Was ist die Seele?

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Pluto
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#121 Re: Was ist die Seele?

Beitrag von Pluto » Mi 10. Mai 2017, 13:39

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das mag ja sein, aber die nackte Behauptung es sei Geist ist unbefriedigend.
Diese Behauptung wird doch ellenlang begründet.
Nicht das ich wüsste?
Wie ist sie zu begründen?

closs hat geschrieben:Im Geistigen gibt es weder Vergangenheit noch Zukunft
Ich vermute du verstehst den Begriff der Zeit nicht.
Zeit ist der Abstand zwischen zwei Ereignissen. Es gibt nur dann kein vorher oder nachher, wenn nichts passiert. Also kann dein Begriff des Geists nichts bewirken. Somit muss es von der Logik her falsch sein, dass Geist Materie schuf.
Geist als Erschaffer der Materie ist somit falsifiziert.

closs hat geschrieben:Das ist kein separates Problem der Theologie - das ist überall, wo interpretiert wird.
Genau. Die Theologie leidet aber ganz besonders daran, weil sie von der Interpretation lebt.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Hast du diesen Unfug gerade erfunden?
Davon abgesehen, dass das schon vor Jahrzehnten so gelehrt wurde (allerdings nicht in der Naturwissenschaft, sondern in der Philosophie), gibt es sogar Bücher darüber - R.Schulz "Naturwissenschaftshermeneutik".ein wahllos rausgeholtes: R.Schulz "Naturwissenschaftshermeneutik".
Das war ein "Griff ins Klo", mein Freund. Shulz versteht darunter im Grunde Pseudowissenschaften wie Esoterik und Schamanentum.
ich hoffe sehr, dass Hermeneutik mehr zu bieten hat. ;)

closs hat geschrieben:Warum zitierst Du das ständig? - Das ist doch selbstverständlich. - Das gilt für Philosophie/Theologie/Geisteswissenschaften genauso wie für Naturwissenschaft.
Wir konstatieren, dass Philosophie und Theologie unwissenschaftlich arbeiten, weil sie die Falsifizierbarkeit von Vorhersagen auf ihre Arbeit nicht anerkennen. Somit können sie gar nicht feststellen, ob sie der Wahrheit näher gekommen sind.
Mit anderen Worten: Theologie ist die Suche nach Wahrheit mit verbundenen Augen; zumindest im Vergleich zur wissenschaftlichen Methodik.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

JackSparrow
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#122 Re: Was ist die Seele?

Beitrag von JackSparrow » Mi 10. Mai 2017, 14:49

closs hat geschrieben:1) dass die experimentelle Prüfung des Wie überhaupt nichts mit philosophischen/theologischen Fragen zu tun hat
Wenn (1) der Mensch Geist hat und (2) Materie aus Geist besteht, dann muss es zwischen menschlichem Geist und Materie eine Wechselwirkung geben.

Wären Philosophen/Theologen an echter Forschung interessiert und nicht nur an der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes, dann sollten sie sich ein Experiment ausdenken, mit dem sich diese Wechselwirkung falsifizieren lässt.

closs
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#123 Re: Was ist die Seele?

Beitrag von closs » Mi 10. Mai 2017, 15:09

Pluto hat geschrieben:Somit muss es von der Logik her falsch sein, dass Geist Materie schuf. Geist als Erschaffer der Materie ist somit falsifiziert.
Das sind immer so die "wissenschaftlichen (Schein-)Widerlegungen", die einen beruhigt weiter gehen lassen, selbst wenn man voll daneben wäre. - Anders gesagt: Unser Wahrnehmungs-Maßstab ist hier ungeeignet.

"Schaffen" heißt, etwas aus dem "Ewigen"/Über-Zeitlichen in ein Feld aus Materie und Zeit hinein-fließen zu lassen. - Stelle Dir - ein unzureichendes, aber vielleicht anschauliches Bild - einmal vor, aus einem stehenden See würde etwas abfließen. - Es gäbe kaum jemanden, der dies als logisch unmöglich ansehen würde.

Pluto hat geschrieben: Die Theologie leidet aber ganz besonders daran, weil sie von der Interpretation lebt.
Schon richtig - alle Disziplinen, bei denen es um geistige Inhalte geht und nicht nur um Beschreibungen von Details um diese Inhalte rum, leben aus der Interpretation. - Deshalb sollte man unterscheiden zwischen reinen Sachbeobachtungen ("in Zitat x steht folgendes: ...") und Interpretationen ("das bedeutet: ..."). - Letzteres geht nur hermeneutisch, also mit Kennzeichnung der eigenen Position, aus der man interpretiert.

Pluto hat geschrieben: Shulz versteht darunter im Grunde Pseudowissenschaften wie Esoterik und Schamanentum.
Link?

Pluto hat geschrieben:Wir konstatieren, dass Philosophie und Theologie unwissenschaftlich arbeiten, weil sie die Falsifizierbarkeit von Vorhersagen auf ihre Arbeit nicht anerkennen.
Was ist denn DAS für ein Satz:

1) WIR konstatieren das überhaupt nicht. - Jedoch KANN man es konstatieren, wenn man Wissenschaft als das definiert, das Interpretationen experimentell überprüfen kann - das geht nur bei Naturwissenschaften. - Mit anderen Worten: Nur Naturwissenschaft wären dann "Wissenschaft" - diese Sichtweise ist nicht einmal veraltet: Es gab sie nie bis ins 20. Jh.

2) Philosophie und Theologie verwerfen nicht Falsifizierung ihrer Vorhersagen, sondern äußern sich ausschließlich in Bereichen, die nicht falsifizierbar sind (zumindest ist es bei der klassischen Philosophie so) - einfacher Grund: Wären deren Aussagen falsifizierbar, könnte man sie genauso innerhalb der Naturwissenschaften verarbeiten.

3) Darüber hinaus: "Falsifizierbarkeit" von experimentell NICHT nachprüfbaren Aussagen geht nur logisch INNERHALB einer bestimmten Hermeneutik, gilt also nicht universal. - Es ist also in solchen Fällen innerhalb EINES Denkmodells und dessen Reichweite "widerlegt", aber nicht absolut widerlegt.

Beispielsweise ist die Aussage "Materie ist Folge von Geist" nur dann widerlegbar, wenn man Neurowissenschaften als hermeneutische Ausgangslage setzt. - Die Aussage "Seele ist Folge von Materie" ist nur dann widerlegbar, wenn man Theologie als hermeneutische Ausgangslage setzt. - Beide "Widerlegungen" gelten nur im jeweiligen hermeneutischen Rahmen - und zwar deshalb, weil die zugrundeliegenden Behauptungen an sich nicht falsifizierbar sind.

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#124 Re: Was ist die Seele?

Beitrag von closs » Mi 10. Mai 2017, 15:13

JackSparrow hat geschrieben:Wenn (1) der Mensch Geist hat und (2) Materie aus Geist besteht, dann muss es zwischen menschlichem Geist und Materie eine Wechselwirkung geben.
Oder Geist ist in die Materie hineingegeben - dann wirkt der Geist aus der Materie heraus. - Oder es gibt einen anderen Weg, den wir beide nicht kennen. - Entscheidend ist, dass es eine Erklärung ist, nach der der Tod der Materie nicht mit dem Tod des damit verbundenen Geistes einhergeht.

JackSparrow hat geschrieben:Wären Philosophen/Theologen an echter Forschung interessiert
Wenn Du mit "Forschung" ausschließlich "naturwissenschaftliche Forschung" meinst, bist Du auf dem falschen Dampfer. - Naturwissenschaftliche Forschung kann prinzipiell NICHT ermitteln, was zuerst ist: Geist oder Materie. - Denn in BEIDEN Fällen würde sie auf ihrer materiellen Forschungs-Ebene exakt dasselbe beobachten.

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#125 Re: Was ist die Seele?

Beitrag von Pluto » Mi 10. Mai 2017, 18:18

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Somit muss es von der Logik her falsch sein, dass Geist Materie schuf. Geist als Erschaffer der Materie ist somit falsifiziert.
Das sind immer so die "wissenschaftlichen (Schein-)Widerlegungen", die einen beruhigt weiter gehen lassen, selbst wenn man voll daneben wäre. - Anders gesagt: Unser Wahrnehmungs-Maßstab ist hier ungeeignet.
Dann erkläre bitte mal was du unter Zeitlosigkeit verstehst, und wo man Materie in der Entstehung beobachten kann.

closs hat geschrieben:Stelle Dir - ein unzureichendes, aber vielleicht anschauliches Bild - einmal vor, aus einem stehenden See würde etwas abfließen. - Es gäbe kaum jemanden, der dies als logisch unmöglich ansehen würde.
Das ist richtig.
Das Problem in deiner Argumentation ist nicht das Fließen, sondern die Zeitlosigkeit. Das kann es nur geben, wenn es keine Ereignisfolge gibt, also nichts geschieht. Doch du behauptest, Materie sei aus einem zeitlosen Geist entstanden, was von der Logik her unmöglich ist.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wir konstatieren, dass Philosophie und Theologie unwissenschaftlich arbeiten, weil sie die Falsifizierbarkeit von Vorhersagen auf ihre Arbeit nicht anerkennen.
Was ist denn DAS für ein Satz:
Ganz einfach. Überprüfbare Vorhersagen sind ein Eckpfeiler wissenschaftlicher Methodik. Die Theologie anerkennt diese in ihrer Arbeit nicht, ergo arbeitet sie nicht nach der anerkannten wissenschaftlichen Methodik ==> unwissenschaftlich, was ich die ganze Zeit versuche dir zu erklären.

closs hat geschrieben:1) WIR konstatieren das überhaupt nicht.
Doch wir konstatieren, dass Theologie nicht nach den Vorgaben der wissenschaftlichen Methodik arbeitet. Damit ist der Umstand der Unwissenschaftlichkeit gegeben.

closs hat geschrieben:Jedoch KANN man es konstatieren, wenn man Wissenschaft als das definiert
Wie gesagt, Wissenschaftliche Methodik ist kein Wunschkonzert. Die Theologie kann nicht ihre eigenen Regeln für Wissenschaftlichkeit erstellen.

closs hat geschrieben:das Interpretationen experimentell überprüfen kann - das geht nur bei Naturwissenschaften. - Mit anderen Worten: Nur Naturwissenschaft wären dann "Wissenschaft" - diese Sichtweise ist nicht einmal veraltet: Es gab sie nie bis ins 20. Jh.
Ich glaube du hast nicht verstanden was Wissenschaft ist. Es ist auch in der Naturwissenschaft nicht selten unmöglich Dinge experimentell zu überprüfen. Wichtig ist nicht das Experiment, sondern die Vorhersage und ihre Bestätigung.
Beispiel: Als Darwin eine Orchidee mit einer 20 cm langen Blüte entdeckte, sagte er vorher, dass es ein Insekt mit einem ebenso langen Rüssel geben müsse. Ein solches Insekt fand man tatsächlich, allerdings erst 20 Jahre nach Darwins Tod. Man nannte diese Mottenart " Xantophan morgani praedicta" - die Vorhergesagte.

closs hat geschrieben:2) Philosophie und Theologie verwerfen nicht Falsifizierung ihrer Vorhersagen, sondern äußern sich ausschließlich in Bereichen, die nicht falsifizierbar sind (zumindest ist es bei der klassischen Philosophie so).
3) Darüber hinaus: "Falsifizierbarkeit" von experimentell NICHT nachprüfbaren Aussagen geht nur logisch INNERHALB einer bestimmten Hermeneutik, gilt also nicht universal. - Es ist also in solchen Fällen innerhalb EINES Denkmodells und dessen Reichweite "widerlegt", aber nicht absolut widerlegt.
Um die Bezeichnung "wissenschaftlich" zu erhalten ist nicht das Experiment wichtig, sondern überprüfbare Vorhersagen.
Die Philosophie erhebt ja keinen Anspruch auf die Wissenschaftlichkeit ihrer Arbeit. Die Theologie hingegen, erhebt einen solchen Anspruch.
Die alles entscheidende Frage ist: Kann die Theologie überprüfbare Vorhersagen machen?
Falls ja, dann kann sie sich "wissenschaftlich" nennen, ansonsten nicht.

closs hat geschrieben:Beispielsweise ist die Aussage "Materie ist Folge von Geist" nur dann widerlegbar, wenn man Neurowissenschaften als hermeneutische Ausgangslage setzt. - Die Aussage "Seele ist Folge von Materie" ist nur dann widerlegbar, wenn man Theologie als hermeneutische Ausgangslage setzt. - Beide "Widerlegungen" gelten nur im jeweiligen hermeneutischen Rahmen - und zwar deshalb, weil die zugrundeliegenden Behauptungen an sich nicht falsifizierbar sind.
Wenn du von einer Zeitlosigkeit von Geist ausgehst, dann kann das nur gelten, wenn Geist nichts bewirkt. Sobald Ereignisse stattfinden, gibt es ein vorher und ein nachher (hat mit Naturwissenschaft nichts zu tun, sondern ist reine Logik). Bestehst du also auf Zeitlosigkeit des Geistes, so kann Geist unmöglich die Quelle von Materie sein.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#126 Re: Was ist die Seele?

Beitrag von closs » Mi 10. Mai 2017, 20:00

Pluto hat geschrieben:Dann erkläre bitte mal was du unter Zeitlosigkeit verstehst
Nicht "Zeitlosigkeit", sondern "Überzeitlichkeit". - "Überzeitlichkeit" ist dialektisch nichts anderes als das, in dem Zeit "aufgehoben" ist. - WAS das, können wir aus unserer Wahrnehmungssicht, also auch nicht aus unserer Naturwissenschaft heraus wissen. - Es ist philosophisch denkbar, aber nicht darstellbar.

Pluto hat geschrieben:wo man Materie in der Entstehung beobachten kann?
Ab dem Urknall.

Pluto hat geschrieben: Das kann es nur geben, wenn es keine Ereignisfolge gibt, also nichts geschieht.
Stimmt - für die Überzeitlichkeit stimmt das ja auch. - Die Schöpfung ist NICHT ein Geschehen IN der Überzeitlichkeit, sondern aus ihr heraus - ein Ableitung, in der es Materie und Zeit gibt. - Zeit ist somit ein Teil der Schöpfung.

Pluto hat geschrieben:Überprüfbare Vorhersagen sind ein Eckpfeiler wissenschaftlicher Methodik. Die Theologie anerkennt diese in ihrer Arbeit nicht
Natürlich tut sie das - und zwar auf den Gebieten, wo es möglich ist. - Sie selbst beschäftigt sich mit Themen, die nicht falsifizierbar sind ("Gott"). - WÄRE Gott falsifizierbar, bräuchte man keine Theologie - dann könnte man Gott unter Naturwissenschaft subsummieren.

Pluto hat geschrieben:ergo arbeitet sie nicht nach der anerkannten wissenschaftlichen Methodik
Du meinst mit "wissenschaftlicher Methodik" immer "naturwissenschaftliche Methodik" - also eine Methodik, die Hand in Hand geht mit der Möglichkeit experimenteller Überprüfung. - Das ist nicht DIE Definition von Wissenschaft, sondern EINE Definition der Wissenschaft.

Andere Definitionen beziehen "Falsifizierbarkeit" auf die Methodik selbst - im Sinne von: "Ist in einer Argumentations-Führung ein nachweisbarer Widerspruch?". - Dieser Wissenschafts-Definition wird auch die Theologie gerecht.

Pluto hat geschrieben:Doch wir konstatieren, dass Theologie nicht nach den Vorgaben der wissenschaftlichen Methodik arbeitet.
Nein - s.o.

Pluto hat geschrieben:Wichtig ist nicht das Experiment, sondern die Vorhersage und ihre Bestätigung.
OK - einverstanden. - Aber das ändert nichts. - Denn die Vorhersagen der Theologie sind nicht innerhalb des naturalistischen Feldes bestätigbar. - DIe Aussage "Nach dem Tod ist dieses oder jenes" ist
a) eine Vorhersage, die durchaus richtig sein kann,
b) aber nicht im Diesseits bestätigbar ist.

Pluto hat geschrieben:Die Theologie kann nicht ihre eigenen Regeln für Wissenschaftlichkeit erstellen.
HAt sie auch nicht vor. - Die übergeordnete Frage lautet: "Ist Wissenschaft nur Naturwissenschaft oder auch Geisteswissenschaft". - Welche Antwort dabei rauskommt, ist übrigens egal. - Selbst wenn man Geisteswissenschaft aus dem Feld der Wissenschaft rausnehmen würde, würde dies lediglich bedeuten, dass Wissenschaft in diesen Bereichen nichts zu suchen hat.

Pluto hat geschrieben:Die Philosophie erhebt ja keinen Anspruch auf die Wissenschaftlichkeit ihrer Arbeit. Die Theologie hingegen, erhebt einen solchen Anspruch.
Weiß ich nicht mal. - Natürlich gibt es unendlich viele Arbeiten innerhalb der Theologie, die wissenschaftlicher Natur sind ("Der Einfluss von Augustinus auf die Französische Revolution") - das sind reine literatur-historische Arbeiten. - Aber es gibt natürlich ebenfalls rein geistig-inhaltliche Arbeiten wie etwa "Was meint Paulus substantiell, wenn er x sagt" - ob man solche Arbeiten wissenschaftlich nennen will oder nicht, ist egal. - Wichtig ist, dass sie substantiell bedeutend sind - und WAS substantiell bedeutend ist, kann "wissenschaftlich" in Deiner Definition nicht entscheiden.

Pluto hat geschrieben:Wenn du von einer Zeitlosigkeit von Geist ausgehst, dann kann das nur gelten, wenn Geist nichts bewirkt.
Moment: Man muss unterscheiden zwischen "Geist in seinem Wesen" (= Gott) und dessen Aktivität im materiellen Raum ("Heiliger Geist"). - Konkret: Theologisch gesehen ist der "Heilige Geist" zwar vom selben Wesen wie Gott (trinitarisch sogar dasselbe), unterscheidet sich aber in seiner Funktion insofern, dass er Wirkkraft im materiell-zeitlichen Raum ist.

Und immer wieder: UNSERE Vorstellungen von "Überzeitlichkeit" sind nicht naturwissenschaftlich nachvollziehbar (auch vorstellungs-mäßig nicht) - es ist eine andeutungsweise erkennbare Größe, deren für uns erkennbare Funktion das wichtigste ist: Dauerpräsenz in allem, was wir "Zeit" nennen.

Auch hier wieder ein Bild: Stelle Dir ein "Schachbrett" vor, auf dem "nebeneinander" alle Augenblicke dessen, was wir Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nennen, "sind". - Und stelle Dir eine Instanz vor ("Gott"), in dem all dies stattfindet und der dies alles "unter Kontrolle" hat. - Das geht weit über unser naturwissenschaftliches Verständnis hinaus - da kommt man allenfalls ein Stück weit geistig nahe. - Theologie ist eine ontologische Disziplin des Geistigen.

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#127 Re: Was ist die Seele?

Beitrag von Pluto » Mi 10. Mai 2017, 20:50

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Dann erkläre bitte mal was du unter Zeitlosigkeit verstehst
Nicht "Zeitlosigkeit", sondern "Überzeitlichkeit". - "Überzeitlichkeit" ist dialektisch nichts anderes als das, in dem Zeit "aufgehoben" ist.
Was ist der Unterschied?
Gibt es kein vorher und nachher, dann gibt es keine Zeit. Wenn es keine Zeit gibt, dann gibt es keine Ereignisse, und somit kann auch nichts entstehen.

closs hat geschrieben:Es ist philosophisch denkbar, aber nicht darstellbar.
Das ist ein häufiges Problem in der Philosophie.

Pluto hat geschrieben: Das kann es nur geben, wenn es keine Ereignisfolge gibt, also nichts geschieht.
Stimmt - für die Überzeitlichkeit stimmt das ja auch. - Die Schöpfung ist NICHT ein Geschehen IN der Überzeitlichkeit, sondern aus ihr heraus - ein Ableitung, in der es Materie und Zeit gibt. - Zeit ist somit ein Teil der Schöpfung.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Überprüfbare Vorhersagen sind ein Eckpfeiler wissenschaftlicher Methodik. Die Theologie anerkennt diese in ihrer Arbeit nicht
Natürlich tut sie das - und zwar auf den Gebieten, wo es möglich ist.
Es genügt schon wenn sie einmal die Regeln bricht.
closs hat geschrieben:WÄRE Gott falsifizierbar, bräuchte man keine Theologie - dann könnte man Gott unter Naturwissenschaft subsummieren.
Psst, nicht so laut...
Das wird schneller geschehen als du glaubst. Erst recht, wenn die Theologie weiterhin darauf besteht, wissenschaftlich zu arbeiten.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:ergo arbeitet sie nicht nach der anerkannten wissenschaftlichen Methodik
Du meinst mit "wissenschaftlicher Methodik" immer "naturwissenschaftliche Methodik" - also eine Methodik, die Hand in Hand geht mit der Möglichkeit experimenteller Überprüfung.
Nein!
Die Methodik hat mit experimenteller Überprüfung NICHTS zu tun, sondern mit der Überprüfbarkeit der Vorhersagen.

closs hat geschrieben:Das ist nicht DIE Definition von Wissenschaft, sondern EINE Definition der Wissenschaft.
Wissenschaftliche Methodik ist ein Konsens der Philosophen Popper und Albert, nachdem sie Adorno und Habermas überzeugt hatten; sie meinten, die Methodik sei auf ALLE Wissenschaften anzuwenden.

closs hat geschrieben:Andere Definitionen beziehen "Falsifizierbarkeit" auf die Methodik selbst - im Sinne von: "Ist in einer Argumentations-Führung ein nachweisbarer Widerspruch?".
Völlig ungenügend, sofern keine Vorhersage vorhanden ist, auf die man den Widerspruch nachweisen kann.

closs hat geschrieben:Denn die Vorhersagen der Theologie sind nicht innerhalb des naturalistischen Feldes bestätigbar.
Das, lieber closs ist der Kern meiner Kritik und ein RIESENPROBLEM innerhalb der Theologie.
closs hat geschrieben:DIe Aussage "Nach dem Tod ist dieses oder jenes" ist
a) eine Vorhersage, die durchaus richtig sein kann,
b) aber nicht im Diesseits bestätigbar ist.
Sie kann deshalb nicht richtig sein, weil wir sehr genau wissen, woraus unsere Körper bestehen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die Theologie kann nicht ihre eigenen Regeln für Wissenschaftlichkeit erstellen.
HAt sie auch nicht vor. - Die übergeordnete Frage lautet: "Ist Wissenschaft nur Naturwissenschaft oder auch Geisteswissenschaft".
Nein. Die übergeordnete Frage ist, ob wissenschaftliche Methodik anerkannt wird oder nicht. Wird ein Gebiet dieser Methodik nicht gerecht, kann die Disziplin sich nicht wissenschaftlich nennen.

closs hat geschrieben:Welche Antwort dabei rauskommt, ist übrigens egal. - Selbst wenn man Geisteswissenschaft aus dem Feld der Wissenschaft rausnehmen würde, würde dies lediglich bedeuten, dass Wissenschaft in diesen Bereichen nichts zu suchen hat.
Die Praxis sieht ganz anders aus. Die Theologie hält sich nicht an die Regeln, also sollte sie oder aus dem Kreis der Wissenschaft austreten. Aber die Theologie möchte gern drin bleiben. Dann soll sie sich gefälligst an die Regeln halten!

closs hat geschrieben:Aber es gibt natürlich ebenfalls rein geistig-inhaltliche Arbeiten wie etwa "Was meint Paulus substantiell, wenn er x sagt" - ob man solche Arbeiten wissenschaftlich nennen will oder nicht, ist egal. - Wichtig ist, dass sie substantiell bedeutend sind - und WAS substantiell bedeutend ist, kann "wissenschaftlich" in Deiner Definition nicht entscheiden.
Ich bin bescheiden und anspruchslos.
Es reicht wenn man die geistig-inhaltlichen Arbeiten als unwissenschaftlich bezeichnet.

closs hat geschrieben:Man muss unterscheiden zwischen "Geist in seinem Wesen" (= Gott) und dessen Aktivität im materiellen Raum ("Heiliger Geist"). - Konkret: Theologisch gesehen ist der "Heilige Geist" zwar vom selben Wesen wie Gott (trinitarisch sogar dasselbe), unterscheidet sich aber in seiner Funktion insofern, dass er Wirkkraft im materiell-zeitlichen Raum ist.
Die wichtige Frage ist, ob es ein vorher oder nachher gibt, damit etwas in der Zeit geschieht. Wenn Geist vor Materie da war, gibt es auch eine Zeit.

closs hat geschrieben:Und immer wieder: UNSERE Vorstellungen von "Überzeitlichkeit" sind nicht naturwissenschaftlich nachvollziehbar.
Die Nicht-Nachvollziehbarkeit ist nicht ein Problem der Wissenschaft, sondern der Theologie.

closs hat geschrieben:Auch hier wieder ein Bild: Stelle Dir ein "Schachbrett" vor, auf dem "nebeneinander" alle Augenblicke dessen, was wir Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nennen, "sind". - Und stelle Dir eine Instanz vor ("Gott"), in dem all dies stattfindet und der dies alles "unter Kontrolle" hat. - Das geht weit über unser naturwissenschaftliches Verständnis hinaus - da kommt man allenfalls ein Stück weit geistig nahe. - Theologie ist eine ontologische Disziplin des Geistigen.
Nochmals die alles entscheidende Frage, gibt es ein vorher oder ein nachher?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#128 Re: Was ist die Seele?

Beitrag von closs » Mi 10. Mai 2017, 22:04

Pluto hat geschrieben:Was ist der Unterschied?
"Zeitlosigkeit" klingt wie "Es gibt keine Zeit". - "Über-Zeitlichkeit" heißt "Die Zeit ist aufgehoben in eine höhere Begrifflichkeit", die nicht die Zeit "rausschmeißt", sondern sie in sich "verarbeitet" - eben "aufhebt".

Pluto hat geschrieben:Wenn es keine Zeit gibt, dann gibt es keine Ereignisse, und somit kann auch nichts entstehen.
Ereignisse gibt es in den unendlich vielen Gegenwarts-Momenten - Entwicklung gibt es nicht, weil schon alles da ist. - Das gilt für Gott, aber natürlich NICHT für die Schöpfung, die ja gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass in ihr Zeit und Materie ist.

Pluto hat geschrieben:Das ist ein häufiges Problem in der Philosophie.
Unvermeidbar, wenn man über das Naturalistische hinausdenkt - aber genau das ist halt eine Aufgabe der Philosophie.

Pluto hat geschrieben:Es genügt schon wenn sie einmal die Regeln bricht.
Welche? - Wann? - Wo?

Pluto hat geschrieben:Das wird schneller geschehen als du glaubst. Erst recht, wenn die Theologie weiterhin darauf besteht, wissenschaftlich zu arbeiten.
Das kann natürlich sehr schnell geschehen - das ist rein eine Frage der kulturellen Entwicklung. - Aber es wird aus geistig-spiritueller Sicht immer ein Rückschritt sein. - Es ändert nichts an dem, was "ist" - das sind menschliche Wahrnehmungs-System-Scharmützel.

Mit dem Begriff "Wissenschaft" hat das nichts zu tun - das kann man entspannt definieren. - Im Fall Deiner Definition ist Theologie NICHT wissenschaftlich und Wissenschaft hat somit in geistigen Fragestellungen nichts zu suchen. - Im Fall meiner Definition ist Theologie wissenschaftlicht und Wissenschaft hat somit in geistigen Fragestellungen etwas zu suchen.

Der Ersatz von "Geist" durch naturwissenschaftliche Bewusstseins-Definitionen wird "innerbetrieblich" natürlich funktionieren können, aber auch hier aus geistig-spiritueller Sicht immer als Rückschritt verstanden werden. - Der Widerstreit zweier völlig unterschiedlicher Definitionen von "Aufklärung" wird nicht eliminiert werden. - Nebenbei: Diesen Widerstreit aufzulösen, war ein Versuch von Ratzinger mit seiner Idee, die HKM möge sich dem geistigen öffnen - gut gemeint, aber wohl gescheitert.

Pluto hat geschrieben:Die Methodik hat mit experimenteller Überprüfung NICHTS zu tun, sondern mit der Überprüfbarkeit der Vorhersagen.
Theologische Fundamental-Fragen ("Es gibt Gott") sind nicht wissenschaftlich überprüfbar. - Wenn es also die Realität "Gott" gibt, muss sie an Deiner Definition von Wissenschaft vorbeigehen. - Umgekehrt: Wissenschaft kann sich dann nur um DIE Realität kümmern, die mit ihrer Methodik/Hermeneutik vereinbar ist - also nur um einen Ausschnitt der Realität kümmern.

Und um auf den hiesigen Thread zu lenken: Das gilt auch für Begriffe wie "Seele".

Pluto hat geschrieben:Wissenschaftliche Methodik ist ein Konsens der Philosophen Popper und Albert, nachdem sie Adorno und Habermas überzeugt hatten; sie meinten, die Methodik sei auf ALLE Wissenschaften anzuwenden.
Das ist EIN Ausschnitt der Wissenschafts-Geschichte - mehr nicht. - Wie auch immer: Wenn es so bliebe, wäre Wissenschaft in geistigen Fragen außen vor - sie könnte sie nicht untersuchen, selbst wenn dahinter Entität steckt. - Das wäre das Opfer, das man bei dieser Definition bringen müsste.

Nochmals: Mir ist es persönlich egal, ob die Untersuchung philosophischer/theologischer/geistig-spiritueller Fragen als "wissenschaftlich" bezeichnet wird oder nicht - aber man muss sich darüber klar sein, dass damit die Wissenschaft nicht alles untersuchen kann, was als Entität sein könnte.

Pluto hat geschrieben:Das, lieber closs ist der Kern meiner Kritik und ein RIESENPROBLEM innerhalb der Theologie.
Das ist kein Problem der Theologie, sondern die Grundlage der Theologie (bezogen auf Grundsatzfragen) - gäbe es diese Grundlage nicht, bräuchte man keine Theologie. - Anders gesagt: Theologie macht nur dann Sinn, wenn sich die emotionalen, geistigen, logischen, philosophischen Hinweise auf Gott bestätigen - aber eben außerhalb des naturalistischen Raums bestätigen, weil es anders nicht geht.

Pluto hat geschrieben:Sie kann deshalb nicht richtig sein, weil wir sehr genau wissen, woraus unsere Körper bestehen.
Das ist eine Aussage auf Basis der nicht-falsifizierbaren Setzung, dass Geist Folge von Materie ist. - Theologisch irrelevant.

Pluto hat geschrieben:Die übergeordnete Frage ist, ob wissenschaftliche Methodik anerkannt wird oder nicht.
Wissenschaftliche Methodik in Deinem Verständnis wird da anerkannt, wo sie hingehört. - Konkret: Du wirst keinen katholischen oder evangelischen Theologen finden, der Relativitäts-Theorie oder Evolutions-Theorie in Frage stellt - das ist none of their business. - Und vor allem: Es hat keinerlei Bedeutung für die Fragen der Theologie.

Pluto hat geschrieben:Die Theologie hält sich nicht an die Regeln, also sollte sie oder aus dem Kreis der Wissenschaft austreten. Aber die Theologie möchte gern drin bleiben.
Das ist ein Szenario, das es aus Sicht der Theologie nicht gibt. - Man arbeitet auf geistes-"wissenschaftlicher" Ebene (im Sinne des allgemeinen Konsenses seit Jahrhunderten) und beschäftigt sich nicht damit, im Sinne irgendeiner aktuellen Wissenschafts-Theorie "drin zu bleiben" - das interessiert sie nicht.

Pluto hat geschrieben:Es reicht wenn man die geistig-inhaltlichen Arbeiten als unwissenschaftlich bezeichnet.
Das mag aus Deiner methodischen Sicht ein Kriterium sein - aus theologischer Sicht geht es um geistige/logische/ontologische/etc. Substanz. - Und wenn man die methodisch nachvollziehbaren Ausarbeitungen in diesem Sinne als "wissenschaftlich" anerkennt, ist es gut (und vor allem üblich) - wenn nicht, ist es völlig egal.

Pluto hat geschrieben:Wenn Geist vor Materie da war, gibt es auch eine Zeit.
Da es erst Zeit gibt, seitdem es Materie gibt, gibt es keinen Geist "vor" der Materie, sondern nur über der Materie/Zeit.

Pluto hat geschrieben:Die Nicht-Nachvollziehbarkeit ist nicht ein Problem der Wissenschaft, sondern der Theologie.
Streng genommen ist es ein Problem des Menschen. - Methodisch ist es ganz sicher kein Problem der Wissenschaft (in Deinem Sinne) - für die Theologie eigentlich auch nicht, weil sie um ihre Grundlagen weiß.

Pluto hat geschrieben:Nochmals die alles entscheidende Frage, gibt es ein vorher oder ein nachher?
Im geistigen Ursprung ("Gott") gibt es KEIN vorher und nachher - das gibt es nur in Ableitungen davon ("Schöpfung").

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