Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

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Agent Scullie
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#181 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Agent Scullie » Mi 29. Mär 2017, 13:46

Tyrion hat geschrieben:
Übertragen wir das nun auf den Islam, so ist zunächst einmal festzustellen, dass es, zumindest im sunnitischen Islam, keine der Kirche vergleichbare religiöse Institution gibt, die reformiert werden könnte.

Dennoch gibt es hier auch Menschen, die die Richtung definieren, wie man welche Koransure und welchen Ausspruch des Propheten zu interpretieren hat.
Ja, es gibt da z.B. die Schriftgelehrten. Jedoch kann sich im Grunde jeder Hinz und Kunz mal eben selbst zum Schriftgelehrten erklären, es gibt keine zentrale Stelle, bei der er sich erst die Genehmigung einholen müsste. Und überdies heißt es im Islam, dass die Deutungshoheit über die islamische Lehre bei jedem einzelnen Gläubigen liegt, jeder Gläubige für sich betrachtet also ein Schriftgelehrter sein soll. Nur ist es halt so, dass sich viele Muslime unsicher sind und lieber auf einen vermeintlichen Experten, d.h. des nächstbesten Schriftgelehrten, hören.

Wünschenswert wäre es also, wenn sich entweder bei der Mehrzahl der Schriftgelehrten oder bei der Mehrzahl der Muslime eine liberale Auslegung des Islam durchsetzen würde.

Tyrion hat geschrieben:
Was Reformen des Staates anbetrifft, so hat es die in diversen muslimisch geprägten Ländern auch schon gegeben, so z.B. in der Türkei unter Atatürk, auch wenn Herr Erdogan auch da an einer Gegenreformation arbeitet.

Klar - es geht ja auch um eine überstaatliche Reformation. So wird es heutzutage wohl nicht möglich sein, einen eigenen, großen, repressiven Kirchenstaat zu etablieren (den es ja mal gab - der Vatikan ist ja nur ein Rudiment davon, das übrig ist). Insofern hat sich (bis auf die radikalen Extremchristen) das gesamte Christentum in sich geändert. Auch in der Auslegung.
Nein, nicht auch in der Auslegung, sondern nur in der Auslegung. Die Auslegung hat sich gewandelt, nicht die christliche Lehre selbst. Und der Wandel in der Auslegung war ein Wandel, keine Reform, soweit er nicht in der Kirche selbst stattfand.

Tyrion hat geschrieben:
Fazit: eine Reform des Islam, d.h. der Religion selbst, kann es nicht geben, weil es die bei keinen Religionen geben kann, Reformen des Staates sind in muslimisch geprägten Ländern hingegen durchaus möglich, ebenso Reformen des Klerus, soweit ein solcher im Islam existent ist, wie etwa im Iran oder in Saudi-Arabien.

Das wäre traurig, weil sich dann nichts ändern würde.
Aber sicher kann sich dann etwas ändern. Im Iran hat sich ja früher, während der Schah-Herrschaft, etwas verändert. In der Türkei unter Atatürk ebenso. Und die von dir beschriebene Möglichkeit:
Tyrion hat geschrieben:Der Islam könnte nur überstaatlich friedlicher ausgelegt werden, aus der Gemeinschaft der Gläubigen selbst getragen werden.
ist ja auch überhaupt nicht ausgeschlossen. Dass sich bei der Mehrheit der Muslime eine friedlichere Auslegung des Islam durchsetzt, kann ja auch ganz ohne institutionelle Reform eintreten.
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#182 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Pluto » Mi 29. Mär 2017, 14:20

Agent Scullie hat geschrieben:
Tyrion hat geschrieben:Der Islam könnte nur überstaatlich friedlicher ausgelegt werden, aus der Gemeinschaft der Gläubigen selbst getragen werden.
ist ja auch überhaupt nicht ausgeschlossen. Dass sich bei der Mehrheit der Muslime eine friedlichere Auslegung des Islam durchsetzt, kann ja auch ganz ohne institutionelle Reform eintreten.
Es wäre traurig, wenn eine Reform nicht möglich wäre.
Aber ich denke, aus heutiger Sicht, kann eine solche Reform nur von Innen kommen, also von den gemäßigten Muslimen.
Schade ist nur, dass sich eine solche Reform nicht formiert. Die Mehrheit der Muslime scheint den Radikalismus in den eigenen Reihen herunter zu spielen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#183 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Novas » Mi 29. Mär 2017, 14:25

Pluto hat geschrieben: Die Mehrheit der Muslime scheint den Radikalismus in den eigenen Reihen herunter zu spielen.

Was daran liegen könnte, dass sie selbst keine Fanatiker sind. Warum sollte sich jemand dafür rechtfertigen, wenn es nichts mit ihm persönlich zu tun hat? Die religiösen Fanatiker stellen eine Minderheit dar. Eine Minderheit die zwar sehr lautstark auftritt, aber deshalb sind sie nicht repräsentativ. Im Koran steht sehr klar, dass Gott diejenigen liebt, die Gutes tun, es soll einen Wettstreit um das Gute unter den Menschen geben.

"Und hätte dein Herr Seinen Willen erzwungen, wahrlich alle, die auf der Erde sind, würden geglaubt haben insgesamt. Willst du also die Menschen dazu zwingen, dass sie Gläubige werden?“ (10:100)

Zwang im Glauben macht keinen Sinn, weil wahrhaftiger Glaube aus der inneren Glaubens- und Gewissensfreiheit eines Menschen kommt. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben.

Es wäre traurig, wenn eine Reform nicht möglich wäre

Wenn man ein Fünklein Humanimus in sich trägt - das heißt, Glaube an das Potential und die Lernfähigkeit des Menschen - dann dürfte das kein Problem sein. Muslime sind menschliche Wesen, die exakt das gleiche Potential besitzen, sowohl zum Guten, als auch zum Schlechten. Ich mache da keinen Unterschied.
Zuletzt geändert von Novas am Mi 29. Mär 2017, 15:04, insgesamt 1-mal geändert.

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#184 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Pluto » Mi 29. Mär 2017, 15:04

Novalis hat geschrieben:Warum sollte sich jemand dafür rechtfertigen, wenn es nichts mit ihm persönlich zu tun hat? Die religiösen Fanatiker stellen eine Minderheit dar. Eine Minderheit die zwar sehr lautstark auftritt, aber deshalb sind sie nicht repräsentativ. Im Koran steht sehr klar, dass Gott diejenigen liebt, die Gutes tun, es soll einen Wettstreit um das Gute unter den Menschen geben.
Warum?
Weil es geistige Brüder sind.

Novalis hat geschrieben:Wenn man ein Fünklein Humanimus in sich trägt - das heißt, Glaube an das Potential und die Lernfähigkeit des Menschen - dann dürfte das kein Problem sein. Muslime sind menschliche Wesen, die exakt das gleiche Potential besitzen, sowohl zum Guten, als auch zum Schlechten. Ich mache da keinen Unterschied.
Das sind Gründe, warum meine These funktionieren sollte.
Leider tut sie es in der Praxis aber nicht.

Ich habe festgestellt, dass, wenn die IS einen Anschlag verübt, wir "Wessies" es beklagen mit "Diese Saubande von Islamisten!". Die gemäßigten Muslime zeigen aber kaum eine Regung.
Woran mag das liegen? Sympathisieren sie insgeheim mit dem IS?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#185 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Novas » Mi 29. Mär 2017, 15:15

Pluto hat geschrieben: Die gemäßigten Muslime zeigen aber kaum eine Regung. Woran mag das liegen? Sympathisieren sie etwa mit dem IS?

Doch, diese Regung kommt schon, aber weil sie nicht so lautstark auftreten,wie es Fanatiker zu tun pflegen, wird ihnen weniger Beachtung geschenkt. Da wäre auch mal ein skeptischer Umgang mit der medialen Darstellung angebracht. Warum schenken wir den Fanatikern so viel Beachtung, lassen sie den Diskurs diktieren und geben ihnen dadurch eine Bühne? Wäre es nicht sinnvoller, wenn wir die fortschrittlichen Kräfte unterstützen und unsre Solidarität mit ihnen bekunden würden? Ich denke, dass im Wesentlichen mangelnde soziale Gerechtigkeit und mangelnde Bildung die entscheidende Ursache für religiösen Fanatismus sind.

Die Ahmadiyya vertreten dazu einen klaren Standpunkt:

Denn im Heiligen Koran gibt es keine Rechtfertigung für ihre verquere Logik. Diese Fanatiker ignorieren den Großteil des Heiligen Korans und missbrauchen einige Passagen für ihre Zwecke, indem sie diese aus dem Zusammenhang reißen. Das aber macht gerade den Fanatismus aus: Von einer Teilwahrheit begeistert, unterschlägt man verblendet im Hochgefühl der eigenen Unfehlbarkeit alles, was dem eigenen Stolz zuwider läuft.

Durch was aber wird dieser Stolz, der sich zum Größenwahn steigern kann, hervorgerufen? Er entsteht aus einem Gefühl der Minderwertigkeit, der Ungeduld und einem Mangel an Wissen. Es sind soziale, ökonomische und kulturelle Mängel, an denen die Mehrheit der islamischen Gemeinschaft leidet.

Die Fanatiker meinen, sie würden sich an die Gebote des Heiligen Koran halten und demzufolge das Recht für sich in Anspruch nehmen dürfen, anderen ihre Meinung als für alle verbindlich aufzuzwingen.

Sie sind zudem geleitet von einem Missionsauftrag, wobei sie allerdings die grundlegenden Hinweise für die Verbreitung und Einsetzung des Islam missachten, die zum Beispiel in dem folgenden Vers ausgeführt werden:

"Rufe auf zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung, und streite mit ihnen auf die beste Art.“ (16:16)


Verstand gebrauchen
An vielen Stellen des Heiligen Koran heißt es überdies, dass der Muslim überlegen und nachdenken soll. So heißt es:

"Niemand steht es zu, zu glauben, es sei denn mit Allahs Erlaubnis. Er sendet (Seinen) Zorn über jene, die ihre Vernunft nicht gebrauchen mögen.“ (10:101)

http://www.ahmadiyya.de/islam/jihad-im- ... -toleranz/

Dann lasst uns doch mal die Vernunft gebrauchen, wie hier vorgeschlagen :) Wenn wir eine Welt ohne Krieg und Terror wollen, dann müssen wir die sozialen, ökonomischen und kulturellen Mängel beseitigen, die ihn hervorbringen. Ich verstehe gar nicht, weshalb man stattdessen diese Dinge nur auf der religiösen Ebene behandelt. Das muss viel umfassender betrachtet werden. Was häufig übersehen wird: inzwischen gibt es eine globale Bewegung von jungen Menschen, die sich eher als Weltbürger verstehen und eine gerechte Gesellschaft zum Wohl aller erstreben. Weshalb richten die Medien ihren Fokus nur auf die Probleme und nicht die Lösungen und Möglichkeiten? Nicht nur bei den Muslimen, sondern im Denken der gesamten Menschheit braucht es eine Reformation oder Transformation, wage ich zu behaupten.

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#186 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Pluto » Mi 29. Mär 2017, 19:52

Novalis hat geschrieben:Doch, diese Regung kommt schon, aber weil sie nicht so lautstark auftreten,wie es Fanatiker zu tun pflegen, wird ihnen weniger Beachtung geschenkt.
Meine Erfahrungen sind anders. Der durchschnittliche deutsche Bürger regt sich weit mehr auf als der Moslem.

Novalis hat geschrieben:Da wäre auch mal ein skeptischer Umgang mit der medialen Darstellung angebracht. Warum schenken wir den Fanatikern so viel Beachtung, lassen sie den Diskurs diktieren und geben ihnen dadurch eine Bühne? Wäre es nicht sinnvoller, wenn wir die fortschrittlichen Kräfte unterstützen und unsre Solidarität mit ihnen bekunden würden? Ich denke, dass im Wesentlichen mangelnde soziale Gerechtigkeit und mangelnde Bildung die entscheidende Ursache für religiösen Fanatismus sind.
Meine Frage wäre eher, warum die Muslime dem Terrorismus so wenig Beachtung schenken. Ist es vielleicht doch eine gewisse Sympathie?
Oder sagen wir, "Duldung"?

Ich erwarte aber von ihnen scharfen Protest. Doch was kommt?

Novalis hat geschrieben:Die Ahmadiyya vertreten dazu einen klaren Standpunkt:
Wären doch alle Muslime so... *seufz* :(
Wie viele Ahmadiyya gibt es prozentual auf der Welt?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#187 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von NIS » Mi 29. Mär 2017, 20:06

Die Liebe ist das Feuer Allahs, welches die Seele verbrennt...
Du musst Dir selbst vergeben, damit Dir Allah vergeben kann, ansonsten gehst Du durch's Feuer, bis Du gereinigt bist...

Eine brennende Seele kann wahnsinnig machen, viele kommen damit nicht klar...

Der Islam hat den Weltfrieden zum Ziel!

Ich verurteile des Terrorismus im Namen des Islam.
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#188 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Scrypton » Do 30. Mär 2017, 20:35

Hallo Novalis
Novalis hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die Mehrheit der Muslime scheint den Radikalismus in den eigenen Reihen herunter zu spielen.
Was daran liegen könnte, dass sie selbst keine Fanatiker sind.
Dann würden sie sich vom Radikalismus im Islam distanzieren anstatt ihn "herunter zu spielen". Sie tun aber nicht das

Novalis hat geschrieben:Die Ahmadiyya vertreten dazu einen klaren Standpunkt
Die Muslimbruderschaft als eine der einflussreichsten Bewegungen im Islam hingegen widerspricht diesem Standpunkt und ich muss ihr zustimmen.
Denn sie können sich auf Mohammed berufen so, wie es Christen mit Jesus tun. Wir haben also einen kriegstreiberischen Massenmörder und einmal einen durch das Lande ziehenden Wanderprediger, die sich beide diamentral gegenüber stehen.
Da gibt es kaum Freiraum für Verharmlosung.

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#189 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Novas » Sa 1. Apr 2017, 00:13

Stromberg hat geschrieben:Wir haben also einen kriegstreiberischen Massenmörder und einmal einen durch das Lande ziehenden Wanderprediger, die sich beide diamentral gegenüber stehen

Wenn Du die Realität derart einseitig betrachtest und über dieses schwarz-weiß Denken nicht hinaus kommst, dann gibt es tatsächlich keinen Spielraum. Muhammad einseitig als kriegstreiberischen Massenmörder zu bezeichnen, ist übrigens eine typische Propaganda aus der Zeit der Kreuzzüge. Es soll ja Menschen geben, die fähig sind aus der Geschichte zu lernen. Das kann ich Dir eigentlich nur ans Herz legen ;)

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#190 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Scrypton » So 2. Apr 2017, 20:06

Novalis hat geschrieben:
Stromberg hat geschrieben:Wir haben also einen kriegstreiberischen Massenmörder und einmal einen durch das Lande ziehenden Wanderprediger, die sich beide diamentral gegenüber stehen
Wenn Du die Realität derart einseitig betrachtest
Das mache ich überhaupt nicht.

Novalis hat geschrieben:Muhammad einseitig als kriegstreiberischen Massenmörder zu bezeichnen
Entspricht vollkommen den historischen Fakten.
Wenn du das mit deiner rosaroten Brille nicht wahr haben willst so ist das deine beliebige Entscheidung aber >>nicht<< meine.

Novalis hat geschrieben:Es soll ja Menschen geben, die fähig sind aus der Geschichte zu lernen.
Dazu muss man die Geschichte aber auch kennen und akzeptieren. Das willst du aber nicht.

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