Das Gottesbild im Christentum (Aufsatz zur Diskussion)

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Naqual
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#11 Re: Das Gottesbild im Christentum (Aufsatz zur Diskussion)

Beitrag von Naqual » So 6. Okt 2013, 15:01

closs hat geschrieben:"Bestrafung" sollte man, wie Du es tust, in " " schreiben. Denn es klingt so, als sollten böse Buben gedemütigt werden (ein Wort, das in "normalen" Übersetzungen oft zu finden ist, jedoch bei der Buber-Übersetzung mit "beugen" übertragen wird. - Der Unterschied zwischen beiden Versionen ist, dass im ersten Fall ("demütigen") die Handlung aus Sicht des Menschen (sanktionierend) und im zweiten Fall ("beugen") aus Sicht Gottes (phänomenologisch) gedeutet wird. – Der Unterschied besteht darindarin, dass „sich demütigen“ eine Wertung beinhaltet im Sinne von „klein beigeben“ oder „resignieren“ oder „eine Niederlage zähneknirschend akzeptieren“, während „sich beugen“ wertungsfrei darauf hinweist, dass der Mensch sich einer Kraft, die sich „bewahrheitet“, (gerne) fügt.

Soweit dürften wir auch hier nicht auseinander sein.
Ich möchte es mal anders formulieren.
Strafen soll heißen,
a) jemand hat etwas Ungutes getan und erhält hierfür den gleichen Schmerz, den er dem anderen zugeführt hat.
b) jemand hat Verkehrtes getan, und das, was er hierfür erfährt, steuert ihn - wenn auch unangenehm - in die richtige Richtung, lässt ihn erkennen, was er machen muss, wo er sich verändern muss.

a) ist dabei m.E. völlig sinnlos, denn es bewirkt nichts und nützt niemandem. Außer einem ganz menschlichen Vergeltungsstreben, das ein völlig unproduktives Gefühl bzw. Einstellung ist.

"sich demütigen" würde ich hier in die Fallgruppe a) verweisen. Also sinnlos.
Während Demut einen anderen Bezugspunkt hat: die eigene Unvollkommenheit wird erkannt und ist damit die Voraussetzung für das eigene Korrigieren in die richtige Richtung.

closs
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#12 Re: Das Gottesbild im Christentum (Aufsatz zur Diskussion)

Beitrag von closs » So 6. Okt 2013, 15:01

kamille hat geschrieben:Die geistige und damit wahre Bedeutung von Demut ist eine ganz andere und ich denke, dass du das weißt
Ja - aber man sollte unterscheiden zwischen dem, was 2% als wahre Bedeutung verstehen, und dem, was bei 98% ankommt. - Wenn irgend wo steht: "Gott demütigt den Menschen" wird das im heutigen Sprachgebrauch weit fern von dem verstanden, wie es gemeint ist - die Leute verstehen diffus etwas wie Am-Genick-packen-und-den-Kopf-unter-Wasser-halten. - Dasselbe Problem hatten wir ja auch schon bei dem Wort "gerecht": Ganz andere umgangssprachliche Bedeutung als die geistige Bedeutung.

In Bezug auf das Thread-Thema: Das Gottesbild im Christentum ist aus meiner Erfahrung ganz maßgeblich von verseuchter Sprache geprägt: Umgangssprachliche Bedeutung schlägt die gemeinte, geistige Bedeutung.

kamille hat geschrieben:Jesus sagte von sich, dass er von ganzen Herzen demütig und sanftmütig ist
Das wäre der Ausgangspunkt - wenn er verstanden wird. - Möchte nicht wissen, was Schüler sagen würden, würde man fragen: "Was versteht Ihr darunter, dass Jesus sich "demütig" bezeichnet". - In der Alltagssprache ist "demütig" extrem negativ besetzt ("Loser"/"Opfer").

Naqual hat geschrieben:Ich stelle es mir eher so vor, dass die Liebe Gottes wie eine Art Schwerkraft ist, der man sich auf Dauer nicht entziehen kann und sich diese Wahrheit irgendwann (und seien es lange "Äonen" für den einzelnen) durchsetzt. Also letztlich fällt alles auf uns zurück, es ist nur die Frage, wieviel Leid wir selbst verursachen, damit uns dieses dann korrigierend auf den richtigen Weg bringt.
1 + - Es gibt hier nichts hinzuzufügen.

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#13 Re: Das Gottesbild im Christentum (Aufsatz zur Diskussion)

Beitrag von Catholic » So 6. Okt 2013, 15:08

Das ist besonders ein Problem der "liberalen" und "modernen" Katholiken in der BRD,die konservativen haben da selten(er) Probleme.
Frag mal deutsche Katholiken,die Wir-sind-Kirche nahestehen,was die Messe ist.

closs hat geschrieben: ...
In Bezug auf das Thread-Thema: Das Gottesbild im Christentum ist aus meiner Erfahrung ganz maßgeblich von verseuchter Sprache geprägt: Umgangssprachliche Bedeutung schlägt die gemeinte, geistige Bedeutung.
...

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#14 Re: Das Gottesbild im Christentum (Aufsatz zur Diskussion)

Beitrag von Naqual » So 6. Okt 2013, 15:09

Vitella hat geschrieben: es ist gar nicht anders möglich als das Christsein und den Gott der Bibel, oder wie er von vielen Christen dargestellt wird, als unheimlich zu empfinden, das da an der ganzen Geschichte so einiges nicht stimmen kann, fällt einem irgendwann einfach auf, spätestens wenn man mit den Auslegungen mal durch ist und es immer noch nicht aufgeht.
Ich denke, der Mensch legt sich alles so zurecht wie er es braucht, er glaubt was er glauben will um sich das vorzumachen was er vormachen muss um sich gut zu fühlen und dies hängt mit den Konditionierungen zusammen die er in der Kindheit abbekommen hat, nur wenige können sich davon befreien und gehen einen eigenen Weg.

Geht mir auch so. Es braucht auch ziemlich eindrücklicher Erlebnisse damit der Vorgang des "Abstreifens" einsetzt. Jedenfalls bei mir war es so.

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#15 Re: Das Gottesbild im Christentum (Aufsatz zur Diskussion)

Beitrag von Wind » Mo 13. Jan 2014, 15:01

Naqual hat geschrieben: Dass die Kirchen Aufklärung und Humanismus lange Zeit bekämpft hatten, liegt in solchen archaischen Gottesvorstellungen begründet. Heute sind wir in einer eigenartigen Situation, die humanistischen Werte werden im christlichen Kulturkreis als völlig selbstverständlich christlich gesehen. Die innere Widersprüchlichkeit wird gar nicht mehr erfasst
Dein Aufsatz ist sehr gut durchdacht, Naqual. Ich nehme an, dass du eine recht lange Zeit gebraucht hast, bis du zu diesem Ergebnis gekommen bist und bist noch lange nicht zu Ende damit. Da liegt, meiner Meinung nach, auch das Problem der Verständigung mit etlichen anderen an Gott glaubenden. Man hat länger an seinem Gottesbild gearbeitet und ist zu einem Ergebnis gekommen. Dabei haben natürlich "Malereien" von anderen Glaubenden mitgewirkt. Wobei immer nach dem Prinzip "gemalt" wurde: Was möglichst viele in meinem Umkreis glauben und was am besten zu meinem Leben passt, das stimmt. Irgendwo hat man aufgehört zu malen und sich festgelegt auf ein Bild. Nicht zuletzt darum, weil man es sich damit ganz bequem gemacht hatte.

Mir geht es da so wie Vitella
Vitella hat geschrieben: es ist gar nicht anders möglich als das Christsein und den Gott der Bibel, oder wie er von vielen Christen dargestellt wird, als unheimlich zu empfinden, das da an der ganzen Geschichte so einiges nicht stimmen kann, fällt einem irgendwann einfach auf, spätestens wenn man mit den Auslegungen mal durch ist und es immer noch nicht aufgeht.

über viele Jahre war mein Gottesbild stimmig mit dem, wie mein Leben verlief. Als dann auf einmal vieles nicht mehr passte, habe ich auch zunächst versucht, es passend zu machen, indem ich so manche scheinbare "Wahrheit" hin und her schob. Aber irgendwann passte nichts mehr wirklich. Das war für mich der Punkt der Entscheidung: will ich dem Glauben ganz absagen oder nach dem Kern suchen, worauf ich mein Gottesbild neu gestalten und aufbauen kann? Ich habe mich für Letzteres entschieden, nachdem ich mein altes Gottesbild mal geprüft habe nach den Merkmalen, die ich als unbrauchbar wegwerfen kann und was dann noch bleibt. Im momentanen Stand hat es sich um so viel verändert, dass man im Vergleich des neuen Gottesbildes mit dem alten kaum noch gleiche Muster erkennen kann. Und trotzdem weiß ich, dass es sie gibt. Denn ich habe nicht von vorn begonnen sondern auf Erfahrenes aufgebaut.

Nun ist es so, dass ich von meiner Herkunftsfamilie aus ein besonders gestrenges Gottesbild mitbekommen habe. Das hat sich bei allen Familienmitgliedern zwar im Laufe einiger Jahre etwas gelockert. Aber es blieb eine gestrenge Ordnung mit einem aus Liebe streng strafenden Gott, so wie du das christliche Verständnis auch beschreibst.

Nachdem ich davon einen großen Anteil abgelegt hatte, schien das, was "früher" war, eigentlich nur noch so als wenn alles falsch gewesen wäre. So wollte ich es dann auch eine Zeitlang weiter vermitteln an mir nahestehende Personen, die eine ähnliche Vergangenheit hatten. Was durchweg aber keinen Erfolg hatte.

Warum ich jetzt so weit aushole ... irgendwann bin ich zu dem Schluss gekommen, dass auch das damalige Gottesbild "richtig" war. Ebenso, wie das heutige es ist. Selbst wenn es gegensätzlich zu sein scheint. Weil Gott mehr ist, als alle Gottesbilder zusammen. In jedem Gottesbild steckt ein Teil der Wahrheit. Aber auch ein Teil von dem, was mich selbst ausmacht. Gott begegnet den Menschen nämlich so, wie dieser es in seiner gegenwärtigen Situation aufnehmen kann.

Ich meine, das Gebot (oder der Rat) kein Bild von Gott zu machen liegt mehr darin, dass man sich nicht festlegen sollte auf ein Bild, welches nicht mehr veränderbar ist.

Christen sagen oft: "Gott ändert sich nie" - und begründen damit das festgelegte Gottesbild. Aber Menschen ändern sich und sollen es auch. Das ist der Sinn des Lebens und der Sinn der Gottesbegegnungen einzelner Menschen, die Veränderung oder das Wachstum, was aber oft nur als Veränderung erkannt wird.

Ich halte es darum für ebenso problematisch, zu sagen, ein Gottesbild sei falsch, wie wenn man eines für einzig richtig darstellt. Solange der Mensch offen ist für Korrektur und diese auch anderen Menschen zugesteht, denke ich dass sein Gottesbild auch richtig und passend für ihn selbst ist. Falsch wird es dann, wenn man es festlegt und das Wesen des vorhandenen Bildes in eine extreme Richtung geht. Das gilt aber für alle Religionen, nicht nur für das Christentum.

Eines der sehr schwer lösbaren Probleme des festgelegten Gottesbildes bei Christen ist die Bibel. Weil man sie als das unveränderliche und unfehlbare Wort Gottes verstehen will. Da werden lieber die Widersprüchlichkeiten so verzerrt, dass es passt als dass man irgendetwas daraus anzweifelt. Das ist eine Barrikade, die sämtliche Veränderung aufhält und alles Rückfragen abprallen lässt. Deshalb halte ich die Bibel als eine der größten Widersacher gegen eine Gottesbeziehung und da heraus folgende Erfahrungen, die verändern können.

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#16 Re: Das Gottesbild im Christentum (Aufsatz zur Diskussion)

Beitrag von Naqual » Mo 13. Jan 2014, 19:11

Wind hat geschrieben:Dein Aufsatz ist sehr gut durchdacht, Naqual. Ich nehme an, dass du eine recht lange Zeit gebraucht hast, bis du zu diesem Ergebnis gekommen bist und bist noch lange nicht zu Ende damit.
Danke. Ja, es hat lange Zeit gedauert und irgendwie auch nicht. Klingt wie ein Widerspruch, ist es aber nicht wirklich.
Ausgangspunkt war ein Inneres Erleben "reiner durchdringender, einen annehmender Liebe", auf eine Art wie es der Verstand nicht fasst, sondern eher verwirrt (im Nachhinhein, währenddessen war es nicht möglich). Zu dem Zeitpunkt (2005) habe ich eigentlich gar nichts geglaubt (wenn auch "Ex-Kirchenchrist" mit intensiver Vergangenheit). Das Erleben war auch nicht mit dem Christlichen Denken, wie ich es kannte in Einklang zu bringen. Die Liebe war kompromisslos, ohne jede Widersprüche in sich. Ganz anders wie z.B. ein "strafender Gott" (was nicht ausschließt, dass etwas, das wir als Strafe empfinden, eigentlich eine Hilfestellung für uns ist). Es lag dann nahe mit dem Erleben einen Vergleich anzustellen, mit meinem früheren Glauben. Dazu diente mir ein Schweizer evangelikales Forum ganz gut. :-)
Das Interessanteste: man kann die Bibel (nicht überall, aber in großen Teilen) ganz anders interpretieren und dann harmonisiert es mit meinem Erleben.


über viele Jahre war mein Gottesbild stimmig mit dem, wie mein Leben verlief. Als dann auf einmal vieles nicht mehr passte, habe ich auch zunächst versucht, es passend zu machen, indem ich so manche scheinbare "Wahrheit" hin und her schob. Aber irgendwann passte nichts mehr wirklich. Das war für mich der Punkt der Entscheidung: will ich dem Glauben ganz absagen oder nach dem Kern suchen, worauf ich mein Gottesbild neu gestalten und aufbauen kann? Ich habe mich für Letzteres entschieden, nachdem ich mein altes Gottesbild mal geprüft habe nach den Merkmalen, die ich als unbrauchbar wegwerfen kann und was dann noch bleibt. Im momentanen Stand hat es sich um so viel verändert, dass man im Vergleich des neuen Gottesbildes mit dem alten kaum noch gleiche Muster erkennen kann. Und trotzdem weiß ich, dass es sie gibt. Denn ich habe nicht von vorn begonnen sondern auf Erfahrenes aufgebaut.
Ich denke, es ist gar nicht so schlecht, wenn man zwischendurch mal wirklich alles verwirft (was ein streng Gläubiger sich oft gar nicht traut, weil er da die Verdammnis schon auf Griffweite wähnt). Und quasi von Null anfängt. (Ist aufwändig!)
Dann stellt man wiederum fest, dass vieles, was man früher gehört hat unter einem etwas anderen Blickwinkel doch wieder "aufgeht" und man eigentlich nichts umsonst mal gelernt oder geglaubt hat.
Es ist eine Entwicklung, die man durchmacht, in Schritten. Mit allem Hin und Her. Das kann man vermeiden, wenn man in festen dogmatischen Formen glaubt (jene gibt einem eine vermeintliche Glaubenssicherheit). Aber anders gerät man dann in mehr "Tiefe", man setzt sich (intellektuell) stärker damit auseinander, erarbeitet sich vieles auch selbst, manchmal natürlich mit Anregungen von anderen.

Insofern kann ich Deine persönlichen Einlassungen recht gut nachvollziehen.


Warum ich jetzt so weit aushole ... irgendwann bin ich zu dem Schluss gekommen, dass auch das damalige Gottesbild "richtig" war. Ebenso, wie das heutige es ist. Selbst wenn es gegensätzlich zu sein scheint. Weil Gott mehr ist, als alle Gottesbilder zusammen. In jedem Gottesbild steckt ein Teil der Wahrheit. Aber auch ein Teil von dem, was mich selbst ausmacht. Gott begegnet den Menschen nämlich so, wie dieser es in seiner gegenwärtigen Situation aufnehmen kann.
Es klingt ein wenig härter: Genaugenommen bastelt sich JEDER ein wenig das, was er selbst vertragen kann. Das verzerrt einiges. Auch der bloße Glaube an literales Widergeben biblischer Inhalte bewahrt davor nicht, da es ohne Interpretationen nicht geht.

Ich meine, das Gebot (oder der Rat) kein Bild von Gott zu machen liegt mehr darin, dass man sich nicht festlegen sollte auf ein Bild, welches nicht mehr veränderbar ist.
Das buddhistische Bild des Elefanten ist hier recht treffend. Der eine langt den Rüssel an und beschreibt den Elefanten hiervon, der andere den Schwanz, ein anderer ein Bein. Und jeder trägt etwas dazu bei, auch wenn die Gesamtsicht (keiner sieht von denen im Beispiel den ganzen Elefanten) stark verzerrt ist.

Christen sagen oft: "Gott ändert sich nie" - und begründen damit das festgelegte Gottesbild. Aber Menschen ändern sich und sollen es auch. Das ist der Sinn des Lebens und der Sinn der Gottesbegegnungen einzelner Menschen, die Veränderung oder das Wachstum, was aber oft nur als Veränderung erkannt wird.
Das ist zwar richtig, dass Gott sich nicht ändert. Nur, in dem Moment wo Gott sich in der Realität wirkend manifestiert, ändert er sich als raum- und zeitangepasste "Wirkung". Gott selbst entzieht sich der Wahrnehmung, aber nicht seine Wirkung (für den Glaubenden). Wirkung ist aber total änderlich.
Von daher ist die Aussage "Gott verändert sich nie" wenig aussagekräftig im ganz "praktischen Nutzen".
Wenn auch inhaltlich wohl korrekt.


Eines der sehr schwer lösbaren Probleme des festgelegten Gottesbildes bei Christen ist die Bibel. Weil man sie als das unveränderliche und unfehlbare Wort Gottes verstehen will. Da werden lieber die Widersprüchlichkeiten so verzerrt, dass es passt als dass man irgendetwas daraus anzweifelt. Das ist eine Barrikade, die sämtliche Veränderung aufhält und alles Rückfragen abprallen lässt. Deshalb halte ich die Bibel als eine der größten Widersacher gegen eine Gottesbeziehung und da heraus folgende Erfahrungen, die verändern können.
Für mich habe ich es immer so gefasst: die Bibel ist eine Anleitung für Gotteserfahrungen. Sie wird aber oft als Ersatz für jene genommen, weil die Bibel immer greifbar und lesbar ist. Erfahrungen nicht. So dass unser "religiöses Sicherheitsbedürfnis" uns hier quasi einen Streich spielt. Wir brauchen was Gegenständliches zum Festhalten (und sei es die Bibel) statt den Fokus auf das Erleben (Gefühl, Verstand, etc.) zu legen.

2Lena
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#17 Re: Das Gottesbild im Christentum (Aufsatz zur Diskussion)

Beitrag von 2Lena » Mo 13. Jan 2014, 19:23

Naqual, du hast das gut zusammengestellt.
Der Eingottglaube des ersten Christentums und die Gottesvorstellungen des AT ergeben einen anderen Sinn als die heutige Vorstellung, die aus einer übersezten Bibel entstanden ist.

Zwar sind die Wörter gleich geblieben, aber im Denken ist ein Unterschied: Klarheit und Unklarheit im Verständnis der Bibelsprüche.

Ein Teil in meinem Buch betrifft die Unfehlbarkeitserklärung. (I.Vatikanisches Konzil Trient um 1870) Papst Pius IX brachte die Gläubigen auf, weil er die modernen Philosophierichtungen und Geheimgesellschaften ablehnte. Heute sehe ich, dass er als einer der Wenigen diesen "Eingottglauben" wirklich verstanden hatte. Das wirklich Gute geht nicht mit Verrücktheiten einher. Das Gute soll man lieben - und das fällt absolut nicht schwer, sondern erleichtert das Leben ungemein :) :D je stärker es wird.

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#18 Re: Das Gottesbild im Christentum (Aufsatz zur Diskussion)

Beitrag von Wind » Di 14. Jan 2014, 12:13

Naqual hat geschrieben: Genaugenommen bastelt sich JEDER ein wenig das, was er selbst vertragen kann. Das verzerrt einiges. Auch der bloße Glaube an literales Widergeben biblischer Inhalte bewahrt davor nicht, da es ohne Interpretationen nicht geht.

Das stimmt schon, Naqual. Nur das Wort "bastelt" empfinde ich zu extrem. Vielleicht aber auch nur deshalb, weil von Bibelgläubigen den Glauben aus dem eigenen Erleben oft als "beliebig" darstellen will. Was bedeuten soll, dass da nichts wirklich von Gott kommt, sondern alles aus der persönlichen Beliebigkeit.
So wie du oben dein Erleben schilderst, war das Erleben der Ausgangspunkt, warum du überhaupt nachgedacht hast und sortiert hast zwischen dem, was du bisher geglaubt hast und dem, wie du es in den Glauben an Gott einordnest. Etwa in dieser Reihenfolge erlebe ich es auch. Da spielt es schon eine Rolle, welche Impulse da von außen kommen.

Naqual hat geschrieben:Für mich habe ich es immer so gefasst: die Bibel ist eine Anleitung für Gotteserfahrungen. Sie wird aber oft als Ersatz für jene genommen, weil die Bibel immer greifbar und lesbar ist. Erfahrungen nicht. So dass unser "religiöses Sicherheitsbedürfnis" uns hier quasi einen Streich spielt. Wir brauchen was Gegenständliches zum Festhalten (und sei es die Bibel) statt den Fokus auf das Erleben (Gefühl, Verstand, etc.) zu legen.

So sehe ich die Bibeltexte inzwischen auch. Weiß aber auch um eine Zeit, da ich nur die Bibel als Grundlage nahm. Weniger aus eigenem Sicherheitsbedürfnis, weil man etwas zum greifen hat. Mehr aber deshalb, weil mir von Kind an ewige Verdammnis gepredigt wurde und dass das irdische Leben und der Mensch ohne Bekehrung (zu biblischen Ansprüchen, von Menschen interpretiert) keinen Wert besitzt in sich selbst.
Auch wenn mir manches unverständlich vorkam, hatte ich lange Zeit Angst, aus der Gnade Gottes zu fallen. Erst das direkte außergewöhnliche Erleben im Alltag, welches ich Gott zuordnete, hat mich dazu bewegt, die festgelegten Dogmen mal beiseite zu lassen und offen zu sein für Impulse, auch außerhalb der biblischen Grundsätze. Ich hatte aber dann auch den Eindruck, dass ich diese Rundumschau, über die bisherigen Grenzen hinaus brauchte, für mein ganz persönliches Wachstum im Glauben und für die kommenden Situationen, durch welche mein Weg geht.

So denke ich, dass es vielleicht auch Menschen gibt, die nicht mehr brauchen als die biblischen Grundsätze. Es reicht für ihren ganz persönlichen Hintergrund und passt in die ganz persönlichen Probleme des Alltags. Für diese Menschen ist es "richtig", sich daran festzuhalten, was sie haben.

Ein Problem liegt hier im Grunde auf vielen Seiten darin, dass man aus seinen ganz persönlichen Glaubensgrundsätzen einen Grundsatz für alle Menschen ableiten will. Wenn jeder seinen ganz persönlichen Glauben auf seine ganz persönliche Art leben würde und in dem Glauben des Anderen einfach nur die Gemeinsamkeiten pflegen und die anderen Dinge stehen lassen könnte, dann wäre evtl. sogar eine Einigkeit im Glauben, trotz oder gerade wegen der Unterschiede, möglich.

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#19 Re: Das Gottesbild im Christentum (Aufsatz zur Diskussion)

Beitrag von Naqual » Mi 15. Jan 2014, 19:25

2Lena hat geschrieben: Der Eingottglaube des ersten Christentums und die Gottesvorstellungen des AT ergeben einen anderen Sinn als die heutige Vorstellung, die aus einer übersezten Bibel entstanden ist.

Zwar sind die Wörter gleich geblieben, aber im Denken ist ein Unterschied: Klarheit und Unklarheit im Verständnis der Bibelsprüche.

Ein Teil in meinem Buch betrifft die Unfehlbarkeitserklärung. (I.Vatikanisches Konzil Trient um 1870) Papst Pius IX brachte die Gläubigen auf, weil er die modernen Philosophierichtungen und Geheimgesellschaften ablehnte. Heute sehe ich, dass er als einer der Wenigen diesen "Eingottglauben" wirklich verstanden hatte. Das wirklich Gute geht nicht mit Verrücktheiten einher. Das Gute soll man lieben - und das fällt absolut nicht schwer, sondern erleichtert das Leben ungemein :) :D je stärker es wird.
Hi 2Lena,
Du lässt jetzt offen, was der "alte richtige Eingottglaube" in seiner Essenz ist. Ich kann jetzt hier nur vermuten:

Geschichtlich gesehen wurde aus dem polytheistischen Denken schließlich die Bevorzugung eines Gottes (unter anderen Göttern). Den hat man als einzigen wirklich honoriert, aber damit nicht die Existenz anderer Götter bestritten. Schließlich nannte man nur noch den bevorzugten Gott einen Gott und ließ sich für die anderen Gottwesen andere Begriffe einfallen.
Der jüdische Monotheismus als Grundlage des Christentums ist aber erheblich mehr als der Umstand, nur noch den stärksten Gott als Gott zu bezeichnen. Hier wird der EineGott so dominant, dass alle anderen göttlichen Wesen verblassen wie Sterne am hellichten Tag. Aus dem EinenGott heraus kann von A bis 0 alles erklärt werden. Es gibt nichts, was nicht in Ihm seinen Ursprung hätte, und nichts was irgendwann nicht wieder zu ihm hinführte. Das ist eine ganz andere Qualität von Gottesvorstellung. Im Christentum wurde der allesdominante Gott wieder zurückgeführt, "vermenschlicht" in ein früheres Vorstellungsstadium. Und viele Disharmonien in den dogmatischen Konstellationen lassen sich auf diesen einen Sachverhalt zurückführen.

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