Alles Teufelszeug? IX

closs
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#251 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Mo 19. Mär 2018, 11:11

Münek hat geschrieben:Und - dieses Johannesevangelium bildet die Grundlage für Ratzingers Christologie. Das muss man sich mal reinziehen. Man ahnt,
weshalb Ratzi die ehrbare wissenschaftlich-historische Auslegungsmethode in die Nähe des Antichristen rückt.
Das geht jetzt Deinerseits Richtung Verschwörungstheorie - so einfach ist es einfach nicht.

Dass die Texte später als Johannes sind, darf man glauben (obwohl auch dazu hier im Forum schon Zweifel zitiert wurden). Aber das sagt nichts darüber aus, ob sich der SChreiber irgendwelcher Quellen bediente, die WIR nicht kennen. - Viel wichtiger: Entscheidend ist, ob die Texte geistig dem entsprechen, was Jesus gemeint hat.

Das heißt: Ratzinger lehnt sich unnötig weit raus, wenn er den Eindruck erweckt, es MÜSSE von Johannes selbst sein (falls er das überhaupt tut - da müsste man wieder mal seine Texte im Kontext lesen). - Denn heilsgeschichtlich entscheidend ist, ob ein Text mit dem geistig zusammenpasst, was Jesus wollte - und genau das kann die HKM mit ihrer Methodik nicht ermitteln.

Münek hat geschrieben:es existiert weit und breit kein "hermeneutisches Problem"
NAtürlich gibt es das innerhalb der HKM weitgehend nicht - aber genau um die Frage "innerhalb" und "außerhalb" geht es doch.

Münek hat geschrieben:Dieser historisch-wissenschaftlichen Erkenntnis stehen unterschiedliche glaubensbasierte Gegenmeinungen gegenüber
Diese Gegenüberstellung ist falsch: "Wissenschaftlich" in Deinem Sinne ist nichts anderes als das, was die HKM aus den Texten mit IHRER Hermeneutik ermittelt - ob das wahr oder falsch ist, ist damit doch nicht ausgesagt.

Und: Natürlich meint Jesus "Gottesherrschaft" "real" im Sinne von "in der Welt" - aber doch nicht so, dass Gott samt Entourage auf die ERde kommt und in Jerusalem anstelle von Pilatus und Co einzieht - es geht NICHT um eine weltliche, "politische" Herrschaft. - So ist "basilea" nicht gemeint.

Münek hat geschrieben: Für ihn ist es fundamental, dass z.B. Jesus von der römischen Besatzungsmacht nicht "geistig", sondern tatsächlich am Kreuz zu Tode wurde.
Richtig - wichtige heilsgeschichtliche Dinge sind aus christlicher Sicht als historisch anzusehen - auch etwa die "leibliche Auferstehung". - Aber dazu kann die HKM eh nichts sagen, da nicht-falsifizierbar.

Münek hat geschrieben:Muss man ja nicht. Dass Du es machst, ist lediglich ein Zeichen Deiner persönlich-laienhaften Einstellung.
Jetzt möchte ich doch einmal auf das Wort "laienhaft" reagieren: Richtig - wir ALLE sind hier Laien - und dass ich es ebenfalls bin, weiß ich. - Aber mit diesem Wort kann man nicht von eigenen Mängeln im Grundverständnis ablenken.

Einer dieser Mängel ist, "Prämisse einer Hermeneutik" mit "Wissenschaft" in Verbindung zu bringen - falsch. - "Die Wissenschaft" untersucht einen Text sachlich - am besten mit der HKM. - Punkt. - Völlig unabhängig davon lautet die nächste Frage: "Mit welcher Hermeneutik interpretiere ich jetzt?". - HIER das Sachergebnis - DA die Frage: Was interpretieren wir DARAUS - also aus dem Sachergebnis.

Wenn man ideologisch nicht total betäubt ist, erkennt man, dass es VERSCHIEDENE Hermeneutiken geben kann - etwa: "Was bedeutet dieser Text auf Basis der Sachauslegung,
a) wenn Jesus ein ganz normaler Mensch und sonst nichts war und man ihn deshalb so untersuchen kann wie Caesar oder Pilatus?
b) wenn man einen naturalistischen Wirkungszusammenhang der Geschichte zugrunde legt?
c) wenn man "Wunder" prinzipiell für historisch möglich hält?
d) wenn Jesus göttlich wäre?

Du wirst feststellen, dass DERSELBE Text in sachlich-neutraler Auslegung unter diesen unterschiedlichen Bedingungen Unterschiedliches bedeutet/bedeuten kann. - "(Sach-) Wissenschaft" und "(interpretative) Glaubens-Hermeneutik" sind also KEIN Gegensatz - im Gegenteil: Das eine folgt auf das andere.

Münek hat geschrieben:Deshalb sollte um der Wahrheit willen immer zuerst die Plausibilität und Evidenz der vorgetragenen Setzung streng hinterfragt werden.
"Plausibilität und Evidenz" sind hermeneutische und nicht absolute Größen - mit anderen Worten: Dein Satz klingt nach Zirkelreferenz, weil Du vermutlich DEINE Hermeneutik unterlegst und diese dann an ihr selber misst.

Münek hat geschrieben:Deine Behauptung ist falsch, weil die katholische Kirche in ihrem Weltkatechismus ihren Schäfchen es als göttlich offenbarte Wahrheit darstellt, dass zu Beginn der Menschheitsgeschichte durch den freiwilligen Ungehorsam des Stammelternpaares Adam und Eva - verur-
sacht durch die bösartigen Einflüsterungen eines abgefallenen Engels - die Sünde und damit der Tod in die Welt gekommen ist.
Geistig stimmt das ja auch - aber eben nicht naturalistisch (sagt die RKK - Kreationisten meinen es anders).

Münek hat geschrieben:Nö - der von Ratzinger den Exegeten abverlangte Glaubensentscheid geht jeglicher Methode voraus. Glaubensbasierte Hermeneutik und Exegese kommen erst NACH der Glaubensprämisse. Man beachte die Reihenfolge.
Falsch. - Wenn Du 1993 und 2006 zusammennimmst, heißt dies: "Jetzt macht Ihr mal Eure HKM, damit wir eine sachlich-neutrale Grundlage haben - Ihr könnt darauf zur Interpretation auch Eure Hermeneutik setzen, aber wir steigen nach der sachlich-neutralen Phase aus".

Nun hat Ratzinger 1993 vermutlich gemeint, die HKM-Hermeneutik durch seine vatikanische Akzeptanz einfangen zu können ("Leute, Ihr seid Teil der Theologie und auch in der Theologie anerkannt - also bitte keine atheistischen Hermeneutiken"). - Aber da hat er sich offenbar getäuscht - deshalb sein Ausbruch 2006.

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sven23
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#252 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Mo 19. Mär 2018, 16:26

closs hat geschrieben: Dass die Texte später als Johannes sind, darf man glauben (obwohl auch dazu hier im Forum schon Zweifel zitiert wurden)
Das braucht man nicht zu glauben, das ist ziemlich gesichert. Das sog. Johannesevangelium entält kaum authentische Jesusworte. Woher auch ohne neue Quellen? Es gilt als weitgehend freie Erzählung ohne historischen Bezug. Der Vergottungsprozess ist hier am weitesten fortgeschritten. Wohl ein Grund, warum es zu Ratzingers Lieblingsevangelium zählt.
Übrigens lobt auch Kubitza einige schöne Passagen im Johannesevangelium, auch wenn sie nichts mit Jesus zu tun haben.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dieser historisch-wissenschaftlichen Erkenntnis stehen unterschiedliche glaubensbasierte Gegenmeinungen gegenüber
Diese Gegenüberstellung ist falsch: "Wissenschaftlich" in Deinem Sinne ist nichts anderes als das, was die HKM aus den Texten mit IHRER Hermeneutik ermittelt - ob das wahr oder falsch ist, ist damit doch nicht ausgesagt.
Es kommt immer auf die Hermenutik an.
Will man den historischen Jesus rekonstruieren oder das spätere christliche Glaubenskonstrukt bestätigt sehen?

closs hat geschrieben: Und: Natürlich meint Jesus "Gottesherrschaft" "real" im Sinne von "in der Welt" - aber doch nicht so, dass Gott samt Entourage auf die ERde kommt und in Jerusalem anstelle von Pilatus und Co einzieht - es geht NICHT um eine weltliche, "politische" Herrschaft. - So ist "basilea" nicht gemeint.

Hatten wir alles auch schon x-mal.

Die Naherwartung Jesu: Durch die Zeichen, die Jesus wirkt, ist die Wahrheit seiner Ankündigung, ist die Nähe des Reichs verbürgt. Aus den Gegenwartsaussagen geht die Nähe als potenzierte Naherwartung hervor. Das 'Schon' des ankommenden Gottesreichs ist nur dann als eschatologischer Vollzug zu verstehen, wenn die Basileia alsbald als endgültiger Heilszustand immerwährendes Präsenz sein wird. Durch das in Jesus anhebende Kommen der Gottesherrschaft ist Jesu Zukunftserwartung Naherwartung (XVIf).
Nimmt man den proklamativen Charakter der Basileia-Ansage hinzu, der sich aus der Nähe der Ereignisse ergibt, sowie das keine Zwischenräume mehr zulassende Motiv der Plötzlichkeit der Gerichtspredigt Jesu (Lk 17,24.27.29;  21,35), so ist der Schluss unvermeidlich, dass Jesus sich die Nähe massiv zeitlich vorgestellt hat. Jesus erhofft nicht die Nähe der Gottesherrschaft, sondern er ist sich ihrer Nähe so absolut gewiss, dass er sie proklamiert. Nur weil das Gastmahl (Lk 14,15ff) schon bereit ist, ergeht die Einladung so dringlich und wirkt sie sich so fatal aus für diejenigen, die sie ausschlagen. Angespannte eschatologische Wachsamkeit über mehrere Generationen hin zu fordern, ist in sich widersinnig. Bei Jesus, wo das Motiv der Plötzlichkeit seinen ursprünglichen Sitz hatte, stand eine Naherwartung im Hintergrund, die das Ende noch innerhalb der jetzt lebenden Generation erwartete (XVIII).

Erich Grässer


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Muss man ja nicht. Dass Du es machst, ist lediglich ein Zeichen Deiner persönlich-laienhaften Einstellung.
Jetzt möchte ich doch einmal auf das Wort "laienhaft" reagieren: Richtig - wir ALLE sind hier Laien - und dass ich es ebenfalls bin, weiß ich. - Aber mit diesem Wort kann man nicht von eigenen Mängeln im Grundverständnis ablenken.
Es ist keine Schande, ein Laie zu sein. Man sollte aber die Bereitschaft zeigen, etwas dazu zu lernen. Diese ist bei dir nicht erkennbar.


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Deshalb sollte um der Wahrheit willen immer zuerst die Plausibilität und Evidenz der vorgetragenen Setzung streng hinterfragt werden.
"Plausibilität und Evidenz" sind hermeneutische und nicht absolute Größen - mit anderen Worten: Dein Satz klingt nach Zirkelreferenz, weil Du vermutlich DEINE Hermeneutik unterlegst und diese dann an ihr selber misst.
Selten so einen Unfug gehört.
Und dann wunderst du dich, dass man dir Laienhaftigkeit vorwirft? :roll:

closs hat geschrieben: Nun hat Ratzinger 1993 vermutlich gemeint, die HKM-Hermeneutik durch seine vatikanische Akzeptanz einfangen zu können ("Leute, Ihr seid Teil der Theologie und auch in der Theologie anerkannt - also bitte keine atheistischen Hermeneutiken"). - Aber da hat er sich offenbar getäuscht - deshalb sein Ausbruch 2006.
Nein, Ratzinger war der irrigen Meinung, die historisch-kritische Methode vordergründig loben zu können und gleichzeitig durch die HIntertür Glaubensbekenntniss einschmuggeln zu können. Das konnte man ihm nicht durchgehen lassen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#253 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Mo 19. Mär 2018, 17:02

sven23 hat geschrieben:Will man den historischen Jesus rekonstruieren oder das spätere christliche Glaubenskonstrukt bestätigt sehen?
Was ist Dir lieber? Sowohl als auch oder weder noch? - Man will den WIRKLICHEN Jesus rekonstruieren und sucht dazu eine passende Hermeneutik.

Zur Beschreibung historischer Umstände und Glaubensformen der Zeit ist die HKM sicherlich richtig - will man Jesus geistig ermitteln, ist die HKM nicht geeignet. - Es kommt drauf an, was man will.

sven23 hat geschrieben:Hatten wir alles auch schon x-mal.
Grässers Zitat ist doch keine Antwort - wenn man es neutral liest, können sowohl Kubitza als auch Ratzinger zustimmen. Auch hier ist die Frage, wie man es interpretiert.

sven23 hat geschrieben:Man sollte aber die Bereitschaft zeigen, etwas dazu zu lernen. Diese ist bei dir nicht erkennbar.
Du wirst Dich wundern: Ich habe von Euch schon viel über Denkweisen des 21. Jh. gelernt - da ist mir viel klar geworden. - Davon abgesehen besteht das Problem darin, dass das, was Du unter "Dazu-Lernen" buchst, in der Regel ein Rückschritt ist.

Wenn Du erwartest, dass man sachlich-neutrale Ergebnisse mit säkularer Hermeneutik gleichsetzt, dann ist dies eine Kapitulation vor jedem Anspruch, die Bibel gemäß Apg. 8,30 zu verstehen. - Unsere Auffassungen, was Fortschritt und Rückschritt ist, sind diametral.

sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Münek hat geschrieben:
Deshalb sollte um der Wahrheit willen immer zuerst die Plausibilität und Evidenz der vorgetragenen Setzung streng hinterfragt werden.

"Plausibilität und Evidenz" sind hermeneutische und nicht absolute Größen - mit anderen Worten: Dein Satz klingt nach Zirkelreferenz, weil Du vermutlich DEINE Hermeneutik unterlegst und diese dann an ihr selber misst.


Selten so einen Unfug gehört.
Und dann wunderst du dich, dass man dir Laienhaftigkeit vorwirft? :roll:
Siehst Du: Hier geht es um eine ganz wichtige Grundlagen-Erkenntnis, die Du
a) als Unfug zurückweist, und das auch noch
b) auf meine Kosten.

Das stört mich echt nicht - wirklich. Das macht man heute halt so. - Aber es ist intellektuell eine Katastrophe. - Wenn Du nicht erkennst, dass Begriffe wie Plausibilität (wie auch "Wahrscheinlichkeit") system-/hermeneutik-INTERNE Größen sind, sich also an sich selbst messen, dann bleibst Du in den Startlöchern.

sven23 hat geschrieben:Nein, Ratzinger war der irrigen Meinung, die historisch-kritische Methode vordergründig loben zu können und gleichzeitig durch die HIntertür Glaubensbekenntniss einschmuggeln zu können.
Das sind unnötige Verschwörungstheorien - es ist viel einfacher:

Ratzinger hat die HKM als unverzichtbare sachlich-neutrale Disziplin gesehen, auf der man im nächsten Schritt seine Hermeneutik setzt ("Wie sind diese neutralen Sachergebnisse zu verstehen?"). - Er hat vermutlich nichts dagegen gehabt, dass die HKM selbst eine eigene Hermeneutik auf ihre Sachebene draufsetzt - aber schon, wenn diese Hermeneutik dominant wird. Und da kam eben seine Alternative.

Die kanonische Exegese ist KEINE Konkurrenz auf Sachebene, sondern nur auf hermeneutischer Ebene.

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sven23
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#254 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Mo 19. Mär 2018, 18:23

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Will man den historischen Jesus rekonstruieren oder das spätere christliche Glaubenskonstrukt bestätigt sehen?
Was ist Dir lieber? Sowohl als auch oder weder noch? - Man will den WIRKLICHEN Jesus rekonstruieren und sucht dazu eine passende Hermeneutik.
Nein, man will den von Legenden überwucherten Mythos bestätigt sehen und wählt dazu eine glaubensbasierte Exegese. Die Ziele der Hermeneutik liegen auf der Hand.
Mit dem historischen Jesus hat das herzlich wenig zu tun.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Hatten wir alles auch schon x-mal.
Grässers Zitat ist doch keine Antwort - wenn man es neutral liest, können sowohl Kubitza als auch Ratzinger zustimmen. Auch hier ist die Frage, wie man es interpretiert.
Ratzinger mit Sicherheit nicht, wie du inzwischen wissen solltest. Es kann nur an deinem Unvermögen liegen, Texte zu verstehen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man sollte aber die Bereitschaft zeigen, etwas dazu zu lernen. Diese ist bei dir nicht erkennbar.
Du wirst Dich wundern: Ich habe von Euch schon viel über Denkweisen des 21. Jh. gelernt - da ist mir viel klar geworden. - Davon abgesehen besteht das Problem darin, dass das, was Du unter "Dazu-Lernen" buchst, in der Regel ein Rückschritt ist.
Aber nur, weil du die falsche Hermeneutik hast. :lol:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Deshalb sollte um der Wahrheit willen immer zuerst die Plausibilität und Evidenz der vorgetragenen Setzung streng hinterfragt werden.
"Plausibilität und Evidenz" sind hermeneutische und nicht absolute Größen - mit anderen Worten: Dein Satz klingt nach Zirkelreferenz, weil Du vermutlich DEINE Hermeneutik unterlegst und diese dann an ihr selber misst.
Selten so einen Unfug gehört.
Und dann wunderst du dich, dass man dir Laienhaftigkeit vorwirft? :roll:
Siehst Du: Hier geht es um eine ganz wichtige Grundlagen-Erkenntnis, die Du
a) als Unfug zurückweist, und das auch noch
b) auf meine Kosten.
Das stört mich echt nicht - wirklich. Das macht man heute halt so. - Aber es ist intellektuell eine Katastrophe. - Wenn Du nicht erkennst, dass Begriffe wie Plausibilität (wie auch "Wahrscheinlichkeit") system-/hermeneutik-INTERNE Größen sind, sich also an sich selbst messen, dann bleibst Du in den Startlöchern.
Das kennen wir doch schon. Alles, was dir nicht in den Kram paßt, wird zur "systeminternen Größe" erklärt und damit meinst du, dich abseilen zu können. Dazu hat dir Thaddäus schon die Leviten gelesen. Leider ohne Erfolg, wie man sieht.
Münek gibt sich große Mühe mit einer Engelsgeduld. Aber du machst einfach keine Fortschritte. :roll:
Ps. wir verlangen ja nicht, dass du vom Glauben abfällst, aber du mußt doch inzwischen die Basics kapiert haben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, Ratzinger war der irrigen Meinung, die historisch-kritische Methode vordergründig loben zu können und gleichzeitig durch die HIntertür Glaubensbekenntniss einschmuggeln zu können.
Das sind unnötige Verschwörungstheorien - es ist viel einfacher:
Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern ein Faktum, das die Forschung mit Recht angeprangert hat. Da gibt es nichts schön zu reden.

https://www.bibelwerk.de/sixcms/media.p ... stbuch.pdf

closs hat geschrieben: Die kanonische Exegese ist KEINE Konkurrenz auf Sachebene, sondern nur auf hermeneutischer Ebene.
Sie ist überhaupt keine Konnkurrenz für die Forschung, weil sie nicht auf wissenschaftlicher Ebene arbeitet, sondern auf glaubensideologischer.
Schlimm wird es, wenn es zu Übergriffigkeiten in die historische Forschung kommt. Aber dort weiß man sich zu wehren.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Münek
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#255 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Mo 19. Mär 2018, 19:02

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Will man den historischen Jesus rekonstruieren oder das spätere christliche Glaubenskonstrukt bestätigt sehen?
Was ist Dir lieber? Sowohl als auch oder weder noch?
Die historisch-kritische Exegese versucht durch methodisch-wissenschaftliches Vorgehen, auf der Grundlage der zur Verfügung stehen-
den Quellen den HISTORISCHEN Jesus so gut es geht zu rekonstruieren. Mit einem auf der Erde wandelnden Halbgott, dem Christus des Glaubens, kann sie sich als wissenschaftliche Diziplin nicht abgeben.


Was sie allerdings untersuchen kann, ist die Frage, ob sich Jesus selbst nach den Quellen als präexistenter eingeborener Sohn Gottes, als himmlisches Wesen, als Teil einer göttlichen Trinität angesehen hat. Diese Frage wird in der Exegese einhellig verneint.

closs hat geschrieben:Man will den WIRKLICHEN Jesus rekonstruieren und sucht dazu eine passende Hermeneutik. Zur Beschreibung historischer Umstände und Glaubensformen der Zeit ist die HKM sicherlich richtig - will man Jesus geistig ermitteln, ist die HKM nicht geeignet.
Klar will man den "wirklichen" Jesus rekonstruieren. ABER - der MUSS auf jeden Fall "göttlich" sein. Da führt kein Weg dran vorbei.

:lol: :lol: :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Hatten wir alles auch schon x-mal.
Grässers Zitat ist doch keine Antwort - wenn man es neutral liest, können sowohl Kubitza als auch Ratzinger zustimmen. Auch hier ist die Frage, wie man es interpretiert.
Du wirst es nicht glauben, aber die Kommentierung des Exegeten Grässer IST bereits Textinterpretation. Und jetzt wären Theologen gefragt, Grässers Argumente sachlich zu widerlegen. Aber da herrscht bekanntlich beredtes Schweigen im Walde.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man sollte aber die Bereitschaft zeigen, etwas dazu zu lernen. Diese ist bei dir nicht erkennbar.
Du wirst Dich wundern: Ich habe von Euch schon viel über Denkweisen des 21. Jh. gelernt - da ist mir viel klar geworden.
Es geht doch überhaupt nicht um Denkweisen.

Sven meinte, Du solltest Dir mal für ein paar Euros ein Exegese-Lehrbuch anschaffen, wie es von Theologiestudenten benutzt wird, um Dir das Grundwissen über die historisch-kritischen Exegese anzueignen. Dass da bei Dir teilweise erhebliche Wissenslücken vorliegen, beweist Du immer wieder.


closs hat geschrieben:Wenn Du erwartest, dass man sachlich-neutrale Ergebnisse mit säkularer Hermeneutik gleichsetzt, dann ist dies eine Kapitulation vor jedem Anspruch, die Bibel gemäß Apg. 8,30 zu verstehen. - Unsere Auffassungen, was Fortschritt und Rückschritt ist, sind diametral.
Nein - die Glaubensvorstellungen der biblischen Autoren nachzuvollziehen und inhaltlich nach ihrem Wortsinn zu verstehen, ist für gestandene Theologieprofessoren ein Klacks. Es gehört allerdings nicht zu den Aufgaben der Exegeten als Wissenschaftler, zur Exis-
tenz oder Nichtexistenz Gottes explizit Stellung zu beziehen (= KEINE Setzung pro oder contra).


Warum Du diese simple Tatsache nicht zu kapieren scheinst, ist mir ein Rätsel.

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#256 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Mo 19. Mär 2018, 20:13

sven23 hat geschrieben:Nein, man will den von Legenden überwucherten Mythos bestätigt sehen und wählt dazu eine glaubensbasierte Exegese. Die Ziele der Hermeneutik liegen auf der Hand. Mit dem historischen Jesus hat das herzlich wenig zu tun.
Das ist nach wie vor falsch. - Es geht (übrigens auch der Kerygmatik) um den WIRKLICHEN Jesus, nur dass man dies nicht auf historischer Ebene darstellt.

sven23 hat geschrieben:Ratzinger mit Sicherheit nicht, wie du inzwischen wissen solltest. Es kann nur an deinem Unvermögen liegen, Texte zu verstehen.
Du spiegelst wieder. - Lies mal den Text mit den Augen Ratzingers - hermeneutisch ist er leicht so zu interpretieren, dass es passt.

sven23 hat geschrieben:Alles, was dir nicht in den Kram paßt, wird zur "systeminternen Größe" erklärt
Dazu gehört auch, was mir in den Kram passt. - Auch die theologischen Hermeneutiken sind davon betroffen.

sven23 hat geschrieben:wir verlangen ja nicht, dass du vom Glauben abfällst, aber du mußt doch inzwischen die Basics kapiert haben.
Genau auch mein Anliegen gegenüber Euch. - Der Unterschied, den ich zu meinen Gunsten sehe: Ich kann über-systemisch denken, habe also ein Bild, unter welchen Bedingungen Deine Argumentation richtig ist. - Dieses über-systemische Denken gebt Ihr nicht zu erkennen.

Münek hat geschrieben:Was sie allerdings untersuchen kann, ist die Frage, ob sich Jesus selbst nach den Quellen als präexistenter eingeborener Sohn Gottes, als himmlisches Wesen, als Teil einer göttlichen Trinität angesehen hat. Diese Frage wird in der Exegese einhellig verneint.
Auf Basis einer Methodik, die dem gerecht wird oder nicht - diesen Zusatz hast Du vergessen.

Münek hat geschrieben:Klar will man den "wirklichen" Jesus rekonstruieren. ABER - der MUSS auf jeden Fall "göttlich" sein. Da führt kein Weg dran vorbei.
Richtig - das ist die Hermeneutik, die man selbst nicht untersuchen kann, da sie nicht-falsifizierbar ist. - Andere untersuchen mit der Hermeneutik, dass Geschichte ein ungebrochen naturalistischer Wirkungszusammenhang ist - auch diese Hermeneutik kann man nicht untersuchen, sondern baut auf ihr seine Interpretation auf.

Das alles ist normal - allerdings sollte man die Trennlinie kennen, wo apriori-freie Sach-Untersuchung aufhört und hermeneutische Interpretation anfängt. Hier scheint es Schwierigkeiten zu geben.

Münek hat geschrieben:Und jetzt wären Theologen gefragt, Grässers Argumente sachlich zu widerlegen.
Wenn man diesen Text sachlich liest (ich hoffe nichts überlesen zu haben), gibt es nichts zu widerlegen - da passt auch Ratzinger rein.

Münek hat geschrieben:Es geht doch überhaupt nicht um Denkweisen.

Sven meinte, Du solltest Dir mal für ein paar Euros ein Exegese-Lehrbuch anschaffen, wie es von Theologiestudenten benutzt wird, um Dir das Grundwissen über die historisch-kritischen Exegese anzueignen.
Nach wie vor falsche Spur - wahrscheinlich bin der einzige von uns dreien, der jemals (allerdings auf literarischer Ebene) historisch-kritisch gearbeitet hat. - Es geht nicht um die Grundlagen der HKM, sondern um die Hermeneutiken, mit der sie interpretativ verarbeitet werden.

Münek hat geschrieben:Es gehört allerdings nicht zu den Aufgaben der Exegeten als Wissenschaftler, zur Existenz oder Nichtexistenz Gottes explizit Stellung zu beziehen (= KEINE Setzung pro oder contra).
Auf apriori-freier Ebene ist das doch unbestritten - wir reden über den zweiten Teil der HKM, die hermeneutisch-interpretative Ebene. - Und da wird Jesus so interpretiert, als sei er nur Mensch, selbst wenn es vorher nicht eigens gesagt wird. - Warum? Weil es die Struktur der HKM gar nicht anders zulässt.

Konkret: Würden die ältesten Quellen nur so wimmeln von "Jesus ist Gott" und "Jesus ist leiblich auferstanden", könnte die HKM NICHT zum ERgebnis kommen, dass Jesus göttlich war und leiblich auferstand, sondern nur feststellen, dass man das damals geglaubt hat. - Die Sache selbst wäre deshalb unmöglich, weil die HKM ein gutes Stück kritisch-rationalistisch angebunden ist und damit nur das als ERgebnis haben kann, was im Rahmen des methodischen Wegs möglich ist - egal, was wirklich war.

Münek hat geschrieben:Warum Du diese simple Tatsache nicht zu kapieren scheinst, ist mir ein Rätsel.
Vielleicht ist dieses Rätsel jetzt für Dich gelüftet.

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#257 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Mo 19. Mär 2018, 20:14

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Und - dieses Johannesevangelium bildet die Grundlage für Ratzingers Christologie. Das muss man sich mal reinziehen. Man ahnt, weshalb Ratzi die ehrbare wissenschaftlich-historische Auslegungsmethode in die Nähe des Antichristen rückt.
Das geht jetzt Deinerseits Richtung Verschwörungstheorie - so einfach ist es einfach nicht.
Doch - so einfach ist es. Ratzinger hält ja in seinem Jesusbuch mit seiner Einstellung nicht hinter dem Berg. Dem Johannesevangelium und seinem angeblichen Verfasser (= Lieblingsjünger Jesu) widmet er im Bd. 1 seines Buches in ganzes Kapitel. Kannste nachlesen.

closs hat geschrieben:Dass die Texte später als Johannes sind, darf man glauben (obwohl auch dazu hier im Forum schon Zweifel zitiert wurden). Aber das sagt nichts darüber aus, ob sich der SChreiber irgendwelcher Quellen bediente, die WIR nicht kennen. - Viel wichtiger: Entscheidend ist, ob die Texte geistig dem entsprechen, was Jesus gemeint hat.
Nein - entscheidend ist allein, ob die Worte und Reden Jesu im Johannesevangelium historisch sind und von ihm stammen oder Dichtungen/Eigenkompositionen/ Erfindungen des Evangelisten sind, die er Jesus wahrheitswidrig in den Mund gelegt hat.

closs hat geschrieben:Das heißt: Ratzinger lehnt sich unnötig weit raus, wenn er den Eindruck erweckt, es MÜSSE von Johannes selbst sein (falls er das überhaupt tut - da müsste man wieder mal seine Texte im Kontext lesen).
LESEN, Kurt - das kannst Du in Ratzingers Jesusbuch (Bd. 1, S. 260 - 281) nachlesen. Nur - Du musst das auch mal tun. Was hält Dich davon ab?

closs hat geschrieben:Denn heilsgeschichtlich entscheidend ist, ob ein Text mit dem geistig zusammenpasst, was Jesus wollte - und genau das kann die HKM mit ihrer Methodik nicht ermitteln.
Was Jesus wollte, ergibt sich ziemlich eindeutig aus seiner zentralen Botschaft an seine jüdischen Zeitgenossen. "Heilsgeschichte" wiederum ist ein Glaubensbegriff, mit dem seriöse Wissenschaft nicht anzufangen vermag.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:es existiert weit und breit kein "hermeneutisches Problem"
NAtürlich gibt es das innerhalb der HKM weitgehend nicht - aber genau um die Frage "innerhalb" und "außerhalb" geht es doch.
Habe ich doch geschrieben; Du hast es nur nicht zitiert. Ich schrieb: "...außer vielleicht bei Ratzinger und Berger - und primär bei dem "Großtheologen" closs."

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dieser historisch-wissenschaftlichen Erkenntnis stehen unterschiedliche glaubensbasierte Gegenmeinungen gegenüber
Diese Gegenüberstellung ist falsch:
Nein - sie ist richtig. Ich zähle die verschiedenen gläubigen Gottesreichsvorstellungen noch einmal auf. Gottes Reich/Gottesherrschaft ist:

1. Jesus in Person (Ratzinger), 2. in den Köpfen der Menschen (closs), 3. mit der Kirche identisch (Augustinus), 4. nach dem Weltgericht die Präsens Gottes auf der neuen Erde bei den Menschen (Offb. des Johannes).


closs hat geschrieben:Und: Natürlich meint Jesus "Gottesherrschaft" "real" im Sinne von "in der Welt" - aber doch nicht so, dass Gott samt Entourage auf die ERde kommt und in Jerusalem anstelle von Pilatus und Co einzieht - es geht NICHT um eine weltliche, "politische" Herrschaft. - So ist "basilea" nicht gemeint.
Wie denn dann?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Für ihn ist es fundamental, dass z.B. Jesus von der römischen Besatzungsmacht nicht "geistig", sondern tatsächlich am Kreuz zu Tode gebracht wurde.
Richtig - wichtige heilsgeschichtliche Dinge sind aus christlicher Sicht als historisch anzusehen.
Nee - ich denke, Ratzinger hat sich klar ausgedrückt, als er in seinem Jesusbuch (Bd. 1 S. 14) schrieb:

"Für den biblischen Glauben ist es wesentlich, dass er sich auf wirklich historisches Geschehen bezieht. Er erzählt nicht Geschichte als Symbole über geschichtliche Wahrheiten, sondern er gründet auf Geschichte, die sich auf dem Boden dieser Erde zugetragen hat. Das Factum historicum ist für ihn nicht eine auswechselbare symbolische Chiffre, sondern konstitutiver Grund."


Wie Du siehst, hat Ratzi - im Gegensatz zu Dir - mit "Chiffren" nichts im Sinn .

closs hat geschrieben:auch etwa die "leibliche Auferstehung". - Aber dazu kann die HKM eh nichts sagen, da nicht-falsifizierbar.
Die Auferweckung Jesu ist allein Gegenstand des persönlichen Glaubens. Damit hat wissenschaftliche Exegese bekanntlich nichts am Hut.

closs
Beiträge: 39690
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#258 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Mo 19. Mär 2018, 21:32

Münek hat geschrieben: entscheidend ist allein, ob die Worte und Reden Jesu im Johannesevangelium historisch sind
Nein - letztlich ist entscheidend, ob sie im Geiste des wirklichen Jesus sind. - Wenn Du heute etwas im Geiste Jesus sagst, ist es valenter, als wenn einer 50 n.Chr. Jesus falsch versteht. - Da gilt die Regel "je älter, desto authentischer" nicht.

Münek hat geschrieben:LESEN, Kurt - das kannst Du in Ratzingers Jesusbuch (Bd. 1, S. 260 - 281) nachlesen.
Schon wieder? - Dann guckst Du:
S. 261 Papyrus-Funde 1. Jh.
S. 262 Bultmann = hohe Wissenschaftlichkeit schützt nicht vor tiefgehenden Irrtümern
S. 266 Neben Hengel die Nennung von Namen der neueren Exegetik mit anderen ERgebnissen als Bultmann
S. 266 ff etc.

Zusammenfassung:
Ratzinger verweist auf Forschungs-Daten und verargumentiert selber, warum das johanneische Evangelium besonders authentisch sei - und lässt durchblicken, dass dies Ergebnis der NEUEREN Exegese (im Gegensatz zur bultmannschen) Exegese sei.

Natürlich können wir das beide nicht beurteilen - dazu müssten wir jetzt für 4 Jahre abtauchen und Theologie auf breiten Schultern studieren. - Aber einfach zu sagen, Ratzinger sei debil, glaubensdogmatisch, unwissenschaftlich, ist laienhaftes Schlussfolgern aus ERgebnissen, die seit den 40er jahren (Bultmann) produziert wurden, aber nicht wahr sein müssen.

Münek hat geschrieben:"Heilsgeschichte" wiederum ist ein Glaubensbegriff, mit dem seriöse Wissenschaft nicht anzufangen vermag.
Falsch. - "Heilsgeschichte" ist ein Begriff, der nicht in die Methodik der historisch-kritischen Exegese passt. - Natürlich kann man auch unter heilsgeschichtlichen Gesichtspunkten auslegen.

Münek hat geschrieben:Ich zähle die verschiedenen gläubigen Gottesreichsvorstellungen noch einmal auf.
Das ist nicht das Problem - Deine Gegenüberstellung "historisch-wissenschaftlich" und "glaubensbasiert" ist das Problem. - Hinnehmbar wäre "historisch-kritisch mit Hermeneutik A" versus "( meinetwegen) kerygmatisch mit Hermeneutik B". - Natürlich gibt es dann wesentliche Unterschiede in puncto Perspektiven - aber BEIDEN ist gemein, dass sie an der Wirklichkeit Jesu orientiert sind (welche automatisch historisch ist, selbst wenn man nicht ausdrücklich historisch-kritisch vorgeht).

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Und: Natürlich meint Jesus "Gottesherrschaft" "real" im Sinne von "in der Welt" - aber doch nicht so, dass Gott samt Entourage auf die ERde kommt und in Jerusalem anstelle von Pilatus und Co einzieht - es geht NICHT um eine weltliche, "politische" Herrschaft. - So ist "basilea" nicht gemeint.


Wie denn dann?
Als Nahsein und Dasein im Menschen und in der Welt. - Vorsicht: NICHT als psychologische Größe, sondern als Entität im Menschen. - Aber wie vermittelt man das in materialistischen Zeiten? - Und immer vor dem Hintergrund, dass "die Welt" unter der Herrschaft "des Fürsten" steht. - Also keine Totalübernahme durch Gott, sondern die Präsenz Gottes.

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Münek hat geschrieben:
Für ihn ist es fundamental, dass z.B. Jesus von der römischen Besatzungsmacht nicht "geistig", sondern tatsächlich am Kreuz zu Tode gebracht wurde.

Richtig - wichtige heilsgeschichtliche Dinge sind aus christlicher Sicht als historisch anzusehen.


Nee - ich denke, Ratzinger hat sich klar ausgedrückt, als er in seinem Jesusbuch (Bd. 1 S. 14) schrieb:

"Für den biblischen Glauben ist es wesentlich, dass er sich auf wirklich historisches Geschehen bezieht. Er erzählt nicht Geschichte als Symbole über geschichtliche Wahrheiten, sondern er gründet auf Geschichte, die sich auf dem Boden dieser Erde zugetragen hat. Das Factum historicum ist für ihn nicht eine auswechselbare symbolische Chiffre, sondern konstitutiver Grund."

Wie Du siehst, hat Ratzi - im Gegensatz zu Dir - mit "Chiffren" nichts im Sinn .
Quatsch - er kennt sehr viel länger als ich den Unterschied zwischen historischer Realität und Gleichnis/Chiffre/Metapher. - Er weiß sogar, dass die Genesis eine Darstellung ÜBER der der Welt der Evolutions-Theorie ist und NICHT Teil der Evolution ist.

Und versteh halt Dein Zitat von ihm: "Das Factum historicum ist für ihn nicht eine auswechselbare symbolische Chiffre, sondern konstitutiver Grund." - Das heißt nicht, dass es keine Chiffren/Gleichnisse GIBT, sondern dass das Christentum selbst keine Chiffre IST.

Münek hat geschrieben:Die Auferweckung Jesu ist allein Gegenstand des persönlichen Glaubens. Damit hat wissenschaftliche Exegese bekanntlich nichts am Hut.
Wenn sie im sachlichen Bereich bleibt und nicht hermeneutisch interpretiert, ist das vollkommen richtig - das ist mit "apriorifrei" gemeint.

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#259 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Mo 19. Mär 2018, 22:58

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Muss man ja nicht. Dass Du es machst, ist lediglich ein Zeichen Deiner persönlich-laienhaften Einstellung.
Jetzt möchte ich doch einmal auf das Wort "laienhaft" reagieren: Richtig - wir ALLE sind hier Laien - und dass ich es ebenfalls bin, weiß ich. - Aber mit diesem Wort kann man nicht von eigenen Mängeln im Grundverständnis ablenken.
Im Gegensatz zu Dir greife ich bei meinen Einlassungen und Begründungen sehr oft auf exegetisch-theologische Fachliteratur zurück. Ich züchte hier keine Eigengewächse.

closs hat geschrieben:Einer dieser Mängel ist, "Prämisse einer Hermeneutik" mit "Wissenschaft" in Verbindung zu bringen - falsch.
Nein - eigentlich genügen Vernunft, Plausibilität und Evidenz .

Eine Prämisse, die vom Glauben an einen allmächtigen Schöpfergott, Gottessohn, göttlichen Heilsplan, Erbsünde, Sühnetod, Teufel, Geister, Engel, Dämonen, Höllen- und Himmelfahrt, Auferstehung von den Toten, ewiges Leben in immerwährender Glückseligkeit etc. ausgeht, hat in der Welt der Wissenschaft nichts zu suchen und gehört ins Reich der frommen Fantasie.


closs hat geschrieben:Die Wissenschaft" untersucht einen Text sachlich - am besten mit der HKM. - Punkt.
Die historisch-kritische Exegese versucht für heutige Leser antike Bibeltexte verständlich (= verstehbar) zu machen, indem sie so gut es geht den Wortsinn des Textes ermittelt, wie dieser vom Textverfasser höchstwahrscheinlich gemeint war (Intention, Aussageabsicht des Autoren). Das nennt man Interpretation = Exegese = Textauslegung.

Das heißt, der persönliche Glaube oder Nichtglaube des Exegeten spielt bei der Textinterpretation KEINE Rolle. Deshalb auch das an die historisch-kritische Exegese gerichtete Verbot der "Päpstlichen Bibelkommission", 1. keine "Apriori-Vorannahmen" zu treffen (= keine Setzung) und 2. das Gebot, die Bibeltexte in derselben Art und Weise auszulegen wie andere antike Texte auch. Dabei wird keinesfalls zwischen historischer Sachermittlung (siehe Einleitungswissenschaft) und Textinterpretation unterschieden.

closs hat geschrieben:Völlig unabhängig davon lautet die nächste Frage: "Mit welcher Hermeneutik interpretiere ich jetzt?".
Diese Frage erübrigt sich nach den o.g. Festlegungen der "Päpstlichen Bibelkommission". Der HKM als wissenschaftliche Methode wurden ihre Grenzen aufgezeigt. Und daran hält sie sich dizipliniert. Dein immer wieder erhobener Ideologievorwurf geht ins Leere.

closs hat geschrieben:Wenn man ideologisch nicht total betäubt ist, erkennt man, dass es VERSCHIEDENE Hermeneutiken geben kann.
Selbstverständlich kann es - je nach Setzung - unterschiedliche Auslegungen geben. Siehe beispielsweise die fundamentalistische oder die kanonische Exegese, die es aus gutem Grund nicht an die Universitäten geschafft haben.

closs hat geschrieben:etwa: "Was bedeutet dieser Text auf Basis der Sachauslegung, a) wenn Jesus ein ganz normaler Mensch und sonst nichts war und man ihn deshalb so untersuchen kann wie Caesar oder Pilatus? b) wenn man einen naturalistischen Wirkungszusammenhang der Geschichte zugrunde legt?
c) wenn man "Wunder" prinzipiell für historisch möglich hält? d) wenn Jesus göttlich wäre?
Gib es auf - mit Deiner naiv-laienhaften Vorstellung kannst Du keinen exegetischen Hund hinter dem Ofen hervorlocken.

closs hat geschrieben:Du wirst feststellen, dass DERSELBE Text in sachlich-neutraler Auslegung unter diesen unterschiedlichen Bedingungen Unterschiedliches bedeutet/bedeuten kann.
Blödsinn - wie kannst Du von sachlich-neutraler Auslegung reden, wenn Du bereits per Setzung das Wesentliche festgelegt und damit das Neutralitätsgebot verletzt hast.

closs hat geschrieben:"(Sach-) Wissenschaft" und "(interpretative) Glaubens-Hermeneutik" sind also KEIN Gegensatz - im Gegenteil: Das eine folgt auf das andere.
Wenn schon die Setzung mangels Plausibilität und Evidenz wissenschaftlichen Ansprüchen NICHT genügt, kannst Du die darauf aufbauende Hermeneutik in die Tonne kloppen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Deine Behauptung ist falsch, weil die katholische Kirche in ihrem Weltkatechismus ihren Schäfchen es als göttlich offenbarte Wahrheit darstellt, dass zu Beginn der Menschheitsgeschichte durch den freiwilligen Ungehorsam des Stammelternpaares Adam und Eva - verursacht durch die bösartigen Einflüsterungen eines abgefallenen Engels - die Sünde und damit der Tod in die Welt gekommen ist.
Geistig stimmt das ja auch - aber eben nicht naturalistisch.
Dann lies nochmal, was die katholische Kirche in ihrem Weltkatechismus zur Paradiesgeschichte zum Besten gibt. Selbstverständlich sieht die RKK diesen Beginn der Menschheitsgeschichte als historisch-naturalistisch an. Ebenso der Apostel Paulus.

Halten wir stattdessen fest: Es hat weder Adam und Eva noch einen Sündenfall und natürlich keine Erbsünde gegeben. Und damit auch keinen Eintritt des Todes in die Welt durch den Sündenfall (der Tod ereilte bekanntlich Tiere und Pflanzen vor dem Menschen) und mangels Erbsünde auch keinen Sühnetod Jesu am Kreuz.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nö - der von Ratzinger den Exegeten abverlangte Glaubensentscheid geht jeglicher Methode voraus. Glaubensbasierte Hermeneutik und Exegese kommen erst NACH der Glaubensprämisse. Man beachte die Reihenfolge.
Falsch.
Nee nee - Glaubensentscheid = Glaubenssetzung stehen am Anfang der kanonische Exegese.

closs hat geschrieben:Wenn Du 1993 und 2006 zusammennimmst, heißt dies: "Jetzt macht Ihr mal Eure HKM, damit wir eine sachlich-neutrale Grundlage haben - Ihr könnt darauf zur Interpretation auch Eure Hermeneutik setzen, aber wir steigen nach der sachlich-neutralen Phase aus".

Nun hat Ratzinger 1993 vermutlich gemeint, die HKM-Hermeneutik durch seine vatikanische Akzeptanz einfangen zu können ("Leute, Ihr seid Teil der Theologie und auch in der Theologie anerkannt - also bitte keine atheistischen Hermeneutiken"). - Aber da hat er sich offenbar getäuscht - deshalb sein Ausbruch 2006.
Was Du da sagst, ist höchst albern.

Ratzinger waren die jahrhundertealte historisch-kritische Exegese und deren Ergebnisse natürlich sehr gut bekannt. An deren Methodik und ihren Resultaten hat sich bis 2006 ja nichts geändert. Also diesbezüglich hatte Ratzi keinen Grund, enttäuscht zu sein. Nachvollziehbar ist, dass ihm die Dominanz der historisch-kritischen Exegese an den theologischen Fakultäten im Laufe der Zeit ganz gewaltig gegen den Strich gegangen ist. Deshalb sein Anti-Christ-Ausraster - mit der Begründung, dass Gott in der HKM nicht zu Wort kommt.

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#260 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Mo 19. Mär 2018, 23:47

Münek hat geschrieben:Nein - eigentlich genügen Vernunft, Plausibilität und Evidenz .
Irrweg - denn mit Selbst-Referenzen kannst Du nicht klären, was in Bezug auf Gott "vernünftig", "plausibel" und "evident" ist.

Münek hat geschrieben: Der HKM als wissenschaftliche Methode wurden ihre Grenzen aufgezeigt. Und daran hält sie sich dizipliniert.
So wird sie hier ganz und gar nicht dargestellt.

Münek hat geschrieben:Selbstverständlich kann es - je nach Setzung - unterschiedliche Auslegungen geben. Siehe beispielsweise die fundamentalistische oder die kanonische Exegese, die es aus gutem Grund nicht an die Universitäten geschafft haben.
Irrweg - die geistige Auslegung exegetischer Sach-Grundlagen wird in ALLEN theologischen Disziplinen gemacht.

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:
etwa: "Was bedeutet dieser Text auf Basis der Sachauslegung, a) wenn Jesus ein ganz normaler Mensch und sonst nichts war und man ihn deshalb so untersuchen kann wie Caesar oder Pilatus? b) wenn man einen naturalistischen Wirkungszusammenhang der Geschichte zugrunde legt?
c) wenn man "Wunder" prinzipiell für historisch möglich hält? d) wenn Jesus göttlich wäre?


Gib es auf
Nee - beantworte diese Frage. - Das gehört zu den Grundlagen.

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Du wirst feststellen, dass DERSELBE Text in sachlich-neutraler Auslegung unter diesen unterschiedlichen Bedingungen Unterschiedliches bedeutet/bedeuten kann.


Blödsinn - wie kannst Du von sachlich-neutraler Auslegung reden, wenn Du bereits per Setzung das Wesentliche festgelegt und damit das Neutralitätsgebot verletzt hast.
Stimmt - aber genau das ist doch nicht der Fall. - Warum, denkst Du, würde Ratzinger die HKM in sachlich-neutraler Funktion als "apriorifrei" und "unverzichtbar zum Textverständnis" bezeichnen? - Natürlich sind die Sach-Grundlagen apriori-frei - aber doch nicht die Hermeneutik (auch der HKM).

Münek hat geschrieben:Wenn schon die Setzung mangels Plausibilität und Evidenz wissenschaftlichen Ansprüchen NICHT genügt, kannst Du die darauf aufbauende Hermeneutik in die Tonne kloppen.
Die hermeneutik-neutrale Exegese findet doch VORHER statt. - Die zeitliche Eingrenzung einer Quelle oder die Bedeutungsweite des Begriffs "logos" oder die Glaubenswelt in der Zeit Jesu ist doch völlig unabhängig davon, ob man das Ganze dann säkular-hermeneutisch oder theologisch-hermeneutisch interpretiert - das kommt doch DANACH.

Münek hat geschrieben:Selbstverständlich sieht die RKK diesen Beginn der Menschheitsgeschichte als historisch-naturalistisch an.
Nein - sonst müsste die RKK ja annehmen, dass innerhalb der von ihr anerkannten biologischen Evolution Gott irgendwann die Welt geschaffen hat. - Hä?

Münek hat geschrieben:Halten wir stattdessen fest: Es hat weder Adam und Eva noch einen Sündenfall und natürlich keine Erbsünde gegeben. Und damit auch keinen Eintritt des Todes in die Welt durch den Sündenfall (der Tod ereilte bekanntlich Tiere und Pflanzen vor dem Menschen) und mangels Erbsünde auch keinen Sühnetod Jesu am Kreuz.
Das ist ein zulässiges Glaubens-Bekenntnis, das diametral zum christlichen Glaubens-Bekenntnis steht - aber mit "Wissenschaft" oder "Aufklärung" hat das nichts zu tun.

Münek hat geschrieben: Glaubensentscheid = Glaubenssetzung stehen am Anfang der kanonische Exegese.
Moment: Das ist was anderes - denn die Kanonische Exegese ist von vorne herein hermeneutisch - das heißt: Sie übernimmt die sachlich-neutralen Ergebnisse der HKM und führt dann statt deren Hermeneutik die eigene Hermeneutik durch.

Wenn Du so willst: Die kanonische Exegese lässt den ersten, neutral-sachlichen Teil der Exegese aus, weil das die HKM gut genug macht. - Aber da, wo die HKM ins Hermeneutisch-Interpretative wechselt, hat sie ihre eigene Hermeneutik.

Münek hat geschrieben:Ratzinger waren die jahrhundertealte historisch-kritische Exegese und deren Ergebnisse natürlich sehr gut bekannt. An deren Methodik und ihren Resultaten hat sich bis 2006 ja nichts geändert. Also diesbezüglich hatte Ratzi keinen Grund, enttäuscht zu sein.
Klar hat er das gewusst - aber er wollte die HKM einfangen, indem er ihr das Angebot macht, "sich zum Geistigen hin zu öffnen". - Die kanonische Exegese ist der Versuch, einen unbefriedigenden Status Quo mit Zuckerbrot zu ändern.

Münek hat geschrieben: Nachvollziehbar ist, dass ihm die Dominanz der historisch-kritischen Exegese an den theologischen Fakultäten im Laufe der Zeit ganz gewaltig gegen den Strich gegangen ist. Deshalb sein Anti-Christ-Ausraster
Richtig - das war dann die Peitsche.

Was ist die Folge: Die HKM spielt innerhalb der Theologie nach wie vor als sachlich-neutrale Disziplin eine große Rolle - ansonsten ziehen die beiden Karawanen ihres Wegs. - Da hat sich was nachhaltig getrennt.

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