Alles Teufelszeug? IX

Roland
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#321 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Roland » Do 22. Mär 2018, 18:19

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Belege finden sich in den Texten, wo sonst?
Ach, dann zeige mir mal eine Stelle in den Texten, die die Theorie stützt, die jüdischen Verfasser hätten die Pilatusgeschichte erfunden um die römische Besatzungsmacht von Schuld freizusprechen und die Juden (ihr eigenes Volk) zu belasten.
Du fragst schon so naiv wie closs: aber wo steht das denn? :lol:
Als wenn ein Redaktor, der später Textstellen einfügt, das auch noch mit einer Fussnote belegen würde. :roll:
Du warst es doch, der behauptet hat, die Belege fänden sich in den Texten. Dem ist also nicht so. OK, eine Theorie also, für die es keine Belege gibt.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Das sind nichts als eine absurde Erfindungen mit dem Ziel dem Christentum schon in den Evangelien Judenfeindlichkeit anzudichten.
Willst du uns erzählen, die Evangelien wären eine Hymne an das Judentum?

http://www.bibelkritik.ch/kirchenkritik/e13.htm
Jesus selbst sagt "Das Heil kommt von den Juden".
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Antijudaismus ist aus dem Gesamtkontext des NT nicht begründbar und fast alle Autoren des NT waren selbst Juden.
Das ist definitiv falsch.
http://www.bibelkritik.ch/kirchenkritik/e13.htm
Nein, alle genannten Bibelstellen sind aus dem Kontext gerissen und werden als "judenfeindlich" interpretiert. Natürlich gab es eine Auseinandersetzung mit den Juden, die Jesus ablehten. Gleichzeitig wird das Volk Gottes als das auserwählte Volk gesehen, sowohl von Jesus, alsauch von Paulus und Petrus. Diese Stellen werden natürlich auf "Bibelkritk.ch" geflissentlich wegelassen.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Tatsächlich sind seine beiden Schmähschriften gegen die Juden, die er am Ende seines Lebens verfasst hat, eine Antwort auf entsprechende Schriften von Juden gegen das Christentum gewesen. Eine Antwort auf "die Juden und ihre Lügen" eben. Luther wendet sich darin gegen jüdische Schriften, die behaupten Maria sei "eine Hure", hätte "mit einem Schmied im Ehebruch" Jesus gezeugt. Maria wird darin als "Dreckshaufen" bezeichnet, Jesus als "Missgeburt". Der Prof. f. Systematische Theologie Hans Martin Barth meint, Luther "war keineswegs von blindem Hass auf die Juden und alles Jüdische erfüllt, sondern er meinte, im Kampf um die Wahrheit die evangelischen Territorien vor der Gefahr der Infiltration antichristlichen Geistes schützen zu müssen." Dabei ist er sicher weit übers Ziel hinausgeschossen.
"Luther sah sein Lebenswerk der Reformation in Gefahr. Nur so lässt sich seine überschäumende Polemik verstehen." (Dr. Christoph Morgner)
Man kann sich natürlich alles schön reden. Wenn Luther den Verfasser der Schmähschriften meint, dann hätte er diesen angreifen sollen und nicht die Juden im allgemeinen. Aber er fiel wahrscheinlich wie alle anderen auf die katholische Propaganda von den Gottesmördern herein.
Er geht konkret auf jüdische Schriften ein, die das Christentum heftig beleidigen. Und dass er sich besser nicht hätte derart provozieren lassen, steht sicher außer Frage.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: "Das Christentum ist die unbekannteste Religion der westlichen Welt.
Im Gegenteil, die dem Christentum zugrund liegenden Texte sind die am besten untersuchten aller Religonen.
Und was die Kirche daraus gemacht hat, ist auch kein Geheimnis. Man muss sich halt nur dafür interessieren.
Genau. Wenn es dich also interessiert, kauf mal das neueste Buch von Manfred Lütz, statt nur atheistische Demagogen zu lesen.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Du bist es, der nicht versteht, dass Wissenschaft eben nicht gleichbedeutend ist mit Atheismus. Atheismus ist auch nur ein Glaube, mehr nicht.
Warum unterstellt du den historisch-kritischen Exegeten Atheismus?
Nur denen, die, wie Bultmann, einen handelnden Gott explizit in ihrer Exegese ausschließen. Denn ein Gott der nicht handlen kann, ist eben keiner. Das ist dann faktisch Atheismus.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nein. Der Codex sinaiticus ist eine von Tausenden Handschriften aus denen u.a. das Institut für neutestamentliche Textforschung der Wilhelms-Universität in Münster mithilfe wissenschaftlicher, textkritischer Methoden eine Rekonstruktion des ursprünglichen Textes erstellen konnte.
Hast du auch einen Link für uns?
Natürlich, ich google auch für dich (fauler Sack :) ).Wikipedia-Artikel "Novum Testamentum Graece" schreibt u.a.:
In neuerer Zeit versteht man unter diesem Titel insbesondere eine wissenschaftliche Ausgabe des Textes des Neuen Testaments. Diese textkritische Edition (aktuell in der 28. Auflage) wird betreut vom Institut für neutestamentliche Textforschung der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Sie ist nach ihren ersten Herausgebern auch bekannt unter der Bezeichnung „Nestle-Aland“ (NA). […] Das Novum Testamentum Graece ist eine Rekonstruktion der griechischen Texte des Neuen Testaments auf Grund von textkritischen Entscheidungen über den Wert einer Handschrift zu der fraglichen Textstelle.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Das Zitat revidiert nicht seinen Satz, dass es ein großer Irrtum sei, er sei ein Atheist. Sondern nur, dass er nicht an einen "persönlichen Gott" glaubt.
Du bist auch ein Meister im Schönreden oder von selektiver Wahrnehmung.
Einstein sagt über Gott:
Das Wort Gott ist für mich nichts als Ausdruck und Produkt menschlicher Schwächen, die Bibel eine Sammlung ehrwürdiger, aber doch reichlich primitiver Legenden .
Gemeint ist ein "persönlicher Gott".
„Ich glaube an Spinozas Gott, der sich in der gesetzlichen Harmonie des Seienden offenbart, nicht an einen Gott, der sich mit dem Schicksal und den Handlungen der Menschen abgibt.“ (Einstein)

Jedenfalls war er nach eigenem Bekunden kein Atheist.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Sein o.g. Zitat von der als religiös zu bezeichnenden, unbegrenzeten Bewunderung der Struktur der Welt, stammt auch von kurz vor seinem Tod.
Ja, und, die Bewunderung hat doch jeder, der an Natur und Wissenschaft interessiert ist, ich auch.
Dann zieh die richtigen Konsequenzen daraus.
"Denn sein unsichtbares Wesen – das ist seine ewige Kraft und Gottheit – wird seit der Schöpfung der Welt, wenn man es wahrnimmt, ersehen an seinen Werken, sodass sie keine Entschuldigung haben." Römer 1, 20
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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sven23
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#322 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Do 22. Mär 2018, 19:51

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Du fragst schon so naiv wie closs: aber wo steht das denn? :lol:
Als wenn ein Redaktor, der später Textstellen einfügt, das auch noch mit einer Fussnote belegen würde. :roll:
Du warst es doch, der behauptet hat, die Belege fänden sich in den Texten. Dem ist also nicht so. OK, eine Theorie also, für die es keine Belege gibt.

Es ist wie immer etwas komplexer, als es oft dargestellt wird.
Kubitza fasst das hier zusammen, aus dem Buch: Der Jesuswahn

Ungereimtheiten beim Prozess Jesu
Nach den Erzählungen der Evangelisten ist Jesus im Umfeld eines Passahfestes verurteilt
und hingerichtet worden. Die Umstände dieses Prozesses lassen sehr viele
Ungereimtheiten und Widersprüche erkennen, die eine große Zahl an Fachpublikationen
hervorgebracht haben. Zunächst ist das Todesdatum unklar. Jesus stirbt bei den
Synoptikern an einem Freitag und am 15. des Frühlingsmonats Nisan. Bei Johannes stirbt
er aber bereits am 14. Nisan, einen Tag vorher, zu einer Zeit, da die Passahlämmer
geschlachtet werden. Man nimmt an, dass bei Johannes Jesus als das wahre Passahlamm
dargestellt werden soll, seine Datierung also theologisch motiviert ist.
Doch wenn man den Synoptikern folgt, wäre der Prozess Jesu in der Passahnacht
erfolgt. Gerichtsverhandlungen durften aber nicht am Sabbat oder an Festtagen oder den
Rüsttagen dazu stattfinden. Und sie durften auch nicht in der Nacht stattfinden. Gegen
Jesus wird aber in der Nacht verhandelt. Nach römischem Prozessrecht darf ein
Todesurteil nie am ersten Verhandlungstag erfolgen, sondern frühestens in einer zweiten
Sitzung einen Tag später. Jesus wird aber gleich in der ersten Sitzung verurteilt. Und er
wäre dann am ersten Feiertag gekreuzigt und begraben worden, auch dies eigentlich
undenkbar. Ebenso passt nicht, dass Priester und Schriftgelehrte am Feiertag an der
Richtstätte auftauchen und Jesus verspotten. Diese Fragen der Datierung und die
Widersprüche gegen das Prozessrecht haben den Theologen Ernst Fuchs die Frage stellen
lassen, ob es überhaupt einen Prozess gegen Jesus gegeben hat. Ist er nicht vielmehr
beiläufig hingerichtet worden? Pilatus war ja dafür bekannt, dass er sich über rechtliche
Bestimmungen hinwegsetzte. Und Jesus war ja nicht einmal römischer Bürger. Die
Darstellungen in den Evangelien wären dann von den Evangelisten zu einem Prozess
aufgebauscht worden. Manche bringen wegen der vielen Probleme den Gedanken ins
Spiel, dass Jesus nicht am Passahfest, sondern am jüdischen Laubhüttenfest hingerichtet
worden sei, und meinen dies aus den Palmzweigen beim Einzug Jesu in Jerusalem zu
erkennen. Das Passahfest sei vielleicht erst nachösterlich eingetragen worden. Dann ließe
sich auch das letzte Abendmahl besser verstehen. Doch diese Lösung würde eine Fülle
anderer Probleme schaffen. Freilich fehlt es auch nicht an Versuchen, die
Glaubwürdigkeit der neutestamentlichen Darstellung doch noch zu retten. Besonders der
Theologe Josef Blinzler hat sich hier mit seinem Buch Der Prozess Jesu (1951)
hervorgetan und nimmt unter viel Mühen doch noch die auslegungstechnische Kurve,
nach der der Prozess Jesu in etwa so abgelaufen sei wie beschrieben. Nur wenige
Exegeten sind ihm darin gefolgt.
Doch nur Markus und Matthäus legen überhaupt einen Prozess nahe, bei Lukas und
Johannes wird eher nur ein Verhör vor dem Hohen Rat geschildert, bei Johannes zudem
nur ein Verhör im Privathaus des Hohepriesters. Bei Lukas findet die
Synhedriumssitzung am Morgen statt, bei Johannes das Verhör vor dem HohepriesterKaiphas nachts.
Die Verwirrung ist komplett. So sicher es auch ist, dass Jesus unter Pontius Pilatus am
Kreuz starb, so nebulös und widersprüchlich sind die Berichte der Evangelisten darüber.
Als sie schriftlich fixiert wurden, hatten die Erzählungen zu Jesu Passion offenbar schon
eine lange und intensive mündliche Tradition mit mehreren Traditionssträngen und
ausgeschmückt mit viel alttestamentlichem Gut hinter sich. Die Evangelisten selbst
haben dann noch ihren Teil beigetragen, mit dem frustrierenden Ergebnis, dass man
heute über das bloße Dass des Todes Jesu hinaus fast nichts Sicheres mehr zu den
Umständen sagen kann. Bis zur historischen Unkenntlichkeit sind gerade die
Passionsgeschichten immer wieder umgebaut worden, vergleichbar mit einer barocken
Kirche, bei der die Kunstgeschichtler durch deren gotische und romanische
Vorgängerbauten mühsam versuchen, ursprüngliche Formen und Absichten zu
enträtseln. Nur dass die Historiker, anders als die Kunstgeschichtler, naturgemäß am
Ursprungsbau besonderes Interesse haben. Wenn man ein paar unscheinbare
Fundamente entdeckt, ist man schon froh, zeigt sich im Schutt der Überlieferung eine
Halbsäule, knallen die Korken.

Natürlich darfst du keine Fussnoten erwarten, in denen die Evangelisten zugeben, dass die der historischen Wahrheit etwas auf die Sprünge geholfen haben. Sie haben ja laut Roland sogar auf die historische Zuverlässigkeit hingewiesen, ergo wird das ja wohl stimmen. :lol:
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#323 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Fr 23. Mär 2018, 06:36

Roland hat geschrieben: Wie Thiede richtigerweise sagt, spielt sie eine sehr große Rolle und wer das bezweifelt, tut das gegen den Stand der Forschung.
Nein, der Forschungsstand ist, dass die Evangelien nicht unkritisch als historische Tatsachenbericht gelesen werden können.

Jahrhundertelang sah man in den Evangelien Geschichtsberichte und ging auch von der völligen Übereinstimmung zwischen geschichtlichem Jesus und dem Christus des Glaubens aus.
Quelle: LMU München

Seit der Aufklärung ist das nicht mehr so.


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Das ist frommes Wunschdenken. An den Hauptergebnissen der historischen Jesusforschung hat sich im Grunde seit Strauss nicht viel geändert. Manche Ergbnisse konnten im Gegenteil sogar erhärtet werden.
Du bist eben leider nicht auf dem neuesten Stand sondern bei Strauß im 19. Jhdt. stehen geblieben.
Es ändert ja nichts daran, dass die meisten Ergebnissen noch ihre Gültigkeit haben.

Überblickt man die von Strauß erzielten Ergebnisse, dann zeigt sich, dass die meisten mittlerweile zum Konsens gegenwärtiger historischer Jesusforschung gehören. Die übrigen Resultate sind nach wie vor diskutabel. Auch heute noch besticht das 1835 erschienene „Leben Jesu“ durch die intellektuelle Redlichkeit in der Argumentation und den Mut zur Wahrhaftigkeit in der konsequenten Durchführung der historischen Kritik
Quelle: bibelwissenschaft.de


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Pilatus sah jedoch in dem des Aufruhrs heftig Angeklagten keinen Schuldigen, gab aber schließlich dem Druck der Ankläger nach.
Nach römischem Recht waren die Römer die Ankläger.
Nein Anklage erheben durfte jeder. Die Anklage "dieser hat gesagt er sei der König der Juden" reichte aus um den Statthalter wegen Aufruhrs auf den Plan zu rufen.
Dass Jesus von der Tempelaristokratie angeschwärzt worden sein könnte, wird auch von der Forschung in Betracht gezogen. Der genaue Anklagepunkt bliebt aber im unklaren.
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#324 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Fr 23. Mär 2018, 07:20

Roland hat geschrieben: Jesus selbst sagt "Das Heil kommt von den Juden".
Natürlich, er war ja selbst Jude und "sah sich gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel...)
Diese Schäfchen wollte er zur Umkehr mahnen, weil die Zeitenwende unmittelbar bevorstand. Wer nicht rechtzeitig umkehrte, den sah er als dem Gericht verfallen an.


Roland hat geschrieben: Nein, alle genannten Bibelstellen sind aus dem Kontext gerissen und werden als "judenfeindlich" interpretiert.
Bei den antijudaistischen Zitaten muss nicht viel interpretiert werden. Paulus hat das Märchen von den Gottesmördern in die Welt gesetzt, die Kirche hat den Stein aufgehoben, der Rest ist Geschichte.
Für das Volk, dem Jesus angehörte, entpuppte sich die sog. christliche Heilsgeschichte als eine Geschichte des Unheils.

Roland hat geschrieben: Er geht konkret auf jüdische Schriften ein, die das Christentum heftig beleidigen. Und dass er sich besser nicht hätte derart provozieren lassen, steht sicher außer Frage.
Dann hätte Luther die Verfasser der Schmähschriften angreifen sollen und nicht die Juden im Allgmeinen. Es ist aber zu befürchten, dass sein Antijudaismus allgemeiner Natur war.

Roland hat geschrieben: Genau. Wenn es dich also interessiert, kauf mal das neueste Buch von Manfred Lütz, statt nur atheistische Demagogen zu lesen.
Lütz ist ein bisweilen amüsanter Dampfplauderer, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er die Geschichte des Christentum wissenschaftlich aufgearbeitet hat.

Roland hat geschrieben: Nur denen, die, wie Bultmann, einen handelnden Gott explizit in ihrer Exegese ausschließen. Denn ein Gott der nicht handlen kann, ist eben keiner. Das ist dann faktisch Atheismus.
Sag ich doch, die wirfst der historisch-kritischen Forschung im allgemeinen Atheismus vor. Das ist bestimmt wieder auf Bergers Mist gewachsen.

Roland hat geschrieben: In neuerer Zeit versteht man unter diesem Titel insbesondere eine wissenschaftliche Ausgabe des Textes des Neuen Testaments. Diese textkritische Edition (aktuell in der 28. Auflage) wird betreut vom Institut für neutestamentliche Textforschung der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Sie ist nach ihren ersten Herausgebern auch bekannt unter der Bezeichnung „Nestle-Aland“ (NA). […] Das Novum Testamentum Graece ist eine Rekonstruktion der griechischen Texte des Neuen Testaments auf Grund von textkritischen Entscheidungen über den Wert einer Handschrift zu der fraglichen Textstelle.
Ja klar, die griechischen Texte sind selbstverständlich auch die Basis für die historisch-kritische Exegese. Es ändert aber nichts an den Ergebnissen.

Roland hat geschrieben: "Denn sein unsichtbares Wesen – das ist seine ewige Kraft und Gottheit – wird seit der Schöpfung der Welt, wenn man es wahrnimmt, ersehen an seinen Werken, sodass sie keine Entschuldigung haben." Römer 1, 20
Du solltest nicht die Bibel als Zeuge für Einstein mißbrauchen. Denn sowohl die jüdische als auch die christliche Religion betrachtete er als "primtive Legenden und kindischen Aberglauben."
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#325 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Fr 23. Mär 2018, 08:43

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:denn wenn ich von "seiner Glaubenswelt" sprach, dann meine ich damit die Gaubenswelt Jesu
... welceh Du aber über den Volksglauben begründest ("Jesus war auch spirituell Teil des Volkes"). - Genau das ist aber die Frage.
Das stimmt doch gar nicht. Die Evangelien beschreiben explizit den Glauben von Jesus, der sich punktuell unterscheidet von gängigen Strömungen wie die Pharisäer oder Sadduzäer.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Unwahrscheinlich und wird in der Forschung nicht so gesehen.
Zirkelschluss. - Es ist eine spezielle Regel innerhalb der HKM, die natürlich aus Sicht der HKM wahrscheinlich ist, sonst würde man es nicht zur Regel machen. - Ob es "wirklich" "wahrscheinlich" ist, weiß doch keiner - es gibt auch spirituelle Ansätze, die näher an der Wirklichkeit sein können.
Es ist kein Zirkelschluss, die älteren Texte als die authentischeren anzunehmen. Das gilt für andere antiken Texte ebenso und das macht die historisch-kritische Methode aus. Wenn Ratzinger die Methode lobt, sollte er das eigentlich auch wissen.

PS. deine Art des Zitierens ist nach wie vor unvorteilhaft, weil selbst ich, und ein Leser erst Recht, den Zusammenhang nicht mehr erkennen kann.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, so simpel es nun auch wieder nicht.
Natürlich differenziert man im Einzelfall - meine Aussage hat die grobe Linie beschrieben. - Verliere Dich nicht schon wieder in Ausnahmen, bevor die Regel und Mitte einer Aussage nicht verstanden hast.
Auch hier hast du wieder den Kontext abgeschnitten.
Die Forschung bezeichnet spätere Textveränderungen nur dann als Fälschung, wenn der Sinn gegenüber der älteren Version verändert wird, oft sogar ins Gegenteil. Diese Veränderungen geschahen ja immer in einer bestimmten Absicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Selbst Andreas hat dich darauf hingewiesen, dass Theißen großen Wert auf hermeneutische Reflexion legt.
E-ben. - Theißen kennt den Unterschied zwischen Sachergebnis-ERmittlung und hermeneutischer Reflexion.
Im Gegensatz zu dir betrachtet er Hermeneutik aber nicht als Zauberstab. Er stülpt über Sachergebnisse keine Glaubenshermeneutik drüber, wie das Kanoniker machen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Er ist nach wie vor gültig
Nein - es ist eine Selbstversicherungs-Behauptung mit gruppen-dynamischen Charakter innerhalb einer ideologisch verbrämten HKM-Gruppe.
Das meint ja auch nur der glaubensidologisch verbrämte Laie closs. Hier hast du das Zitat schon wieder verstümmelt. Der Leser erkennt nicht, dass es hier um Conzelmann geht, der nach wie vor aktuell ist.
Ich bin der Meinung, die Forschungsergebnisse, für die der Steuerzahler ja letzlich bezahlt hat, sind es Wert, im Religionsunterricht vorgestellt zu werden.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:deshalb gehören die Forschungsergebnisse auch in den Religionsunterricht.
Religionsunterricht ist keine Therapie-Sitzung für ideologische Kämpfe zwischen spirituellen und säkularen Weltanschauungen.
Trotzdem gehören die Forschungsergebnisse der theologischen histoirschen Jesusforschung vorgestellt. Immerhin handelt es sich bei Jesus um den Urgrund des Christentums.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Vielleicht solltest Du wissen, dass es bereits 1975 ein Buch von Prof. G Maier gab mit dem Titel "Das Ende der historisch-kritischen Methode".
Das ist doch, wie du selbst immer sagst, "pro Domo Geschwätz" von Glaubensideologen.
Und Theißens Werk ist pro-Domo-Geschwätz für andere Glaubensideologen? - Was soll das?
Nein, Theißens Lehrbuch genügt wissenschaftlichem Anspruch und hat sich zu einem Standardwerk etabliert.

closs hat geschrieben: Richtig - und habe hinzugefügt: diese Aussage <zum Glaubensvorbehalt> ist Ergebnis einer analytischen Betrachtung und als solche richtig.
Deshalb ist dein Behauptung, Dogmen würden unter Gaubensvorbehalt stehen, widerlegt.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das wissen wir doch, sie basiert auf Glaubensbekenntnissen, die nicht mal falsifizierbar sind. Deshalb in historischer Forschung nicht zu gebrauchen.
Du stimmst zu und erklärst im selben Satz genau das Gegenteil.
Wo siehst du da gegenteilige Aussagen? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Du willst den TÜV-Stempel der historischen Forschung, ohne dabei die wissenschaftlichen Methoden anzuwenden, und diese durch Glaubensbekenntnisse ersetzen.
Ich will eine Auseinander-Dividierung von Begriffen aus ideologischen Gründen vermeiden. Beides ist bei der Exegese nicht möglich, weil JEDE Exegese auf interpretativer Ebene eine hermeneutische Disziplin ist. - Daraus kann man schließen: "Exegesen (und zwar ALLE) sind NICHT wissenschaftlich".
Nicht unbedingt. Wenn die Exegese, wie die historisch-kritische, wissenschaflichen Ansprüchen genügt, kann man sie in der historischen Forschung einsetzen. Für glaubensbasierte Exgesen gilt das nicht. Deshalb ist HKM die Standardauslegung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Und diese Hermeneutik ist in Bezug auf das, was wirklich der Fall war, entweder richtig oder falsch.
Auch wieder so eine closssche Null-Aussage ohne jeden Erkenntnisgewinn.
Wenn man Interesse an der Wahrheit hat, ist das die wichtigste Frage schlechthin. - Vorhin echauffierst Du Dich noch, dass der Wissenschaft der Weg wichtiger sein könnte als die Wahrheit - jetzt ist es für Dich eine Nullausage.
Das sind ja auch unterschiedliche Statements. Deine erste Aussage hat die Qualität eines Wetterberichts: morgen wirds regnen, oder nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was soll das für ein Zitat sein?
Das ist die Kurzversion von Zitaten, die wir hier mehrfach besprochen haben - ich suche sie nicht nochmal raus.
Kannst du auch nicht, weil es so ein Zitat nicht gibt. Niemand wird sich deiner Meinung anschließen, dass die Methodik wichtiger sei als die Wahrheit.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und? Welche Methodik hat sie denn?????
Die kanonische. :lol: - siehe wik:[/color]
Also eine zirkelreferente.

closs hat geschrieben: Jetzt stelle Dir noch vor, dass dieser Ansatz analytisch, im Rahmen ihres Korridors ergebnisoffen und systematisch verarbeitet wird - und dann hast Du "Wissenschaft" - soweit man "Wissenschaft" nicht nach naturwissenschaftlichem Gusto definiert.
Wenn sie deiner Meinung nach wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, warum kann sie dann nicht in der historischen Forschung eingesetzt werden?



closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Kein Wissenschaftler wird sagen: "Mir ist Wissenschaft wichtiger als Wahrheit" -
Richtig, so einen Unfug sagt kein Wissenschaftler, das ist dem closs vorbehalten:
Dass der methodische Weg Vorrang hat vor der Wahrheits-Relevanz des Ergebnisses - so ist es gemeint.
Quelle: closs
Ich wiederhole: "Dass der methodische Weg Vorrang hat vor der Wahrheits-Relevanz des Ergebnisses - so ist es gemeint" - Das ist immer noch so gemeint. - Ich wiederhole ebenfalls: " Kein Wissenschaftler wird sagen: Mir ist Wissenschaft wichtiger als Wahrheit" - Das ist ebenfalls so gemeint.
Wie man das zusammenbringt, habe ich erläutert -
Man bringt es nicht zusammen, weil es falsch und widersprüchlich ist.

closs hat geschrieben: Dass der methodische Weg Vorrang hat vor der Wahrheits-Relevanz des Ergebnisses
Ist falsch.

closs hat geschrieben: Kein Wissenschaftler wird sagen: Mir ist Wissenschaft wichtiger als Wahrheit
Steht im Widerspruch zu obiger Aussage.
Du wirst deine falsche Aussage auch nicht durch nachgeschobene Ausreden verbessern können. Laß es einfach gut sein oder ziehe deine Aussage zurück.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Er meint, dass der historische Jesus dem Glauben im Weg ist.
"Historisch-methodisch" ist das richtig. Dass er es "historisch-ontisch" meint, glaube ich nicht.
Genau das kritisiert der Bibelbund. Ein Forschungszweig, der selbst nicht an seine eigenen Ergebnisse glaubt, ist ziemlich einzigartig.
Und der Bibelbund kommt ja aus der Hardcore-Glaubensecke.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der letzte Satz ist schon sehr merkwürdig, findest du nicht auch?
"Merkwürdig" ist sicherlich richtig - da müsste man ihn fragen. -
Hat der Spiegel ja, er hielt die Antwort für ausreichend.
Deshalb warf Augstein ihm ja Schizophrenie vor und der Bibelbundvertreter Unredlichkeit. Wen wunderts?

closs hat geschrieben: Für mich klingt es wie: "Historisch-kritisch ist es egal, weil da aus hermeneutischen Gründen eh nichts rauskommen kann, was meiner Erlebnis-Ebene entspricht". -
Für mich klingt das wieder mal nach clossschen Märchenonkel. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Zitate bist du wie immer schuldig geblieben
Nein - die Zitate wurden gebracht, aus denen meine SChlussfolgerungen abzuleiten sind - schwarz auf weiß. - Dass Theißen meine Schlussfolgerungen nicht wortwörtlich bringt, darf man ihm nicht anlasten. :D
Du meinst wie immer, dass du Zitate in deinem Sinne verhunzen oder ins Gegenteil verkehren darfst. Das kann man dir nicht durchgehen lassen.
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#326 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Fr 23. Mär 2018, 08:52

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung arbeitet übrigens mit dem historischen Plausibilitätskriterium.
Das sind normale Hilfsmittel, die aber nicht erlauben, Herrschaft über das zu fordern, was sein darf und was nicht. - Das sind inner-methodische Hilfen!!!
Es ist doch besser, man hat solche "innermethodischen " Hilfen, als sich auf Glaubensbekenntnisse verlassen zu müssen.


In der neueren Forschung hat Gerd Theißen versucht, die in der dritten Runde der Rückfrage entwickelten Kriterien im »historischen Plausibilitätskriterium« in ein methodisches System zu bündeln.

Das »historische Plausibilitätskriterium« besteht aus vier Elementen, von denen, wie in einem Koordinatensystem, jeweils zwei aufeinander bezogen werden. Auf der einen Seite stehen Kontextplausibilität (bezogen auf das Verhältnis Jesu zu seiner jüdischen Umwelt) und Wirkungsplausibilität (bezogen auf das Verhältnis Jesu zum Urchristentum). Zu beiden Größen tritt Jesus in eine doppelte Beziehung: er stimmt in manchem mit ihnen überein, und in manchem stimmt er nicht überein. Ein Gesamtbild des historischen Jesus muss also

- mit dem Judentum im Galiläa des 1. Jh. vereinbar sein (Kontextentsprechung); zugleich muss Jesus innerhalb dieses Rahmens als individuelle Erscheinung unterscheidbar sein (kontextuelle Individualität). Ein Gesamtbild muss außerdem
- die Nachwirkung Jesu im Urchristentum erklären können. Übereinstimmungen in unterschiedlichen Überlieferungen, Traditionsschichten und Gattungen sind angesichts der Pluralität im Urchristentum am besten auf Jesus zurückzuführen (Quellenkohärenz); dasselbe gilt für die Traditionen, die den spezifisch urchristlichen Interessen widerstreiten und dennoch überliefert werden (Tendenzwidrigkeit)
Das »historische Plausibilitätskriterium« systematisiert auf beeindruckende Weise die Kriterien der Rückfrage. Es überwindet aber das Differenzkriterium nicht. Dieses erscheint unter den Namen von »Tendenzwidrigkeit« und »kontextueller Individualität«. Auch sonst begegnen alte Bekannte unter neuem Namen: die Kriterien der mehrfachen Bezeugung und der Kohärenz unter den verschiedenen Aspekten der »Quellenkohärenz«.

Quelle: LMU München

Es ist also nicht so simpel, wie mancher Laie sich das vorstellt.
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#327 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Fr 23. Mär 2018, 10:26

sven23 hat geschrieben:Das stimmt doch gar nicht. Die Evangelien beschreiben explizit den Glauben von Jesus, der sich punktuell unterscheidet von gängigen Strömungen wie die Pharisäer oder Sadduzäer.
Du aber bist doch derjenige, der dies Texte so interpretierst, als sei Jesus ein x-beliebiges Mitglied des "Volkes" - wäre er göttlich, was historisch genauso möglich ist, wären die Texte anders zu interpretieren.

sven23 hat geschrieben:Es ist kein Zirkelschluss, die älteren Texte als die authentischeren anzunehmen.
Das nicht - das ist ein hermeneutischer Ansatz: "Wir untersuchen so, als seien ältere Texte authentischer als jüngere".

sven23 hat geschrieben:Das gilt für andere antiken Texte ebenso und das macht die historisch-kritische Methode aus. Wenn Ratzinger die Methode lobt, sollte er das eigentlich auch wissen.
Denkst Du, die Kritiker hermeneutischer Interpretationen der HKM kännten die Grundlagen deren Methodik nicht? - Da setze ich sogar noch einen drauf: Genau so haben wir in den Literaturwissenschaften ebenfalls interpretiert.

Nur liegt da ein ganz anderer Fall vor. - Man hat bspw. 15 Abschriften des Nibelungenliedes aus verschiedenen Jahrhunderten und stellt nach dieser Methodik fest, wie sich diese Abschriften mit der Zeit von der ältesten SChrift unterscheiden. - Und da ist in der Tat das Ergebnis (das ist ein Erfahrungswert auch bei anderen Texten), dass sich jüngere Texte immer weiter vom ältesten entfernen. - Das ist die HKM und sie ist bewährt - alles kalter Kaffee.

Der Punkt: Wir haben hier einen ganz anderen Fall. - Denn hier geht es letztlich NICHT um die Frage, welche Bearbeitungen sich in Bezug auf das Original (das wäre der erste Schriftsatz des Nibelungen-Liedes) entfernen, sondern wie sie sich von der ersten REZEPTION (ältester Bibeltext) entfernen. - Das ist zwar AUCH sehr interessant, aber in Bezug auf Jesus zweitrangig, weil ER das Original ist. - Und deshalb ist hier (im Gegensatz zu den Untersuchungen, die wir bspw. beim Nibelungenlied gemacht haben) genauso möglich, dass sich spätere Texte NÄHER ans Original Jesus hinentwickeln, weil die Textverfasser im Abstand Dinge klarer sehen - das nennt man "heilsgeschichtliche Prozesse".

Natürlich kann man sich auch hier weiter WEG entfernen ("Fälschung"). - Aber "Fälschung" in Bezug auf was? Auf die erste Rezeption oder auf das Original Jesus? - Verstehst Du jetzt endlich, warum die HKM in solchen Fragen überfordert sein kann?

sven23 hat geschrieben:Die Forschung bezeichnet spätere Textveränderungen nur dann als Fälschung, wenn der Sinn gegenüber der älteren Version verändert wird, oft sogar ins Gegenteil.
RIchtig - aber doch nur in Bezug auf die ERst-Rezeption und nicht notwendigerweise auf Jesus - siehe "heilsgeschichtlicher Prozess". - Wie will die HKM das unterscheiden?

sven23 hat geschrieben:Diese Veränderungen geschahen ja immer in einer bestimmten Absicht.
Es kann Nachlässigkeit sein und in der Tat "Absicht" - aber WELCHE Absicht? "Gute" oder "böse" Absicht? - Geht es damit näher an Jesus ran oder entfernt man sich damit von Jesu Wirklichkeit?

sven23 hat geschrieben:Im Gegensatz zu dir betrachtet er Hermeneutik aber nicht als Zauberstab.
Da gibt es keinen Gegensatz - hör auf, alberne Gerüchte in die Welt zu setzen.

sven23 hat geschrieben:Theißens Lehrbuch genügt wissenschaftlichem Anspruch und hat sich zu einem Standardwerk etabliert.
Zu Recht. - Theißens Werk ist der Maßstab für die Umsetzung der HKM an der Bibel - mehr nicht. - Es sagt nichts darüber aus, ob die darin erbrachten hermeneutischen Interpretationen in Bezug auf Jesus ontisch wahr sind oder nicht.

Um so wichtiger wäre interdisziplinärer Austausch: "Wie seht Ihr Kanoniker, Kerygmatiker das? Nach unserer Hermeneutik sieht es 'so's aus?" - in der PRaxis läuft das auch so. - Ratzinger sagt irgendwo in seinem Jesus sinngemäß: "Hey, Ihr Christologen und HKM-ler und Kerygmatiker und Eschatologen: Vergesst nicht, dass es letztlich nur EINEN ontischen Jesus gibt, der EINE Meinung gehabt hat - es gibt keine gekonten Jesüsser, nur damit Eure jeweils methodischen Jesüsser alle bedient werden können". - Capisci?

sven23 hat geschrieben: Der Leser erkennt nicht, dass es hier um Conzelmann geht, der nach wie vor aktuell ist.
Seine Aussage selbst ist eine bösartige Behauptung, die er aus irgendeinem Prass oder im schlimmeren Fall aus ideologischer Verblendung gesagt hat.

sven23 hat geschrieben:Ich bin der Meinung, die Forschungsergebnisse, für die der Steuerzahler ja letzlich bezahlt hat, sind es Wert, im Religionsunterricht vorgestellt zu werden.
Prinzipiell ja - aber hier gilt wie so oft der Satz von Karl Kraus: "Das Niveau ist hoch, aber keiner ist drauf". - Mit anderen Worten: Das kannst Du in einem Leistungskurs "Religion" machen (da wird es meines Wissens auch gemacht). - In den Nebenbei-Religions-Unterrichten haben die Lehrer zu tun, überhaupt erstmal Grundsätzlichstes zu vermitteln ("Worum geht es eigentlich?").

sven23 hat geschrieben:Deshalb ist dein Behauptung, Dogmen würden unter Gaubensvorbehalt stehen, widerlegt.
:?: - Allein der Begriff "Glaube" sollte klar machen, dass es diesen Vorbehalt von vorne herein gibt. - Ideologie wäre, wenn man WEISS, dass bspw. Jesus leiblich auferstanden ist. Das sagt aber keiner.

sven23 hat geschrieben:Wo siehst du da gegenteilige Aussagen?
Da müsste ich den Kontext sehen.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:

sven23 hat geschrieben:
Und? Welche Methodik hat sie denn?????

Die kanonische. :lol: - siehe wik:[/color]


Also eine zirkelreferente.
Jetzt bist Du wieder auf der Spur, an derem Ende Mathematik zirkelreferent ist. - In anderen Worten: Nein, NICHT zirkelreferent - bzw. genauso wenig oder viel zirkelreferent wie die HKM.

sven23 hat geschrieben:Deine erste Aussage hat die Qualität eines Wetterberichts: morgen wirds regnen, oder nicht.
Nein - es heißt, dass solche Aussagen genauso richtig wie falsch sein können, also keinen Anspruch auf Wahrheit erheben können, sondern allenfalls methodische ERgebnisse zeigen können.

sven23 hat geschrieben:Wenn die Exegese, wie die historisch-kritische, wissenschaflichen Ansprüchen genügt, kann man sie in der historischen Forschung einsetzen.
Das tut sie aber weitgehend nicht, WENN man naturwissenschaftliche Standards anlegt.

sven23 hat geschrieben: Deshalb ist HKM die Standardauslegung.
Nach wie vor und zum 326. Mal: Richtig - so sieht das jeder. :D - Das ist doch der Grund, warum man deren Sachergebnisse so hoch schätzt.

sven23 hat geschrieben:Niemand wird sich deiner Meinung anschließen, dass die Methodik wichtiger sei als die Wahrheit.
In der Wissenschaft ist der methodische Weg wichtiger als das Ergebnis - so in etwa lautet das Zitat - und vor allem: Dieses Zitat trifft den Nagel auf den Kopf.

Nicht die Methodik ist wichtiger als die Wahrheit, sondern in der Wissenschaft ist der methodische Weg wichtiger als das Ergebnis. - Das heißt: Alle Ergebnisse sind methodische ERgebnisse, die in Bezug auf die Wirklichkeit wahr oder unwahr sind.

Jetzt kommt lange nichts - und dann erst kommt die Wirklichkeit alias ontische Wahrheit: Natürlich wird kein Wissenschaftler ein Modell entwickeln, das er nicht als das beste in Bezug auf die Wirklichkeit einschätzt. - Aber wenn er erst mal in seiner wissenschaftlichen Arbeit ist, zählen nur methodische Ergebnisse - anders geht es nicht.

sven23 hat geschrieben:Wenn sie deiner Meinung nach wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, warum kann sie dann nicht in der historischen Forschung eingesetzt werden?
Weil man das eine methodische Feld nicht mit dem anderen methodischen Feld vermischt.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Dass der methodische Weg Vorrang hat vor der Wahrheits-Relevanz des Ergebnisses


Ist falsch.
Nein, ist richtig - s.o.

sven23 hat geschrieben:Du wirst deine falsche Aussage auch nicht durch nachgeschobene Ausreden verbessern können. Laß es einfach gut sein oder ziehe deine Aussage zurück.
Wieder mal Deine Reaktion auf eigene Überforderung - nochmals: s.o.

sven23 hat geschrieben: Ein Forschungszweig, der selbst nicht an seine eigenen Ergebnisse glaubt, ist ziemlich einzigartig.
Wenn er METHODISCH nicht an seine Ergebnisse glauben würde, würde wirklich was falsch laufen. - Aber "Wahrheit" ist doch immer ontisch gemeint.

sven23 hat geschrieben:Es ist doch besser, man hat solche "innermethodischen " Hilfen, als sich auf Glaubensbekenntnisse verlassen zu müssen.
Ob säkuläre Vorannahmen oder "Glaubensbekenntnisse" - es ist funktional dasselbe. - Auch religiöse Vorannahmen haben ihre Plausibilitäten.

sven23 hat geschrieben:Es ist also nicht so simpel, wie mancher Laie sich das vorstellt.
Es ist NIE simpel. - In Deinem Zitat wird gut erklärt, wie die HKM-Plausibilitäts-Kriterien funzen. - Andere können erklären, wie andere Plausibilitäöts-Kriterien funzen.

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#328 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Fr 23. Mär 2018, 12:44

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das stimmt doch gar nicht. Die Evangelien beschreiben explizit den Glauben von Jesus, der sich punktuell unterscheidet von gängigen Strömungen wie die Pharisäer oder Sadduzäer.
Du aber bist doch derjenige, der dies Texte so interpretierst, als sei Jesus ein x-beliebiges Mitglied des "Volkes" - wäre er göttlich, was historisch genauso möglich ist, wären die Texte anders zu interpretieren.
X-beliebig war er sicher nicht. Jeder Sektenguru muss ein gewisses Charisma haben, sonst kann er keine Anhänger um sich sammeln und er sollte den Anhängern etwas versprechen können, am besten eine Belohnung. Das hat er ja auch getan. Diejenigen, die zur Umkehr bereit waren, entgingen dem göttlichen Strafgericht und sollten eine besondere Rolle in der neuen Ordnung haben. (Die letzten werden die ersten sein) Und sooooo groß war seine Anhängerschar ja nun auch nicht.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist kein Zirkelschluss, die älteren Texte als die authentischeren anzunehmen.
Das nicht - das ist ein hermeneutischer Ansatz: "Wir untersuchen so, als seien ältere Texte authentischer als jüngere".
Wir tun nicht nur so, sondern das ist so aufgrund allgmeiner Erfahrung. Wie du inzwischen weißt, gibt es für religiöse Texte keine Sonderbehandlung.

closs hat geschrieben: Nur liegt da ein ganz anderer Fall vor. - Man hat bspw. 15 Abschriften des Nibelungenliedes aus verschiedenen Jahrhunderten und stellt nach dieser Methodik fest, wie sich diese Abschriften mit der Zeit von der ältesten SChrift unterscheiden. - Und da ist in der Tat das Ergebnis (das ist ein Erfahrungswert auch bei anderen Texten), dass sich jüngere Texte immer weiter vom ältesten entfernen. - Das ist die HKM und sie ist bewährt
Sehr schön, so soll es sein. :thumbup:

closs hat geschrieben: Der Punkt: Wir haben hier einen ganz anderen Fall. - Denn hier geht es letztlich NICHT um die Frage, welche Bearbeitungen sich in Bezug auf das Original (das wäre der erste Schriftsatz des Nibelungen-Liedes) entfernen, sondern wie sie sich von der ersten REZEPTION (ältester Bibeltext) entfernen. - Das ist zwar AUCH sehr interessant, aber in Bezug auf Jesus zweitrangig, weil ER das Original ist. - Und deshalb ist hier (im Gegensatz zu den Untersuchungen, die wir bspw. beim Nibelungenlied gemacht haben) genauso möglich, dass sich spätere Texte NÄHER ans Original Jesus hinentwickeln, weil die Textverfasser im Abstand Dinge klarer sehen - das nennt man "heilsgeschichtliche Prozesse".
Nein, das ist ja nur einer Glaubensideologie geschuldet. Wie gesagt: es gibt keine Sonderbehandlung für religiöse Texte. Diese wird ja auch nur von Glaubensideologen gefordert, die ihr Glaubenskonstrukt bestätigt sehen wollen.

closs hat geschrieben: Natürlich kann man sich auch hier weiter WEG entfernen ("Fälschung"). - Aber "Fälschung" in Bezug auf was? Auf die erste Rezeption oder auf das Original Jesus? - Verstehst Du jetzt endlich, warum die HKM in solchen Fragen überfordert sein kann?
Nein, die Forschung geht immer noch davon aus, dass ältere Texte näher am Original sind. Man kann das sehr schön am Markusevangelium sehen. Der Kontrast zum späteren Johannesevangelium könnte nicht größer sein, so weit ist die Vergottung fortgeschritten. Man kann diesen Prozess sehr schön verfolgen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung bezeichnet spätere Textveränderungen nur dann als Fälschung, wenn der Sinn gegenüber der älteren Version verändert wird, oft sogar ins Gegenteil.
RIchtig - aber doch nur in Bezug auf die ERst-Rezeption und nicht notwendigerweise auf Jesus - siehe "heilsgeschichtlicher Prozess". - Wie will die HKM das unterscheiden?
Doch, in Bezug auf den historischen Jesus. Um den geht es nun mal in der historischen Jesusforschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Diese Veränderungen geschahen ja immer in einer bestimmten Absicht.
Es kann Nachlässigkeit sein und in der Tat "Absicht" - aber WELCHE Absicht? "Gute" oder "böse" Absicht? - Geht es damit näher an Jesus ran oder entfernt man sich damit von Jesu Wirklichkeit?
Es geht vor allem um ein theologisches/glaubensideologisches Konzept, das man durchziehen will. Die historische Wahrheit tritt dabei in den Hintergrund.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Im Gegensatz zu dir betrachtet er Hermeneutik aber nicht als Zauberstab.
Da gibt es keinen Gegensatz - hör auf, alberne Gerüchte in die Welt zu setzen.
Wieso? Du bist es doch, der meint, man wechselt mal eben die Hermenutik und kommt schwups di wups zu Ergebnissen, die einem besser ins glaubensideologische Konezpt passen. So gehts nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Theißens Lehrbuch genügt wissenschaftlichem Anspruch und hat sich zu einem Standardwerk etabliert.
Zu Recht. - Theißens Werk ist der Maßstab für die Umsetzung der HKM an der Bibel - mehr nicht.
Was heißt: mehr nicht? Mehr geht doch gar nicht.

closs hat geschrieben: - Es sagt nichts darüber aus, ob die darin erbrachten hermeneutischen Interpretationen in Bezug auf Jesus ontisch wahr sind oder nicht.
Den biografischen Jesus kann man nicht mehr ermitteln. Aber man kann seine Verkündigung rekonstruieren, immer auf Basis der Textquellen. Und da gehört die Naherwartung unbestritten dazu.

closs hat geschrieben: Um so wichtiger wäre interdisziplinärer Austausch: "Wie seht Ihr Kanoniker, Kerygmatiker das? Nach unserer Hermeneutik sieht es 'so's aus?" - in der PRaxis läuft das auch so. - Ratzinger sagt irgendwo in seinem Jesus sinngemäß: "Hey, Ihr Christologen und HKM-ler und Kerygmatiker und Eschatologen: Vergesst nicht, dass es letztlich nur EINEN ontischen Jesus gibt, der EINE Meinung gehabt hat - es gibt keine gekonten Jesüsser, nur damit Eure jeweils methodischen Jesüsser alle bedient werden können". - Capisci?
Was erwartest du, wenn man wissenschaftlich ermittelte Ergebnisse mit glaubensbasierten Ergebnissen vergleicht?
Davon abgesehen, kennt die Forschung doch die Unterschiede, denn sie unterscheidet ja gerade zwischen historischem Geschehen und biblischer Überlieferug. Gerade das macht die historisch-kritische Methode doch aus.
Ein "Austausch" ist hier gar nicht angezeigt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Der Leser erkennt nicht, dass es hier um Conzelmann geht, der nach wie vor aktuell ist.
Seine Aussage selbst ist eine bösartige Behauptung, die er aus irgendeinem Prass oder im schlimmeren Fall aus ideologischer Verblendung gesagt hat.
Nein, der Theologe Conzelmann hat hier absolut Recht. Jeder kann das mal selbst in seinem Umfeld überprüfen. Die Ergebnisse sind weitgehend nicht bekannt. Es geht nicht darum, dass man das innerhalb der Theologie nicht wüßte, sondern um die Außendarstellung. Ich habe es doch selbst erfahren, man muss es sich selbst erarbeiten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich bin der Meinung, die Forschungsergebnisse, für die der Steuerzahler ja letzlich bezahlt hat, sind es Wert, im Religionsunterricht vorgestellt zu werden.
Prinzipiell ja - aber hier gilt wie so oft der Satz von Karl Kraus: "Das Niveau ist hoch, aber keiner ist drauf". - Mit anderen Worten: Das kannst Du in einem Leistungskurs "Religion" machen (da wird es meines Wissens auch gemacht). - In den Nebenbei-Religions-Unterrichten haben die Lehrer zu tun, überhaupt erstmal Grundsätzlichstes zu vermitteln ("Worum geht es eigentlich?").
Sollte kein Grund sein, es nicht zu tun.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb ist dein Behauptung, Dogmen würden unter Gaubensvorbehalt stehen, widerlegt.
:?: - Allein der Begriff "Glaube" sollte klar machen, dass es diesen Vorbehalt von vorne herein gibt.
Historisch war es aber so: Ein Dogma mußte geglaubt werden, sonst mußte man daran glauben.
Es gab kein Wahlrecht oder Glaubensvorbehalt.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wo siehst du da gegenteilige Aussagen?
Da müsste ich den Kontext sehen.
Siehst, so geht es mir mit deinen Zitaten. Du schneidest immer den Kontext ab.

closs hat geschrieben: Die kanonische. :lol: - siehe wik:[/color]
Jetzt bist Du wieder auf der Spur, an derem Ende Mathematik zirkelreferent ist. - In anderen Worten: Nein, NICHT zirkelreferent - bzw. genauso wenig oder viel zirkelreferent wie die HKM.
Das ist ja immer noch deine falsche Analogie. Janina hat darauf hingewiesen, dass Wissenschaft ergbnisoffen sein muss.
Diese Anforderung erfüllt Kanonik nicht, wie alle glaubensbasierten Exegeseformen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#329 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Fr 23. Mär 2018, 12:45

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn die Exegese, wie die historisch-kritische, wissenschaflichen Ansprüchen genügt, kann man sie in der historischen Forschung einsetzen.
Das tut sie aber weitgehend nicht, WENN man naturwissenschaftliche Standards anlegt.
Was hat die historisch-kritische Methode mit Naturwissenschaft zu tun?
Willst du auch noch absteiten, dass die historisch-kritische Methode wissenschftlichen Ansprüchen genügt? Dann sägst du der Theologie auch noch den stärksten Ast ab, der ihren Verbleib an den Universitäten rechtfertigt.
Außer dir fordert das aber keiner.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Deshalb ist HKM die Standardauslegung.
Nach wie vor und zum 326. Mal: Richtig - so sieht das jeder. :D - Das ist doch der Grund, warum man deren Sachergebnisse so hoch schätzt.
Dann sollte man auch Sachergebnisse wie die Naherwartung nicht durch hermeneutische Vergewaltigung ins Gegenteil verkehren.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Niemand wird sich deiner Meinung anschließen, dass die Methodik wichtiger sei als die Wahrheit.
In der Wissenschaft ist der methodische Weg wichtiger als das Ergebnis - so in etwa lautet das Zitat - und vor allem: Dieses Zitat trifft den Nagel auf den Kopf.

Nicht die Methodik ist wichtiger als die Wahrheit, sondern in der Wissenschaft ist der methodische Weg wichtiger als das Ergebnis. - Das heißt: Alle Ergebnisse sind methodische ERgebnisse, die in Bezug auf die Wirklichkeit wahr oder unwahr sind.
Das hast du mal wieder was aufgeschnappt und mit deinem Halbwissen verquirlt.

Der Weg, auf dem sie zu ihrem Ziel gelangt, ist ihr genauso wichtig wie das Ziel - oft sogar noch wichtiger.

Theißen spricht nicht von Ergebnissen, sondern von Zielen einer Untersuchung. An diesem Beispiel kann man sehr schön sehen, wie ein einziges falsches Wort den Sinn völlig entstellen kann.

Und davon, dass die Methodik wichtiger sei, als die Wahrheit, spricht er erst recht nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn sie deiner Meinung nach wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, warum kann sie dann nicht in der historischen Forschung eingesetzt werden?
Weil man das eine methodische Feld nicht mit dem anderen methodischen Feld vermischt.
Wer fordert denn eine Vermischung? Laß die HKM mal beiseite, so als wenn es sie gar nicht gäbe.
Warum ist die kanonische Exegese nicht in der historischen Forschung zu gebrauchen?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Dass der methodische Weg Vorrang hat vor der Wahrheits-Relevanz des Ergebnisses
Ist falsch.
Nein, ist richtig - s.o.
Aufgrund deines falschen Zitats, siehe oben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Ein Forschungszweig, der selbst nicht an seine eigenen Ergebnisse glaubt, ist ziemlich einzigartig.
Wenn er METHODISCH nicht an seine Ergebnisse glauben würde, würde wirklich was falsch laufen. - Aber "Wahrheit" ist doch immer ontisch gemeint.
Eben, und an die ontische Realität kommt man nur mit historischer Forschung ran, nicht mit Glaubensbeknntnissen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist doch besser, man hat solche "innermethodischen " Hilfen, als sich auf Glaubensbekenntnisse verlassen zu müssen.
Ob säkuläre Vorannahmen oder "Glaubensbekenntnisse" - es ist funktional dasselbe. - Auch religiöse Vorannahmen haben ihre Plausibilitäten.
Nur zum Preis, dass du damit aus der historischen Forschung ausscheidest.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist also nicht so simpel, wie mancher Laie sich das vorstellt.
Es ist NIE simpel. - In Deinem Zitat wird gut erklärt, wie die HKM-Plausibilitäts-Kriterien funzen. - Andere können erklären, wie andere Plausibilitäöts-Kriterien funzen.
Welche denn? Es gibt keine. :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#330 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Fr 23. Mär 2018, 13:55

sven23 hat geschrieben:X-beliebig war er sicher nicht. Jeder Sektenguru muss ein gewisses Charisma haben
Also princeps inter pares. - Aber das "pares" stimmt eben nicht - Jesus war kein "Gleicher", WENN er göttlich war.

sven23 hat geschrieben:Wir tun nicht nur so, sondern das ist so aufgrund allgmeiner Erfahrung. Wie du inzwischen weißt, gibt es für religiöse Texte keine Sonderbehandlung.
In der HKM ist das so. - Aber das sagt doch nichts darüber aus, ob das der richtige Ansatz ist, um die Bibel-Inhalte angemessen zu interpretieren.

sven23 hat geschrieben:Nein, die Forschung geht immer noch davon aus, dass ältere Texte näher am Original sind.
WELCHES Original? Die denkbar erste Textquelle oder Jesus? - Im ersten Fall hast Du aller Erfahrung nach recht, im zweiten wahrscheinlich nicht.

sven23 hat geschrieben:Doch, in Bezug auf den historischen Jesus. Um den geht es nun mal in der historischen Jesusforschung.
Das ist ein frommer Wunsch. Denn mit dem Kurzschluss "Älteste Quelle setzen wir gleich mit dem Original Jesus" wird etwas postuliert, was genauso gut falsch sein kann. - Vergiss nicht das Motiv der heilsgeschichtlichen ERkenntnis-Entwicklung - diese kann in der HKM bauartbedingt gar nicht vorkommen.

sven23 hat geschrieben:Es geht vor allem um ein theologisches/glaubensideologisches Konzept, das man durchziehen will. Die historische Wahrheit tritt dabei in den Hintergrund.
Plappere doch nicht schon wieder Deinen Sermon runter, sondern sieh einmal die Sachfrage, die dahinter steht. - Solche Fragen kann man nicht mit Verschwörungs-Theorien beantworten.

sven23 hat geschrieben: Du bist es doch, der meint, man wechselt mal eben die Hermenutik und kommt schwups di wups zu Ergebnissen, die einem besser ins glaubensideologische Konezpt passen.
Verwechsele bitte nicht meine Meinung mit Deinen Verschwörungs-Theorien - ich bin da außen vor.

sven23 hat geschrieben:Mehr geht doch gar nicht.
Davon abgesehen, dass bei anderen Vorgehensweisen mehr gehen könnte: Selbst wenn nicht mehr ginge, muss man sich darüber klar sein, dass man komplett falsch liegen kann, da man nur seine methodischen Ergebnisse erzielen kann und nur sehr bedingt feststellen kann, ob der gewählte methodische Ansatz zielführend in Bezug dessen ist, was wirklich der Fall war.

sven23 hat geschrieben:Was erwartest du, wenn man wissenschaftlich ermittelte Ergebnisse mit glaubensbasierten Ergebnissen vergleicht?
Du stolperst ständig über Deine eigenen Irrtümer.

sven23 hat geschrieben:Davon abgesehen, kennt die Forschung doch die Unterschiede, denn sie unterscheidet ja gerade zwischen historischem Geschehen und biblischer Überlieferug.
Nein - sie unterscheidet zwischen dem, was sie historisch für wahr hält und was davon in der biblischen Rezeptionsgeschichte abweicht. - Das hat nur bedingt etwas mit ontisch-historisch ("das, was wirklich der Fall war") zu tun.

sven23 hat geschrieben:Jeder kann das mal selbst in seinem Umfeld überprüfen. Die Ergebnisse sind weitgehend nicht bekannt.
Das gilt doch für alle ERgebnisse theologischer Disziplinen - Du ahnst nicht, wie niedrig das Verständnis-Niveau in einem säkularisierten Volk ohne Ausbildung ist. - Wenn, dann müsste man kanonische, kerygmatische und historisch-kritische Ergebnisse gegenüberstellen und diskutieren. - Wie gesagt: Das kann man allenfalls in einem Leistungskurs machen - und ganz nebenbei: Die Qualität der Theologen ist oft auch nicht gerade berauschend - das gilt übrigens auch für andere Fächer, in denen es um Grundsatzfragen geht.

sven23 hat geschrieben:Es gab kein Wahlrecht oder Glaubensvorbehalt.
INNERHALB der Kirche, also NACH dem Glaubensentscheid, ist das so - für alle anderen ist es NICHT so. - Hier wäre die (ganz andere) Frage, wie man eigentlich mit Lehr-Wahrheiten umgehen sollte: Verordnet man sie oder lässt man die Leute selber drauf kommen - das Problem: Diese Lehrwahrheiten sind so komplex begründet, dass man sich sehr lange mit beschäftigen muss, um selber drauf zu kommen - mit Meinungs-Gesellschafts-Attitüden ist es hier nicht getan.

sven23 hat geschrieben: Janina hat darauf hingewiesen, dass Wissenschaft ergbnisoffen sein muss.
Das ist nicht das Problem: Die Kanonik ist innerhalb ihres Annahme-Korridors genauso ergebnisoffen wie die HKM - beide wissen nicht, was rauskommt. - Aber eben nur im Rahmen ihres jeweiligen Korridors.

sven23 hat geschrieben:Was hat die historisch-kritische Methode mit Naturwissenschaft zu tun?
Es hat damit zu tun, ob man "Wissenschaft" nur nach den Kriterien der Naturwissenschaft verstehen darf.

sven23 hat geschrieben:Willst du auch noch absteiten, dass die historisch-kritische Methode wissenschftlichen Ansprüchen genügt?
Nein - aber Janina tut es aus Sicht der naturwissenschaftlichen Wissenschafts-Standards. - Deshalb: Was ist "Wissenschaft"?

sven23 hat geschrieben:Dann sägst du der Theologie auch noch den stärksten Ast ab, der ihren Verbleib an den Universitäten rechtfertigt.
Auch nein. - Die Theologie hängt nicht davon ab, welche Wissenschafts-Theorie gerade obenauf ist - das ist nur DEIN Thema, das von denen, die Du als Betroffene siehst, nicht einmal bemerkt wird.

sven23 hat geschrieben:Dann sollte man auch Sachergebnisse wie die Naherwartung nicht durch hermeneutische Vergewaltigung ins Gegenteil verkehren.
Falsche Setzung: Es ist eine falsche Setzung, wenn man "Naherwartung" (in Deinem Verständnis) als "Sachergebnis" bezeichnet, wo es doch gerade ein hermeneutisch-interpretatives Ergebnis ist. - Niemand verkehrt wirkliche und neutrale Sachergebnisse per Hermeneutik ins Gegenteil - und wenn es geschähe, würde dies innerhalb der Disziplin, in der es geschieht, sofort bemerkt werden.

sven23 hat geschrieben:Der Weg, auf dem sie zu ihrem Ziel gelangt, ist ihr genauso wichtig wie das Ziel - oft sogar noch wichtiger.
No comment.

sven23 hat geschrieben:Und davon, dass die Methodik wichtiger sei, als die Wahrheit, spricht er erst recht nicht.
Tut mir leid - aber diesen Satz kann man in Millisekunden verstehen - allerdings auch hier: Je nach interpretativer Hermeneutik.

Ich lese hier: Der Weg ist im Zweifelsfall wichtiger als das Ziel selbst. - So - was ist der Weg: Die methodische Untersuchung. - Was ist das Ziel: Die Ergebnisse. - Was sind Ergebnisse? Im Idealfall das Beschreiben dessen, was der Fall ist/war. - Wie nennt man das, was der Fall ist? Wahrheit. - In anderen Worten: Für die Wissenschaft ist die methodische Disziplin im Zweifelsfall wichtiger als die Wahrheit.

Das ist keine krude Behauptung meinerseits, sondern eine Selbstverständlichkeit innerhalb der Wissenschaft. - Wissenschaft untersucht auf einem selbstgewählten Weg (Methodik oder Modell - ist nicht dasselbe, passt hier aber zusammen). Wenn die methodischen Ergebnisse daraus experimentell widerlegt werden, ändert man die MEthodik/das Modell (je nach dem). - Die HKM kann aber nicht experimentell überprüfen - also muss sie auf ihrem Weg bleiben, den sie dann auch einhalten muss. - Das ist normal.

Umso wichtiger ist es, sich mit anderen Wegen auszustauschen ("Was kommt bei Euch raus?") - dies dadurch abzuwürgen, indem man sich ideologisch oder intellektuell kurzatmig zur einzig geeigneten Methodik erklärt, ist - Du würdest jetzt sagen: - unredlich und laienhaft. - Und weil Theißen dies NICHT ist, sagt er seinen Satz.

sven23 hat geschrieben:Warum ist die kanonische Exegese nicht in der historischen Forschung zu gebrauchen?
Genau dieselbe Antwort: Weil die historische Forschung auf Sachebene apriorifrei sachlich-neutrale Ergebnisse ermittelt ("Dieser Schädel stammt aus ca. 40.000 v.Chr."/"Dieser Brief von Caesar wurde zwischen dem Jahr 60 und 55 v.Chr erstellt"/"Ausgrabungen in Südengland zeigen, dass die einheimischen Truppen gegen Caesar weit kleiner waren, als es Caesar in seinen Aufzeichnungen angibt").

Darauf kann man hermeneutische Interpretationen aufsetzen: "Die Umstände in Rom waren zu dieser Zeit so, dass Caesar Widerstand hatte, seine eigenen Truppen zu vergrößern - dies lässt plausibel erscheinen, dass er deshalb bei der Feindeszahl übertrieben hat, um mehr eigene Truppen bewilligt zu bekommen".

Die Kanonik setzt im wesentlichen erst auf der hermeneutischen Stufe ein, weshalb sie auf der sach-neutralen Ebene überhaupt keine Dienste leisten kann. - Wieso auch? Die reinen Sachergebnisse holt sie sich doch genau dort ab. - Die Kanonik wird erst auf hermeneutischer Ebene (Stufe 2) zur HKM-Konkurrenz - aber da zu einer starken Konkurrenz.

sven23 hat geschrieben: an die ontische Realität kommt man nur mit historischer Forschung ran.
Dieser Satz ist sachlich falsch - ein Postulat, ein Wunsch, eine Setzung, aber willkürlich. - Immer vor dem Hintergrund, dass Du "historisch" hier methodisch meinst.

sven23 hat geschrieben:Nur zum Preis, dass du damit aus der historischen Forschung ausscheidest.
Aber nicht aus der Forschung dessen, was damals wirklich war. - Natürlich scheidet man aus der historisch-methodischen Forschung aus - bzw: Sogar das ist falsch, weil man nie drin war und nie drin sein wollte. - Man hat einen ANDEREN Ansatz zur Ermittlung dessen, was der Fall war.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:

sven23 hat geschrieben:
Es ist also nicht so simpel, wie mancher Laie sich das vorstellt.

Es ist NIE simpel. - In Deinem Zitat wird gut erklärt, wie die HKM-Plausibilitäts-Kriterien funzen. - Andere können erklären, wie andere Plausibilitäöts-Kriterien funzen.


Welche denn? Es gibt keine.
Auch dies ist wieder eine streng ideologische Aussage, im milderen Fall eine offensic-hermeneutische Aussage.

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