Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Judentum, Islam, Hinduismus, Brahmanismus, Buddhismus,
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Halman
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#331 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Halman » Mi 26. Apr 2017, 14:36

Dass es den Judenhass im Islam wirklich gibt, belegt meiner Meinung nach der israelische Schriftsteller und Essayist Chaim Noll im verlinkten Artikel recht überzeugend.
Im Abschnitt "2. Leben unter der dhimma - Jüdische Minderheiten in islamischen Reichen" steht den. Absatzen 4b und 5:
... Die relativ gewaltlose Schutzgelderpressung der dhimma, eine gelegentlich tolerante Attitüde muslimischen Herrscher – wie zur Zeit der Umayaden-Herrschaft in Spanien im 11.Jahrhundert („Modell von Cordoba“) oder der Aufnahme jüdischer Flüchtlinge durch Sultan Bayezid im Jahre 1492 – konnte jederzeit durch fundamentalistische Gewalt- und Bekehrungswellen beendet werden. So unter der 1130 zur Macht gelangten Almohaden-Dynastie, deren Konversionszwang und alltäglicher Terror Juden und Christen aus Spanien und Nordafrika vertrieb, darunter die Familie des jüdischen Philosophen Maimonides (Rabbi Moshe ben Maimon, genannt Rambam), der die Grausamkeit islamischer Herrschaft im 12.Jahrhundert in seinen Schriften bezeugt.

In vielen islamischen Städten lebten die Juden in einem mellah oder anders genannten Judenviertel, das meist in der Altstadt (medinah) und in der Nähe des Herrscherpalastes gelegen war, um durch solche Nähe den dhimmi eine gewisse Sicherheit gegen Übergriffe der islamischen Mitbürger zu gewähren. Dieses auf Segregation beruhende Konzept des Umgangs mit den Juden erinnert an das in christlichen Ländern übliche Ghetto und bedeutete ebensowenig wie dieses eine wirkliche Sicherheit für die dort internierten Juden. In Fez in Marokko beispielsweise, wo die Juden seit 1438 in einer mellah lebten, kam es dennoch 1465 zu einem Judenmassaker, dem fast alle Juden der Stadt zum Opfer fielen. Bereits im Jahre 1033 waren schon einmal etwa sechstausend Juden in Fez von Muslimen abgeschlachtet worden. Zu Massakern an der jüdischen Bevölkerung kam es in Abständen immer wieder, 634 in Gaza, 1066 in Granada, 1077 in Jerusalem, 1232 in Marrakesch und anderswo in den verschiedenen islamischen Reichen.
Die Toleranz gegenüber den Juden im Islam stand demzufolge immer auf tönernen Füßen und konnte jederzeit, wie hier zitiert, in Feindschaft umschlagen. Nun lasse ich einen Zeitzeugen zu Wort kommen, dem man wirklich keine Islamophie unterstellen sollte:
Dabei gilt Maimonides, der an islamischen Höfen hohe Ämter bekleidete und dem andere Juden zu weit gehende Anpassung an islamische Sitten vorgeworfen haben 29, keineswegs als dezidierter Gegner des Islam. Seine Schilderung der Lebenslage seines Volkes unter muslimischer Herrschaft ist umso glaubwürdiger:
„Wegen der grossen Zahl unserer Sünden hat uns Gott unter dieses Volk fallen lassen, die Araber (Yishma’el), die uns hart verfolgen und uns verhängnisvolle Gesetze aufgezwungen haben (…) Noch nie zuvor hat uns jemand dermassen bedrückt, entwürdigt, erniedrigt und gehasst wie sie (…) Wir haben uns gefügt, Alte wie Junge, die Erniedrigung hinzunehmen (…) Dennoch können wir der ständigen Misshandlung nicht entrinnen, die uns nahezu erdrückt.“
Besonders auf dem letzen Abschnitt "3. Judenfeindschaft des Islam bis heute – historische Kontinuität" sei hier hingewiesen.

Wer den Orient besser verstehen will, den empfehle ich das Buch Der Fluch der bösen Tat: Das Scheitern des Westens im Orient von Peter Scholl-Latour. Auf Seite 170 verweist er auf den preußischen Hauptmann Helmuth von Moltke. Dieser schilderte 1837 in Varna (dieser bulgarischer Schwarzmeerhafen gehörte damals zum osmanischen Reich) auch das Verhältnis zu den Juden.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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fin
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#332 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von fin » Mi 26. Apr 2017, 14:42

closs hat geschrieben:
fin hat geschrieben: darum lassen sich auch die Unverträglichkeiten des abrahamitischen Erbes - Wort für Wort - belegen, sie liegen nämlich schriftlich vor!
Man sollte "göttliches Wesen" und "menschliche Darstellung desselben" nicht verwechseln ...

Du sagst es!
Warum also Fakten und/oder ausgesprochene Wahrheiten relativeren?

closs hat geschrieben:Deshalb ist es zwar reizvoll und gar interessant, Widersprüche zu suchen (man wird sie finden), ...
Wer ist denn auf Widersprüche aus, doch nicht der, der sich (Gott) anvertrauen möchte?

closs hat geschrieben: ... sondern das zu finden, was "göttlichem Wesen" entspricht.
Wohl wahr, nur das derjenige, der an den abrahamitsichen Kontext gebunden ist, hier auf Widersprüche stößt ...

Darin besteht doch gerade der Konflikt, der sich seit Jahrhunderten beobachten läßt. Natürlich läßt sich das göttliche Wesen auch losgelöst vom abrahamitischen Erbe betrachten, aber der Islam ist an den Koran gebunden und der Koran ... aber wem sag ich das?! :roll:

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#333 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von closs » Mi 26. Apr 2017, 15:02

fin hat geschrieben:Wer ist denn auf Widersprüche aus, doch nicht der, der sich (Gott) anvertrauen möchte?
Naja - der Grund, warum sehr viele Theologie-Studenten ihr Studium abbrechen, hat wohl damit zu tun, dass sie bei ihrem Sich-Anvertrauen-Wollen auf das falsche Pferd setzen. - Nicht dass die Bibel das falsche Pferd wäre - aber der Umgang damit.

fin hat geschrieben:Wohl wahr, nur das derjenige, der an den abrahamitsichen Kontext gebunden ist, hier auf Widersprüche stößt ...
Das Wort "Bindung" ist hier das entscheidende. - Niemand sollte sich an die Bibel binden, sondern immer nur an Gott selbst.

Und da kommt wieder dieses schwierige Wort "Hermeneutik" ins Spiel, das
a) wahnsinnig heterogen besetzt ist, und
b) dementsprechend unterschiedlich verstanden wird.
Trotzdem ist es wichtig - konkret:

Die Basis, auf der der hermeneutische Prozess (an)laufen kann, darf eben NICHT biblischer Natur sein, sondern muss geistig-spiritueller Natur sein. - Es ist also falsch zu sagen "Ich weiß zu Beginn 'das' über die Bibel und will mehr davon wissen" - es muss heißen "Ich weiß/spüre/erkenne 'das' von Gott und will über die Bibel mehr davon erfahren". - Das wird oft verwechselt.

Wenn man den richtigen Weg geht, stört man sich nicht an Widersprüchen in der Bibel - sie sind dann notwendige Kollateralschäden, aber keine Argumente gegen Gott.

Mal ganz nebenbei: Ich habe mir mal den "Spaß" gemacht, die ersten 15 Bücher des AT Zeile für Zeile auf die Frage hin zu untersuchen "Wer spricht hier eigentlich?". - Die Antwort lautet: "Sehr unterschiedliche Instanzen". - Das kann tatsächlich Gott sein, ist aber viel öfter der Textverfasser oder der Akteur oder gar der Übersetzer. - Das kann soweit gehen, dass ein Satz aus göttlicher Sicht gut ist, aber von dem, aus dessen Mund er kommt, selber nicht verstanden wird.

Oder um es noch konkreter zu machen: Man kann aus meiner Sicht sehr gut am Text nachweisen, dass Abraham ein charakterloser Mensch ohnegleichen und David ein niederträchtiger Mensch ohnegleichen ist - TROTZDEM (oder vielleicht gerade deshalb!!!) sind sie Träger einer Offenbarung, die selbst wieder göttlich ist. - Solche Grundlagen kann eine historisch-kritische Bibelbetrachtung unmöglich verstehen.

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fin
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#334 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von fin » Mi 26. Apr 2017, 15:06

Andreas hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Ich sehe es so, dass die Zukunft aller Weltreligionen in der verbindenden Botschaft liegt. In der universalen Blickrichtung, wie sie die verschiedenen Propheten, Mystiker und Heiligen immer wieder gewagt haben.
Dem möchte ich mich anschließen, weil Frieden nur dann sein kann, wenn alle daran mitarbeiten und teilhaben. Die Rettung ist die Wahrheit des Anderen: ...

Du/ihr solltet die zugehörigen Schriften studieren!

Das friedliche Zusammenleben, sprich, jene Phasen und Zeiten nachbarschaftlicher Eintracht, zb. zwischen Juden, Christen und Muslimen, war/ist sicherlich nicht dem Umstand der konkurrierenden Schriften zu verdanken, die gerade diese Gemeinschaft in ein Spannungsverhältnis setzen, sondern es entspricht der natürlichen Veranlagung des Menschen, seinem 'göttlichen' Wesen, das sich nach Frieden und Harmonie sehnt.

Ein fruchtbarer Boden war/ist zb. der Humanismus ...

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Andreas
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#335 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Andreas » Mi 26. Apr 2017, 15:54

fin hat geschrieben:Du/ihr solltet die zugehörigen Schriften studieren!
Solltest du auch mal machen.
fin hat geschrieben:Ein fruchtbarer Boden war/ist zb. der Humanismus ...
Apropos Boden: auf welchem geographischen Gebiet kann man denn die Früchte des Humanismus begutachten? Und wenn ja, warum nicht?

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fin
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#336 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von fin » Mi 26. Apr 2017, 16:28

-- Sitten und Bräuche --

Andreas hat geschrieben:Apropos Boden: auf welchem geographischen Gebiet kann man denn die Früchte des Humanismus begutachten? Und wenn ja, warum nicht?

Verstehe, ...

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du bist also noch an Ostfriesland gebunden :D

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#337 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Andreas » Mi 26. Apr 2017, 16:50

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Münchner. Ich bin aber immerhin doch schon so frei, trotz aller überlieferten Tradition auch in Gesellschaft die Weißwurst mit Messer und Gabel zu essen.

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Kingdom
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#338 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Kingdom » Mi 26. Apr 2017, 17:44

fin hat geschrieben:
Ein fruchtbarer Boden war/ist zb. der Humanismus ...

War es nicht der ach so Tolle Humanismus, der sowohl Kirche und Gott vor die Türe stellte und sagte: Schaut her wie Friedlich und Tolerant ich bin, gegen über allen.

Lg Kingdom

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Detlef
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#339 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Detlef » Mi 26. Apr 2017, 19:22

Kingdom hat geschrieben:
fin hat geschrieben:Ein fruchtbarer Boden war/ist zb. der Humanismus ...
War es nicht der ach so Tolle Humanismus, der sowohl Kirche und Gott vor die Türe stellte und sagte: Schaut her wie Friedlich und Tolerant ich bin, gegen über allen.Lg Kingdom
Ist das nicht die einzige Chance, diesem ewigen Dilemma: "Meine Religion ist besser als deine!" zu entkommen? Glaube sollte im gesamtgesellschaftlichen Kontext keine Rolle spielen und absolute Privatsache bleiben!
Die Wahrheit lässt sich pachten, mit dem Glauben an des Gottes Sohn, doch die Thesen sind vergänglich, allen Gläubigen zum Hohn! (Gert Reichelt)

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Kingdom
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#340 Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Kingdom » Mi 26. Apr 2017, 20:34

Detlef hat geschrieben: Ist das nicht die einzige Chance, diesem ewigen Dilemma: "Meine Religion ist besser als deine!" zu entkommen? Glaube sollte im gesamtgesellschaftlichen Kontext keine Rolle spielen und absolute Privatsache bleiben!

Ja sicher wenn das eben die Mehrheit in der Demokratie so wünscht. Dies muss aber eben nicht heissen das dies der Bessere Weg ist, es sei den die Mehrheit hätte eben immer Recht. Wenn ich aber zwischen Fundamental Islamisten und der Demokratie wählen kann dann lebe ich sicher lieber in einer Gesellschaft welche meinen Glauben nicht verfolgt. Ob das dann am Ende für die Mehrheit einer solchen Gesellschaft die Rechnung aufgeht oder nicht, das hingegen ist eben noch nicht erwiesen.

Lg Kingdom

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