Alles Teufelszeug? VII

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Halman
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#61 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Halman » So 10. Sep 2017, 19:21

Pluto hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Belege für Fälschung? Immer noch Fehlanzeige.
Ach Roland... vertrittst du immer noch die Masche, "Was nicht sein darf, kann auch nicht sein"?
Dies könnte man der "kritischen Fraktion" auch entgegenhalten. ;)

Pluto hat geschrieben:Mach dir doch mal die Mühe und nimm dir die Geburtsgeschichte Jesus vor: Lese die entsprechenden Kapitel bei Matthäus (Kapitel 1) und danach bei Lukas (Kapitel 2). Wie viel Übereinstimmung findest du? Aber wir wissen, beide Geschichten können nicht wahr sein; eine muss erfunden oder schlimmer noch erlogen sein.
Und was, wenn sie harmonisierbar wären? Vielleicht kann ich es ja, will es nur nicht, weil es 1. sehr arbeitsaufwändig wäre und 2. hier höchstwahrscheinlich unabhängig davon, wie schüssig ich argumentiere, meine Harmonisierung abgeleht werden würde (womit meine Mühe für die Katz wär').

Pluto hat geschrieben:Wenn du das getan hast, nimm die verschiedenen Geschichten der Auferstehung. War nun ein Stein vor dem Grab, oder stand er daneben. Wie hießen die Frauen, die das leere Grab fanden? Auch hier wieder, kann nur eine Version stimmen.
Vermutlich stimmen alle 4 nicht, denn die Geschichten wurden Jahrzehnte lang von Mund zu Mund erzählt, bevor sie niedergeschrieben wurden.
Also gab es keine Login-Quelle Q? Gut möglich.

Hier kenne ich übrigens zwei Harmonisierungen, eine steht im kanonischen Markusschluss (welche sich allerdings nur auf die synoptischen Narrationen bezieht).

Pluto hat geschrieben:Fazit:
In jener fernsehlosen Zeit, nahm man es mit der Wahrheit nicht so genau: Man wollte zu allererst Eindruck auf die Hörer und Leser machen. Kommt hinzu, dass sich beim späteren Kopieren, kleine bis große Fehler einschlichen, oder es wurde sogar bewusst manipuliert, wie uns das Ende des Markusevangeliums beweist.
Dabei handelt es sich um einen bekannten Zusatz.

Übrigens, Dein kritischer Ansatz, auf diese Weise die Texte zu analysieren, birgt meiner Meinung nach einen ungünstigen Nebeneffekt: Man anayliert die Texte kaputt. Anstatt die Narrationen auf sich wirken zu lassen, werden sie "kühl" und "distanziert" gelesen, ohne Emotion.
Wie sollen dann die Texte noch das "Herz" des Rezipienten ansprechen? Die Bibel wurde doch in einer lebendigen Sprache verfasst, mit einer Botschaft, die sich zunächst an Bauern, Hirten und Tagelöhnern richtete.
Wenn man z.B. ein Sonett nur doch daraufhin analysiert, ob es in Form von Quartetten und Terzetten vorliegt, anstatt die Lyrik "lebendig" auf sich wirken zu lassen, verfehlt man als Leser doch den Sinn eines solchen Gedichtes.
Schaust Du auch so "kalt" und analytisch Spielfilme oder verfolgst Du so nüchtern Theatervorführungen? Bei diesen kritischen Diskussionen fange ich ja auch schon an die Kreuzigungs-Narrationen "kühl" und analytisch zu lesen, aber sie entfalten so kein "Leben" mehr - ich werde nicht mehr ergriffen.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#62 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Pluto » Mo 11. Sep 2017, 10:22

Halman hat geschrieben:Übrigens, Dein kritischer Ansatz, auf diese Weise die Texte zu analysieren, birgt meiner Meinung nach einen ungünstigen Nebeneffekt: Man analysiert die Texte kaputt. Anstatt die Narrationen auf sich wirken zu lassen, werden sie "kühl" und "distanziert" gelesen, ohne Emotion.
Richtig. Will man sich aber der Wahrheit nähern, so ist dies der einzig richtige Weg.

Halman hat geschrieben:Schaust Du auch so "kalt" und analytisch Spielfilme oder verfolgst Du so nüchtern Theatervorführungen? Bei diesen kritischen Diskussionen fange ich ja auch schon an die Kreuzigungs-Narrationen "kühl" und analytisch zu lesen, aber sie entfalten so kein "Leben" mehr - ich werde nicht mehr ergriffen.
Wenn ich weiß, dass etwas Fiktion ist, dann lehne ich mich zurück und genieße die emotionalen Momente.
Ist es denn bei der Bibel anders?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Roland
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#63 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » Mo 11. Sep 2017, 11:32

Pluto hat geschrieben: Mach dir doch mal die Mühe und nimm dir die Geburtsgeschichte Jesus vor: Lese die entsprechenden Kapitel bei Matthäus (Kapitel 1) und danach bei Lukas (Kapitel 2). Wie viel Übereinstimmung findest du?
1. Die Geburt wird von einem Engel angekündigt. (Mt. 1, 21; Lk. 1, 26 ff.)
2. Maria und Josef waren verlobt (Mt. 1, 18; Lk. 1, 27)
3. Jungfrauengeburt durch den Heiligen Geist (Mt.1, 20+23; Lk. 1, 27+35)
4. Die Geburt geschah unter Herodes dem Großen (Mt. 2, 1; Lk.1, 5)
5. Die Geburt fand in Bethlehem statt (Mt. 2, 5; Lk. 2, 4)
6. Anschließend lebten sie in Nazareth ( Mt. 2, 23; Lk. 2, 39)

Also alles Wesentliche stimmt überein.

Pluto hat geschrieben: Aber wir wissen, beide Geschichten können nicht wahr sein; eine muss erfunden oder schlimmer noch erlogen sein.
Beide ergänzen sich, wie Halman richtigerweise schreibt. Was der eine weglässt, berichtet der andere. Der Schluss, eine der Geschichten müsse erfunden sein, ist nicht plausibel.

Pluto hat geschrieben: Wenn du das getan hast, nimm die verschiedenen Geschichten der Auferstehung. War nun ein Stein vor dem Grab, oder stand er daneben. Wie hießen die Frauen, die das leere Grab fanden? Auch hier wieder, kann nur eine Version stimmen.
Entscheidend sind die Übereinstimmungen! Jesus ist am dritten Tag auferstanden, das Grab war leer und er hat sich gezeigt. Hier stimmen alle Versionen überein! Nebensächlich, wo nun der Stein stand usw. Jeder berichtet aus seiner Perspektive, wie das sooft geschieht, wenn von verschiedener Seite über dasselbe Ereignis berichtet wird, da kommt es zu kleinen Ungenauigkeiten.
Das ist eher ein Zeichen dafür, dass an den Texten nichts verändert wurde. Sie wurden, trotz der leicht unterschiedlichen Darstellungen, nebeneinander in den Kanon übernommen, nichts wurde manipuliert, geglättet oder angeglichen.

Pluto hat geschrieben: Vermutlich stimmen alle 4 nicht, denn die Geschichten wurden Jahrzehnte lang von Mund zu Mund erzählt, bevor sie niedergeschrieben wurden.
Auch das ist eine reine Vermutung. Wer sagt denn, dass bis zur Verfassung der Evangelien nichts niedergeschrieben wurde? Kannst du das ausschließen?

Pluto hat geschrieben:Fazit:
In jener fernsehlosen Zeit, nahm man es mit der Wahrheit nicht so genau
Und das Fernsehen hat uns zu wahrheitsgetreuen Menschen gemacht, genau Pluto! :lol:

Pluto hat geschrieben:…wie uns das Ende des Markusevangeliums beweist.
Das beweist gar nichts. Manipulation schon gar nicht. Niemand weiß, ob das Markusevangelium urspünglich mit 16, 8 endete oder ob der Schluss schlicht mal verloren gegangen war und dann wieder aufgetaucht ist. Wir sind auf Vermutungen angewiesen, es gibt keine Beweise.
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#64 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » Mo 11. Sep 2017, 11:37

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nee, die Glaubensentscheide gehen der wissenschaftlichen Tätigkeit voraus. An die Erforschung und die Exegese der Bibel kann man nicht voraussetzugnslos herangehen. Da hat Bultmann recht.
Wenn ich vorausssetze, dass es einen handlenden Gott gibt, komme ich zu anderen Ergebnissen, als wenn ich praktisch von vorherein das gesamte Buch als eine einzige Lüge betrachte, denn sie beschreibt diesen Gott von A-Z.
Handelnde Götter gibt es in unzähligen Texten. Warum sollte ausgerechnet die christliche Mythologie einen Vorrang vor allen anderen haben? Nur weil du in dieser Religion sozialisiert worden bist?
So kann Wissenschaft nicht vorgehen und wenn du ehrlich bist, weist du das auch.
Niemand sagt, dass das Christentum einen Vorrang haben muss. Aber wir reden hier nunmal über Bibelexegese.

sven23 hat geschrieben: Wie Ratzinger richtig sagt, hat die HKM keine a-priori Setzung. Deshalb kann sie auch nicht wie die kanonische Exegese zirkelreferent arbeiten.
Schriebst du nicht vorgestern um 18:38h: "Welche "ernsthafte Geschichtswissenschaft" setzt denn den Glauben an Götter voraus?"
A-priori Setzung der Wissenschaft ist demnach: Es gibt keinen Gott.
Und es ist tatsächlich so, dass göttliches Handeln von vornherein ausgeschlossen wird. Gott ist maximal eine Idee aber keine Realität. A-priori-Setzung!

sven23 hat geschrieben: Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.

Auf diesem Zirkelschluss von Paulus fußt das ganze neue Testament.
Ich sehe da keinen echten Zirkel. Wenn ich ein Buch lese und der Autor behauptet in dem Buch, dass alles was er darin schreibt von jemand anderem inspiriert wurde, dann kann ich ihm das glauben oder nicht. Wo ist da der Zirkel? Wenn die Autoren der Bibel schreiben, sie seien vom Heiligen Geist getrieben, kann ich ihnen das glauben oder nicht. Ein Zirkel wäre es, wenn ich die Behauptung der Autoren als Beweis hernehmen würde, dass es so ist.
Es ist aber eine Frage des Glaubens oder Nichtglaubens.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Habe nicht behauptet, dass sie das muss. Schließt sie aber bei der Untersuchung der Bibel die Existenz Gottes aus, dann handelt sie genauso ideologisch, wie wenn sie erstmal von der Wahrheit der Bibel und der Existenz Gottes ausginge. Und beides ist möglich.
Nein, das hat überhaupt nichts mit Ideologie zu tun, sondern mit kritischer Überprüfung.
Wenn man z. b. überprüfen will, ob Globuli wirken, müßte man deiner Ideologie folgend erst mal voraussetzen, dass sie wirken. Also ein reiner Zirkelschluss.
Der Vergleich hinkt. Ob Globuli wirken oder nicht, das kann man empirisch feststellen. Das gehört zur messbaren Seite der Welt. Ob es Gott gibt oder nicht, gehört zur nicht messbaren Seite der Welt. Hier muss man zwangsläufig eine Glaubensentscheidung treffen. Und je nachdem, wie die ausfällt, sehen auch die Ergebnisse aus.

sven23 hat geschrieben: Die Forschung macht keine Aussagen über die Existenz von Göttern und Wundern, sie beschreibt den Glauben an sie. Das wird von Gläubigen immer wieder vergessen.
Weil es falsch ist. Die HKM setzt voraus, dass es ein übernatürliches Wesen nicht gibt, welches z.B. die Schrift inspiriert haben könnte. Und legt entsprechend alles, was die Bibel über das Handeln Gottes berichtet naturalistisch aus. Heilungswunder werden z.B. nur akzeptiert, sofern sie auch von einem Heilpraktiker des 21. Jahrhunderts hätten vollbracht werden können. Die Teilung des Meers beim Auszug der Israeliten aus Ägypten, wird mit einem natürlichen Wetterphänomen erklärt. Gott kann nicht handeln, weil es ihn in deren Sicht nicht gibt, höchstens als Idee, und alles muss naturalistisch erklärt werden.
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#65 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » Mo 11. Sep 2017, 11:40

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Die Tatsache, dass man etwas für wünschenswert hält, ist kein Argument gegen dessen Existenz! Vielleicht im Gegenteil: Die Existenz von Durst lässt auf die Existenz von Wasser schließen.
In der Atacamawüste gibt es Gegenden, in denen es seit 20 Millionen Jahren nicht mehr geregnet hat. Da kannst du so viel Wasser herbeiwünschen, wie du willst.
Stimmt. Dennoch existiert Wasser. Nur eben dort nicht. Und der Durst in der Atacamawüste ist auch dort ein deutlicher Hinweis, dass es irgednwo Wasser geben muss.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: M.a.W. , wenn der Atheismus wahr ist, dann GIBT es keinen letzten Sinn.
Muss es denn einen Sinn haben, der sich im Jenseits manifestiert? Ist nicht der Wunsch Vater des Gedankens (Glaubens)?
Mag sein. Aber es gibt buchstäblich nichts, was das beweisen könnte. Im Gegenteil: Es gibt Jesus, es gibt den Gott, der sich offenbart hat und der Mensch wurde! Also umgekehrt: muss denn die ganze Welt unbedingt ein sinnloser Zufall sein? Was ist an dieser Vermutung plausibel und erstrebenswert?

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Belege für Fälschung? Immernoch Fehlanzeige. Dass es David Friedrich Strauss aus so sah, ist kein Beleg und es verwundert auch nicht, war er doch ein geistiger Vorfahre Bultmanns.
Die Belege sind vielfach von der Forschung aufgezeigt worden.
Vermutungen sind geäußert worden, mehr nicht. Mehr geht gar nicht.

sven23 hat geschrieben: Das ist ein riesiges Feld. Auch hier wäre der Rat an dich, (wie bei closs) dich mit entsprechender Fachliteratur zu beschäftigen, wenn ein wirkliches Interesse besteht.
Kubitza oder was? Das ist keine Fachliteratur sondern Atheisten-Propaganda.

sven23 hat geschrieben: Der 2. Petrusbrief ist u. a. geschrieben worden, um die Kritik an der ausgebliebenen Naherwartung zu erwidern, allerdings wenig glaubhaft. Götter hätten eben ein anderes Zeitmass als Menschen, wird gesagt.
3 Verse gegen Ende des Briefes handeln von diesem Thema. Eine Randnotiz und sie ist absolut einleuchtend. Es stimmt: Gott hat ein anderes Zeitmaß als der Mensch.

sven23 hat geschrieben: So gilt es heute in der neutestamentlichen Wissenschaft als erwiesen, dass viele Schriften
einen falschen Verfassernamen tragen

Kubitza, Der Jesuswahn
Kein Wissenschaftler, der sich mit uralten Schriften befasst, würde das Wort "erwiesen" auch nur in den Mund nehmen. Die Rekonstruktion der Vorgeschichte und der Autorenschaft antiker schriftlicher Texte, basiert IMMER sehr stark auf Vermutungen und Hypothesen.
Deshalb sagt Gerd Theißen richtigerweise: "Wissenschaft sagt nicht: »so war es« sondern: »So könnte es aufgrund der Quellen gewesen sein.« " (Der historische Jesus, S. 5) Und diesen Vermutungen gehen immer Vorentscheidungen voraus. Oder wie Theißen es nennt: axiomatische Überzeugungen.
Sowohl die religiöse, als auch die historische Imagination, so Theißen, wird von Grundüberzeugungen bestimmt (S. 31).
Welche die Richtige ist, können wir nicht wissen. Es ist eine Frage des Glaubens, wir sind in unserer Entscheidung hier völlig frei.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nein. So war es ja auch zunächst. Er selbst ist ja nicht nach Griechenland oder Rom gegangen sondern NUR zu den Juden.
Und genauso zweifele ich nicht an Jesu Aussage: "Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur." Mk. 16, 15
Das sind aber sich diametral widersprechende Aussagen. Warum sollte ein Gott seine Meinung innerhalb kurzer Zeit um 180° drehen?
Tut er ja nicht. Jesus wird zu den Juden gesandt und Jesus sendet am Ende die Juden zum Rest der Welt.
Was geschehen wäre, wenn die jüdische Geistlichkeit in ihm den Messias erkannt hätte, bleibt Spekulation.
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#66 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » Mo 11. Sep 2017, 11:44

Zeus hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Genau. Aufklärung darüber, dass die HKM keine ersthafte, objektive Geschichtswissenschaft betreibt sondern dass sie ein Forschungsprogramm zur Unglaubhaftmachung der biblischen Texte darstellt.
Du irrst.
Die historisch-kritische Methode ist heutzutage als grundlegende Methode der Bibelauslegung in den evangelischen und in der katholischen Kirche anerkannt
Deshalb bleiben ja auch die Kirchenbänke mehr und mehr leer. Wenn die Kirchen nicht mehr an Gott glauben sondern nur noch an eine "Idee vom Guten" und sie sich letztendlich nicht mehr von NGOs unterscheiden, dann kann ich auch gleich zu Greenpeace gehen.

Münek hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Zweifelst Du an Jesu Aussage: "Ich bin NUR gesandt zu den verlorenen Schafen Israels." (Mt. 15:24)? Oder. "Gehet nicht auf der Heiden Straße und ziehet nicht in der Samariter Städte" (Mt. 10:5).
Nein. So war es ja auch zunächst. Er selbst ist ja nicht nach Griechenland oder Rom gegangen sondern NUR zu den Juden.
Eben - es ging ihm AUSSCHLIESSLICH um Israel - und auch die von ihm ausgesandten 70 Jünger sollten ausdrücklich NICHT bei den Heiden missionieren (siehe obige Zitate).
Du pickst einpaar Worte raus und ignorierst die anderen, die von der weltweiten Mission reden. Beides ist aber richtig. Zunächst kam Jesus zum Volk Gottes, dann sandte er seine Jünger zum Rest der Welt. Man muss das gesamte Bild betrachten, nicht immer nur einen willkürlich gewählten Ausschnitt.

Münek hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Nö - ich bin kein Ideologe. Für mich gibt es keine ewigen unumstößliche Wahrheiten, in deren Besitz sich die katholische Kirche wähnt..
Es gibt für dich keine Wahrheit? Seltsame Einstellung.
Keine seltsame, sondern eine von Vernunft getragene Einstellung.
Und dass es keine Wahrheit gibt, hältst du für vernünftig?
Wir können sie vielleicht nicht dingfest machen aber es muss sie geben!

Münek hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Nein - es gibt diesbezüglich einen KONSENS in der neutestamentlichen Forschung. Mach Dich mal schlau. Stichwort: Zwei-Quellen-Theorie.
Markus, der als Nicht-Augenzeuge 40 Jahre nach Jesu Tod sein Evangelium schrieb, war der Märchenonkel, von dessen Text Matthäus und Lukas kräftig abgekupfert haben.
Oh, gibt es für dich doch plötzlich eine unumstößliche Wahrheit?
Die allgemein anerkannte Zwei-Quellen-Theorie ist eine THEORIE und keine absolute Wahrheit. Absolute Wahrheiten beanspruchen ausschließlich ideologische Systeme wie beispielsweise die unselige katholische Kirche.
Dann solltest du das Wort "Konsens" vielleicht nicht in Großbuchtaben schreiben. Das erweckt den Eindruck als sei die Zwei-Quellen-Theorie bewiesen.

Münek hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Die Zweiquellentheorie ist eine literarkritische Hypothese...

...der meines Wissens von der Amtskirche nicht widersprochen wird.
Nunja, mag sein. Wie gesagt, die Bänke leeren sich mehr und mehr. Kein Wunder: Wenn eine Kirche nicht daran glaubt, dass der Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat, auch sein Wort durch seinen Geist überliefern konnte, sondern wenn sie stattdessen abkupfernde und hinzudichtende menschliche Schreiberlinge annimmt, geschieht es ihr recht, wenn sie langsam verschwindet.

Münek hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Und für die Frühdatierung des Markusevangeliums gibt es gute Argumente, während die Spätdatierung hauptsächlich auf dem Ausschluss von echten Prophezeiungen (bezügl. der Tempelzerstörung) basiert, denn es kann nicht sein, was nicht sein darf. Das sind keine Belege sondern Vermutungen auf weltanschaulicher Grundlage.
In der Tat spielen Prophezeiungen und deren angeblicher Wahrheitsgehalt für die wissenschaftliche Bibelauslegung keine Rolle. Seriöse Wissenschaft hat mit Glaubenshokuspokus jeglicher Art (!) nichts am Hut.

Es steht jedermann frei, die Ergebnisse der wissenschaftlichen Bibelforschung anzuerkennen oder aus Glaubensgründen zu verteufeln. :devil: Die Karawane indes zieht weiter, während der Hund den Mond anbellt....
Seriöse Wissenschaft weiß heute, dass sie Gott und eine jenseitige Wirklichkeit auf keine Weise ausschließen kann.
Deshalb kann man es auch ungekehrt formulieren: Es steht jedermann frei, die Bibel als Wort Gottes anzuerkennen - oder sie aus Glaubensgründen rein naturalistisch auszulegen.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
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#67 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von 2Lena » Mo 11. Sep 2017, 12:27

Hallo Roland,

seit eineriger Zeit lese ich deine Antworten. Sie sind teils gut, teil ... oh, diese Baustellen!
Darf ich dich auf eine aufmerksam machen?

Roland hat geschrieben:Es steht jedermann frei, die Bibel als Wort Gottes anzuerkennen - oder sie aus Glaubensgründen rein naturalistisch auszulegen.
Das Wort von der Freiheit passt. Uns bringen seltener Gesellschaftsmeinungen zum Schwindeln . Doch um wieviel schwieriger ist es geworden, in heutigen Bildungslandschaften die Bibel als Wort Gottes anzuerkennen. Es steckt voller Fehler, voller Widersprüche, voll Gemeinheiten und Unverständlichkeiten. Früher sagte der Pastor oder der Pfarrer, die Bibel hochhaltend: "Gottes Wort!". Lesen konnte es (fast) keiner, also wurde geglaubt. Durch lange Sündenregister wurde auch die "Kanzel" wurmstichig, etwas unglaubwürdiger. Zusätzlich kamen noch die Unverständlichkeiten.

Wer sich in heutiger Zeit über religiöse Fragen freiwillig informieren will, der steht vor einem Chaos! Ver(w)irrte Theologen, Mangel an Klardenkern, jede Menge Literatur die nichts bringt. Da greift so mancher lieber in die Esoterikszene. Es steht das eigene Gefühl quer bei allen Richtungen, die geboten werden! Sind die überhaupt zu vereinen?

Bis jetzt habe ich von dir nicht anderes gelesen als "Partei" ergreifen, und ein bisschen "da ist sowas wie Gefühl", und reicht das?

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#68 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von JackSparrow » Mo 11. Sep 2017, 12:59

Roland hat geschrieben:Nee, die Glaubensentscheide gehen der wissenschaftlichen Tätigkeit voraus.
Das nennt man Nullhypothese.

Wenn ich vorausssetze, dass es einen handlenden Gott gibt, komme ich zu anderen Ergebnissen,
Wenn du zu dem Ergebnis kommen willst, dass es mindestens einen handelnden Gott gibt, dann ist das deine Alternativhypothese. Zu widerlegen wäre in diesem Fall die Nullhypothese, dass es keinen Gott gibt. Beispielsweise durch eine geeignete Demonstration der Korrektheit von Markus 11:23.

wenn der Atheismus wahr ist, dann GIBT es keinen letzten Sinn.
Wenn das Christentum wahr ist, dann ist sogar Atmen sinnlos. Ewig leben musst du ja sowieso.

Ob Globuli wirken oder nicht, das kann man empirisch feststellen. Das gehört zur messbaren Seite der Welt.
Ob die Stadt Tyros noch steht (was die Bibel verneint) und ob du Feigenbäume verdorren lassen kannst (wie es Jesus seinen Jüngern versprach), kann man ebenfalls empirisch feststellen.

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#69 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von 2Lena » Mo 11. Sep 2017, 13:05

JackSparrow hat geschrieben:Wenn das Christentum wahr ist, dann ist sogar Atmen sinnlos. ....
Halt mal die Luft an ...

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Halman
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#70 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Halman » Mo 11. Sep 2017, 13:40

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Übrigens, Dein kritischer Ansatz, auf diese Weise die Texte zu analysieren, birgt meiner Meinung nach einen ungünstigen Nebeneffekt: Man analysiert die Texte kaputt. Anstatt die Narrationen auf sich wirken zu lassen, werden sie "kühl" und "distanziert" gelesen, ohne Emotion.
Richtig. Will man sich aber der Wahrheit nähern, so ist dies der einzig richtige Weg.
Dann sollte man aber erstmal den Text einfach ohne Hast lesen. Wenn man ihn kennt und auf sich wirken ließ, kann man ja in die Analyse einsteigen.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Schaust Du auch so "kalt" und analytisch Spielfilme oder verfolgst Du so nüchtern Theatervorführungen? Bei diesen kritischen Diskussionen fange ich ja auch schon an die Kreuzigungs-Narrationen "kühl" und analytisch zu lesen, aber sie entfalten so kein "Leben" mehr - ich werde nicht mehr ergriffen.
Wenn ich weiß, dass etwas Fiktion ist, dann lehne ich mich zurück und genieße die emotionalen Momente.
Ist es denn bei der Bibel anders?
Grundsätzlich nicht. Wer aber von vorn herein Paralleltexte vergleich und Widersprüche sucht usw. verdirbt sich diese Leseerlebnis.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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