Alles Teufelszeug? VII

closs
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#1191 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Mi 6. Dez 2017, 00:38

Pluto hat geschrieben:4-facher Wortsinn — Was soll das sein?
1) Literalsinn = wörtliche, geschichtliche Auslegung
2) Typologischer Sinn (Interpretation „im Glauben“) = dogmatisch-theologische Auslegung
3) Tropologischer Sinn (Interpretation „in Liebe“) = moralische Sinnebene, gegenwärtige Wirklichkeit einer Einzelseele
4) Anagogischer Sinn (Interpretation „in Hoffnung“) = endzeitlich-eschatologische Auslegung

Pluto hat geschrieben: Sie ist die einzige Exegese die sich vollkommen setzungsfrei und ergebnisoffen um die Wahrheit bemüht.
Definitiv nicht - es scheint eher, dass sie die einzige Exegese ist, die ihre Grundlagen verabsolutiert.

Münek hat geschrieben:Als Reaktion auf die Theorie des vielfachen Schriftsinns vertrat die historisch-kritische Exegese mehr oder weniger offen die These ei-
nes einzigen Sinnes, derzufolge ein Text nicht gleichzeitig mehrere Bedeutungen haben kann.
Wie kannst Du dann sagen, dass die Hermeneutik Teil der Exegese ist?

Aber mir dämmert was:
Man richte sich seine Hermeneutik so ein, dass nur EIN Sinn möglich ist, der nur nach EINER Methodik erschließbar ist. - Dann bezeichne man sich selber als denjenigen, der es als Einziger kann, und behaupte dann: "Hermeneutik ist ein Teil der Exegese". - Das ist eine Mischung aus Taschenspielertrick und Horrorkabinett.

Davon abgesehen:
Natürlich ist Christliche Hermeneutik NICHT ein Teil der historisch-kritischen Exegese, sondern baut auf ihr auf: Die Christliche Hermeneutik legt aus und versteht auf Basis der exegetischen Wortauslegung (und allem dazugehörigen Rumedum).

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Andreas
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#1192 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Andreas » Mi 6. Dez 2017, 01:47

Andreas hat geschrieben: Man lernt ja angeblich nie aus:
Hermeneutik
Exegese
Biblische Hermeneutik
Biblische Exegese
Es ist halt komplex und macht Mühe sich damit zu beschäftigen.

Hermeneutik ist (besonders heutzutage) ein philosophischer Fachbegriff, der sich ganz universell auf das Verstehen an sich (von allem möglichen) bezieht. Es gibt nicht nur eine Hermeneutik, sondern eine ganze Reihe unterschiedlicher Konzepte zur Hermeneutik von verschiedenen Denkern. Das Ding ist sozusagen noch nicht fertig sondern noch in Arbeit.

Ähnlich verhält es sich mit der Exegese bei der es vornehmlich um das Verstehen von Texten geht. Auch da gibt es unterschiedliche Konzepte und die dazugehörigen Methoden, die alle auf vorgängigen hermeneutischen Setzungen beruhen. Das ist deswegen so, weil so ziemlich in allen hermeneutischen Konzepten ein immer schon vorhandenes Vorwissen vorausgesetzt wird, bevor man damit beginnt, irgendetwas verstehen zu wollen. Das ist sozusagen ein universelles hermeneutisches Gesetz dem der Mensch unterliegt.

Demnach gibt es überhaupt kein voraus-Setzungs-freies Denken. Auch der Satz "Cogito, e(r)go sum" ist nicht ohne eine Menge vorausgehender Voraus-Setzungen denkbar. Eine notwendige Voraussetzung ist z.B. die dabei verwendete Sprache und das Vorwissen um die Inhalte der Begriffe (die ja auch Setzungen sind): Ich, denken, sein. Dazu kommen die grammatischen Regeln (auch das sind Setzungen), die in diesem Satz angewendet werden. Um die Worte "Ich, denken und sein" verstehen zu können, muss man erst mal Mama, Papa, Hund, Katze, Maus verstanden haben und wie man seinen Kehlkopf und seine Zunge einsetzt. Vermutlich steht das "r" deswegen in Klammern, weil das Aussprechen dieses Buchstabens vielen besonders schwer fällt. Lange davor bedarf es allerdings des erworbenen Vorwissens, dass nur bestimmte Geräusche Muttersprache sind und andere Geräusche nicht: z.B. klapperndes Geschirr oder das Rauschen des WC's oder das Klopfen des Herzens der Mutter. Aber auch unterschiedliche Gotteskonzepte und neurologische Erkenntnisse scheinen für das Verständnis dieses banalen Satzes unerlässliches Vorwissen zu sein, was wiederum eine Fülle von Vorwissen voraussetzt, und so geht es weiter und immer weiter, während ich bin und denke, dass ich bin ...

Von daher ist es sehr verwunderlich, wenn jemand von irgendetwas behauptet, dass es keine Setzungen benötigen würde.

Der Hermeneutik und der Exegese bedienen sich unter anderem auch Theologen und diese haben dabei alle die Qual der Wahl, nach welchen hermeneutischen Kriterien und mit welchen Methoden sie ihre Exegese machen. Es hängt sehr davon ab - wer mit seinem persönlichen Vorwissen - welche hermeneutischen Kriterien für seine exegetische Arbeit anlegt. Je nachdem werden die daraus resultierenden Exegesen ganz unterschiedliche Ergebnisse hervorbringen. Der aus diesen unterschiedlichen Exegeseformen resultierende Wahrheitsgehalt wird folglich auch auf ganz unterschiedlichen Verständnisebenen liegen, die sich aus den hermeneutischen Perspektiven und Fragestellungen ergeben.

Es geht bei der Hermeneutik und der Exegese darum "Etwas" zu verstehen, das können die Autoren sein oder die damaligen Leser oder die in den Texten beschriebenen Personen oder die Lebensumstände der jeweiligen Zeit oder die heutigen Leser und natürlich der Exeget, der die Exegese verfasst hat. Das Verstehen kann aber auch auf diejenigen abzielen, die aufgrund einer anderen Hermeneutik eine andere Form der Exegese anwenden (z.B. der Christ den Juden oder der Katholik den Protestanten oder der Atheist den Gläubigen) und nicht zuletzt kann man bei all dem auch sich selbst besser verstehen lernen und seinen eigenen Horizont erweitern und sein Vorwissen korrigieren und für zukünftige Verstandesaufgaben verbessern.

Wer glaubt, mit der "richtigen" Hermeneutik und der "richtigen" Exegese die Wahrheit in Händen zu halten, hat noch nicht einmal ansatzweise verstanden was Hermeneutik und Exegese ist - es ist im besten Fall ein beide Seiten bereichernder und hoffentlich niemals endender Dialog wohlwollender Menschen auf Augenhöhe.

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Münek
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#1193 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Mi 6. Dez 2017, 05:20

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Sie ist die einzige Exegese die sich vollkommen setzungsfrei und ergebnisoffen um die Wahrheit bemüht.
Definitiv nicht - es scheint eher, dass sie die einzige Exegese ist, die ihre Grundlagen verabsolutiert.
Oje oje. :roll:

Was die historisch-kritische Exegese betrifft, scheinst Du im Meer der Ahnungslosen zu schwimmen. Mein wiederholter dringender Rat: Lege Dir für ein paar Euro das "Arbeitsbuch zum Neuen Testament" (Taschenbuch, Gebrauchsexemplar) von Conzelmann/Lindemann von AMAZON zu.

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#1194 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Mi 6. Dez 2017, 08:34

Münek hat geschrieben:Was die historisch-kritische Exegese betrifft, scheinst Du im Meer der Ahnungslosen zu schwimmen. Mein wiederholter dringender Rat: Lege Dir für ein paar Euro das "Arbeitsbuch zum Neuen Testament" (Taschenbuch, Gebrauchsexemplar) von Conzelmann/Lindemann von AMAZON zu.
Davon abgesehen, dass sich das wirklich lohnen könnte, weil sich dann einiges relativiert, was gerne ideologisiert dargestellt wird, irrst Du Dich.

Denn ich bin überzeugt, dass weltanschaulich disziplinierte Wissenschaftler sehr wohl wissen, dass ihre jeweilige Methodik/ihr jeweiliges Modell perspektivisch und somit nicht absolutistisch ist. - Aber es ist durchschaubar, wenn ein Wissenschafts-Ideologie mit Unschuldsblick von ERgebnisoffenheit und Setzungslosigkeit spricht und genau das Gegenteil tut.

Es gibt hier im Forum mindestens zwei Wissenschaftler, die Wissenschaft extrem diszipliniert verstehen und beschreiben - es gibt auch einen Theißen, der ein sehr bemerkenswertes Vorwort dazu schreibt. - So müsste es von allen verstanden werden, dann wäre dieser ideologische Spuk weg.

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#1195 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Mi 6. Dez 2017, 08:37

Andreas hat geschrieben:Wer glaubt, mit der "richtigen" Hermeneutik und der "richtigen" Exegese die Wahrheit in Händen zu halten, hat noch nicht einmal ansatzweise verstanden was Hermeneutik und Exegese ist
Unabhängig von zu diskutierenden Einzelaussagen: Sehr guter Beitrag. :thumbup:

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#1196 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Pluto » Mi 6. Dez 2017, 11:09

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Sie ist die einzige Exegese die sich vollkommen setzungsfrei und ergebnisoffen um die Wahrheit bemüht.
Definitiv nicht
Dann wirst du auch sagen können...
1.) Was setzt die historische Exegese?
2.) Was ist an ihrer Arbeit nicht ergebnisoffen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Andreas
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#1197 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Andreas » Mi 6. Dez 2017, 12:05

closs hat geschrieben:Unabhängig von zu diskutierenden Einzelaussagen: Sehr guter Beitrag.
Offensichtlich nicht gut genug für dich, denn dann hättest du verstanden, dass es KEINE nicht zu diskutierenden (Einzel-)Aussagen geben kann. Diskussionen fänden selbst dann kein Ende, wenn man deinem momentanen Verständnis zustimmen würde (weswegen du es auch nicht über's Herz brachtest, meinen letzten Satz unverstümmelt zu zitieren). Aber trotzdem Danke für die Blumen.

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#1198 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Hemul » Mi 6. Dez 2017, 12:07

Pluto hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben:Wieso waren nur Urchristen davon überzeugt? :roll: Dein Schwager hat hier doch nicht etwa seine Ansicht darüber geändert? :shock:
Bevor du so viel Staub aufwirbelst, solltest du vielleicht erstmal nachweisen, dass es Gott gibt.
Versuche es doch einmal damit werter Pluto ;)
Jakobus 4:8,
8 Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch. Reinigt die Hände, ihr Sünder, und heiligt eure Herzen, ihr Wankelmütigen.
http://www.wasglaubstdudenn.de/spuren/1 ... agnostiker
Was ist ein Agnostiker?
Ein Agnostiker (altgriechisch: nicht wissen) geht davon aus, dass sich die Existenz oder auch die Nichtexistenz eines Gottes bzw. mehrerer Götter sowie übersinnlicher Wesen wie Engel oder Geister nicht beweisen lässt. Auf die Frage „Gibt es einen Gott?“ antwortet er: „Ich weiß es nicht“. Dies unterscheidet ihn von einem Atheisten, der von einer gottlosen Welt klar überzeugt ist, sowie von einem Gläubigen, der sich alles durch und mit Gott erklärt. Der Agnostiker empfindet beide Haltungen als anmaßend, denn er betrachtet das menschliche Wissen als in diesem Punkt begrenzt. Seiner Auffassung nach gibt es Argumente für und auch Argumente gegen religiöse Weltanschauungen. Er kann und will sich nicht für eine Seite entscheiden.
:Smiley popcorn:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

Pluto
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#1199 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Pluto » Mi 6. Dez 2017, 12:37

Hemul hat geschrieben:Versuche es doch einmal damit werter Pluto ;)
Jakobus 4:8,
8 Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch. Reinigt die Hände, ihr Sünder, und heiligt eure Herzen, ihr Wankelmütigen.
??????????????????????
Was soll ich versuchen?


Hemul hat geschrieben:http://www.wasglaubstdudenn.de/spuren/1 ... agnostiker
Was ist ein Agnostiker?
Ein Agnostiker (altgriechisch: nicht wissen) geht davon aus, dass sich die Existenz oder auch die Nichtexistenz eines Gottes bzw. mehrerer Götter sowie übersinnlicher Wesen wie Engel oder Geister nicht beweisen lässt. Auf die Frage „Gibt es einen Gott?“ antwortet er: „Ich weiß es nicht“. Dies unterscheidet ihn von einem Atheisten, der von einer gottlosen Welt klar überzeugt ist, sowie von einem Gläubigen, der sich alles durch und mit Gott erklärt. Der Agnostiker empfindet beide Haltungen als anmaßend, denn er betrachtet das menschliche Wissen als in diesem Punkt begrenzt. Seiner Auffassung nach gibt es Argumente für und auch Argumente gegen religiöse Weltanschauungen. Er kann und will sich nicht für eine Seite entscheiden.
:Smiley popcorn:
Entzückend! :D
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1200 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Mi 6. Dez 2017, 13:58

Pluto hat geschrieben:Dann wirst du auch sagen können...
1.) Was setzt die historische Exegese?
2.) Was ist an ihrer Arbeit nicht ergebnisoffen?
So, wie sie hier dargestellt wird, setzt sie, dass alle historischen Fragen auf der Basis eines naturalistischen Wirkungszusammenhangs (keine Wunder, keine leibliche Auferstehung) VERBINDLICH beantwortet werden können.

INNERHALB dieser Setzung (1) ist die HKM selbstverständlich ergebnisoffen (aber nochmal: Das ist die kanonische Exegese im Rahmen ihrer Setzung ebenfalls). - Aber beide sind nicht UNIVERSELL ergebnisoffen - will heißen: Wenn eine andere als die selbstangenommene Setzung die richtige ist, hat man einen Griff ins Klo gemacht - das gilt sowohl für MEtzinger wie für Ratzinger.

Andreas hat geschrieben:Diskussionen fänden selbst dann kein Ende, wenn man deinem momentanen Verständnis zustimmen würde
OK - der hermeneutische Zirkel dreht sich imme weiter - meine Bemerkung bezog sich lokal auf aus meiner Sicht Zustimmungsfähiges und Nachzuprüfendes innerhalb Deines Posts.

Ungeachtet dessen war Dein Beitrag sehr gut, weil in ihm das Prinzip und vor allem die Notwendigkeit der Hermeneutik (Wir kommen gar nicht drum rum) verstanden wird.

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