Kasten(un)wesen.

Judentum, Islam, Hinduismus, Brahmanismus, Buddhismus,
west-östliche Weisheitslehre
Pluto
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#11 Re: Kasten(un)wesen.

Beitrag von Pluto » So 20. Jul 2014, 13:22

barbara hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Nein. Es braucht mindestens panem et circenses, und selbst das reicht nicht auf Dauer. Was glaubst du wie die Arbeiterbewegung im 19. Jh. entstand?
Aus Schuldknechtschaft, drückenden Schulden...
Laut Graeber...

barbara hat geschrieben:Laut Graeber ensteht weltweit und quer durch alle Kulturen das meiste Unglück durch diverse Formen von Schuldknechtschaft, nicht durch soziale Hierarchien. In seinem Buch (5000 Jahre) erläutert er das auch an zahlreichen Beispielen, sehr plausibel, finde ich.
Findest DU...
Dass Graeber ein sehr wertvolles Werk geschreiben hat, bezweifle ich ebenso wenig wie dass es Schuldenknechtschaft im Mittelalter und der Antike gab. Soweit ist Graber unbestritten.

Nur, du gehst einen Schritt weiter und behauptest dies sei anthropologisch belegt — es ist aber bestenfalls kulturhistorisch belgt.
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sven23
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#12 Re: Kasten(un)wesen.

Beitrag von sven23 » So 20. Jul 2014, 17:20

barbara hat geschrieben:
Wenn man bösartig sein will, könnte man sagen: die Reichen und Mächtigen erhielten sich die Vorteile der Sklaverei (zB Leute, die für sie die Drecksarbeit machen), aber ohne die Nachteile (zB die Verpflichtung, für den Lebensunterhalt aufzukommen, für Sklaven zu sorgen; die Verpflichtung, Leibeigene zu behalten und nicht wegzuschicken ins Ungewisse)


Bingo, das Beschreiben dieser Situation hat aber nichts mit Bösartigkeit zu tun.

Die Schuldknechtschaft würde ich als eine sehr subtile Art von Sklaverei bezeichnen und diese ist ja gerade in Indien noch ein Riesenthema.
Die Frage, die mich in diesem Zusammenhang interessiert, ist: ist Religion hier Vorreiter für eine Befreiung von Schuldknechtschaft oder wird sie instrumentalisiert, um den Status quo zu rechtfertigen oder liefert sie sogar selbst Argumente, die Dinge so zu belassen, wie sie angeblich von Gott gewollt sind. (Auch hier Parallelen zum Christentum)
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2Lena
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#13 Re: Kasten(un)wesen.

Beitrag von 2Lena » So 20. Jul 2014, 17:45

Sven23: Fazit: Wenn Gesellschaften sich hin zu einem humanerem Gemeinwesen entwickeln wollen, müssen sie sich weitgehend vom engen Korsett der Religionen befreien. Allein diese Tatsache sollte zu denken geben.
Schieb nicht den Religionen die Schuld zu, sondern der Dummheit.
Die findet sich überall.
Wenn man es schafft, die in die Knie zu ZWINGEN, wäre es super.

Aber leider, meist lief es umgekehrt, die siegte...

JackSparrow
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#14 Re: Kasten(un)wesen.

Beitrag von JackSparrow » Mi 23. Jul 2014, 21:01

Was wäre denn die Alternative bei einer Weltbevölkerung von 7 Milliarden Menschen? Wollen wir jeder Familie 10 Hektar Wald schenken, damit jeder sich selbst versorgen kann und sich niemand mehr von jemand Fremden ausbeuten lassen muss?

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sven23
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#15 Re: Kasten(un)wesen.

Beitrag von sven23 » Fr 25. Jul 2014, 17:34

JackSparrow hat geschrieben:Was wäre denn die Alternative bei einer Weltbevölkerung von 7 Milliarden Menschen? Wollen wir jeder Familie 10 Hektar Wald schenken, damit jeder sich selbst versorgen kann und sich niemand mehr von jemand Fremden ausbeuten lassen muss?

Daß sich niemand mehr ausbeuten lassen muß wäre doch ein erstrebenswerter Ansatz.
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Demian
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#16 Re: Kasten(un)wesen.

Beitrag von Demian » Sa 26. Jul 2014, 02:42

Was hat dieser Thread mit östlicher Weisheit zu tun? Hier wird lediglich die sozial-politische Ebene kritisch betrachtet. Das ist wichtig und in Ordnung, hat aber mit den Inhalten irgendeiner Weisheitslehre nichts zu tun. Ich bitte darum dieses Thema zu verschieben!

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#17 Re: Kasten(un)wesen.

Beitrag von Pluto » Sa 26. Jul 2014, 02:55

Demian hat geschrieben:Was hat dieser Thread mit östlicher Weisheit zu tun? Hier wird lediglich die sozial-politische Ebene kritisch betrachtet. Das ist wichtig und in Ordnung, hat aber mit den Inhalten irgendeiner Weisheitslehre nichts zu tun. Ich bitte darum dieses Thema zu verschieben!
Lieber Demian,
Es geht un das Kastensystem und seinen Ursprung im Hinduismus, deshalb gehört es folgerichtig hier in "Andere religionen".
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#18 Re: Kasten(un)wesen.

Beitrag von Pluto » Sa 26. Jul 2014, 02:59

2Lena hat geschrieben:
Sven23: Fazit: Wenn Gesellschaften sich hin zu einem humanerem Gemeinwesen entwickeln wollen, müssen sie sich weitgehend vom engen Korsett der Religionen befreien. Allein diese Tatsache sollte zu denken geben.
Schieb nicht den Religionen die Schuld zu, sondern der Dummheit.
Die findet sich überall.
Wenn man es schafft, die in die Knie zu ZWINGEN, wäre es super.

Aber leider, meist lief es umgekehrt, die siegte...
Es geht glaube ich, weder um Religion noch um Dummheit, sondern um den Mißbrauch von Religion zur Ausübung von Macht.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#19 Re: Kasten(un)wesen.

Beitrag von 2Lena » Sa 26. Jul 2014, 03:39

Nicht so schnell, lieber Demian...

Nachdem du so bewandert in Literatur bist, sag bitte in ein paar Sätzen die wichtigsten Gründe für die Kasteneinteilung. Soviel ich weiß, wurde im Buch Manu (Manusmriti) dieser Gedanke der Kasten formuliert. Laut Wikipedia geht es um soziale Pflichten. Pflichten des Königs, Aufgaben in verschiedenen Lebensstadien. U.a. kommt darin vor: Eine Heirat sollte in der gleichen "Kaste" erfolgen.

Das machten die Könige auch in Europa mit Vorliebe :-( und keiner scherte sich gewaltig darum, bis tatsächlich der englische Thronfolger im vorigen Jahrhundert es wagte auf seinen Thron zu verzichten.

Man könnte nun denken, die machten das aus Prestigegründen oder irgendwelchen ungeschriebenen Gesetzen oder steckt noch mehr dahinter? Das möchte ich gerne wissen, und zwar in "eigener Sache" durch einen irgendwie "gespürten" Zusammenhang mit Genesisgeschichten und den *dahinter liegenden Motiven. ... und anderen Überlieferungswegen in Europa aus irgendwelchen frühen Zeiten.

Ist bekannt, wann die Brahmanen nach Indien kamen und gab es eine Bevölkerung davor? Was sagen die Mythen, was die großen Dramen. Ich habe vieles davon vor Jahrzehnten gelesen, aber es ist im Moment kaum mehr überig als: Die machten Krieg mit Elefanten. Dazwischen gibt es BlaBla an Reden. Mit 30 hat mich das alles wenig interessiert und auch nicht was die Namen heißen. Seltsame Literatur eben ... und schon war das wieder vergessen.

Was war dann wirklich schuld, dass die einfachen "Empfehlungen" für die Kasten derart ausarteten konnten?

Kshatriya, die Gruppe der Kämpfer lehnten sich gegen die Brahmanen auf und wurden des Landes verwiesen. Sie kehrten zurück oder gingen in andere Länder. Es erstaunt, dass in Indien, nicht wie in Japan die kämpferische Seite der Moralüberwachung vorherrscht. Ähnlich wie bei den Kshatriya wurde auch in Deutschland die "Kaste" der Ritterschaft gepflegt.

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sven23
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#20 Re: Kasten(un)wesen.

Beitrag von sven23 » Sa 26. Jul 2014, 08:47

Demian hat geschrieben:Was hat dieser Thread mit östlicher Weisheit zu tun?

Da hast du wohl recht, die Einteilung der Menschen in Kastenwesen hat nicht viel mit Weisheit zu tun. Es ist wie Pluto andeutete ein Mißbrauch der Religion, um Machtstrukturen zu manifestieren. Gab es auch im Christentum, aber in Indien wurde es auf die Spitze getrieben. Soziale Hierarchien gab es wohl in allen Kulturen. An der Spitze solcher Hierarchien lebt es sich wohl deutlich angenehmer als am unteren Ende. Ein Brahmane wird sich wohl seltener über seine Lage beklagen als ein Unberührbarer.

Wir erleben ja heute noch, wie die Unberührbaren in der indischen Gesellschaft behandelt werden und sie sind mit fast 20% nicht gerade ein kleiner Teil der Bevölkerung.

Demian hat geschrieben: Ich bitte darum dieses Thema zu verschieben!

Wohin hättest du ihn denn gerne verschoben, ins Nirwana? :lol:
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