Alles Teufelszeug? VIII

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Andreas
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#641 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Andreas » Sa 13. Jan 2018, 12:24

Theißen auf S. 274 zum wunderbaren Seewandel - also kurz vor deinem Zitat, Münek:
Auch hier haben Erzähler die Geschichte geformt, die mit dem Osterglauben vertraut waren - und das waren gewiss Anhänger Jesu. Die ganze Geschichte setzt sachlich den Osterglauben voraus: Nur ein göttliches Wesen kann über das Wasser gehen.
Inhalte des Glaubens und somit die Göttlichkeit Jesu sind Thema, und werden nicht von der Jesus-Forschung bei Theißen ausgeklammert, wie du behauptet hast. Wie sollte das auch gehen, da die Bibel schließlich eine der wichtigsten Glaubensgrundlagen des Christentums ist?

All diese Dinge verschweigst du & Co. gezielt um deine verzerrte Darstellung bringen zu können. So instrumentalisierst du in UNREDLICHER Weise die theologische Wissenschaft für deine ideologischen Zwecke und stellst die "Jesus-Forschung", als "DIE neutestamentliche Forschung" und als "DIE HKM" absichtlich so verzerrt dar, als würde sie im Dienste der Giordano Bruno Stiftung oder der Brights stehen, um den Glauben und die Gläubigen lächerlich zu machen.
Im Grunde geht es dir & Co. nur darum diese Organisationen des Neuen Atheismus rein sprachlich möglichst oft mit den Begriffen "Wissenschaft", "Historisch-Kritisch" und "Forschung" in Verbindung zu bringen, um die unwissenschaftliche Ideologie dieser Organisationen mit diesen Begriffen zu tarnen. Eine eigene wissenschaftliche Arbeit haben diese Organisationen nicht vorzuweisen, das haben sie mit dem Kreationismus gemein. Beide schmücken sich mit fremden Federn, wenn's grad mal zu "passen" scheint.

Das Lächerliche an euren Diskussionen ist, dass closs dasselbe mit dem gleichen Ziel macht, um seinem ideologischen Modell einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben. Er stellt "DIE HKM" ebenso verzerrt dar (diese Bezeichnung für eine nicht vorhandene "Wissenschaftsfakultät" hat er sich von euch aufschwatzen lassen), als wäre sie ihm und seinem Modell zu Diensten - ohne auch nur im mindesten durch Lesen Bescheid zu wissen über die tatsächlichen Inhalte der Jesus-Forschung, oder auch eine einzige Exegese der Texte eines Bibelbuches nach der historisch-kritischen Methode gelesen zu haben.

closs
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#642 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Sa 13. Jan 2018, 18:01

sven23 hat geschrieben:Nur den Standpunkt der Glaubensdogmatiker,
Wir halten fest: Die eine Hermeneutik ist in Deiner Welt wissenschaftlich, die andere nicht.

sven23 hat geschrieben:Willkommen in der Gegenwart.
Wie wär's mal mit Zukunft?

sven23 hat geschrieben:Wenn du die Fachliteratur nicht scheuen würdest wie der Teufel das Weihwasser, könntest du dich selbst davon überzeugen.
Alte Ausrede: Du versuchst in Münchhausen-Manier innerbetriebliche Abläufe der HKM zum Maßstab dafür zu nehmen, was HKM im Verhältnis zur Theologie ist bzw. sein kann. - Dieser Ansatz ist falsch.

Im übrigen habe ich in Kenntnis von wissenschaftlicher Literatur (in anderen Disziplinen) so viel Respekt davor, dass ich diese NICHT ideologisch einspannen will - und darum geht es Dir. - Dir geht es NICHT um Wissenschaft, sondern um Verwertung von Wissenschaft für Deine Zwecke.

sven23 hat geschrieben:Genau das ist damit gemeint. Die Überlieferung gilt in diesem Punkt als authentisch, gerade weil sie sich schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hat.
Zirkelreferent.

sven23 hat geschrieben:Bei Glaubenshermeneutik schon, deshalb ist sie ja unbrauchbar in der historischen Forschung.
Natürlich ist die EINE Hermeneutik nicht brauchbar in einer anderen Hermeneutik - was soll das?

sven23 hat geschrieben:Damit ist gemeint, dass dein oft zitierter Glaubensvorbehalt in der historischen Kirche keine Rolle gespielt hat, da man sich im Besitz der Wahrheit wähnte.
Das hat dir Münek aber auch schon - offensichtlich vergeblich- des öfteren zu erklären versucht.
Und Ihr habe beide die Antwort nicht kapiert, wonach dieser Glaubensvorbehalt im Handeln keine Rolle mehr spielt, wenn er einmal vorab gesetzt wird. - Das gilt für die HKM genauso: Man sagt einmal am Anfang, dass nur methodische Ergebnisse im Sinne einer Setzung (alias "Glaubensentscheid"/"Glaubensvorberhalt") herauskommen können, behandelt diese methodischen Ergebnisse INNERHALB dieses Systems jedoch als wirklichkeits-relevant.

Andreas hat geschrieben:Das Lächerliche an euren Diskussionen ist, dass closs dasselbe mit dem gleichen Ziel macht, um seinem ideologischen Modell einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben.
Merkwürdiger Vergleich. - Ich stelle fest, dass der kategoriale Unterschied zwischen methodischen Koordinaten-Systemen und "dem, was IST/NICHT-ist", schwer bis nicht vermittelbar ist.

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#643 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von SilverBullet » Sa 13. Jan 2018, 20:46

@closs
"das, was der Fall ist"

Es gab genau eine ägyptische Pharaonin: „Hatschepsut“

Schriftliche Überlieferung von 1495 vor Chr
Im Terrassentempel von Deir el-Bahari ist der Bericht von Königin Ahmose zu lesen:
„Amun-Re hatte in Theben eine wunderschöne Frau gesehen. Deshalb schickte Amun-Re Thot, um mehr über sie zu erfahren. Nach dem Bericht ging Amun nach Theben und nahm die Gestalt des Gatten an. Er fand sie schlafend, aber sie erwachte vom Duft des Gottes. Amun-Re verliebte sich in sie, kam ihr näher, und Königin Ahmose erkannte in ihm die göttliche Gestalt des Amun-Re. Sie erfreute sich, küsste ihn und sprach: ‚Wahrlich, es ist herrlich, dein Angesicht zu sehen, das als Glanz meinen Gatten umgibt.‘ Amun-Re antwortete: ‚Der Name meiner Tochter, die ich Dir in den Leib gelegt habe, soll deshalb auch Hatschepsut lauten, wie Du es selbst mit eigenen Worten aus deinem Munde gesagt hast. Hatschepsut wird das treffliche Amt des Königs ausüben im ganzen Land.‘“
In der Ägyptologie wurde bislang der Charakter des Textes als eine nachträglich eingesetzte und erfundene Erzählung zwecks Legitimation der Regierungsübernahme durch Hatschepsut gedeutet. Der Text nimmt jedoch Bezug auf Traditionen der 4. und 5. Dynastie im Alten Reich. Als Grundlage dienten wahrscheinlich die Inhalte des Papyrus Westcar, die sich auf die Erzählung der drei Sonnensöhne beziehen. Cheops zeigte sich nicht sehr begeistert über die Aussicht, dass seine leiblichen Nachkommen in Zukunft durch Göttersöhne ersetzt werden sollten.


Hier müsste sich die Ägyptologie doch laut deiner Strategie zurückhalten, denn was ist, wenn dies tatsächlich die Gottestochter war?
Gottessöhne gab es hunderte, aber nur einmal eine Gottestochter – Bingo?

Die göttliche Herkunft der Königin Hatschepsut
2. Szene: Amun schickt seinen Gehilfen Thot aus, den Namen des Wesens, das er liebgewonnen hat, zu ergründen. Die Chronologie ist nicht strikt. Nach seiner Erkundungsfahrt berichtet Thot jedenfalls: "Es ist Ahmose, die Gattin des Herrschers", das heißt: sie ist standesgemäß für ein göttliches Beilager, "Seine Majestät ist aber noch ein Kind." Thutmosis I. hat die Ehe mit Ahmose noch nicht vollzogen. Amuns alleinige Vaterschaft wird also nicht angefochten werden können.
Das jus primae noctis, praktiziert durch einen Gott, die mythische Idee göttlicher Zeugung, ist alt. Das zu erwartende Königskind ist nur Glied einer langen Kette himmlisch gezeugter. Die mystische Idee der Gotteskindschaft wird sich dereinst in äußerster und folgenreichster Formulierung in der unbefleckten Empfängnis Christi wiederholen.


Ach schau an, wie alt „die Idee“ doch ist.

Ach ja, war „Jesus“ nicht auch beschnitten.

In Verbindung mit der Knabenbeschneidung im alten Ägypten
Meyer weist auch auf den Weg der Verbreitung der Beschneidung hin und stellte fest: »Die Weihe des männlichen Geschlechtsgliedes durch Beschneidung vor Eintritt der Pubertät scheint nicht ursemitisch, sondern entsprechend der Tradition Josua, 9 und Herodot II 104, von Ägypten aus zu den Hebräern und Phoenikern gedrungen zu sein; von hier aus hat sie sich zu den Arabern verbreitet (bei denen in der Regel auch die Töchter beschnitten werden, wie auch in Afrika vielfach), kommt dagegen, soweit wir wissen, weder bei den Babyloniern noch bei den Aramäern vor. (Meyer ibd. S. 375)
Der Ägyptologe Adolf Erman bestätigt die Tradition in Ägypten: »Die Sitte der Beschneidung, durch die andere Völker sich stolz von ihren Nachbarn scheiden, war bei den Ägyptern wohl von jeher in Gebrauch, doch wüsste ich nicht, dass sie dieser Sitte je eine ähnliche Bedeutung beigelegt hätten, wie es die Juden und Moslims tun, bei denen der zahlreichen Völkern gemeinsame Brauch zu einem religiösen Unterscheidungsmerkmal geworden ist.«


Tja, wieder einmal „Ägypten“…

Weiter heisst es:

Meyer weist auch auf den Weg der Verbreitung der Beschneidung hin und stellte fest: »Die Weihe des männlichen Geschlechtsgliedes durch Beschneidung vor Eintritt der Pubertät scheint nicht ursemitisch, sondern entsprechend der Tradition Josua, 9 und Herodot II 104, von Ägypten aus zu den Hebräern und Phoenikern gedrungen zu sein; von hier aus hat sie sich zu den Arabern verbreitet (bei denen in der Regel auch die Töchter beschnitten werden, wie auch in Afrika vielfach), kommt dagegen, soweit wir wissen, weder bei den Babyloniern noch bei den Aramäern vor. (Meyer ibd. S. 375)
Der Ägyptologe Adolf Erman bestätigt die Tradition in Ägypten: »Die Sitte der Beschneidung, durch die andere Völker sich stolz von ihren Nachbarn scheiden, war bei den Ägyptern wohl von jeher in Gebrauch, doch wüsste ich nicht, dass sie dieser Sitte je eine ähnliche Bedeutung beigelegt hätten, wie es die Juden und Moslims tun, bei denen der zahlreichen Völkern gemeinsame Brauch zu einem religiösen Unterscheidungsmerkmal geworden ist.«


Ja, die Hebräer waren wohl sehr beeindruckt von der Hochkultur Ägyptens und haben einfach abgekupfert.
Irgendwann sind auch die Römer auf den „Gottessohn“-Wagen aufgesprungen und haben letztlich mit der „Einigung des Christentums“ dieses Konzept in den Köpfen festgemeisselt.

Zusatz aus dem letzten Link:

Es steht ganz außer Frage, dass alle widernatürlichen, gegen die Sexualität gerichteten Gebote, Verbote und Eingriffe Relikte aus der Bronzezeit sind, aus der Zeit der Erfindung der Metallurgie und damit der Waffen, die eine unheimliche Gier nach Macht und eine unsägliche Tötungs- und Eroberungslust entfachten. Es war die Zeit, als Junggesellenbanden patriarchaler, indoeuropäischer Waffenschmiede, ehemaligen Hirtennomaden und Pferdezüchtern, begannen, die damalige matriarchale Welt sukzessive zu überfallen, zu erobern und zu beherrschen. Hirtenstab und Geißel waren bei den Pharaonen und sind bei den christlichen Klerikern, bei Bischöfen und dem Papst, noch immer Zeugen ihrer Herkunft. Die arische Priesterkaste, welche die Eroberer begleitete, sind die Erfinder der ersten männlichen Götter, Propagandisten (›Missionare‹) und Mythenerfinder. Sie rechtfertigten die Überfälle damit, dass sie im Auftrag der von ihnen erfundenen männlichen Götter geschahen.

Ja sowas, auch der "Hirtenstab" - "na, das erstaunt uns jetzt aber" :-)

„Aber nein, das darf uns doch heute nicht mehr interessieren, denn was ist, wenn es gaaanz gaaanz wirklich so war“… :-)

=> dann hätte „Gott“, was auch immer das sein soll, das allmächtig lustige Ägypten-Theater nachgespielt – peinlich, peinlich, peinlich…

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sven23
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#644 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » So 14. Jan 2018, 07:31

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nur den Standpunkt der Glaubensdogmatiker,
Wir halten fest: Die eine Hermeneutik ist in Deiner Welt wissenschaftlich, die andere nicht.
Nicht jede Hermeneutik ist in der historischen Forschung zu gebrauchen. Das solltest du mal langsam begreifen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Willkommen in der Gegenwart.
Wie wär's mal mit Zukunft?
Ich habe keine Glaskugel, du?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn du die Fachliteratur nicht scheuen würdest wie der Teufel das Weihwasser, könntest du dich selbst davon überzeugen.
Alte Ausrede: Du versuchst in Münchhausen-Manier innerbetriebliche Abläufe der HKM zum Maßstab dafür zu nehmen, was HKM im Verhältnis zur Theologie ist bzw. sein kann. - Dieser Ansatz ist falsch.
Es geht zunächst mal nur darum, dass du dich mal selber informierst, um nicht ständig anderen vorwerfen zu können, sie würden alles falsch darstellen.

closs hat geschrieben: Im übrigen habe ich in Kenntnis von wissenschaftlicher Literatur (in anderen Disziplinen) so viel Respekt davor, dass ich diese NICHT ideologisch einspannen will - und darum geht es Dir. - Dir geht es NICHT um Wissenschaft, sondern um Verwertung von Wissenschaft für Deine Zwecke.
Es geht mir um die Ergebnisse der historischen Forschung. Diese werden doch nur deshalb als ideologische diffarmiert, weil sie nicht gefallen. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau das ist damit gemeint. Die Überlieferung gilt in diesem Punkt als authentisch, gerade weil sie sich schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hat.
Zirkelreferent.
:lol: :lol: :lol:
Was besseres fällt dir nicht ein? Davon abgesehen, dass hier weit und breit kein Zirkelbezug zu sehen ist, ist doch der tradierte Irrtum, den man einfach nicht unter den Tisch fallen lassen konnte, weil er im Zentrum von Jesu Verkündigung stand, ein ganz starkes Indiz.

SPIEGEL: Hat sich Jesus in der Erwartung geirrt, das Weltende und das Reich Gottes seien nahe? Es gibt Jesus-Worte, die dies vermuten lassen, das bekannteste findet sich im Markus-Evangelium Kapitel 9, Vers 1: "Unter denen, die hier stehen, sind einige, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie gesehen haben, dass das Reich Gottes mit Macht gekommen ist."
Lindemann: Viele Exegeten lösen das Problem, indem sie Jesus diese Aussage absprechen. Dafür gibt es auch gute Argumente. Andererseits halte ich es für unwahrscheinlich, dass der Evangelist Markus dieses Wort Jesus in den Mund gelegt hat. Es hatte sich ja schon zu Markus'' Lebzeiten als Irrtum erwiesen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bei Glaubenshermeneutik schon, deshalb ist sie ja unbrauchbar in der historischen Forschung.
Natürlich ist die EINE Hermeneutik nicht brauchbar in einer anderen Hermeneutik - was soll das?
Dann solltest du nicht ständig behaupten, dass mit nicht geeigneten Methoden in der historischen Forschung zu besseren Ergebnissen kommen kann, als mit der historischen Forschung selber.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Damit ist gemeint, dass dein oft zitierter Glaubensvorbehalt in der historischen Kirche keine Rolle gespielt hat, da man sich im Besitz der Wahrheit wähnte.
Das hat dir Münek aber auch schon - offensichtlich vergeblich- des öfteren zu erklären versucht.
Und Ihr habe beide die Antwort nicht kapiert, wonach dieser Glaubensvorbehalt im Handeln keine Rolle mehr spielt, wenn er einmal vorab gesetzt wird.
Das ist doch Unfug. Nach dieser Logik könnte ein Kurzzeitkreationist "realitätsbezogen" beweisen, dass die Erde 5000 Jahre alt ist. Das führt zu nichts brauchbarem.


closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Das Lächerliche an euren Diskussionen ist, dass closs dasselbe mit dem gleichen Ziel macht, um seinem ideologischen Modell einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben.
Merkwürdiger Vergleich. - Ich stelle fest, dass der kategoriale Unterschied zwischen methodischen Koordinaten-Systemen und "dem, was IST/NICHT-ist", schwer bis nicht vermittelbar ist.
Nein, es trifft den Punkt. Dein Glaube genügt dir nicht, deshalb willst du die wissenschaftliche Absolution, die es aber in Wonderland nicht geben kann.
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#645 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » So 14. Jan 2018, 07:46

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:man sollte schon aus Gründen der intellektuellen Redlichkeit historische Fakten nüchtern sehen.
Welche "Fakten"? - Das, was die HKM aufgrund ihrer Voraussetzungen und Ziele als methodische Ergebnisse erzielt? - Oder "das, was der Fall ist"?
Geschehnisse, welche nach Deiner Redewendung "historisch möglich sein könnten", sind jedenfalls keine Fakten. Und "das, was der Fall ist oder auch nicht ist", ist ein gern von Dir angeführtes tautologisches Pseudoargument ohne jeglichen Erkenntniswert.

Die Ergebnisse der historisch-kritischen Forschung haben hypothetischen Charakter mit einem mehr oder weniger hohen Wahrscheinlichkeitsgrad. Wenn in einer historischen Frage ein Konsens unter den Exegeten besteht, kann man davon ausgehen, dass die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit des einvernehmlich erzielten Ergebnisses sehr hoch ist.

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#646 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von sven23 » So 14. Jan 2018, 08:05

Andreas hat geschrieben:Theißen auf S. 274 zum wunderbaren Seewandel - also kurz vor deinem Zitat, Münek:
Auch hier haben Erzähler die Geschichte geformt, die mit dem Osterglauben vertraut waren - und das waren gewiss Anhänger Jesu. Die ganze Geschichte setzt sachlich den Osterglauben voraus: Nur ein göttliches Wesen kann über das Wasser gehen.
Inhalte des Glaubens und somit die Göttlichkeit Jesu sind Thema, und werden nicht von der Jesus-Forschung bei Theißen ausgeklammert, wie du behauptet hast. Wie sollte das auch gehen, da die Bibel schließlich eine der wichtigsten Glaubensgrundlagen des Christentums ist?
Moment, Münek meint doch, dass die Forschung Glaubensinhalte und Wunderglauben nicht auf deren Realitätsgehalt bewerten kann.
Deshalb beschränkt sie sich auf die Beschreibung derselben.
Aber wie schon oft gesagt: der Glaube an Wunder belegt nicht die Wunder, der Glaube an Gott belegt nicht Gott, selbst wenn er von einem besonders religiösen Wanderprediger vorgelebt wird.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#647 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » So 14. Jan 2018, 08:22

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"Das, was der Fall ist", weiß niemand. Deshalb als gern von Dir ins Feld geführtes "Argument" absolut untauglich. Dieses Pseudo-Argument kannst Du Dir in Zukunft sparen.
Im Gegenteil - denn das, was WIRKLICH war, ist nach wie vor der Orientierungspunkt, den wir selbstverständlich nicht kennen, aber der halt trotzdem das Maß aller Dinge ist.
Wie willst Du etwas als Maßstab nehmen, wenn Du dieses "etwas" nicht kennst und auch nicht kennen kannst, also völlig im Dunkeln tappst?

closs hat geschrieben:Du verwechselst - wie Sven - nach wie vor "methodische Ergebnisse" mit "dem, was ist".
Das redest Du Dir ein - stimmt aber nicht. Die HKM operiert ganz dizipliniert nur mit mehr oder weniger hohen "Wahrscheinlichkeiten". Das ist uns bekannt und wird von uns regelmäßig Dir gegenüber erwähnt, wenn Du es mal wieder vergessen zu haben scheinst. So wie jetzt. :lol:

closs hat geschrieben:"Methodische Ergebnisse" sind immer anthropogen und in der Hoffnung erstellt, dass sie mit dem, was ist, übereinstimmen - mehr nicht.
Das genügt völlig.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nicht an einer Stelle berichten die Evangelien davon, dass Jesus "zur Hölle niedergefahren" ist, um "Tote zu erlösen".
Bei Paulus und Petrus wird es thematisiert, nicht in den Evangelien. - Offenbar spielt es in der Theologie eine Rolle.
Dass von einer "Höllenfahrt Jesu" in den Evangelien nichts berichtet wird, stimmt Dich nicht nachdenklich? War es nicht vielmehr so, dass Jesus einem Mitgekreuzigten versprach, noch heute mit ihm im Paradies zu sein?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn Dir nichts mehr einfällt, ziehst Du simsabim eine Chiffre aus dem Ärmel. Diesen Zinnober kannst Du Dir sparen.
Ebenfalls nicht. - Auch hier gilt: Man muss unterscheiden lernen zwischen "dem, was da steht", und "dem, wofür es steht". - Sprache ohne Inhalt ist Kokolores.
Von fehlendem Inhalt kann bei mythologischen Vorstellungen nun wahrlich keine Rede sein.

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#648 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Andreas » So 14. Jan 2018, 09:07

sven23 hat geschrieben:Moment, Münek meint doch, dass die Forschung Glaubensinhalte und Wunderglauben nicht auf deren Realitätsgehalt bewerten kann.
Eben. Deshalb kann die Forschung nicht zu dem platten Ergebnis kommen. "Jesus irrte sich in seiner Naherwartung des Reiches Gottes." Dass Jesus irgendetwas vom Reich Gottes gesagt hat, dürfte klar sein.

Man kann erforschen, was die Verfasser der Schriften unter Reich Gottes verstanden haben und wie die damaligen Leser das vermutlich verstanden haben. Da zeigen sich dann ganz unterschiedliche Auffassungen, schon bei den Verfassern, aber auch bei den damaligen Lesern bzw. Hörern - besonders zwischen Juden und Christen, die das sehr verschieden interpretiert haben. Messias im Gegensatz zu Christus führte zur Trennung von Judentum und Christentum.

Wenn Christen glaub(t)en, dass das Reich Gottes mit Jesus präsentisch schon da ist, und sich ihr Leben aufgrund dieser Vorstellung ganz real verändert, wie z.B. bei Paulus der vom Juden mindestens zum Judenchristen wird, und sich das im Umgang mit anderen auswirkt - positiv wie negativ - kann die Forschung das durchaus historisch bewerten. Das Christentum ist eine reale Veränderung der Welt(geschichte). Ob es Gott wirklich gibt oder nicht - dass kann niemand bewerten - wozu auch - um aus Glauben Wissen zu machen?
sven23 hat geschrieben:Aber wie schon oft gesagt: der Glaube an Wunder belegt nicht die Wunder, der Glaube an Gott belegt nicht Gott, selbst wenn er von einem besonders religiösen Wanderprediger vorgelebt wird.
Natürlich nicht. Das ist doch dein Problem, wenn du auf "Belege" pochst und nicht meines.

Theißen fragt gar nicht nach Belegen dafür - liefert aber auch keine Belege dagegen. So stellt ihr aber Theißen immer dar, als ob er das täte, und als ob das Ergebnis seiner wissenschaftlichen Forschung wäre: "Jesus hat sich mit der Naherwartung des Reich Gottes geirrt". Er belegt auch nicht, dass es keine Wunder gibt. Das stimmt einfach nicht, wenn das behauptet wird, und zumindest Münek weiß dass auch sehr genau. Theißen und die Jesus-Forschung sind halt nicht die Wasserträger des Neuen Atheismus.
Ich glaube nicht an Wunder, habe aber eine plausible Vorstellung davon, was mit diesen Erzählungen über Christus ausgedrückt werden soll. Ich habe auch eine Vorstellung vom Reich Gottes, die nicht mit der Naturwissenschaft kollidiert. Das präsentisch verstandene Reich Gottes ist eine erlebbare Veränderung in meinem Lebengefühl und das futurische, eschatologische Reich Gottes erscheint mir als Gläubigem, so nahe wie mein Tod. Wenn sich jemand irrt, dann ich.

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#649 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » So 14. Jan 2018, 11:48

SilverBullet hat geschrieben:@closs"das, was der Fall ist"
Durchaus richtige Beispiele, die Du da bringst. - Ja - man würde in allen Fällen fragen, "was der Fall sein kann". - Je nach Hermeneutik wird man zum ERgebnis kommen, dass man die wissenschaftliche Bearbeitung mancher Optionen als unrealistisch weglässt - konkret: "Wir glauben nicht, dass Hatschepsut wirklich göttlich war und untersuchen es deshalb nicht unter historischen Gesichtspunkten".

Nicht mehr wird von der HKM erwartet, als dass auch sie sich zu ihrer Hermeneutik bekennt, welche sein KÖNNTE:
"Wir glauben nicht, dass Jesus wirklich göttlich war und untersuchen diesen Fall deshalb nicht unter historischen Gesichtspunkten".

So weit alles im grünen Bereich. - Der rote Bereich kommt erst dann, wenn man sagt:
1) Wir haben KEINE Hermeneutik, sondern sind Wissenschaftler und somit absolut neutral.
2) Trotzdem interpretieren wir die Bibel historisch so, als sei Historie ausschließlich ein naturalistischer Wirkungszusammenhang.

Also entweder 1) oder 2).

sven23 hat geschrieben:Nicht jede Hermeneutik ist in der historischen Forschung zu gebrauchen.
Welch eine sensationelle Erkenntnis - das ist doch gerade der Gag, dass die historisch-kritische Exegese ihre eigene, spezifische Hermeneutik hat.

sven23 hat geschrieben:Es geht zunächst mal nur darum, dass du dich mal selber informierst, um nicht ständig anderen vorwerfen zu können, sie würden alles falsch darstellen.
Das, was ich vorwerfe, bezieht sich nicht auf das Innenleben der HKM, sondern auf Eure Einschätzung dessen, was HKM kann und nicht kann.

sven23 hat geschrieben:Es geht mir um die Ergebnisse der historischen Forschung. Diese werden doch nur deshalb als ideologische diffarmiert, weil sie nicht gefallen.
Das zeigt wieder mal, wie daneben Du denkst - denn:
1) Die Sachergebnisse der HKM sind sogar in der RKK anerkannt.
2) Der interpretativen Hermeneutik der HKM stellt die Christliche Hermeneutik im Sinne von Apg. 8,30 andere Hermeutiken gegenüber.
Mit anderen Worten: Für "das, was im Denken Jesu damals der Fall war" ist die HKM eine Grundlage, aber nicht notwendigerweise die Lösung.

sven23 hat geschrieben:Was besseres fällt dir nicht ein?
Es gibt nichts besseres dazu zu sagen.

sven23 hat geschrieben: Davon abgesehen, dass hier weit und breit kein Zirkelbezug zu sehen ist
DU siehst ihn nicht.

Natürlich ist die Tatsache, dass Jesus "das nahe Reich Gottes" in den Mittelpunkt stellte, ein Hinweis darauf, dass dementsprechende Aussagen authentisch sind. - Aber damit ist doch überhaupt nicht geklärt, was er damit gemeint hat. - Dein Zirkelschluss besteht darin, dass Du ihm eine Verständnis-Version vorab unterstellst, die Du dann gleichzeitig als Ergebnis wissenschaftlicher Untersuchtung bezeichnest. - Du "beweist" Deine (wahrscheinlich irrige) Vorannahme.

sven23 hat geschrieben:Dann solltest du nicht ständig behaupten, dass mit nicht geeigneten Methoden in der historischen Forschung zu besseren Ergebnissen kommen kann, als mit der historischen Forschung selber.
Wenn Du "historisch" auch ontisch und nicht nur methodisch verstehst, kann eine andere Hermeneutik sehr wohl näher an den wirklichen Jesus kommen. - Dein altes Problem: Du verwendest "historisch" als synonym für "historisch-kritisch" (also methodisch) und benutzt dieses Wort gleichzeitig ontisch ("wirklich").

sven23 hat geschrieben:Das ist doch Unfug. Nach dieser Logik könnte ein Kurzzeitkreationist "realitätsbezogen" beweisen, dass die Erde 5000 Jahre alt ist.
Dazu gibt es zwei Antworten:
1) Nachdem "Beweis" ein innermethodischer Vorgang ist, kann man in der Tat Unfug beweisen:
a) Voraussetzung: "Alle Menschen haben 2 Köpfe und eine Leber"
b) Behauptung: "Deutschland zählt ca. 160 Mio Köpfe"
c) Beweisführung: "Wir haben eine Volkszählung in allen Gemeinden gemacht und die Namen aller Lebenden zusammengezählt - das wissenschaftliche Ergebnis lautet: 81 Mio Namen = 162 Mio Köpfe.
q.e.d.

2) Deshalb ist die Hermeneutik ("Vorannahmen") so wichtig, auf der man wissenschaftlich arbeitet.

sven23 hat geschrieben: Dein Glaube genügt dir nicht, deshalb willst du die wissenschaftliche Absolution, die es aber in Wonderland nicht geben kann.
Es geht eben NICHT um Glaube, sondern um Logik. - Die Erkenntnis, dass "das, was wir erkennen" kategorial nicht dasselbe ist, wie "das, was ist", ist keine Glaubens- Erkenntnis.

closs
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#650 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » So 14. Jan 2018, 11:58

Münek hat geschrieben:Wie willst Du etwas als Maßstab nehmen, wenn Du dieses "etwas" nicht kennst und auch nicht kennen kannst, also völlig im Dunkeln tappst?
Trotzdem bleibt es das Entscheidende. - In der Praxis heißt dies, dass man eigene Maßstäbe (die man ja braucht) immer mit Vorbehalt einsetzt, also nicht verabsolutiert.

Konkret: "Dies ist universell wahr, WENN mein Glaubensentscheid/meine Hermeneutik die richtige ist - OB letzteres richtig ist, ist nicht falsifizierbar".

Münek hat geschrieben:Die HKM operiert ganz dizipliniert nur mit mehr oder weniger hohen "Wahrscheinlichkeiten".
"Wahrscheinlich" gemessen an was? - Richtig: An der eigenen Hermeneutik. :)

Münek hat geschrieben:Dass von einer "Höllenfahrt Jesu" in den Evangelien nichts berichtet wird, stimmt Dich nicht nachdenklich? War es nicht vielmehr so, dass Jesus einem Mitgekreuzigten versprach, noch heute mit ihm im Paradies zu sein?
1) Man sollte Einzelszenen nie gegenseitig verrechnen, weil sie immer situativ sind.
2) Beide Aussagen können gleichzeitig richtig sein - man muss sie nur verstehen.

Münek hat geschrieben:Von fehlendem Inhalt kann bei mythologischen Vorstellungen nun wahrlich keine Rede sein.
Eben - sie haben einen Inhalt, weil sie für etwas stehen.

Münek hat geschrieben:Geschehnisse, welche nach Deiner Redewendung "historisch möglich sein könnten", sind jedenfalls keine Fakten.
Was ist ein "Faktum"? - Etwas, was man methodisch-intern erschließt? Oder das, was der Fall ist ("Wirklichkeit")?

Im ersten Fall kann es widersprüchliche Fakten zum Selben geben - dann kann es heißen:
1) Es ist Faktum, dass Jesus eine Naherwartung hatte.
2) Es ist Faktum, dass Jesus KEINE Naherwartung hatte.

Welche Definition von "Faktum" ziehst Du vor? - Die methodische oder die wirkliche?

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