Buddhismus, eine Religion der Liebe.

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erbreich
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#101 Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von erbreich » Fr 24. Feb 2017, 17:40

Halman hat geschrieben:Ist denn Liebe nicht auch eine "Anhaftung". Ist es denn nicht das Ziel des Buddhisten, jedwede "Anhaftung" zu überwinden?
Liebe ist ein Wort, der für vielerlei gebraucht und missbraucht wird. Wie kann es beispielsweise "käufliche Liebe" geben? Liebe im Sinne buddhistischer Metta - mit "liebende Güte" gibt Novalis den Begriff wieder - ist frei von Begehren und Anhaftung. Eine schöne Beschreibung von Liebe wie sie gemeint ist gibt Nyanaponika:

Liebe (mettā)

Liebe, die nicht besitzen will, weil sie weiß, dass es in Wirklichkeit keinen
Besitz und keinen Besitzer gibt, das ist die höchste Liebe. Liebe, die nicht
"Ich" sagt, weil sie das "Ich" als Täuschung weiß (anatta). Liebe, die nicht
sondert, wählt und ausschließt, wohl wissend, dass sie damit nur ihren
Gegensatz erzeugt: Missgunst, Abneigung, Widerwillen und Hass. Liebe, die
alle Lebewesen umfasst: kleine, große, ferne und nahe, die Bewohner der
Erde, des Wassers und der Luft.
Liebe, die alle Wesen umfasst: die edel gesinnten und die niedrig gesinnten,
die guten und die nicht-guten. Die Edlen und die Guten umfasst sie, weil zu
ihnen die Liebe zwanglos strömt. Die Niedriggesinnten und die Nicht-Guten
umfasst sie, weil sie der Liebe am meisten bedürfen. In vielen von ihnen mag
der Keim des Guten verkümmert sein, weil ihm die Wärme fehlte zu seinem
Gedeihen, weil er in liebloser Umwelt erfror.
Liebe, die alle Wesen umfasst, wohl wissend, dass sie alle unsere Weggefährten
sind auf der Weltenwanderschaft, Genossen unseres Leidens.
Gemeinsames Erleiden ist ein starkes Band unter den Wesen. Liebe - doch
nicht jene verzehrende, brennende Glut der Sinne, die mehr Wunden zufügt
als heilt; die jetzt aufflackert, im nächsten Augenblick verlischt und nur umso
stärkere Kälte zurück lässt.
Liebe vielmehr, die wie eine milde und doch starke Hand auf den leidenden
Wesen ruht, stets sich selber gleich, ohne Schwanken, unbeirrt, welche
Erwiderung sie findet. Erquickende Kühlung dem, der in des Leidens und der
Leidenschaften Flammen brennt. Belebende Wärme dem, den die Kälte der
Verlassenheit angerührt hat, der im Frost einer lieblosen Welt erzittert, dessen
Herz leer geworden ist über Hilferuf und Verzweiflung.
Liebe, die eine wissende, verstehende, helfende Güte ist, Liebe, die Kraft ist
und Kraft gibt - das ist die höchste Liebe.
"Befreiung des Herzens" nannte der Erhabene die Liebe.
"Erhabenste Schönheit" nannte der Erhabene die Liebe.


Ich würde er sagen: Buddhismus, eine Religion ohne "Ich" und ohne Leid.
Buddhismus ist eine Religion der Selbst- (und Welt-) überwindung und wenn diese Überwindung tatsächlich praktiziert wird, ein Weg der Leidbefreiung - für den Praktizierenden wie auch für dessen Mitwelt.

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Halman
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#102 Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von Halman » Fr 24. Feb 2017, 21:02

Novalis hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Kann der Buddhismus wirklich eine Religion der Liebe sein? Ist denn Liebe nicht auch eine "Anhaftung". Ist es denn nicht das Ziel des Buddhisten, jedwede "Anhaftung" zu überwinden?

Ich würde er sagen: Buddhismus, eine Religion ohne "Ich" und ohne Leid.

Jede wahre Religion ist eine Religion der Liebe, wenn sie wahrheitsgemäß/mit rechtgesinntem Geist verstanden wird.
Ja - dieser Aussage stimme ich zu.

Es gibt ja verschiedene Arten von Liebe und in der griechischen Sprache gibt es dafür sogar verschiedene Wörter.
1. ἀγάπη (AgápÄ“): uneigennützige Liebe, Nächstenliebe
2. φιλíα (philía): Freundesliebe, Zuneigung
3. ἔρως (érōs): Erotische Liebe, „Begehren“
4. στοργή (storgÄ“): familiäre Liebe, natürliche Zuneigung

Ist die Liebe, von der wir hier reden die AgápÄ“? (Dein Posting legt dies ja sehr nahe. Ich möchte mich nur vergewissern.)
Die Άγάπη (AgápÄ“) wird, wie Du aufgezeigt hast, im „Hohelied der Liebe“ beschrieben. Paulus bedient sich darin eine fictio personae, um sie zu charaterisieren. Der Begriff AgápÄ“ wird steht auch in 1. Joh. 4:16.

Éros wird im NT nirgends gebraucht, verschiedene Fromen von Philía (Zuneigung) werden selten verwendet, noch seltender StorgÄ“ (familäre Zuneigung). Am häufigsten ist der Audruck AgápÄ“ für Liebe. Dabei handelt es sich um eine uneigennützige Liebe [s. Mat. 5:44, dort wird das Verb ἀγαπάω (agapáō) gebraucht], die nicht romantischer Natur Art ist.

Paulus glaubte an eine Auferstehung im Himmel. Wenn sich alle Hoffnungen und alles, woran geglaubt wurde erfüllt haben werden, sind Glauben und Hoffnung nicht mehr notwendig, doch die Liebe zwischen Gott und seinen Geschöpften ist ewig. In diesem Sinne verstehe ich Pauli Gedanken.

Meint der Buddhismus diese Form der Liebe?

Novalis hat geschrieben:ALLE Propheten :thumbup: egal wann, egal wo, egal wer. Buddhisten sprechen zwar nicht im christlichen Sinne von Gott, aber sie sprechen von den vier göttlichen Geisteshaltungen, den Brahmavihāra (brahmā ist ein Name für den höchsten Schöpfergott, die Kenner von Brahman werden im Hinduismus deshalb auch Brahmanen/brāhmaṇa (ब्राह्मण) genannt....)

Brahmavihāra ist ein buddhistischer Begriff und bedeutet „Die vier himmlischen Verweilzustände“ oder „Die vier Unermesslichen“ (pali: appamaññā, skt.: apramana). Die Brahmavihāras sind Grundlage für Meditationsübungen (brahmavihāra-bhāvanā) im Theravada[1] wie auch im Mahayana. Sie sind Bestandteil der buddhistischen Ethik und bezeichnen vier zu kultivierende Geisteshaltungen anderen Wesen gegenüber. Weitere Übersetzungen des Begriffs sind: „Die vier unermesslichen Geisteshaltungen“, „Die vier grenzenlosen Geisteszustände“, „Die vier Wohnstätten Brahmas“ (Vihara bedeutet so viel wie „Wohnstätte“, „Ort des Verweilens“; Brahma ist eine indische Gottheit).
https://de.wikipedia.org/wiki/Brahmavihara

1. mettā = Liebende Güte
2. karunā = Mitgefühl
3. muditā = Mitfreude
4. upekkhā = Gleichmut
Mir scheint der Buddhismus eine vollkommene Gelassenheit anzustreben. Frieden durch Loslassen von Anhaftung. Ähnelt dies dem zehnten Gebot des Dekalogs, gem. dem man nichts Unrechtes begehren soll?

Brahma ist eine indische Gottheit. Allerdings hatte mir ein "Freund" aus dem SciFi-Forum vor Jahren erklärt, dass man Brahman als Konzept begreifen kann.
Zitat von Agent Scullie:
wie ich schon sagte, gibt es im Hinduismus einmal das Konzept des Brahman, das man pantheistisch deuten kann, und das daran geknüpft ist, dass alle Dinge miteinander eins sind und die scheinbarer Vielheit eine Illusion ist. Brahman ist demnach das Eine, das alles ist. Jedes einzelne Ding ist Brahmnan. Das Selbst eines Menschen, Atman, ist ebenfalls Brahman. Zur Überwindung der Illusion der Vielheit muss der Mensch sein Selbst erkennen, dann erkennt er Brahman. Andererseits gibt es noch die polytheistische Seite, mit einer unüberschaubaren Vielzahl an Göttern. Zwischen diesen beiden Seiten besteht aber kein Widerspruch, denn so wie Brahman jedes Ding ist, sind auch alle Götter Brahman.
Diese Vorstellung ist sehr verschieden von der christlichen. Zudem man hier selbst die spirituelle Reife entwickeln muss. Die Überwindung der Illusion der Vielheit wird einem m. W. nicht geschenkt, sondern muss erarbeitet werden.

Im Christentum wird einem das Heil geschenkt.

Novalis hat geschrieben:Im Laufe der Zeit bildete sich ein Kastensystem heraus und die Brahmanen gelangten zu großer Macht und Einfluss, was dann den Buddhismus inspirierte, der eine soziale und spirituelle Gegenbewegung darstellte. In „Who is a Brahmin? The politics of identity in India“ schreibt Gilles Chuyen: „Weder die Herkunft noch die Weihe und Gelehrsamkeit machen den Brahmanen aus, allein sein Lebenswandel ist der Grund.“ - ich verstehe den Buddhismus vor diesem Hintergrund, als eine Erneuerungsbewegung. Aus buddhistischer Sicht besitzt jeder Mensch das Potential ein brāhmaṇa (bzw. erleuchteter Mensch) zu werden. Im Christentum kennen wir die Erleuchtung (illuminatio) durch den Heiligen Geist, die ebenfalls ausnahmslos jedem Menschen offen steht, wie wir wissen war der Apostel Petrus ursprünglich ein einfacher Fischer, was für sich genommen ein herrliches Sinnbild ist, da er vom „Fische-Fischer“ zum „Menschen-Fischer“ wurde.
Als Buddhist muss man aber doch die Leistung selbst erbringen durch Übung im Zazen, der Meditation (sofern ich dies recht verstehe). Im Christentum wird der Heilige Geist als freie Gabe geschenkt. Alles wird geschenkt.

Lieber Novalis,

ich danke Dir für Deine fundierte und schöne Antwort.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Halman
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#103 Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von Halman » Fr 24. Feb 2017, 21:13

erbreich hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Ist denn Liebe nicht auch eine "Anhaftung". Ist es denn nicht das Ziel des Buddhisten, jedwede "Anhaftung" zu überwinden?
Liebe ist ein Wort, der für vielerlei gebraucht und missbraucht wird. Wie kann es beispielsweise "käufliche Liebe" geben? Liebe im Sinne buddhistischer Metta - mit "liebende Güte" gibt Novalis den Begriff wieder - ist frei von Begehren und Anhaftung.
Danke für Deine Erklärung, lieber erbreich.

Vor einigen Jahren hatte ich im SciFi-Forum mit einer Buddhistin disktutiert, die ich sehr zu schätzen lernte. Dies mutivierte mich, hier den Thread Was haltet ihr vom Buddhismus? zu eröffnen und sie zu zitieren.
Space Girl erklärte mir:
... Auch wenn viele buddhistische Schulen definitv weit von dem entfernt sind, was der Buddha eigentlich gelehrt hat, so haben sie doch alle den Kern der Lehre (Die vier edlen Wahrheiten mit dem achtfachen Pfad)bewahrt,und Buddha kam es nur auf den Kern an.Buddha sah sich selbst als ein Arzt, der eine Krankheit diagnostiziert (das Unbefriedigende an der Welt)und die Medizin (den achtfachen Pfad) gegen diese Krankheit verschreibt, solange der Patient die Medizin nimmt, ist es unwichtig, was er sonst noch macht.Er kann beten,wenn er will, und er kann auch an Gott glauben, wenn er will.

„Nicht erklärt habe ich, ob die Welt ewig oder nicht ewig, begrenzt oder unbegrenzt ist, ob Seele und Leib dasselbe oder Verschiedenes sind, ob ein Vollendeter nach dem Tode lebt oder nicht lebt. Ich habe es deshalb nicht erklärt, weil dies nicht zum Heile beiträgt, nicht einen reinen Wandel begründet, ...“ (Pāli-Kanon, Majjhimanikaya 63).

Fazit: Nur persönliche Erkenntnis und Erfahrung, Achtsamkeit und Meditation können nach seiner Lehre Befreiung bringen.Glaubensvorstellungen sind demgegenüber untergeordnet.Du kannst also Christ und praktizierender Buddhist sein.Du kannst Atheist und praktizierender Buddhist sein.Du kannst zu Shiva beten und praktizierender Buddhist sein....

Das ist Heute in manchen buddhistischen Schulen anders, aber damit widersprechen sie meiner Ansicht nach dem, was der Buddha verkündet hat.Und viele Schulen wie zb. der Zen sehen das Heute immer noch so.Ob dies aus christlicher Sicht geht, wage ich aber wegen der buddhistischen Lehre vom Nicht-Ich zu bezweifeln, da sie eine konstante und unsterbliche Seele ausschließt.Andererseits gibt es viele Gemeinsamkeiten mit der negativen Theologie, wie sie etwa von Meister Eckhart und Nikolaus von Kues vertreten wurde.Und im Zen ist sowieso völlig egal, woran du glaubst oder nicht glaubst, solange du praktizierst.Der Zen ist an theoretischen Überlegungen überhaupt nicht interessiert.Zen ist Za Zen (also meditieren) und sonst Nichts.Sitze und siehe selbst.Hier.Liest du da irgendeine Lehre?Der Zen hat keine Lehre.Sitzen in Meditation.Das ist die ganze Philosophie im Zen.Interessant ist in dem Kontext der Fall des Benediktiner Mönchs Willigis Jäger, der zugleich Christ und Zen-Praktizierender ist.Von Zen Seite aus, gab es keinerlei Probleme, von christlicher Seite aus schon.Hier.

Der Buddha hat seine Lehre deshalb begründet, weil er den Hindusimus (dem er ursprünglich anhing) als unbefriedigend empfunden hat, als nicht zur Befreiung führend.Abgesehen davon, dass er das Kastenwesen grundweg ablehnte.Ich behaupte auch das die hinduistische Lehre von der Wiedergeburt dem Buddhismus später künstlich aufgepfropft wurde, weil sie mit anderen grundlegenden Lehrend des Buddha,wie der Lehre vom Nicht-Ich absolut nicht vereinbar ist.Ich bin da aber in der Minderheit.Im undogmatischen Zen ( der meiner festen Überzeugung nach wegen seiner Dogmenfreiheit dem Orginal am Nächsten ist) spielt das keine Rolle, in manch anderen buddhistischen Schulen hätte ich mit dieser Einstellung aber durchaus Schwierigkeiten.

Der Vergleich hinkt, weil es (je nach Schule) noch hunderte Sutras gibt,die teils als wichtiger eingeschätzt werden.Aber der Palikanon ist die älteste buddhistische Textsammlung.Obgleich auch hier nur für sehr wenige Passagen angenommen werden kann, dass sie unmittelbar vom Buddha stammen.Das sind aber die entscheidenen Passagen, an denen ich alle anderen Texte messe.Ein Zen Sutra, das zb. tausend Jahre später entstanden ist kann also manchen Stellen des Palikanon's verwandter sein, als andere Stellen des Palikanons es sind.

Ich mache das auch gern.:) Nur weil Buddha selbst diese Fragestellungen als unwichtig empfunden hat, muss es mir ja nicht genauso gehen.Seine Antwort wäre: Wenn es dir Spaß macht, dann bitte sehr.Er hat überhaupt keine Gebote erlassen, sondern nur Ratschläge erteilt.Er sprach nie von Sünde, sondern nur von heilsam oder unheilsam.Einzige Ausnahme ist das Gebot:des Nichtötens.Und zum logischen Empirismus:Wenn ich sage, dass es diese philosophischen Überlegungen gibt, heißt das nicht, dass ich sie teile.:)
Mit diesem Zitat möchte ich mich bei Dir und Novalis bedanken. :)

erbreich hat geschrieben:
Ich würde er sagen: Buddhismus, eine Religion ohne "Ich" und ohne Leid.
Buddhismus ist eine Religion der Selbst- (und Welt-) überwindung und wenn diese Überwindung tatsächlich praktiziert wird, ein Weg der Leidbefreiung - für den Praktizierenden wie auch für dessen Mitwelt.
Ich erinnere mich, dass wir schon mal über den Buddhismus sprachen. Vielleicht kann man einige meiner bescheidenen Gedanken hier einpflechten.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Novas
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#104 Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von Novas » Fr 24. Feb 2017, 22:21

Halman hat geschrieben:Diese Vorstellung ist sehr verschieden von der christlichen. Zudem man hier selbst die spirituelle Reife entwickeln muss. Die Überwindung der Illusion der Vielheit wird einem m. W. nicht geschenkt, sondern muss erarbeitet werden. Im Christentum wird einem das Heil geschenkt

Da würde ich sagen, dass es beides braucht: eigene Bemühung und göttliche Gnade. Die Bemühung ist schon notwendig, reicht aber alleine nicht aus. Orthodoxe Christen sehen es so, dass der Mensch seinen Körper, Seele und Geist für die Gnade öffnen und empfänglich machen kann, mit ihr kooperieren kann, in dem innere Seelenruhe und ein klarer und stiller Geist erstrebt wird. Dazu gibt es die Tradition des "Hesychasmus" (griechisch ἡσυχασμός hÄ“sychasmós) welche der buddhistischen Meditation ähnelt.
Begründet wird das theologisch mit Verweis auf das Neue Testament, in dem vom ununterbrochenen, immerwährenden Gebet die Rede ist (1. Thes. 5,17: “betet ohne Unterlaß”) und andererseits vom reinen Herz (Mt. 5,8: “Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen”). Ziel ist also eine bewusste Lebensweise, die Dich Gott näher bringt durch die “Ruhe des Herzens/hesychia”. Manche christlichen Meister betonten auch, dass es möglich sei, auf diesem Wege in die Erfahrung des Taborlichtes zu kommen:

Taborlicht ist ein Begriff aus der christlichen Spiritualität. Gemeint ist das Licht, das Petrus, Jakobus und Johannes laut dem Bericht der drei synoptischen Evangelien bei der Verklärung Christi auf einem Berg sahen.[1] Dieses Licht wird Taborlicht genannt, denn bei dem Berg handelt es sich nach außerbiblischer Überlieferung um den Berg Tabor.[2]
[...]

Die Hesychasten (Hesychasmus-Praktizierenden) wiederholen über lange Zeiträume das Jesusgebet. Sie streben dabei nach einem Zustand der völligen äußeren und inneren Ruhe (griechisch hesychia), der als Voraussetzung für das Erleben einer besonderen göttlichen Gnade gilt: Der Hesychasmus lehrt, das Taborlicht könne von den Betenden wahrgenommen werden. Die Lehre, dass dieses Licht nicht nur von den drei Aposteln gesehen worden sei, sondern grundsätzlich jedem in rechter Weise Betenden zugänglich sei, wenn er seine Seele gereinigt habe, gehört zum Kernbestand der hesychastischen Überzeugungen.

[...]

Im Palamismus bildet die Schau des Taborlichts den Höhepunkt möglicher Gnadenerfahrung des hesychastisch Betenden. Die Lichtwahrnehmungen in den Visionen der betenden Hesychasten werden ausdrücklich mit dem Licht gleichgesetzt, das die Apostel bei der Verklärung des Herrn sahen. Dazu bemerkt Palamas:

„Das Licht, das die Jünger bei der Metamorphose Christi umstrahlte und das jetzt den durch Tugend und Gebet gereinigten Geist erstrahlen lässt, ist das Licht der zukünftigen Welt […] Ist es denn nicht offensichtlich, dass es nur ein und dasselbe Licht gibt, das den Aposteln auf dem Tabor erschienen ist, das den gereinigten Seelen jetzt erscheint und in dem das Wesen der zukünftigen Güter besteht?“[4]

Da das Taborlicht als „ungeschaffen“ gilt, also nicht als Teil der Schöpfung, wird damit der Anspruch erhoben, es handle sich um eine unmittelbare Erfahrung (griechisch peira) Gottes in seiner ungeschaffenen Wirklichkeit. Daher ist in Darstellungen des Hesychasmus oft von einer bildlosen „Gottesschau“ (Erleuchtung) die Rede

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Taborlicht

Bild

Also ultimativ gesehen ist es die christliche Überzeugung, dass uns zwar das Heil/Erlösung geschenkt wird, wir können uns nicht am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen, aber wir können sehr wohl bewusst und zielgerichtet mit dem Heiligen Geist zusammenarbeiten, uns seinem Wirken öffnen, den Weg der Vergöttlichung und Heiligung beschreiten. Um bei dem Bild mit dem Sumpf zu bleiben: auch wenn Du dich nicht am eigenen Schopf heraus ziehen kannst, so kannst Du schon etwas tun, beispielsweise um Hilfe rufen.

In Japan gibt es den sogenannten Amitabha-Buddismus, welcher die Auffassung vertritt, dass Meditation zwar hilfreich sein kann, aber die Erleuchtung ist letztlich eine reine Gnade, die durch den transzendenten Buddha geschenkt wird. Das ist eine überraschend christliche Sichtweise ;)

„[C]hristlich gesprochen ist die Erleuchtung reine Gnade, nicht eigene Fabrikation.“ Michael von Brück
Quelle: Wenn Christen meditieren

Novas
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Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#105 Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von Novas » Sa 25. Feb 2017, 12:38

Was das oft wiederholte Vorurteil angeht, dass Buddhismus "Selbsterlösung" lehrt.....hier ein Beitrag des Jesuiten-Pater und Zen-Meister Niklaus Brantschen...

Pater Niklaus Brantschen, Sie positionierten die Bildungsstätte Bad Schönbrunn 1993 neu als Lassalle-Haus, das den interreligiösen Dialog pflegt und unter anderem Kurse in Zen-Meditation anbietet. Beissen sich Zen und Christentum denn nicht?

Sie sind jedenfalls nicht widersprüchlich. Wenn etwa gesagt wird, Zen sei Selbsterlösung, im Christentum dagegen sei alles Gnade, erinnere ich gerne daran, dass auch Gnade empfangen werden will. Dietrich Bonhoeffer bringt es auf den Punkt. Er meint, es gebe keine «billige Gnade». Denn Gnade und unser Mitwirken gehen zusammen. Auch in der buddhistischen Tradition
wird die entscheidende Erfahrung von Einheit mit allem, was ist, nicht produziert sondern als Geschenk erfahren


Quelle


Streng genommen ist ALLES Gnade, denn ich verdanke meine Existenz nicht mir selbst. Ein Schlüsselbegriff im Buddhismus ist Anatta (Pali) oder Anātman (Sanskrit), was „Nicht-Selbst“, „Nicht-Ich“ bedeutet. Wie kann sich ein Nicht-Selbst erlösen? :) aus buddhistischer Sicht ist Selbsterlösung aufgrund dieser Lehre ebenfalls nicht möglich. Wobei ich hier das falsche und wahre Selbst unterscheiden würde, wobei das wahre Selbst sich in der "entscheidenden Erfahrung von Einheit mit allem" zeigt. Illusionär ist nur jenes Selbst, welches glaubt, unabhängig von allem anderen zu existieren und dadurch in einem leidvollen Seinszustand lebt.

Bild


Was ich als das entscheidend Christliche verstehe: die Bejahung des Menschen in seinem Personsein, welches seine transzendente Bestimmung und unantastbare Würde im absoluten Du des Schöpfers findet, von dem wir uns als unbedingt angenommen und gewollt erleben dürfen, was unmittelbar Auswirkungen auf unsre Beziehung zu uns selbst, zum Mitmenschen und der gesamten Natur hat. Ich wage zu behaupten, dass jeder Mensch ein unstillbares Verlangen nach absoluter Annahme und bedingungsloser Bejahung in sich trägt.

Deshalb stellt sich immer wieder die Frage nach dem Sinn des menschlichen Daseins, angesichts einer Naturmacht, die alles Leben, was sie hervorbringt, auch wieder zurücknimmt und dadurch scheinbar seinen Sinn und Wert negiert. Als Christ sehe ich es so, dass hinter der Gestalt einer jeden menschlichen Person das ewige Du, die größere Person und Schöpferkraft Gottes steht, die sie meint und will, sie trägt und umfängt. Gott wird uns so, wenn wir ihn als Vater bekennen, zum Gegenüber eines absoluten, angst- und todüberwindenden Vertrauens reiner Lebendigkeit; dadurch verwandelt sich alles und erscheint in einem neuen, sanfteren Licht.

Je nachdem, was ein Mensch glaubt, entscheidet sich, was für ein Mensch er ist. Eugen Drewermann

macca
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Registriert: So 29. Jan 2017, 21:07

#106 Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von macca » So 5. Mär 2017, 17:09

In der Amithaba-Tradition geht es nicht darum, dass einem die Erleuchtung durch Buddha Amithaba geschenkt wird. Durch Ausübung dieser Tradition, zB dem ständigen rezitieren von Amithaba, erhofft man sich im reinen Land wiedergeboren zu werden. Dort sind alle Umstände optimal um Nirwana zu erreichen.

Die Amithaba- oder auch Amida-Tradition ist im asiatischen Raum "mainstream". Sie richtet sich vor allem an denjenigen die kaum Zeit für die täglichen pujas (Andachten) finden. Darunter zählen vor allem Haushälter (Menschen die einen Hausstand und Familie haben).
Om Namo Bhagavate Vasudevaya

erbreich
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Registriert: Di 24. Dez 2013, 11:28

#107 Re: Buddhismus, eine Religion der Liebe.

Beitrag von erbreich » So 2. Apr 2017, 09:26

(Theravada-) Buddhistische Meditationswoche:

Samstag 29. April bis Sonntag 7. Mai 2017


Themen:

1. Tag Ethik
Trainingsprinzipien
Die dreifache Zuflucht

2. Tag Achtsamkeit hier und jetzt
Benennende Achtsamkeit hier und jetzt

3. Tag Stille Achtsamkeit hier und jetzt
Fünf Hindernisse

4. Tag Konzentration hier und jetzt
Körperliche Wirklichkeitsverankerung
Benennende Konzentration hier und jetzt
Meditation der Achtsamkeit auf den Atem
Meditation im Auf- und Abgehen

5. Tag Stille Konzentration hier und jetzt

6. Tag Einsicht in die Vergänglichkeit
Fünf Daseinsgruppen
Entstehen und Vergehen
Auflösung

7. Tag Einsicht in die Unbefriedigung
Entstehen der Unbefriedigung

8. Tag Einsicht in die Selbstlosigkeit
Fünf Anhaftungsgruppen
Abhängige Bedingtheit
Vergehen der Unbefriedigung
Der überweltliche Weg

9. Tag Herzenskultur
Liebe
Meditation der Liebe
Mitleid
Mitfreude
Gleichmut

Weitere Infos

Antworten