Ja, es gibt da z.B. die Schriftgelehrten. Jedoch kann sich im Grunde jeder Hinz und Kunz mal eben selbst zum Schriftgelehrten erklären, es gibt keine zentrale Stelle, bei der er sich erst die Genehmigung einholen müsste. Und überdies heißt es im Islam, dass die Deutungshoheit über die islamische Lehre bei jedem einzelnen Gläubigen liegt, jeder Gläubige für sich betrachtet also ein Schriftgelehrter sein soll. Nur ist es halt so, dass sich viele Muslime unsicher sind und lieber auf einen vermeintlichen Experten, d.h. des nächstbesten Schriftgelehrten, hören.Tyrion hat geschrieben:Übertragen wir das nun auf den Islam, so ist zunächst einmal festzustellen, dass es, zumindest im sunnitischen Islam, keine der Kirche vergleichbare religiöse Institution gibt, die reformiert werden könnte.
Dennoch gibt es hier auch Menschen, die die Richtung definieren, wie man welche Koransure und welchen Ausspruch des Propheten zu interpretieren hat.
Wünschenswert wäre es also, wenn sich entweder bei der Mehrzahl der Schriftgelehrten oder bei der Mehrzahl der Muslime eine liberale Auslegung des Islam durchsetzen würde.
Nein, nicht auch in der Auslegung, sondern nur in der Auslegung. Die Auslegung hat sich gewandelt, nicht die christliche Lehre selbst. Und der Wandel in der Auslegung war ein Wandel, keine Reform, soweit er nicht in der Kirche selbst stattfand.Tyrion hat geschrieben:Was Reformen des Staates anbetrifft, so hat es die in diversen muslimisch geprägten Ländern auch schon gegeben, so z.B. in der Türkei unter Atatürk, auch wenn Herr Erdogan auch da an einer Gegenreformation arbeitet.
Klar - es geht ja auch um eine überstaatliche Reformation. So wird es heutzutage wohl nicht möglich sein, einen eigenen, großen, repressiven Kirchenstaat zu etablieren (den es ja mal gab - der Vatikan ist ja nur ein Rudiment davon, das übrig ist). Insofern hat sich (bis auf die radikalen Extremchristen) das gesamte Christentum in sich geändert. Auch in der Auslegung.
Aber sicher kann sich dann etwas ändern. Im Iran hat sich ja früher, während der Schah-Herrschaft, etwas verändert. In der Türkei unter Atatürk ebenso. Und die von dir beschriebene Möglichkeit:Tyrion hat geschrieben:Fazit: eine Reform des Islam, d.h. der Religion selbst, kann es nicht geben, weil es die bei keinen Religionen geben kann, Reformen des Staates sind in muslimisch geprägten Ländern hingegen durchaus möglich, ebenso Reformen des Klerus, soweit ein solcher im Islam existent ist, wie etwa im Iran oder in Saudi-Arabien.
Das wäre traurig, weil sich dann nichts ändern würde.
ist ja auch überhaupt nicht ausgeschlossen. Dass sich bei der Mehrheit der Muslime eine friedlichere Auslegung des Islam durchsetzt, kann ja auch ganz ohne institutionelle Reform eintreten.Tyrion hat geschrieben:Der Islam könnte nur überstaatlich friedlicher ausgelegt werden, aus der Gemeinschaft der Gläubigen selbst getragen werden.