Alles Teufelszeug? VII

closs
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#1411 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Sa 16. Dez 2017, 00:14

Andreas hat geschrieben:Historisch wäre ein Modell zu nennen das aufgrund vorliegender Daten möglichst genau beschriebe, was damals tatsächlich stattgefunden hat. Wieso meinst du es aber nicht historisch-kritisch, also wissenschaftlich?
Missverständnis. - Die BESCHREIBUNG soll historisch-kritisch sein - deswegen hat doch Ratzinger 1993 ex vaticanum ein Loblied auf die HKM gesungen. - Aber INTERPRETIERT soll es nicht (nur) historisch-kritisch werden, wenn es der historischen Würdigung (also der Würdigung dessen, was damals wirklich stattfand) gerecht werden will.

Denn die HKM kann nicht den Fall interpretieren, dass Jesus auch göttlich war - das verbietet ihre Methodik. - Aber die Theologie will doch nicht nur wissen, was Jesus historisch wäre, wenn er nur Mensch wäre, sondern auch, wenn er auch göttlich wäre. - Schließlich ist beides historisch möglich.

Andreas hat geschrieben:Unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten wüsste ich jetzt nichts über die Göttlichkeit Jesu zu sagen.
Ich auch nicht - das ist auch nicht geplant.

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Münek
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#1412 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Sa 16. Dez 2017, 02:25

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Historisch wäre ein Modell zu nennen das aufgrund vorliegender Daten möglichst genau beschriebe, was damals tatsächlich stattgefunden hat. Wieso meinst du es aber nicht historisch-kritisch, also wissenschaftlich?
Missverständnis. - Die BESCHREIBUNG soll historisch-kritisch sein.
Der Begriff "Beschreibung" passt insofern nicht, als Exegese wortwörtlich Auslegung, d.h. Interpretation biblischer Texte bedeutet. "Beschreibung" ist da zu kurz gegriffen, weil es nicht das Wesentliche der Exegese erfasst.

closs hat geschrieben:Aber INTERPRETIERT soll es nicht (nur) historisch-kritisch werden.
Tja - da kann nur noch die "kanonische Exegese" helfen. Aber wer hilft ihr in den Sattel? Wenn sie wirklich gut wäre, hätte sie sich eigentlich schon längst an den theologischen Fakultäten etablieren müssen. Möglicherweise fehlt es ihr unter wissenschaftlichen As-
pekten an Seriösität.


closs hat geschrieben:Denn die HKM kann nicht den Fall interpretieren, dass Jesus auch göttlich war - das verbietet ihre Methodik.
In der Tat vermag Wissenschaft mit "himmlischen Gottessöhnen" NICHTS anzufangen. Das solltest Du ihr nicht vorwerfen.

closs hat geschrieben:Aber die Theologie will doch nicht nur wissen, was Jesus historisch wäre, wenn er nur Mensch wäre, sondern auch, wenn er auch göttlich wäre.
Der Wissensdurst der Theologie in allen Ehren. Aber da kann ihr die Wissenschaft leider nicht helfen. Mit Göttern hat sie nichts am Hut.

closs hat geschrieben:Schließlich ist beides historisch möglich.
Gewiss - so wie Hitler historisch vom Satan besessen gewesen sein könnte. :devil:

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#1413 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Sa 16. Dez 2017, 09:30

Münek hat geschrieben:Der Begriff "Beschreibung" passt insofern nicht, als Exegese wortwörtlich Auslegung, d.h. Interpretation biblischer Texte bedeutet.
Ja - im unterschiedlichen Sinn. - Für den Wortsinn ist die HKM gut.

Münek hat geschrieben:Wenn sie wirklich gut wäre, hätte sie sich eigentlich schon längst an den theologischen Fakultäten etablieren müssen.
Das es NICHT so ist, kann zwei Gründe haben:
1) Es passt nicht in eine materialistische Zeit.
2) Die HKM ist nur für den Wortsinn gemeint, weshalb sie zu Recht etabliert ist.

Im Grunde läuft das alles auf die Frage hinaus, ob man geistiges Verständnis der Quellen als Wissenschaft oder nicht als Wissenschaft versteht - das hängt vom jeweiligen Wissenschafts-Begriff ab.

Münek hat geschrieben:Der Wissensdurst der Theologie in allen Ehren. Aber da kann ihr die Wissenschaft leider nicht helfen.
Wir halten fest: Die HKM ist methodisch nicht in der Lage, Jesu Historizität für den Fall zu untersuchen, dass er nicht nur menschlich, sondern auch göttlich ist. (Das ist meine Aussage seit Jahren)

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#1414 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Sa 16. Dez 2017, 10:04

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Wissensdurst der Theologie in allen Ehren. Aber da kann ihr die Wissenschaft leider nicht helfen.
Wir halten fest: Die HKM ist methodisch nicht in der Lage, Jesu Historizität für den Fall zu untersuchen, dass er nicht nur menschlich, sondern auch göttlich ist. (Das ist meine Aussage seit Jahren)
Das gilt für alle jemals von Menschen erfundene Götter, Geister und Dämonen.
Wir wir ja inzwischen wissen sollten, kann es für religiöse Texte keine Sonderbehandlung geben.
Der Glaube an Götter belegt nicht die Götter, sondern den Glauben an sie.
Insofern ist auch der Glaube des Wanderpredigers an Gott Jahwe kein Beweis für die Existenz Jahwes, sondern ein Zeugnis seines Glaubens an ihn.
Mit dem kleinen Makel, dass er sich in der Erwartung des nahen Endes der bestehenden Ordnung geirrt hat.
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#1415 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Sa 16. Dez 2017, 10:07

Catholic hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Da beides möglich ist, kann man auf der Grundlage beider Hypothesen die Daten interpretieren.
Wobei in meiner Bibel nix von 24 Stunden steht...

Ich meinte wenn man eine Hypothese vertritt unter der Prämisse dass es die andere Möglichkeit nicht geben kann.
Prof.Werner Gitt ist für mich ein "Paradebeispiel" weil er einerseits Pysiker ist,andererseits Kurzzeitkreationist.
Das wäre nicht schlimm,wenn er nicht in mehreren Büchern bereits versucht hätte den Kurzzeitkreationismus mit den aktuellen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zu belegen um so die Evolutionstheorie als falsch zu beweisen.
Genau da liegt der Kardinalsirrtum von closs.
Er meint, man müsse halt eine bestimmte Setzung annehmen und auf Basis dieser Setzung könne man dann zu in sich schlüssigen Ergebnissen kommen.
Er bedenkt aber nicht, dass eine falsche Voraussetzung zwangläufig zu falschen Ergebnissen führt, wie man am Kurzzeitkreationismus sehr schön sehen kann.
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#1416 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Sa 16. Dez 2017, 10:15

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie müssen nicht missioniert werden, weil sie die Forschungsergebnisse bestens kennen.
Sie kennen natürlich diese methodischen Ergebnisse, wissen aber auch, dass die HKM-Hermeneutik nicht geeignet ist zu ermitteln, was Jesus gedacht hat. - Mit anderen Worten: Solche Ergebnisse werden nicht übernommen, sondern überprüft und gegebenenfalls verworfen.
Nein, im Falle der Naherwartung werden sie bestätigt.

„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“
Gerd Theißen

"...daß wir.....unbefangen, ehrlich, nüchtern und deutlich zugeben müssen, daß es bei Jesus wirklich eine zeitliche Naherwartung gegeben hat, die so....sich nicht erfüllt hat"
Karl Rahner

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Kardinal Kasper spricht von Verheißungsüberschuss.
Finde ich genauso albern wie Du. - Aber das kommt halt davon, wenn man aufgrund von Defekten den damaligen HKM-Hype zurückdrehen muss und aus der Tübinger Schule kommt. - Kasper irrt sich hier.
Möglicherweise ist Kasper hier geistig weiter als du, zumindest leugnet er die Forschungsergebnisse nicht, wie manch anderer.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Weil glaubensbasierte Exegesen ihre eigene Setzung bestätigen.
Da sind wir wieder bei Deiner Definition von "Zirkelschluss", bei der (fast) alles ein Zirkelschluss ist.
Nein, nicht alles. Das hier ist ein Zirkelschluss.

Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.

Die Forschung arbeitet ergebnisoffen, weil sie die Göttlichkeit Jesu weder voraussetzen muss, noch die Absicht hat, diese zu bestätigen oder zu widerlegen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eine "Wirklichkeit", die lediglich behauptet wird und sich in völlig konträren und widersprüchlichen Formen wiederfindet.
Wenn Du ein Objekt hast, das in der Mitte liegt, kann man von verschiedenen Richtungen darauf zugehen - das ändert nichts am Objekt.
Eben, wenn das Objekt aus heißer Luft besteht, ändert das nichts an der heißen Luft. :lol:
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#1417 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Sa 16. Dez 2017, 10:34

sven23 hat geschrieben:Das gilt für alle jemals von Menschen erfundene Götter, Geister und Dämonen.
Wenn sie erfunden sind, sind sie nicht historisch - wir sprechen hier von historischer Präsenz.

sven23 hat geschrieben:Wir wir ja inzwischen wissen sollten, kann es für religiöse Texte keine Sonderbehandlung geben.
Das hat nichts mit "Wissen" zu tun, sondern mit der Frage, was HKM biblisch-exegetisch vermögen kann, wenn sie diesen Satz zugrunde legt.

sven23 hat geschrieben:Der Glaube an Götter belegt nicht die Götter, sondern den Glauben an sie.
Naja - das würden Dir Berger und Ratzinger hoch-gelangweilt zugestehen.

sven23 hat geschrieben:Insofern ist auch der Glaube des Wanderpredigers an Gott Jahwe kein Beweis für die Existenz Jahwes
Bingo. - Aber warum sagst Du das? - Das war schon allseits klar, bevor es dieses Forum gab.

sven23 hat geschrieben:Genau da liegt der Kardinalsirrtum von closs.
Er meint, man müsse halt eine bestimmte Setzung annehmen und auf Basis dieser Setzung könne man dann zu in sich schlüssigen Ergebnissen kommen.
Auf Interpretations-Ebene ist das so. - Und es ist eben KEIN Irrtum, weil jeder (über den Wortsinn hinaus) Interpretierende hermeneutisch eingebunden ist, also Setzungen annimmt. - DIe HKM davon auszunehmen, ist ideologischer und intellektuell peinlicher Anspruch.

sven23 hat geschrieben:Nein, im Falle der Naherwartung werden sie bestätigt.
Im Großen und Ganzen NICHT. - Theißen ist Wissenschaftler und präsentiert methodische Ergebnisse - das ist ok. - Rahner gehört einer Hype-Zeit der HKM an und gehört damit zu denen, die da,als noch über die HKM die Bibel inhaltlich/geistig erklären wollten.

sven23 hat geschrieben:Möglicherweise ist Kasper hier geistig weiter als du, zumindest leugnet er die Forschungsergebnisse nicht, wie manch anderer.
Niemand leugnet die Forschungsergebnisse als methodische Ergebnisse. Die Frage ist, ob die Methodik geeignet ist, die Bibel inhaltlich zu verstehen.

sven23 hat geschrieben:Die Forschung arbeitet ergebnisoffen
Sie arbeitet IMMER im Rahmen ihres Modells/ihrer Methodik ergebnisoffen - das ist nicht der Punkt.

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#1418 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Sa 16. Dez 2017, 11:01

Roland hat geschrieben: Und ich finde es putzig, dass du dich als jemanden darstellst, der den christlichen Glauben "kritisch sieht". Eine gewaltige Untertreibung :lol: . Nein, du vertittst selbst eine Ideologie und zwar die des neuen Atheismus.
Unsinn, die in der Forschung arbeitenden Theologen sind nicht alles Atheisten.
Man darf nur kein Angsthase sein, die Forschungsergebnisse zu bewerten und einzuordnen.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Nee, es deckt sich mit der Befundlage, wie wir die Welt vorfinden. Bultmann hat da absolut Recht.
Eine Befundlage, die eben nur die messbare Seite der Welt in den Blick nimmt.
Es ist erlaubt, sich darauf zu beschränken. Aber das ist eben nicht "die Welt".
Es ist die Welt, wie wir sie kennen.


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Wenn sich daraus kritische Fragen ergeben, dann ist das eben so.
Kritische Fragen bezüglich des rekonstruierten Textes zu stellen ist ja erlaubt. Es handelt sich dann aber um die Auslegung desselben. Und die ist, wie nun tausendmal dargelegt, voraussetzungslos nicht möglich. Da verlassen wir dann die reine sachorientierte Wissenschaft und es wird ideologisch.
Nein, Wissenschaft verläßt den Boden der Wissenschaft eben nicht, weil sie nicht von der Göttlichkeit ausgeht. Umgekehrt wäre es der Fall.

Roland hat geschrieben: Grausam wäre es, wenn Gott die Zeit des Menschen, der seit dem Sündenfall in einer Art Ökologie des Fressens und Gefressenwerdens lebt, nicht begrenzen würde. Es kann als Akt der Liebe gewertet werden, dass er ihn nur für eine vergleichsweise kurze Zeit diesem Kampf zwischen Gut und Böse aussetzt. Aber danach geht’s weiter, das ist entscheidend!
So basteln sich Gläubige ihre Glaubenswelt zusammen.
Gott schafft den sündigen Menschen und bestraft ihn ob seiner Sündhaftigkeit mit dem Hineinwerfen in die grausame Welt. Und selbst der planmäßige oder vorzeitige Tod des Menschen ist dann auch noch ein Akt der Liebe.
Ist es ein Zufall, dass gerade fundamental-religiöse Gesellschaften eine neue Vorliebe für Despoten entwickeln? Eine Sehnsucht nach Autorität, nach dem freudschen Übervater?

http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=70722


Roland hat geschrieben: Man kann umgekehrt fragen: Was hat der Glaube, es gäbe nur das, was ausgerechnet der Mensch messen und wiegen kann und sonst nichts, mit der Realität zu tun? Das ist Scheuklappendenken.
Tja, so ist die Welt nun mal, ob es einem gefällt oder nicht. Davon abgesehen, stimmt da ja auch nicht. Geistig-kongnitive Fähigkeiten lassen sich schlecht wiegen. :lol:

Roland hat geschrieben: Wer datierbare Tatsachenberichte über historische Personen mit ausgedachten Satirefiguren vergleicht, begeht ein reines Ausweichmanöver.
Nein, es ist Stand der Forschung, dass die biblischen Berichte eben keine reinen Tatsachenberichte sind, sondern dass hier historisches mit Mythen, Legenden und eigenen theologischen Vorstellungen der Schreiber veflochten wurde.
Wie Albert Schweizer richtig sagt:
Der Jesus der Evangelien hat nie existiert.


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Tja, so kann man ein Wort aus dem Zusammenhang reißen. Das ist allein geistlich zu verstehen, gemeit ist "das Schwert des Geistes" (siehe Eph. 6, 17). Über das Schwert aus Eisen sagt Jesus: "…wer das Schwert nimmt, der wird durchs Schwert umkommen." Mk. 26, 52
Auch im Kontext wirds nicht besser. …
Der Kontext zeigt, dass es sich um einen rein geistlichen Kampf handelt. Hier hinein zu interpretieren, Jesus würde zu Gewalt aufrufen, ist schlicht absurd und widerspricht allem, was Jesus ansonsten gesagt hat.
Zumindest will er wohl Zwietracht säen mit der Radikalität eines religiösen Eiferers.
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#1419 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Sa 16. Dez 2017, 11:45

Roland hat geschrieben: Paulus hat nichts verfälscht sondern: "Ich habe an euch weitergegeben, was ich selbst als Überlieferung empfangen habe, nämlich als erstes und Grundlegendes: Christus ist für unsere Sünden gestorben, wie es in den Heiligen Schriften vorausgesagt war, und wurde begraben. Er ist am dritten Tag vom Tod auferweckt worden, wie es in den Heiligen Schriften vorausgesagt war..." 1. Kor. 15, 3+4 (etwa um 54 n.Chr.)
Was er "als Überlieferung empfangen hat", war also bereits ein bekanntes Glaubensbekenntnis zu einem Zeitpunkt, als er bei Damaskus vom Saulus zum Paulus wurde. Und das war etwa im Jahr 32-35 nach Christi Geburt. Durchaus möglich, dass es da auch schon schriftlich festgehalten war.
Jeder Glaube benötigt ein Narrativ. Paulus ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Erzähler, bzw. die Erzählung oft wichtiger sind, als der, über den erzählt wird. Sein Desinteresse am historischen Jesus bekundet Paulus deutlich. (Der Jesus im Fleische geht uns nichts an.....)


Roland hat geschrieben: Dann muss Wissenschaft eben zur Bibelauslegung schweigen und nur Texte rekonstruieren und Geschichtswissenschaft betreiben. Oder (wie das die wirklichen HKMler ja auch tun) zugeben, dass sie selbst auf der Grundlage von ideologischen Voraussetzungen Exegese betreiben, auf der Grundlage von axiomatischen Überzeugungen. Oder einfacher ausgedrückt: auf der Grundlage ihres Glaubens.
Sie betreien Exegese auf der Grundlage, dass auch der Gottesglaube des jüdischen Wanderpredigers kein Beweis für Gott Jahwe ist, sondern lediglich ein Zeugnis seines Glaubens.
Es ist nicht Aufgabe der Forschung, Götter zu beweisen oder zu widerlegen. Das tut jede Religion schon selbst aus ihrem Eigeninteresse heraus.


Roland hat geschrieben: Hätte nichts gebracht. Jesus hat schon recht, die Widersacher hätten sich nicht überzeugen lassen. Ähnlich wie z.B der Koran einfach sagt, Jesus sei gar nicht gekreuzigt worden, sondern jemand, der ihm ähnlich war, hätten sie alle möglichen Ausreden und Erklärungen vorgebracht.
Außerdem: Gott könnte ja auch heute seine Erkennbarkeit wesentlich erhöhen. Aber er will nicht überwältigen. Die Liebe setzt auf Freiwilligkeit, nicht auf Zwang.
"Hören sie die neutestamentlichen Zeugen nicht, so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn jemand von den Toten auferstünde."
Wäre Jesus seinen Widersachern erschienen, hätte das die Glaubwürdigkeit schon deutlich erhöht. Und wenn Heesters wieder aus seiner Gruft krabbeln würde, könnten wir auch die Auferstehung Jesu für wahrscheinlicher halten. Aber keine Angst, das wird nicht passieren. ;)


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Jesus hatte also zu Lebzeiten lange nicht die Bedeutung und den Bekanntheitsgrad, wie die Evangelien Jahrzehnte später wissen wollen.
Es waren vorwiegend Arme, Kranke, Hilfesuchende, die ihm in Scharen nachliefen. Die Evangelien sprechen nirgends von einer besonderen "Bedeutung" Jesu zu dessen Lebzeiten im römischen Reich. Im Gegenteil, Jesus selbst preist den Vater dafür, dass er es den Weisen und Klugen verborgen hat um es den Unmündigen zu offenbaren (Mt. 11, 25).
Hochmut war ihm fremd, er offenbarte sich den Kleinen und Schwachen auf dieser Welt.
Das ehrt ihn ja auch. Aber ob das eine freiwillige Entscheidung war oder aus der Not heraus geboren, weil vor allem die Verlierer der Gesellschaft Hoffnung auf eine besseres Leben hatten, bleibt fraglich. Zumindest vesprach Jesus ihnen in der neuen Ordnung eine besondere Rolle. (Die letzten werden die ersten sein...)

Roland hat geschrieben: Und es gäbe buchstäblich keinen Fixpunkt, an dem sich die Menschheit orientieren könnte, in einem gleichgültigen Universum ohne letzten Sinn. Nichts wird übrigbleiben, es bleibt nur das bodenlose Nichts.
Dieser Glaube führt zum moralischen Verfall.
Gab es diesen Verfall nicht auch mit Religionen oder gerade durch sie?

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es ist ja durchaus ein Fortschritt, dass wir uns von den Ethik- und Moralvorstellungen des AT-Kriegsgottes Jahwe weitgehend distanziert haben.
Das ist Rückschritt. Die 10 Gebote und die Bergpredigt sind heute noch Grundlage unserer christlich-jüdischen Ethik.
Die Bergpredigt, die als eine weitgehend freie Komposition des Matthäus gilt, hat historisch wenig gebracht.

Roland hat geschrieben: Je mehr sie verdrängt wird zugunsten des Atheismus, um so mehr fehlt die Grundlage für allgemein verbindliche Moralnormen. Der Atheismus hat da nichts zu bieten. Und das hat fatale Folgen.
Der Humanismus ist eine phantastiche Alternative, allerdings ohne den Aberglauben, für sein Handeln posthum belohnt zu werden.
Darauf mögen scheinbar aber viele nicht verzichten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Andreas
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#1420 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Andreas » Sa 16. Dez 2017, 12:07

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das gilt für alle jemals von Menschen erfundene Götter, Geister und Dämonen.
Wenn sie erfunden sind, sind sie nicht historisch - wir sprechen hier von historischer Präsenz.
Du schmeißt hier dauernd zwei Themen durcheinander. Jesusforschung und Textanalyse. Historische Präsenz ist wieder dein sinnloses Neusprech. Es gibt jede Menge Texte über Götter auf der Welt, die sich zum Teil gegenseitig ausschließen. Polytheismus - Monotheismus. Da braucht man noch nicht mal Wissenschaft dazu um zu wissen, dass mindestens manche Götter von Menschen erfunden wurden. Aber welche? Wissenschaftlich beschreibt die Anthropologie beispielsweise die Zusammenhänge der Lebensräume und Lebensumstände der Menschen und ihren jeweiligen Gottesbildern. Die Anthropologie hat Mittel die Menschen zu untersuchen aber keine Mittel Götter zu untersuchen. Mir ist keine Wissenschaft und Methode bekannt, mit der man Götter untersuchen kann.

Was Jesus betrifft: Du erwartest, dass die Texte der Bibel wissenschaftlich unter der Voraussetzung, der historischen Präsenz Gottes interpretiert werden. Klingt gut. Interpretiert man AT und NT unter der Voraussetzung, der historischen Präsenz des christlich-dreifaltigen Gottes oder unter der Voraussetzung, der historischen Präsenz des christlich-unitarischen Gottes oder unter der Voraussetzung, der historischen Präsenz des jüdischen Gottes, oder unter der Voraussetzung, der historischen Präsenz des islamischen Gottes, oder unter der Voraussetzung, der historischen Präsenz des Gottes der Zeugen Jehovas?

Durch diese simple Fragestellung wird dir vielleicht klar, dass deine "historische Präsenz" völliger Quatsch ist, denn ebenso müsste man die Texte der Bibel unter der Voraussetzung, der historischen Präsenz der hinduistischen, aztekischen usw. Gottheiten wissenschaftlich untersuchen. Dich interessiert allein eine wissenschaftliche Untersuchung unter der Voraussetzung, der historischen Präsenz deines persönlichen theo-philo-onto-fundamental Gottes. Gestehe dir das mal ein, und erkenne, wie du dich selbst und andere mit deinem Neusprech-Quatsch hinters Licht führst.

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