Alles Teufelszeug? VI

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Münek
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#71 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Münek » Sa 29. Apr 2017, 00:29

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Eine mehr als merkwürdige Sicht, der Theologieprofessoren der Exegese mit Sicherheit nicht folgen würden und die auch offiziell von der RKK NICHT vertreten wird.
Je nach Hermeneutik.
Meine Feststellung hat mit Hermeneutik nichts zu tun. Exegeten und die RKK sehen es anders als Du.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"Das Ziel der Exegese neutestamentlicher Texte ist das Verstehen ihres theologischen Inhalts. Die Texte sind ja vor allem durch ihr Thema, durch ihren Gegenstand bestimmt, d.h. dadurch, dass sie theologische Aussagen enthalten und einen theologischen Anspruch erheben; dieser soll letztlich herausgearbeitet und verdeutlicht werden."- Hast Du es jetzt verstanden?
Es ist nicht damit getan, etwas so zu verstehen, wie es die HKM-Vertreter meinen.
Die entscheidende Aussage ist, dass sich Exegeten nicht nur um Jahreszahlen kümmern, sondern primär die Theologie der Verfasser der neutestamentlichen Schriften kenntnisreich reflektieren und kommentieren. Tja - da bist Du bass erstaunt. Lies einfach mal den Kommentar eines Exegeten zu einer neutestamentlichen Schrift, z.B. Bultmanns Kommentar zum Johannesevangelium oder den "Grundriss der Theologie des Neuen Testaments" vom Exegeten Hans Conzelmann.

Nur dann kannst Du Dir ein richtiges Bild vom Umfang der Tätigkeiten der Exegeten machen.

closs hat geschrieben:Davon abgesehen klingt Dein Zitat ja an sich gut - nur: Unter welcher Hermeneutik soll die Bedeutung von theologischen Aussagen herausgearbeitet und verstanden werden?
Unter keiner Hermeneutik. Die Theologie des Paulus wird voll erfasst und in dessen Sinn interpretiert und erläutert. Bewertungen ob falsch oder richtig finden nicht statt.

closs hat geschrieben:Aus dem Mund von Conzelmann kann das nur eine historisch-kritische Hermeneutik sein - was ja an sich nicht schlecht sein muss, aber andererseits meistens eher von außen betrachtet, als es von innen zu verstehen.
Nein - Conzelmann versucht, die Theologie und Denkweise des Paulus verständlich rüberzubringen. Eine inhaltliche Bewertung der Gedanken Pauli findet natürlich nicht statt.

closs hat geschrieben:Insofern geht das schon in meine Richtung: Die Exegese zitiert, was theologische Aussagen enthalten.
Nein - Exegese zitiert nicht, sondern interpretiert. Das ist schließlich ihre Aufgabe.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du wirst überrascht sein, wieviel der Kommentator von der Theologie des Paulus versteht.
Das kann zwei Gründe haben:
1) Der Kommentator ist Christ und kann Paulus von innen her verstehen.
2) Der Kommentator ist Analyst und kann Paulus anspruchsvoll und differenziert wiedergeben, hat aber selber keinen inneren Anteil daran.
Was meinst DU damit?
Man muss kein Christ sein, um Paulus durch und durch zu verstehen.

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sven23
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#72 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Sa 29. Apr 2017, 06:28

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Weil angeblich vom Heiligen Geist inspirierte Schreiber der historischen Wahrheit verpflichtet sein sollten und nicht auf fromme Schummeleien zur "Ehre Gottes" angewiesen sein sollten.
Du bringst da viel durcheinander:
1) Was heisst "inspiriert"?
Auch das sollte mittlerweile so langsam durchgedrungen sein. :roll:

Die Bibel wird seitens der Kirche als vom Heiligen Geist inspiriert und darum in Glaubensfragen und auch allen wesentlichen historischen Aussagen als irrtumslos vorausgesetzt.
Quelle: Kathpedia

closs hat geschrieben: 2) Wie schreibt man vor 200 Jahren?
Du meinst vor 2000 Jahren?
Auch das ist weitgehend geklärt. Man schrieb nicht aus historischem Interesse. Es handelte sich vielmehr um Glaubenspropagandaschriften.

closs hat geschrieben: Allein diese zwei Punkte sind abendfüllend. - Mit anderen Worten: Deine Wunsch-Vorstellung von "inspiriert" und "authentische Literatur" willkürlich in einen logischen Zusammenhang zu bringen, ist ehrenhaft, aber nicht sehr wissenschaftlich.
Wissenschaft ist per se ehrenhaft, wenn sie sich der Wahrheit verpflichtet fühlt. Ideologisches Wunschdenken hat hier keinen Platz.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Perspektive ist eine wissenschaftliche.
Entweder "Wissenschaft" ist kein Allheilmittel oder "Wissenschaft" ist anders zu definieren, als Du es vorziehst. - Was ist Dir lieber?
Es geht nicht darum, was mir lieber ist. Es geht darum, dass in der historischen Jesusforschung nur eine wissenschaftliche Methodik Anwendung finden kann. Alles andere ist Pillepalle.


closs hat geschrieben: Denn es gibt da auch noch die Realität selbst - denn WENN Jesus nicht nur Mensch war UND dies per HKM nicht Ergebnis sein KANN, fehlt etwas, um die Kluft zwischen MEthodik/Dein Verständnis von Wissenschaft und Realität/Historizität zu schließen. -
Wenn der Papst eine Frau wäre, könnte er schwanger werden. Ist aber nicht so.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Barth stolpert hier über die eigenen theologischen Fußangeln", wie Kubitza meint. Ich denke, da hat er vollkommen recht.
ICh kann Kubitza gedanklich nachverfolgen - aber er spielt wirklich in einer anderen Liga. - Barth sagt im wesentlichen: Das Leid in der Welt ist ein Aufrütteln zur Sinnsuche - wenn Du es einmal verkürzt einfach haben willst.
Nein, das ist closssche Eisegese. Im besagten Kapitel geht es um göttliche Offenbarung und dass sich im Nationalsozialismus die Suche nach Sinn und Heil äußere.
Der Nationalsozialismus ist also eine göttliche Offenbarung, während die historische-kritische Methode ein Werk des Antichristen ist.
Das führt unweigerlich zu Nietzsche:

Zum Christentum wird man nicht geboren, man muß dazu nur krank genug sein.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man muss nur 1 und 1 zusammenzählen, um zu erkennen, dass die "entscheidenen Dinge" allesamt auf unhistorischen Geschichten beruhen und demzufolge selbst höchst fragwürdig sind.
Wenn man die Einsen anders setzt, erkennt man anderes - also auch hier: Die Hermeneutik, mit der man an eine Sache herangeht, ist entscheidend für die Interpretation.
Äh, die Addition von 1 + 1 ergibt nur in der clossschen Mathematik etwas anderes als 2. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#73 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Sa 29. Apr 2017, 07:57

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die beste Hermeneutik hängt in der Luft, wenn die Setzung falsch ist. Die Setzung ist das einzig Entscheidende, nicht die darauf aufbauende Hermeneutik.
Absolut richtig. - Das Problem dabei: Wenn die jeweilige Setzung nicht nachweisbar oder widerlegbar ist, kann man sie nur begründen.
Genau daran hapert es ja. Glaube ist keine Begründung. Wo bleiben Plausibilitäten, Evidenzen? Wieso sollte eine Allmacht, die das unendliche Universum mit Milliarden auseinanderstrebender Galaxien erschaffen hat, einen Sohn haben, den er blutig opfern musste, um sich mit intelligenten Lebewesen auf einem Staubkorn im Weltall zu versöhnen. Das ist doch absurd.
Es ist sogar Ausdruck primitiver Mythologie, wie Bultmann sagt.

„Wie kann meine Schuld durch den Tod eines Schuldlosen (wenn man von einem solchen überhaupt reden darf) gesühnt werden? Welche primitiven Begriffe von Schuld und Gerechtigkeit liegen solcher Vorstellung zugrunde? Welch primitiver Gottesbegriff? Soll die Anschauung vom sündentilgenden Tode Christi aus der Opfervorstellung verstanden werden: welch primitive Mythologie, daß ein Mensch gewordenes Gotteswesen durch sein Blut die Sünden der Menschen sühnt!“
(Neues Testament und Mythologie, 1941, 20)

Wäre dies Bestandteil einer fremden Religion, wäre closs sicher eher bereit, die Primitivität dieses Konstrukts einzusehen. Aber wie das bei Gläubigen so ist: was in anderen Religionen abgelehnt wird, wird in der eigenen zur ultimativen Erkenntnis stilisiert.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#74 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Sa 29. Apr 2017, 08:36

Münek hat geschrieben:Du redest am Thema vorbei. Tatsache ist, was ich oben feststellte.
Das Geistige in der Welt steht nicht im Gegensatz zur Welt - die Antithese "historisch oder geistig" ist willkürlich/weltanschaulich.

Münek hat geschrieben:Was ändert das an Deiner Tautologie?
Es unterstreicht sie: Realität ist nicht per Wahrnehmungs-Methodik aushebelbar: "Realität 'ist' oder sie 'ist' nicht - daran ändern methodische Feststellungen nichts.

Münek hat geschrieben:Hier besteht der Verdacht, dass Du schlicht keine Ahnung hast.
Dieser Verdacht könnte für Dich ausgeräumt werden, wenn Du Dich mit "dem Leiblichen" und "dem Geistigen" im Sinne der Bibel beschäftigst - Mimi hat dazu irgendwo einen schönen Post gemacht.

Münek hat geschrieben:Genau daran hapert es ja. Glaube ist keine Begründung. Wo bleiben Plausibilitäten, Evidenzen?
Glaube an sich ist wirklich keine Begründung, sondern beschreibt einen "Anfangsverdacht", den man theologisch-/geistig-argumentativ erhärten kann.

"Plausibilität" und "Evidenz" im geistigen Sinne ist überhaupt kein Problem - im naturalistischen Sinne sehr wohl. - Und schon sind wir wieder beim hermeneutischen Ausgangspunkt: Unter welcher Vermutung aus schauen wir uns Dinge an?

Münek hat geschrieben:Wieso sollte eine Allmacht, die das unendliche Universum mit Milliarden auseinanderstrebender Galaxien erschaffen hat, einen Sohn haben, den er blutig opfern musste, um sich mit intelligenten Lebewesen auf einem Staubkorn im Weltall zu versöhnen. Das ist doch absurd.
Man versteht dies alles nur, wenn man es als Gleichnis versteht für einen geistigen Vorgang. - Ich stimme Dir zu, dass man bei einer naturalistischen/materialistischen/atheistischen Hermeneutik nichts damit anfangen kann.

Münek hat geschrieben:Meine Feststellung hat mit Hermeneutik nichts zu tun.
Doch - man merkt es halt nicht, wenn man es nicht reflektiert.

Münek hat geschrieben:Exegeten und die RKK sehen es anders als Du.
Aber aus unterschiedlichen Gründen, wenn es "Deine" Exegeten sind.

Münek hat geschrieben:Die entscheidende Aussage ist, dass sich Exegeten nicht nur um Jahreszahlen kümmern, sondern primär die Theologie der Verfasser der neutestamentlichen Schriften kenntnisreich reflektieren und kommentieren.
Deren religions-philosophischen Kenntnisse sind nicht in Frage gestellt.

Münek hat geschrieben:Unter keiner Hermeneutik.
Hermeneutik kann man nicht NICHT haben, sobald man interpretiert. - Sie ignorieren, hilft einem vielleicht selber, macht es aber nicht weg.

Münek hat geschrieben:Die Theologie des Paulus wird voll erfasst und in dessen Sinn interpretiert und erläutert. Bewertungen ob falsch oder richtig finden nicht statt.
Oxymoron. - Man interpretiert, aber es gibt keine Bewertungen?

Münek hat geschrieben:Eine inhaltliche Bewertung der Gedanken Pauli findet natürlich nicht statt.
Dito. - Denn allein die Vermittlung erfolgt unter dem Aspekt: "Wie verstehe ich Paulus aus meiner Hermeneutik heraus?".

Münek hat geschrieben:Nein - Exegese zitiert nicht, sondern interpretiert. Das ist schließlich ihre Aufgabe.
Wie kannst Du dann Hermeneutik ausschließen? - Du suchst nach der eierlegenden Wollmilchsau - gibt es nicht.

Münek hat geschrieben:Man muss kein Christ sein, um Paulus durch und durch zu verstehen.
Aber "Wissenschaftler-Sein" reicht allein nicht - einem vergeistigten Rabbi darf man es zugestehen, aber nicht einem rein säkular denkenden Menschen. - Er kann sehr wohl analysieren - aber verstehen?

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#75 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Sa 29. Apr 2017, 08:56

sven23 hat geschrieben:Die Bibel wird seitens der Kirche als vom Heiligen Geist inspiriert und darum in Glaubensfragen und auch allen wesentlichen historischen Aussagen als irrtumslos vorausgesetzt".
Schon klar - aber was ist davon inhaltlich bei DIR durchgedrungen? - Wir wissen doch, dass es hierzug sehr unterschiedliche Interpretationen gibt.

sven23 hat geschrieben: Man schrieb nicht aus historischem Interesse. Es handelte sich vielmehr um Glaubenspropagandaschriften.
Durchaus - aber Du hast auch den Vortrag gehört, wonach die Bibel nach antiken Maßstäben außerordentlich historisch schreibt. - Und richtig: Das unmittelbare Interesse war NICHT historischer Art, sondern der Vermittlung von real-geistigen Inhalten verpflichtet - eine Denkweise, die man möglicherweise heute nicht mehr überall versteht.

sven23 hat geschrieben:Wissenschaft ist per se ehrenhaft, wenn sie sich der Wahrheit verpflichtet fühlt.
Stimmt. :)

sven23 hat geschrieben: Es geht darum, dass in der historischen Jesusforschung nur eine wissenschaftliche Methodik Anwendung finden kann.
Wir waren uns vor Kurzem noch einig, dass alles, was "wirklich" ist, auch "historisch" in dem Sinne ist, dass es real für die Welt ist - oder nicht? - Dann nämlich ist Deine Aussage falsch, dass nur der historisch-kritische Zugang Anwendung finden könne.

sven23 hat geschrieben:Wenn der Papst eine Frau wäre, könnte er schwanger werden. Ist aber nicht so.
Du schließt also aus, dass Jesus göttlich wäre? - Und das wäre KEINE Setzung? - Immer wieder - Du kannst beides nicht haben: Ergebnisoffenheit und Bedingungen daran.

sven23 hat geschrieben: Im besagten Kapitel geht es um göttliche Offenbarung und dass sich im Nationalsozialismus die Suche nach Sinn und Heil äußere.
Das ist in JEDEM Leid so. - Meinst Du etwa, Barth meint, Gott habe den NAtionalsozialismus "gemacht", um eine Plattform für Sinnsuche zu haben? - Wenn ja, hättest Du es wieder einmal genauso falsch wie selbstbewusst verstanden.

sven23 hat geschrieben: die Addition von 1 + 1 ergibt nur in der clossschen Mathematik etwas anderes als 2.
Sicherlich nicht: Aber es ist ein Unterschied, ob man eine Unwahrheit oder eine Wahrheit mit der jeweils nächsten addiert. - Oder beides mischt, was am häufigsten vorkommt.

sven23 hat geschrieben:Wäre dies Bestandteil einer fremden Religion, wäre closs sicher eher bereit, die Primitivität dieses Konstrukts einzusehen.
Sicherlich NICHT, wenn man Ausdrucksformen einer Religion in ihrer Gleichnishaftligkeit versteht: "Wofür steht etwas?".

Du kommst mir vor wie jemand, der Eheringe addiert und darauf hin den Materialwert objektiv ermittelt und daraus den Anspruch ableitet zu wissen, was eine Ehe ist.

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sven23
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#76 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Sa 29. Apr 2017, 10:22

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Bibel wird seitens der Kirche als vom Heiligen Geist inspiriert und darum in Glaubensfragen und auch allen wesentlichen historischen Aussagen als irrtumslos vorausgesetzt".
Schon klar - aber was ist davon inhaltlich bei DIR durchgedrungen? - Wir wissen doch, dass es hierzug sehr unterschiedliche Interpretationen gibt.
Richtig, die historisch-kritische Exegese geht nicht von der Irrtumslogiskeit der Schrift aus.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Man schrieb nicht aus historischem Interesse. Es handelte sich vielmehr um Glaubenspropagandaschriften.
Durchaus - aber Du hast auch den Vortrag gehört, wonach die Bibel nach antiken Maßstäben außerordentlich historisch schreibt.
Ja, nämlich genauso unhistorisch wie vieles andere.

closs hat geschrieben: - Und richtig: Das unmittelbare Interesse war NICHT historischer Art, sondern der Vermittlung von real-geistigen Inhalten verpflichtet - eine Denkweise, die man möglicherweise heute nicht mehr überall versteht.
Und warum sollten die "real-geistigen Inhalte" nicht anders zu vermitteln sein als über fromme Schummeleien oder besser gesagt: Lügen? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wissenschaft ist per se ehrenhaft, wenn sie sich der Wahrheit verpflichtet fühlt.
Stimmt. :)
Deshalb bin ich ein Anhänger der historisch-kritischen Forschung. :thumbup:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es geht darum, dass in der historischen Jesusforschung nur eine wissenschaftliche Methodik Anwendung finden kann.
Wir waren uns vor Kurzem noch einig, dass alles, was "wirklich" ist, auch "historisch" in dem Sinne ist, dass es real für die Welt ist - oder nicht? - Dann nämlich ist Deine Aussage falsch, dass nur der historisch-kritische Zugang Anwendung finden könne.
Nö, historisch ist das, was vermeintlich stattgefunden hat. Übernatürliche Fantasyprodukte sollte man diesbezüglich mit der Kneifzange anfassen oder man erklärt alle Mythen, Legenden und Märchen für historisch, was natürlich genauso ein Unfug wäre.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn der Papst eine Frau wäre, könnte er schwanger werden. Ist aber nicht so.
Du schließt also aus, dass Jesus göttlich wäre? - Und das wäre KEINE Setzung? - Immer wieder - Du kannst beides nicht haben: Ergebnisoffenheit und Bedingungen daran.
Die Forschung schließt nichts aus, sondern läßt es einfach offen. Sie wie der Glaube an Götter nicht die Götter beweist, sondern lediglich den Glauben an Götter. Das wird scheinbar immer noch verwechselt. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Im besagten Kapitel geht es um göttliche Offenbarung und dass sich im Nationalsozialismus die Suche nach Sinn und Heil äußere.
Das ist in JEDEM Leid so. - Meinst Du etwa, Barth meint, Gott habe den NAtionalsozialismus "gemacht", um eine Plattform für Sinnsuche zu haben? - Wenn ja, hättest Du es wieder einmal genauso falsch wie selbstbewusst verstanden.
Im besagten Kapitel geht es um göttliche Offenbarung und dass sich im Nationalsozialismus die Suche nach Sinn und Heil äußere.
Der Nationalsozialismus ist also eine göttliche Offenbarung, während die historische-kritische Methode ein Werk des Antichristen ist.
Das führt unweigerlich zu Nietzsche:

Zum Christentum wird man nicht geboren, man muß dazu nur krank genug sein.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wäre dies Bestandteil einer fremden Religion, wäre closs sicher eher bereit, die Primitivität dieses Konstrukts einzusehen.
Sicherlich NICHT, wenn man Ausdrucksformen einer Religion in ihrer Gleichnishaftligkeit versteht: "Wofür steht etwas?".
Dir ist aber schon klar, dass z. b. Juden und Moslems von deinem gleichnishaften, vergotteten Jesus nichts halten. Umgekehrt hält das Christentum nicht viel vom reinen Monotheismus des Judentums oder Islams.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#77 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Sa 29. Apr 2017, 12:41

sven23 hat geschrieben:Nö, historisch ist das, was vermeintlich stattgefunden hat.
Aha - also eine Wahrnehmungsgröße. - Für mich ist es eine Seins-Größe - also das, was WIRKLICH stattgefunden hat, egal ob wir es methodisch erkennen oder nicht. - Genau aus dieser Definitions-Unklarheit heraus würde ich von "historisch-kritischem Jesus" und nicht vom "historischen Jesus" sprechen.

sven23 hat geschrieben:Die Forschung schließt nichts aus, sondern läßt es einfach offen.
Sie tut so, NACHDEM sie bereits ausgeschlossen hat. - Nochmals zur Erinnerung: Kritisch-rationales Denken DARF aus methodischen Gründen gar nicht erwägen, dass Jesus göttlich wäre, weil dies nicht falsifizierbar ist. - FALLS als Jesus historisch göttlich ist, KANN dies die HKM gar nicht auf dem Schirm haben. - Sie MUSS also so interpretieren, als sei Jesus nur Mensch.

Und dann kommst Du mit:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung schließt nichts aus, sondern läßt es einfach offen.

sven23 hat geschrieben:Der Nationalsozialismus ist also eine göttliche Offenbarung, während die historische-kritische Methode ein Werk des Antichristen ist.
Non sequitur. - Du könntest genauso sagen: "Bratwürste sind eine Geschmacksoffenbarung, während samstags die Bundesliga spielt".

sven23 hat geschrieben:Dir ist aber schon klar, dass z. b. Juden und Moslems von deinem gleichnishaften, vergotteten Jesus nichts halten. Umgekehrt hält das Christentum nicht viel vom reinen Monotheismus des Judentums oder Islams.
Das sind unterschiedliche hermeneutische Ansätze mit demselben Ziel: Die geistige Wahrheit. - Was damit gemeint ist, könnte Dir eventuell eine Rede zeigen, die Franziskus gestern in Kairo gehalten hat.

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#78 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Sa 29. Apr 2017, 13:16

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nö, historisch ist das, was vermeintlich stattgefunden hat.
Aha - also eine Wahrnehmungsgröße. - Für mich ist es eine Seins-Größe - also das, was WIRKLICH stattgefunden hat, egal ob wir es methodisch erkennen oder nicht. -
Deine "Seins-Größe" ist in Wahrheit eine reine Luftnummer, denn niemand kann rekonstruieren, was im Detail vor 2000 Jahren "wirklich" stattgefunden hat. Deshalb bleiben nur die Quellen und das, was man sonst aus dieser Zeit historisch weiß.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung schließt nichts aus, sondern läßt es einfach offen.
Sie tut so, NACHDEM sie bereits ausgeschlossen hat. - Nochmals zur Erinnerung: Kritisch-rationales Denken DARF aus methodischen Gründen gar nicht erwägen, dass Jesus göttlich wäre, weil dies nicht falsifizierbar ist. - FALLS als Jesus historisch göttlich ist, KANN dies die HKM gar nicht auf dem Schirm haben. - Sie MUSS also so interpretieren, als sei Jesus nur Mensch.
Sie muss überhaupt nichts, sondern lediglich die Textquellen so behandeln, wie jede andere auch.

„Die Bibel ist von Menschen geschrieben, sie ist ein menschliches Buch, und darum kann sie nicht anders gelesen und verstanden werden und nicht nach anderen Methoden ausgelegt werden als jedes andere Buch.“
(Heinz Zahrnt, dt. Theologe, 1915-2003)

Der Theologieprofessor Werner Stenger nimmt Nietzsches Philippika als Ansporn für die bei ihm Studierenden, indem er warnend den Finger hebt, Nietzsche habe aufgedeckt, dass "Theologen in der Gefahr stehen, für ihre Auslegung der Bibel solche Privilegien zu beanspruchen"(6) und er meint mit Privilegien den Fehler, den mancher Theologe macht, wenn er "als Glaubender den Büchern der Bibel eine größere Autorität über sich einräumt als anderen Büchern" und dann versucht ist, "die biblischen Texte bei der Auslegung methodisch grundsätzlich anders zu behandeln als andere schriftliche Dokumente aus Vergangenheit und Gegenwart.""
Norbert Rodenbach

Die Forschung kann nun mal für clossens Lieblingsmythos keine Extrawurst braten. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Nationalsozialismus ist also eine göttliche Offenbarung, während die historische-kritische Methode ein Werk des Antichristen ist.
Non sequitur. - Du könntest genauso sagen: "Bratwürste sind eine Geschmacksoffenbarung, während samstags die Bundesliga spielt".
Und der Holocaust ist etwas anderes als die historisch-kritische Untersuchung von alten Texten. Während das erste eine Offenbarung Gottes sein soll, ist das letzere das Werk des "Antichristen". :roll:
Da muss man Nietzsche unweigerlich zustimmen:

Zum Christentum wird man nicht geboren, man muß dazu nur krank genug sein.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dir ist aber schon klar, dass z. b. Juden und Moslems von deinem gleichnishaften, vergotteten Jesus nichts halten. Umgekehrt hält das Christentum nicht viel vom reinen Monotheismus des Judentums oder Islams.
Das sind unterschiedliche hermeneutische Ansätze mit demselben Ziel: Die geistige Wahrheit. - Was damit gemeint ist, könnte Dir eventuell eine Rede zeigen, die Franziskus gestern in Kairo gehalten hat.
Reden und Handeln waren in der Kirche nicht immer deckungsgleich. Viele machen den Fehler und identifizieren das voraufklärerische Christentum mit dem heutigen, wie Richard-David Precht zur Recht anmahnt. Dadurch entsteht ein historisch völlig verzerrtes und verklärtes Bild vom Christentum.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#79 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Rembremerding » Sa 29. Apr 2017, 13:48

closs hat geschrieben:Die Folgerichtigkeit der Naherwartung aus Sicht einer speziellen hermeneutischen Perspektive war nie bestritten.
Was "Naherwartung" betrifft hat mit dem Reich Gottes zu tun und das Verständnis dieses Begriffs hat eine historische Entwicklung.

Schon Origenes erfasste eine christologische Dimension, d. h. in Jesus ist das Reich gegenwärtig. Damit ist die Naherwartung erfüllt.
Origenes begründete auch eine "idealistische" Dimension oder auch mystische Bedeutung vom Reich Gottes. Hier ist das Reich Gottes in der Innerlichkeit des Menschen angesiedelt, immer dann, wenn der Mensch die Sünde in sich entmachtet (Rö 6:12). Damit ist die Naherwartung ebenso erfüllt.
Beider Grundgedanken ist: Das Reich ist nicht von dieser Welt.
Die Texte der Bibel selbst drücken dieses Bewegtsein der Menschen aus: Das Spüren des Hl. Geistes und die Nähe Gottes durch Jesus in sich, aber auch die Erwartung Jesu leiblicher Wiederkunft in einer Zeit der Bedrängnis und Verfolgung. Beide Bewegungen vermischen sich oft in den Texten, das eine gebiert das andere.
Ein dritter Gedanke vom Reich Gottes lässt die Gemeinde, die Kirche als dieses aufscheinen, es ist die ekklesiastische Dimension. Auch hier ist die Naherwartung erfüllt. In den biblischen Texten taucht sie etwa in den späten gemeindlichen Ergänzungen des Matthäus-Evangeliums auf (nach 70). Dieser Gedanke war auch im 19./frühen 20. Jahrhundert stark vertreten.

Am Anfang des 20. Jahrhunderts erarbeiteten evangelische Theologen eine liberale Theologie und es war Adolf von Harnack, der in der Botschaft Jesu vom Reich Gottes eine doppelte Revolution gegenüber dem Judentum erkannte.
1. Aus dem Kollektiv des Volkes Gottes heraus wurde Jesu Botschaft streng individualistisch und richtete sich nur an den Einzelnen.
2. Das Kultische und das Priestertum der Juden wurde von Jesus beseite geschoben und seine Botschaft war moralisch ausgerichtet, nicht kultische Reinigung war notwendig, sondern Seelenreinigung.
Die große Zeit der liberalen Theologie ging mit dem 1. Weltkrieg zu Ende.

Nun erst treffen wir auf die eschatologische Dimension vom Reich Gottes. Zuerst Johannes Weiß (1892!), dann vor allen Albert Schweitzer begriff die Botschaft Jesu vom Reich Gottes als dessen Nachricht über das nahe Weltende, auf ein bevorstehendes Einbrechen einer neuen Welt Gottes. Damals wurden auch Texte, die dieser Ansicht eigentlich widersprechen, wie die Wachstum-Gleichnisse oder das Wort vom Sauerteig endzeitlich umgedeutet.
Bultmann zog gar den Philosophen Heidegger heran, um die Haltung einer christlichen Existenz auf eine "Stetsbereitschaft" in Erwartung des Weltendes zu begrenzen. Moltmann lehnte sich an Ernst Bloch mit seiner "Theologie der Hoffnung" an, die Glauben als aktiven Part zur Gestaltung der Zukunft ausweist. Man erkennt eine Anthropozentrik in dieser Betrachtungsweise, welche Gnade als Randereignis auffasst.
Hier ist die Naherwartung in den biblischen Texten nicht erfüllt oder bleibt zumindest in der Schwebe. Gerade antitheistische und christophobe Kreise nehmen diese Momentaufnahme biblischer Hermeneutik auf und konstruieren daraus ein haltloses Christentum samt Negierung biblischer Texte. Sie gehören inzwischen zu den wenigen, die diese überholte, anthropozentrische Ansicht noch vertreten, eben weil sie kritisch-rational eine Säkularisierung des Glaubens sowie wissenschaftlichen Aberglauben fördert.

In der Theologie wird zur Zeit vor allen die christologische Dimension in den Fakultäten der Kirche und christlicher Gemeinschaften beforscht und gelehrt.
Dabei sollte man auch eine sprachliche Beobachtung würdigen: Himmelreich, Reich Gottes liegt das hebräische Wort "malkut" zu Grunde, im Griechischen "basileia". Beides sind "nomen actionis", sie legen also eine Herrschaftsfunktion, ein Herrsein zu Grunde. Es kann rein sprachlich demnach kein zu errichtendes Reich gemeint sein, sondern eine Regentschaft Gottes über die Welt, die in neuer Weise in der Geschichte durch Jesus zum Ereignis wird.
Jesus verkündet vom Reich Gottes einfach Gott, einen lebendigen Gott, der in Welt und Geschichte konkret handeln kann, es jetzt tut. Jesus sagt: Schaut her, schaut auf mich, Gott gibt es. Die Erwartung seiner Nähe ist erfüllt.
Somit ist die Übersetzung "Reich Gottes" unzulänglich. Besser wäre vom Herrsein Gottes, von seiner Herrschaft zu sprechen. Und in dieser Hinsicht ist seine Nähe keine Erwartung, sondern Tatsache.

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#80 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Sa 29. Apr 2017, 16:17

sven23 hat geschrieben:Deine "Seins-Größe" ist in Wahrheit eine reine Luftnummer
Realität = Luftnummer?

sven23 hat geschrieben:denn niemand kann rekonstruieren, was im Detail vor 2000 Jahren "wirklich" stattgefunden hat.
Richtig - deshalb muss man versuchen, es aus verschiedenen Blickwinkeln zu rekonstruieren. - Diese Rekonstruktion kann in der Tat eine Luftnummer sein - aber doch nicht die Realität/das Sein selber.

sven23 hat geschrieben:Deshalb bleiben nur die Quellen und das, was man sonst aus dieser Zeit historisch weiß.
Die Quellen nützen gar nichts, wenn man sie nicht interpretiert. - Und da gibt es halt unterschiedliche Interpretationen je nachdem, ob man HKM-hermeneutisch oder theologisch-hermeneutisch interpretiert. - Beide können in ihrer Interpretation historisch/seins-mäßig/in Bezug auf Realität richtig oder falsch liegen.

sven23 hat geschrieben:Sie muss überhaupt nichts, sondern lediglich die Textquellen so behandeln, wie jede andere auch.
Dann macht sie es halt bei anderen Textquellen genauso - aber es ändert doch nichts an den methodischen Vorgaben.

sven23 hat geschrieben:Heinz Zahrnt
Als HKM-ler muss er pro domo sprechen. - Damit ist kein einziges Probelm gelöst.

sven23 hat geschrieben:Während das erste eine Offenbarung Gottes sein soll, ist das letzere das Werk des "Antichristen".
Immer noch: Ein Non-sequitur-Wirrwarr.

sven23 hat geschrieben:Reden und Handeln waren in der Kirche nicht immer deckungsgleich.
NAtürlich nicht - was hat das bei Verständnisfragen zu suchen?

sven23 hat geschrieben:Viele machen den Fehler und identifizieren das voraufklärerische Christentum mit dem heutigen, wie Richard-David Precht zur Recht anmahnt. Dadurch entsteht ein historisch völlig verzerrtes und verklärtes Bild vom Christentum.
Nicht innerhalb der Theologie - auch da gibt es Kirchen-Geschichtler. - Mir ist kein aktuelles verklärendes Christentum-Bild bekannt.

Und wieder: Du versuchst Verständnisfragen auszuweichen. - Altes Muster: Ich verstehe etwas nicht, und um diesen Status aufrecht erhalten zu können, suche ich nach einem Argument, warum ich nichts verstehen muss. - Ein Kollateralschaden des kritisch-rationalen Denkens.

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