherapierte Patienten - die Krankheitsbilder sind plusminus gleich/ähnlich - ihre individuelle Typologie nur zufällig ähnlich - das heißt: Von den 100 Leuten bekommen zwei dasselbe Mittel, alle anderen ein anderes - eben weil die Kombi aus Krankheitsbild und Typologie so vielflältig sein kann. - Wie willst Du solche Fälle systematisch überprüfen?

Anton B.
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#910 Re: Homöopathie IV

Beitrag von Anton B. » Sa 18. Nov 2017, 23:02

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Wenn jemandem bei "Planet Wissen" oder wie so eine Sendung heißt bei der Darstellung von Einsteins Theorien der Kamm schwillt, weil er sich als Lagerarbeiter mit Hauptschulabschluss und naturwissenschaftlichen Kenntnissen auf diesem Niveau sich veräppelt fühlt, dann war er schon vorher Typ "Wutbürger".
Das meine ich nicht - ich spreche von Fällen, von denen der Durchschnittsbürger in seiner Lebenserfahrung betroffen ist.
Die Einstein-Kritiker fühlen sich in ihrer "Lebenserfahrung" betrogen, dass alle Geschwindigkeiten sich als einfache Summen aufaddieren. Die "Lebenserfahrung" genau so wie der "gesunde Menschenverstand" sind da die falschen Bezugsrahmen.

closs hat geschrieben:Als Paradebeispiel habe ich Dir den "38% aller inländischen Muslime sind extremisch"-Fall schon genannt (obwohl es nur 1% sind). - Und da gibt es halt noch andere, wo der Zuhörer sagt: "Das kann doch nicht sein - aber man muss ja sein Maul halten, weil man sonst als un-aufgeklärt oder braun oder sonstwas gilt". - Und in diesen Kontext gehört es eben, wenn Wissenschaft zur ideologischen Waffe gemacht wird.
Inwiefern bezieht sich dieses Beispiel auf "Wissenschaft"?

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Verstehe ich nicht! Welche "schlüssig begründete Position"? Naturwissenschaft als Naturwissenschaft?
Das wäre EIN Beispiel für eine schlüssige Position: "Wir sehen die Welt aus der perspektive des Kritischen Rationalismus". - Bestens.
Ist aber nicht so. Der "Kritische Rationalismus" ist zwar aus dem Anspruch der "vernünftigen Begründung" begründet, aber dieser Anspruch ist nicht vernünftig begründet. Die Position wäre, "Ich halte mich an das Nützlichste!" Das aber bedingt aber wiederum keine Festlegung der Erkenntnisunternehmung, des Projektes.

closs hat geschrieben:Problematisch wird es, wenn bei Fragen wie Evolutions-Theorie oder "Woher kommt Geist?" naturwissenschaftliche Positionen mit spirituellen Positionen (schein-) kollidieren - "schein" deshalb, weil sie gar nicht kollidieren können, wenn beide bei ihren Leisten bleiben. - Denn dann zeigt sich, wer von den Wissenschafts-Vertretern Wissenschaft unter methodischen und wer sie unter weltanschaulichen Gesichtspunkten versteht.
Du meinst wahrscheinlich "naturalistische Position" und nicht "naturwissenschaftliche Position".

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Und wenn das Modell noch nicht gut passt, weil bestimmte Parameter nicht berücksichtigt sind, dann steht man auf halbem Wege da, wo die ERklärung des Mpemba-Effektes offensichtlich derzeit steht.
NAtürlich - und völlig normal. - Mir geht es darum, dass hier etwas zu sein scheint, was mir aus der HP vertraut vorkommt: Der Effekt selber wird von den Beteiligten als akzeptiert - aber beim experimentellen Nachweis hapert es.
Bei dem Mpemba-Effekt gibt es Modelle und diese Modelle lassen sich mit Beobachtungen verknüpfen.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Ich sehe hauptsächlich die vom closs mit sich selber vereinbarte Vereinbarung, immer die Wirklichkeit in seine Gedanken einzuschleusen.
Moment: In die Wissenschaft will ich sie NICHT einschleußen - andererseits möchte ich regelmäßig daran erinnern, dass der Mensch nicht in Modellen, sondern in dieser Wirklichkeit lebt. - Mit anderen Worten: Im Ernstfall hat die Wirklichkeit ein Vetorecht über Wahrnehmungs-Systeme, die sich mit ihr (der Wirklichkeit) beschäftigen.
Wieder mal gut, dass die Naturwissenschaft sich nicht mit der Wirklichkeit, sondern mit Beobachtungen beschäftigt. Mittlerweile sollte auch jedem Mitleser klar sein, warum bei der Beziehung Wissenschaft/Wirklichkeit die Alarmglocken läuten sollten.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:"Nach diesem Muster funktioniert es", wäre ein Modell. Das gibst Du dann den Experiment-Experten, und schauen dann, was sie an Beobachtungsvorhersagen und Experiment-Designs da rausquetschen können. So geht man die Sache richtig herum an.
Und da frage ich mich/Dich, ob der hier strapazierte Fall des Kölner Arztes für so was geeignet ist - zur Erinnerung (und idealisiert, aber trotzdem realistisch dargestellt):

100 psychisch schwerkranke, austherapierte Patienten - die Krankheitsbilder sind plusminus gleich/ähnlich - ihre individuelle Typologie nur zufällig ähnlich - das heißt: Von den 100 Leuten bekommen zwei dasselbe Mittel, alle anderen ein anderes - eben weil die Kombi aus Krankheitsbild und Typologie so vielflältig sein kann. - Wie willst Du solche Fälle systematisch überprüfen?
Also für mich stellt sich die Frage nicht. Die Datei des Kölner HP-Arztes ist so wie von DIr dargestellt, ungeeignet und wird das, was notwendig ist, niemals leisten können. Meine Meinung.

Und ich prüfe erst etwas, wenn ein Modell da ist.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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