Alles Teufelszeug? VIII

Roland
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#821 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Roland » Sa 20. Jan 2018, 18:06

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Wissenschaftlich ist für euch nur, was kompatibel ist mit einer atheisitischen Weltanschauung. Die ist aber eben auch nur ein Glaube.
Nein, wissenschaftlich ist nur, was wissenschaftlichen Kriterien genügt.
Folglich wäre jede Aussage über Jesus, bezüglich seiner Gottheit nicht wissenschaftlich.
Denn darüber kann Wissenschaft grundsätzlich nicht entscheiden. Man muss also offen lassen, ob er ein irrender Wanderprediger war oder der, für den er sich laut der auzulegenden Texte ausgegeben hat:
Markus 14, 61: "Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten?
62 Jesus aber sprach: Ich bin's; und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen mit den Wolken des Himmels.
63 Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sprach: Was bedürfen wir weiterer Zeugen?
64 Ihr habt die Gotteslästerung gehört. "

sven23 hat geschrieben: Seit der Aufklärung hat sich die Auffassung herausgebildet, dass wir denjenigen Sinn eines Textes herausarbeiten müssen, den der/die Autor/in im historischen Ursprungs-Kontext zum Ausdruck gebracht hat, und nicht den, den spätere Leserschaften ihm zuerkannt haben oder zuerkennen. Diese Herangehensweise macht die historisch-kritische Methode aus.
Genau. Was hat wohl der Autor im historischen Ursprungs-Kontext mit obiger Stelle zum Ausdruck bringen wollen?

sven23 hat geschrieben: In der historischen Forschung können nur Exegeten ernst genommen werden, die nach wissenschaftlichen Kriterien arbeiten, also historisch-kritisch. Für Glaubensbekenntnisse musst du in eine andere Abteilung wechseln.
Also: Klappe halten, was die Gottheit Jesu angeht. Das muss Wissenschaft offen lassen.

sven23 hat geschrieben: Detering gehört zu den Radikalkritikern. Die Forschung geht jedoch mehrheitlich von Jesus als historischer Person aus. Die Ungereimtheiten bei Paulus bleiben jedoch bestehen.
Nein, es handelt sich um von der Wissenschaft nicht geteilte, fantsievolle, bizarre Vermutungen.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:1. Kann man Ratzingers Aussage ja mit den neutestamentlichen Texten, also dem Gesamtgefüge der Jesusworte belegen. Das ist jetzt dutzendfach hier im Forum geschehen. Bleibt nur, die unliebsamen Jesusworte als gefälscht zu bezeichnen. Eine durchsichtige Strategie, nicht sehr überzeugend.
Wer tut das denn?
Es sind doch die Glaubensdogmatiker, die ganz klare Jesusworte ignorieren.
Falsch. Diese drei Stellen können nur im Gesamtkontext der Jesusworte gesehen werden, was dazu führt, dass Naherwartung eindeutig auszuschließen ist.
Zum Gesamtkontext gehört z.B. Mt.24, 14: "Und es wird gepredigt werden dies Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zum Zeugnis für alle Völker, und dann wird das Ende kommen." Die Erfüllung dieser Aussage steht bis heute noch aus. Naherwartung ausgeschlossen.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Und 3. Immer wieder: Eine Exegese, die das Handeln Gottes a priori ausschließt, basiert selbstverständlich auch auf einem Glaubensentscheid.
Tut die Forschung doch gar nicht.
Dann wäre alles gut und wir bräuchten nicht weiter zu diskutieren. Alles was die Texte besagen: Die Wunder Jesu, seine Gottheit, seine Auferstehung – alles Gottes Handeln. Und wenn das von der Forschung nicht ausgeschlossen wird, dann habe ich nichts mehr zu kritisieren.

sven23 hat geschrieben: Ein Zirkelschluss wäre es allerdings, das Handeln Gottes als belegt anzusehen, weil es in alten Texten behauptet wird. Nur Kanoniker lesen die Texte historisch-unkritisch.
Nicht als belegt – aber die Möglichkeit, dass praktisch alle Autoren DOCH NICHT gelogen haben, muss eben auch in Betracht gezogen werden.

Und so sind wir am Ende völlig frei in unserer Entscheidung, was wir bezüglich Jesus Christus glauben wollen. Keine Wissenschaft kann dazu letztgültige Aussagen machen.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

Anton B.
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#822 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Anton B. » Sa 20. Jan 2018, 18:09

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Was mich persönlich mehr erstaunt, als die Zuweisung einer Naherwartung an den wissenschaftlich rekonstruierten Jesus, ist die reflexartige Abweisung durch Mitchristen hier im Forum.
Ich gehöre in der Tat zu denen, die diese Naherwartung zurückweisen, WENN Jesus göttlich war - zumal es genug Argumente gibt, warum die zugrunde liegenden Texte ganz anders verstanden werden können und auch werden.
Ja klar. Nur sind diese weiteren Argumente keine, die wissenschaftlich überzeugend eingebracht werden können. Und da Münek et al. nun mal wissenschaftlich argumentieren, kratzen diese Argumente daran nicht.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Und da sehe ich eben immer wieder das Primat des wissenschaftlichen Wissens als Erkenntnismaßstab.
Da sollte aber hinzugefügt werden, das "Wissen" immer ein system-internes Wort ist: "Dieses Ergebnis ist in Übereinstimmung mit meiner Hermeneutik, weshalb ich es 'Wissen' nennen darf.

Das Problem: So gesehen hat die gegenseitige Seite ebenfalls "Wissen" - u.U. mit gegenteiligem Inhalt. - Aus meiner Sicht sollte man das Wort "Wissen" vermeiden, weil uns doch allen bewusst ist, dass mindestens 95% der Mitleser darunter "Das ist Tatsache. So war es WIRKLICH" verstehen.
Und um unter anderem das klarzustellen, ist der Anton hier im Forum angetreten. Gut, das ist eine Art von Sysiphus-Arbeit, wo der Anton nicht wirklich was gewinnen kann, aber dessen guter Wille sollte doch auch einmal gelobt werden ...
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Zeus
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#823 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Zeus » Sa 20. Jan 2018, 18:12

Andreas hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:...schlimmste Religioten, also Pastoren wie Werner Zager und Gerd Theißen,
Sind diese Herren so schlimm?
In meinen Augen ja nicht. Das sind meine "Helden".
Du bezeichnest sie ja pauschal, wie alle anderen Gläubigen auch, als Religioten. Logischerweise sind Pastoren unter den Religioten insofern die Schlimmsten weil sie andere Menschen zum Glauben verführen, indem sie lehren, dass Glaube etwas ganz anderes sei als Aberglaube, was ja wie du meinst, der größte Aberglauben ist.
Vielleicht kann man die anderen Gläubigen als die Schlimmsten ansehen, weil sie die Gehirne ihrer Kinder mit Aberglauben vergiften.
Zeus hat geschrieben:Es ging nicht (allgemein) um die Wahrheit über Jesus, sondern (speziell) um Jesu Nah-Erwartung. Dieses Thema halte ich NICHT für Glaubenssache, sondern da ist die Textuntersuchung mittels der historisch-kritischen Methode zuständig. Wie schon vorher erklärt...
Andreas hat geschrieben:In den Augen der Atheidioten ist Jesus der allerschlimmste Religiot von allen.
Nein, der jüdische Wanderprediger war eigentlich harmlos.
Zeus hat geschrieben:Sein Glaube an Gott - oder war's das lila Einhorn? - ist doch die Ursache für all die Gräuel der Inquisition, all der kirchlichen Kindesmisshandlungen usw. Speziell sein Irrtum und dass sich das Kommen des Reichs Gottes so lange verzögert, ist doch der Grund für all die christlichen Missetaten von zwei Jahrtausenden. Gibt es einen größeren Beweis dafür, dass es das Reich des lila Einhornes[...]
Wenn du meinst...
Ich denke des Paulus sogenannte Heilslehre hat sich als Unheils-Lehre für Millionen von Menschen erwiesen,
kombiniert mit
- dem Missionsbefehl oder Taufbefehl (höchstwahrscheinlich eine Erfindung des Evangelisten Mattäus)
- der Idee von der angeblich unsterblichen Seele des Menschen und - last but not least -
- dem Anspruch auf die Allgemeingültigkeit des christlichen Glaubens
Habe ich etwas vergessen?

Andreas hat geschrieben:Die Giordano Bruno Stiftung....
...scheint dich mehr zu interessieren als mich. Ich habe das erste Mal von diesem Verein gehört, als du vor langer Zeit ihn hier im Forum erwähntest.
Was ist los? Haben sie dir die Mitgliedschaft verweigert?
[...Religiotie] führt schnell zu unterdurchschnittlich kognitiven Leistungen und Einschränkungen des affektiven Verhaltens in G l a u b e n s f r a g e n.
Außerhalb dieses Bereichs können Religioten ganz vernünftig sein, denn im Unterschied zur pathologischen Form der Intelligenzminderung bedingt Religiotie n i c h t automatisch einen reduzierten Intelligenzquotienten.
Andreas hat geschrieben:Dem nachweislich widersprechend, ist dieser Teil der Aufklärung, welcher sich mit G l a u b e n s f r a g e n beschäftigt, tatsächlich die Leistung von gläubigen Theologen, speziell der protestantischen Theologen seit Luther.
Das war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ein blindes Huhn findet eben auch mal ein Korn.
Andreas hat geschrieben:ausgestellt von einem Psychologen der von Anfang an im "wissenschaftlichen" Beirat der Giordano Bruno Stiftung saß, welcher aufgrund seines privaten, unqualifizierten "Studiums" der Bibel, Milliarden von Menschen die er nie gesehen hat, eine "Diagnose" aufs Auge drückt. Das soll wissenschaftlich sein? Setz' mir doch mal einen Link zu einem Peer Review oder zu einer unabhängigen Doppelblindstudie welche sein "Ergebnis" bestätigt - nicht zu seinem populärwissenschaftlichen Buch oder zu dem Nachruf von Schmidt-Salomon.
Entscheidend bleibt aber, dass du Buggle diese angebliche "Inselverarmung" glaubst und Pastoren zitierst, die gerade in diesem Insel-Bereich auf dem sie tätig sind, nicht glaubwürdig sein können. Du disqualifizierst damit die von dir in die Diskussion eingebrachten "Zeugen" dummerweise gerade auf dem Gebiet für das du sie zitierst. Du führst Argumente von Religioten gegen Religioten an, versuchst den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Wer aber "heilt" diese angeblich "inselverarmten" Religioten, die von Kubitza, der Giordano Stiftung und letztendlich auch von dir in den Zeugenstand gerufen werden, die aufgrund ihrer angeblichen "Inselverarmung" eben nicht qualifiziert sein können, ein Gutachten abzugeben über die angebliche "Krankheit" unter der sie selbst leiden. Damit das doch noch "irgendwie funktioniert", müssen die Anhänger des "Neuen Atheisten" offensichtlich die Aussagen dieser gläubigen Religioten so lange mit unredlichen Mitteln umfrisieren und verfälschen, bis diese dem Athesimus als "wissenschaftliche" Zeugen dienlich sind.
Ich vermute, dass diese unlautere und unglaubwürdige Methode einer der Gründe dafür ist, dass der globale Atheistenkongress wegen mangelnder Beteiligung, mangelndem Ticketverkauf, und mangelndem Interesse der Feld, Wald und Wiesen Atheisten abgesagt werden musste. In diesem Fall kann man tatsächlich berechtigt von einer "Inselverarmung" sprechen, weil der "Neue Atheismus" tatsächlich eine so winzige und vermüllte Insel ist, dass kaum jemand mit solchen Atheidioten auf ihr leben will.
TL,DR

Andreas hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:Ceterum censeo: Dass Glaube etwas ganz anderes sei als Aberglaube, ist unter allem Aberglauben der größte. - Ludwig Feuerbach
Im übrigen: Das trifft auf den Glauben zu, dass eine Welt ohne Religion besser wäre.
Das mag sein.
Bild(Wiki)

Kannst du mir mal den Unterschied zwischen Glaube und Aberglauben erklären?
Zuletzt geändert von Zeus am Sa 20. Jan 2018, 21:52, insgesamt 1-mal geändert.
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#824 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Pluto » Sa 20. Jan 2018, 18:30

closs hat geschrieben:Natürlich können unterschiedliche Hermeneutiken zu sehr unterschiedlichen Aussagen zur Wirklichkeit Jesu kommen.
Aber nur eine kann richtig sein.
Da vertraue ich der HKM.

closs hat geschrieben:Das, was Jesus vor 2000 Jahren gedacht und gemeint hat.
Können wir niemals wissen, weshalb wir uns mit den Methoden der HKM als bestmögliche Annäherung, zufrieden geben müssen.

closs hat geschrieben:als ob die Theologie erst mit dem 4. Jh. zu denken anfangen würde.
Dieser Eindruck lässt sich nicht von der Hand weisen. Vorher wurde sicher viel gedacht, aber offenbar wurde nie was Konkretes daraus. Richtige Konturen als Religion, erhielt das Christentum erst mit dem Konzil von Nicäa im Jahre 325.

closs hat geschrieben:Wir sprechen nicht von Legenden und Mythen, sondern von Jesus, wie er vor 2000 Jahren gedacht und gemeint hat.
Alles wir haben ist Mythos und Legende.

closs hat geschrieben:Und dazu geben verschiedene Hermeneutiken sehr verschiedene Antworten.
Es gibt sicher viele Hermeneutiken, also Imterpretationen, wie es gewesen sein könnte. Daneben gibt es die historisch-kritische Forschung, die sich bemüht, die Mythen und Legenden beiseite zu lassen.

closs hat geschrieben:Das ist eine historisch-kritische Grundregel, die innerhalb der HKM sicherlich anerkannt ist - hier aber geht es nicht um innerbetriebliche Übereinstimmungen der HKM, sondern um die Wirklichkeit Jesu.
Du selbst sagst, wie können die Wirklichkeit Jesu nicht erreichen. Warum sollte eine Hermeneutik mit ihrem großen Spielraum für Interpretation uns da bessere Ergebnisse liefern als eine wissenchaftlich erforschtes Leben Jesus'?

closs hat geschrieben:Ich gehöre in der Tat zu denen, die diese Naherwartung zurückweisen, WENN Jesus göttlich war - zumal es genug Argumente gibt, warum die zugrunde liegenden Texte ganz anders verstanden werden können und auch werden.
Selbst wenn Jesus göttlich war, gibt es Zweifel an diesen Argumenten.

closs hat geschrieben:Trotzdem: Es KANN sein, dass Jesus nicht als ein nur-menschlicher Wanderprediger war und somit tatsächlich von ihm eine Naherwartung fälschlich verkündigt wurde. - Zu diesem Ergebnis kommt man, wenn man die Texte interpretiert mit dem Vorsatz: "Wie verstehen wir diese Texte, wenn wir Jesus als Nur-Menschen verstehen?". - Das ist legitim.
Mit welcher Berechtigung, setzt man hier Prämissen wie "Jesus war göttlich"?

closs hat geschrieben:Es ist aber NICHT legitim so zu tun, als sei die Naherwartung eine "historische Größe" - also als sei es "der Fall gewesen" - ein "Faktum der Geschichte".
Das was der Fall war

closs hat geschrieben:Dieser Eindruck wird dadurch erweckt, dass man das Wort "historisch" in der Schwebe lässt zwischen "methodisch gemeint" und "so WAR es" - indem man also zwei Kategorien schamlos vermischt.
Also, das mag bei dir in der Schwebe sein, aber bei anderen bedeutet "historsch" das was war, und nichts anderes.

closs hat geschrieben:Da sollte aber hinzugefügt werden, das "Wissen" immer ein system-internes Wort ist: "Dieses Ergebnis ist in Übereinstimmung mit meiner Hermeneutik, weshalb ich es 'Wissen' nennen darf.
Das ist immer wieder dein Stockfehler. Wissen ist verarbeitete Information und deckt sich mit der Wirklichkeit.
closs hat geschrieben:Das Problem: So gesehen hat die gegenseitige Seite ebenfalls "Wissen" - u.U. mit gegenteiligem Inhalt. - Aus meiner Sicht sollte man das Wort "Wissen" vermeiden, weil uns doch allen bewusst ist, dass mindestens 95% der Mitleser darunter "Das ist Tatsache. So war es WIRKLICH" verstehen.
Ja das ist ein Problem. Viele Leute meinen Vermutung, wenn sie Wissen sagen. Um Vermutung von Wissen zu trennen, gibt es Wissenschaft.
Erst durch empirische Bestätigung wird aus Vermutung Wissen. Vorher ist es bestenfalls eine Hypothese.

closs hat geschrieben:Genau das ist aber eben kategorial NICHT der Fall - es KANN so gewesen sein, aber es kann auch ganz anders gewesen sein.
Genau! Um das festzustellen, haben wir die bewährte wissenschaftliche Methode.

closs hat geschrieben:Was haben wir davon, wenn der eine sagt "Nach MEINER Hermeneutik WEISS ich, dass Jesus eine Naherwartung hatte" und der andere "Nach meiner Hermeneutik WEISS ich, dass Jesus KEINE Naherwartung hatte"?
Nichts!
Deshalb muss Hermeneutik der wissenschaftlichen Methode weichen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#825 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 20. Jan 2018, 18:32

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben nicht, denn sonst würde er sich nicht vom historischen derart unterscheiden.
Was ist das für eine Begründung? - Natürlich können unterschiedliche Hermeneutiken zu sehr unterschiedlichen Aussagen zur Wirklichkeit Jesu kommen.
Das liegt weniger an der Hermeneutik als an den Textquellen, die man wissenschaftlich untersucht. Wer diesen wissenschaftlichen Anspruch nicht hat, kommt natürlich zu anderen Ergebnisssen. Siehe Kurzzeitkreationismus.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Da würdest du möglicherweise mehr erfahren, als dir lieb ist.
Das wissen wir beide nicht - es könnte Dir genauso gehen. - Es steht und fällt damit, ob Jesus WIRKLICH nur Mensch oder auch göttlich war. - Und das ist nicht falsifizierbar.
Das sind tausende andere Götter auch nicht. Macht es sie deshalb glaubwürdiger? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was soll denn die "Wirklichkeit Jesu" sein?
Das, was Jesus vor 2000 Jahren gedacht und gemeint hat.
Tja, und da haben wir halt nur die Textquellen zur Verfügung. Das dogmatische Glaubenskonstrukt aus dem 4. Jahrhundert präsentiert ja schon einene theologisch völlig verhunzten Jesus, der mit dem historischen nicht mehr viel zu tun hat.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aus Sicht der Glaubensdogmatiker ist es doch nichts anderes als das dogmatisierte Glaubenskonstrukt aus dem 4. Jahrhundert
Willkürliche Behauptung - als ob die Theologie erst mit dem 4. Jh. zu denken anfangen würde.
Nein, da wurde aber die sich im Fluss befindliche Überlieferung dogmatisch festgeschrieben. Der eigentliche Sündenfall der Kirche, weil von nun an der absolute Wahrheitsanspruch mit allen Mitteln verteidigt werden mußte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wahnsinn ist die Vorstellung, man könne dem historischen Jesus mit Legenden und Mythen näher auf die Spur kommen als mit der historischen Forschung selbst.
Wir sprechen nicht von Legenden und Mythen, sondern von Jesus, wie er vor 2000 Jahren gedacht und gemeint hat. - Und dazu geben verschiedene Hermeneutiken sehr verschiedene Antworten.
Ähm, die Glaubenshermeneutik kultiviert doch gerade den von Mythen und Legenden überwucherten Jesus. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, ich folge nur der allgemein anerkannten Grundregel, dass die biblischen Texte wie jeder andere antike Text zu behandeln sind.
Das ist eine historisch-kritische Grundregel, die innerhalb der HKM sicherlich anerkannt ist - hier aber geht es nicht um innerbetriebliche Übereinstimmungen der HKM, sondern um die Wirklichkeit Jesu.
Der man sich nur über die Textquellen mittels der historisch-kritischen Methode nähern kann. Glaubensbekenntnisse haben hier nichts verloren.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ändert doch nichts.
DOCH!!!
NEIN!!!
Auch hier fällst du wieder in dein altes Schema zurück, Zitate zu verstümmeln, denn ich schrieb.

Der historische Jesus ist mit Sicherheit näher am "wirklichen" Jesus, als der von Legenden und Mythen überwucherte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, wenn man weiß, dass die Evanglien keine historischen Tatsachenberichte waren, sondern Glaubenspropagandaschriften, die in einer bestimmten Absicht geschrieben wurden, dann ist das enorm wichtig für das hermeneutische Verständnis der Texte. Dieses hermeneutische Vorwissen ist unverzichtbar, wie vieles andere auch.
Das ist EIN Aspekt, den man dann verwertet - WIE man ihn verwertet, ist wieder Frage der eigenen Perspektive. - Mit anderen Worten: Diese Voraussetzung kann genauso hilfreich sein wie in die Irre führen.
Die Forschung geht davon aus, dass dies nicht in die Irre führt, warum auch? In die Irre führen lediglich spätere Rezeptionen/Verfälschungen und Projektionen. (Jesus war Vegetarier) :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Doch hat er. Oder ist er mal wieder im trumpscher Manier von allen mißverstanden worden?
Man muss seinen Gegnern deshalb nicht gleich "Trumpsche Manier" unterstellen - es ist viel einfacher: Hier prallen verschiedene "Glaubensgrundlagen" aufeinander.
Richtig: Wissenschaft vs. Glaubensdogmatik.


closs hat geschrieben: Das Problem: So gesehen hat die gegenseitige Seite ebenfalls "Wissen" - u.U. mit gegenteiligem Inhalt. - Aus meiner Sicht sollte man das Wort "Wissen" vermeiden, weil uns doch allen bewusst ist, dass mindestens 95% der Mitleser darunter "Das ist Tatsache. So war es WIRKLICH" verstehen.
Das ist nur deinem schlechten Gedächtnis geschuldet, denn es wurde schon oft genug darauf verwiesen, dass man hier nur mit Wahrscheinlichkeiten hantieren kann. Es gibt keine absolute Sicherheit, nicht mal für die bloße Existenz des Wanderpredigers.
Trotzdem gibt es eine Reihe von Konsenspositionen, die mit großer Wahrscheinlichkeit die Historie widerspiegeln.

closs hat geschrieben: Genau das ist aber eben kategorial NICHT der Fall - es KANN so gewesen sein, aber es kann auch ganz anders gewesen sein. - Was haben wir davon, wenn der eine sagt "Nach MEINER Hermeneutik WEISS ich, dass Jesus eine Naherwartung hatte" und der andere "Nach meiner Hermeneutik WEISS ich, dass Jesus KEINE Naherwartung hatte"?
Da es nur eine Wahrheit geben kann, muss sich ja wohl einer irren.
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#826 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 20. Jan 2018, 18:35

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was gibt es denn da noch zu untersuchen? Das steht doch alles bereits haarklein im "Katechismus der Katholischen Kirche".
Da wurde unter DIESER Hermeneutik viel untersucht, was sich im Katechismus niederschlägt.
Immerhin geht der katholische Weltkatechismus von der "Göttlichkeit Jesu" aus - das ist doch genau das, was Du willst. Also arbeite Dich nicht vergeblich an der historisch-kritischen Bibelauslegung ab, sondern erfreue Dich an den göttlich geoffenbarten Inhalten des KKK. ;)
Genau, ich verstehe auch nicht, warum closs ständig der historischen Forschung ins Handwerk pfuschen will. Im Katechismus findet er doch alles, was sein glaubensdogmatisches Herz begehrt.
Offenbar genügt ihm das aber nicht. Er will in einer Liga mitspielen, für die er keine Lizenz hat.
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#827 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 20. Jan 2018, 18:44

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Wissenschaftlich ist für euch nur, was kompatibel ist mit einer atheisitischen Weltanschauung. Die ist aber eben auch nur ein Glaube.
Nein, wissenschaftlich ist nur, was wissenschaftlichen Kriterien genügt.
Folglich wäre jede Aussage über Jesus, bezüglich seiner Gottheit nicht wissenschaftlich.
Richtig, inhaltlich kann Wissenschaft keine Aussagen zur Göttichkeit machen.

Roland hat geschrieben: Denn darüber kann Wissenschaft grundsätzlich nicht entscheiden.
Deshalb läßt sie das auch bleiben.


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Seit der Aufklärung hat sich die Auffassung herausgebildet, dass wir denjenigen Sinn eines Textes herausarbeiten müssen, den der/die Autor/in im historischen Ursprungs-Kontext zum Ausdruck gebracht hat, und nicht den, den spätere Leserschaften ihm zuerkannt haben oder zuerkennen. Diese Herangehensweise macht die historisch-kritische Methode aus.
Genau. Was hat wohl der Autor im historischen Ursprungs-Kontext mit obiger Stelle zum Ausdruck bringen wollen?
Das muss dann historisch-kritisch ermittelt werden.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: In der historischen Forschung können nur Exegeten ernst genommen werden, die nach wissenschaftlichen Kriterien arbeiten, also historisch-kritisch. Für Glaubensbekenntnisse musst du in eine andere Abteilung wechseln.
Also: Klappe halten, was die Gottheit Jesu angeht. Das muss Wissenschaft offen lassen.
Genau, in der glaubensdogmatischen Abteilung kannst du so viele Glaubensbekenntnisse nachbeten, wie du lustig bist.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Detering gehört zu den Radikalkritikern. Die Forschung geht jedoch mehrheitlich von Jesus als historischer Person aus. Die Ungereimtheiten bei Paulus bleiben jedoch bestehen.
Nein, es handelt sich um von der Wissenschaft nicht geteilte, fantsievolle, bizarre Vermutungen.
Wovon sprichst du?

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:1. Kann man Ratzingers Aussage ja mit den neutestamentlichen Texten, also dem Gesamtgefüge der Jesusworte belegen. Das ist jetzt dutzendfach hier im Forum geschehen. Bleibt nur, die unliebsamen Jesusworte als gefälscht zu bezeichnen. Eine durchsichtige Strategie, nicht sehr überzeugend.
Wer tut das denn?
Es sind doch die Glaubensdogmatiker, die ganz klare Jesusworte ignorieren.
Falsch. Diese drei Stellen können nur im Gesamtkontext der Jesusworte gesehen werden, was dazu führt, dass Naherwartung eindeutig auszuschließen ist.
Du vergißt geflissentlich, dass Ratzinger und Berger nicht die Mehrheitsmeinung der historischen Jesusforschung repräsentieren, schon gar nicht der historisch-kritischen.
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#828 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Catholic » Sa 20. Jan 2018, 18:48

sven23 hat geschrieben: In der historischen Forschung können nur Exegeten ernst genommen werden, die nach wissenschaftlichen Kriterien arbeiten, also historisch-kritisch. Für Glaubensbekenntnisse musst du in eine andere Abteilung wechseln.
Also: Klappe halten, was die Gottheit Jesu angeht. Das muss Wissenschaft offen lassen.[/quote]
Genau, in der glaubensdogmatischen Abteilung kannst du so viele Glaubensbekenntnisse nachbeten, wie du lustig bist.
...
[/quote]

Was ist aber wenn die historisch-kritische Forschung herausfindet,dass ein überlieferter Text ein Glaubensbekenntnis ist?

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#829 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » Sa 20. Jan 2018, 19:36

Catholic hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: In der historischen Forschung können nur Exegeten ernst genommen werden, die nach wissenschaftlichen Kriterien arbeiten, also historisch-kritisch. Für Glaubensbekenntnisse musst du in eine andere Abteilung wechseln.
Also: Klappe halten, was die Gottheit Jesu angeht. Das muss Wissenschaft offen lassen.
Genau, in der glaubensdogmatischen Abteilung kannst du so viele Glaubensbekenntnisse nachbeten, wie du lustig bist.
...

Was ist aber wenn die historisch-kritische Forschung herausfindet,dass ein überlieferter Text ein Glaubensbekenntnis ist?
Du wirst lachen, aber das Vaterunser gilt als authentisches Glaubensbekenntnis, das auch Jesus wohl nachgebetet hat.
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#830 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » Sa 20. Jan 2018, 19:57

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Immerhin geht der katholische Weltkatechismus von der "Göttlichkeit Jesu" aus - das ist doch genau das, was Du willst.
"Will" ist falsch - ich weise ständig darauf hin, dass dies EINE Hermeneutik ist, die historisch wirklich gewesen sein kann.
Nix KANN. Nach christlichem Glauben IST Jesus göttlich gewesen. Der katholischen Kirche würde es nie im Traum einfallen, ihre ewig-gültigen Dogmen unter einen Wahrheitsvorbehalt zu stellen - so nach dem Motto "was wäre, wenn". Das vertrüge sich nicht mit ihrem Absolutheitsanspruch.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Richtig - der KKK ist NICHT auf der Grundlage wissenschaftlicher Forschung entstanden.
DAS wiederum ist falsch. - Natürlich ist er auf wissenschaftlicher Grundlage entstanden.
Nein - der Katechismus der Katholischen Kirche beruht - wie kann es anders sein - auf den kirchlich definierten Dogen unumstößlicher Glaubenswahrheiten. Die Dogmen wiederum sind NICHT die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung, sondern Glaubensentscheide altkirchlicher Konzilien - fern jeglicher Wissenschaftlichkeit.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Solange sich die Fundamentaltheologie nicht in die Exegese biblischer Texte einmischt (und das macht sie nicht), kann sie tun und lassen
Fundamentaltheologie ist Folge der Exegese.
Gewiss - Folge ALTKIRCHLICHER Exegese, die seit zweihundert Jahren infolge der Aufklärung an den theologischen Fakultäten praktisch verschwunden ist. Nee nee - Fundamentaltheologie geht es ausschließlich um die Grundlagen des christlichen Glaubens und dessen Recht-
fertigung vor der Vernunft.


Wissenschaftliche Exegese ist nicht ihr Thema.

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