Alles Teufelszeug? VI

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Münek
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#581 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Münek » Do 22. Jun 2017, 08:16

closs hat geschrieben:Innerhalb der Forschung gibt es Vertreter, die NICHT der Meinung sind, dass Jesus eine Naherwartung hatte - einige davon wurden hier genannt und zitiert.
Bis auf Klaus Berger wurde hier niemand benannt, der sich explizit gegen eine Naherwartung Jesu ausgesprochen hat.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ach Du lieber Himmel! Was stand denn nach DEINER Auffassung im Zentrum der Botschaft Jesu an das Volk?
Das nahe Himmelreich in und durch Jesus bzw. durch dessen Auferstehung - das wäre so in etwa die theologische Haltung dazu.
Jesus hat dem Volk NIE verkündigt, dass er im Kürze den Sühnetod für alle Menschen erleiden und danach von den Toten auferste-
hen wird. Das ist mal wieder closs`sche EISEGESE der allerfeinsten Art.
:thumbdown:

Überwinde Dich - und lies einfach mal in den synoptischen Evangelien nach, was Jesus gepredigt hat. Authentischer kriegst Du es nicht.
L-E-S-E-N. :roll:

closs
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#582 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Do 22. Jun 2017, 08:38

Münek hat geschrieben: Wie kannst Du dann gebetsmühlenartig behaupten, Jesus hatte keine "Nah"-Erwartung?
1) Es war keine Erwartung, sondern WIssen.
2) Er meint mit "nah" etwas ganz anderes als Du.

Münek hat geschrieben:Da brauche ich keine Basis - der Unfug ist offensichtlich.
Genau. :devil:

Münek hat geschrieben:Von anderer Seite (Rem, Halman) wurde nichts Substanzielles vorgebracht. Wenn - dann wären das mir und Sven erinnerlich.
Auch das eine extrem interessante Begründung. :lol:

Münek hat geschrieben: Es gibt einen Jahrhunderte langen Konsens darüber, dass sich Jesus geirrt hat.
Wann soll das gewesen sein?

Münek hat geschrieben:Dass sich die Amtskirche zum neutestamentlichen Konsens über Jesu Irrtum in Schweigen hüllt, würde ich nicht als "verworfen" bezeichnen. Das hättest Du gern, aber so ist es nicht.
Du darfst davon ausgehen, dass die von Dir vertretene Fraktion eher ein selbstbewusstes Eigenleben führt, das innerhalb der Theologie keine maßgebliche Rolle spielt.

Münek hat geschrieben:Wie willst Du kompetent mitreden, wenn Dir die entsprechenden Kenntnisse fehlen?
Wir haben aufgrund der zusammengetragenen Zitate und wissenschaftlichen Äußerungen ähnlich viel Kenntnis wie ein "normaler" Theologie-Student (überschätze diese nicht!) - das ist das eine. - Das andere: Man kann als akademisch geschulter Mensch schon abschätzen, wie in etwa Ergebnisse zusammenkommen, wenn man die zugrundeliegende Methodik kennt. - Dein Ansatz ist also falsch.

Der viel kompetentere Ansatz zu dieser Frage ist NICHT, innerhalb einer Methodik zu vertiefen, sondern zu ermitteln, warum HKM und Theologie (nicht nur) hier so weit auseinanderklaffen. - Dieses Problem ist NICHT damit gelöst, dass man roboterhaft alles, was nicht auf dem eigenen Mist gewachsen ist, als "unredlich" bezeichnet. - Wir haben es hier immer noch nicht geschafft, den Dingen einvernehmlich auf denh Grund zu gehen - aus meiner Sicht deshalb, weil zu viel Ideologie unterwegs ist.

Münek hat geschrieben:für die Untersuchung und Auslegung biblischer Texte ist AUSSCHLIESSLICH die universitäre EXEGESE zuständig
Wie mehrfach dargelegt, ist mir der Unterschied zwischen den Fächern "Wissenschaftliche Exegese" (welche Exegese-Form auch immer) und "Christliche Hermeneutik" in der PRaxis nicht ganz klar - ich habe zwar selber ein klares Bild von diesem Unterschied, kann aber diese meine Meinung aber nicht mit anderes anspruchsvollen Meinungen abgleichen.

Unter diesem Vorbehalt meine ich bis auf Widerruf:
* Exegese ist für die technische Auslegung in Bezug auf Quellen, Linguistik, Historie, Sozial-Geschichte, etc. zuständig (Sachebene).
* Hermeneutik ist für das verstehende Auslegen zuständig (Interpretations-Ebene).
Insofern ist für die verstehende Deutung biblischer Texte die Hermeneutik zuständig und nicht die Exegese - zumindest scheint es so (auch heute noch) zu sein. - Kein Theologe wird die Exegese fragen, wenn er die geistige Bedeutung eines Jesus-Satzes ermitteln will.

Münek hat geschrieben:Was der historische Jesus gedacht, gemeint und verkündet hat, was also im Zentrum seiner "Frohen Botschaft" stand, ist selbstverständlich keine "geistige", sondern eine historische Frage, der man nur mit Mitteln der historisch-kritischen Exegese nachspüren kann.
Das ist (bis teilweise auf das "verkündet") grundlegend falsch.

Man kann nicht Jesus als Nur-Mensch untersuchen und zudem auf naturalistische Wirkungszusammenhänge (keine Wunder/keine Auferstehung) bestehen und dann beanspruchen, dass man die Bibel theologisch auslegen kann. - In EINEM hast Du recht: Wenn man die Bibel unter dem Aspekt untersucht, was sie bedeutet, wenn es kein geistiges Werk, sondern ein rein historisch-belletristisches Werk ist, kann man mit Einschränkungen so vorgehen, wie Du es für richtig hältst. - Man muss also eine massive hermeneutische Grundposition einnehmen, damit Dein Ansatz Sinn macht.

Münek hat geschrieben:Anders geht es seriöserweise nicht.
Und schon schiebst Du wieder Dein ideologisch-dogmatisches Mantra hinterher. - Würde ich in Deinem Wortschatz reden, müsste ich hier "unredlich" und "laienhaft" sagen.

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#583 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Do 22. Jun 2017, 09:09

sven23 hat geschrieben:Logisch, wissenschaftliche Hermeneutik vs. glaubensdogmatische.
Nein - materialistische versus spirituelle Hermeneutik. - Wie und ob man diese Hermeneutiken dann wissenschaftlich bearbeitet, ist eine ganz andere Frage - Du vermischst hier Kategorien.

sven23 hat geschrieben:Wenn sie auf Sachergebnissen aufbauen würde, dann würde die glaubensdogmatische Theologie nicht so grottenfalsch daneben liegen.
Deine Aussage ist größtenteils falsch - wahrscheinlich liegt das daran, dass Du das als "sachlich" bezeichnest, was bereits Interpretation ist.

sven23 hat geschrieben:Trotzdem gab es einen erbitterten Kampf um die Trinität. Durchgesetzt haben sich die Stärkeren/Skrupellosen.
"Stärker" muss nicht "skrupelloser" sein - sonst wäre die HKM ja in allen Fällen "skrupellos", in denen sie stärker ist.

sven23 hat geschrieben:Selbst wenn es so wäre, muss man auch diese beiden Stellen erklären.
Das wurde meiner Erinnerung dadurch, dass Paulus sich in der Tat geirrt hatte und deshalb etwas schrieb, was falsch war. - Man muss zwischen "Naherwartung Jesu" und "Naherwartung des Volkes bzw. der Textverfasser" unterscheiden.

sven23 hat geschrieben:Fakt ist, dass sich der Wissenschaft verpflichtete Theologen zu dem Konsens kommen, dass Jesus eindeutig eine Naherwartung hatte.
Das ist NICHT Fakt - Du kannst dies nur sagen, weil Du klammheimlich nur das als "wissenschaftlich" definierst, was HKM ist.

Das sind diese eingefahrenen Taschenspieler-Tricks: "Interpretativ = sachlich", wenn es von der HKM kommt/"Wissenschaft in der Theologie = nur die HKM". - Damit kann man sich eine Eigensprache kreieren, die man am Ende selber glaubt, die aber vollkommen abgehängt ist von der Theologie, die in ganz anderen Kategorien denkt und handelt - und vor allem solche Spielchen irgendwann nicht mehr beachtet.

sven23 hat geschrieben: zweitens ist Jesus Naherwartung keine Rezeption, sondern sie stand im Zentrum seiner Verkündigung.
Du weißt inzwischen, dass "Naherwartung" in der Theologie etwas anderes bedeutet als in der HKM.

Die Theologie (von Seitensträngen, die es überall gibt, abgesehen) unterscheidet zwischen einer Naherwartung Jesu und einer Naherwartung des Volks/der Rezipienten. - Eine Naherwartung Jesu schließt sie aus, eine Naherwartung des Volks/in manchen Texten sieht sie dagegen sehr wohl. - Davon abgesehen, dass sie bei Jesus nicht von "Naherwartung" sprechen würde, sondern von "Nahwissen" - denn Jesus WEISS, dass mit ihm das Gottesreich nahe ist (WENN er "Gottes Sohn" ist, was die Theologie halt annimmt).

Hier laufen zwei ganz unterschiedliche Filme in HKM und Theologie ab - und beide Seiten begründen wissenschaftlich, warum der ihrige Film der richtige ist - davon abgesehen, dass methodisch gesehen ("methodisches Ergebnis") BEIDE Filme richtig sind, weil sie auf Basis ihrer Hermeneutik widerspruchsfrei belegbar sind. - Natürlich kann WIRKLICH nur eine dieser beiden Versionen richtig sein - aber genau das ist mit menschlichen Mitteln nicht nachweisbar. - Entweder Jesus war WIRKLICH nur ein Wanderprediger, hat die HKM recht - oder Jesus war WIRKLICH göttlich, dann hat die christliche Hermeneutik recht.

sven23 hat geschrieben:Man kann ja Gegenpositionen vertreten, aber sie sollten sachlich begründet sein und nicht von ideologischen Vorpägungen geleitet sein. Damit erleidet man in der Wissenschaft immer Schiffbruch.
Und das sagt einer, der eimerweise Kubitza zitiert ...

sven23 hat geschrieben:Objektiv ist das Gottesreich, wie es Jesus gemeint hat, nicht gekommen
Doch - so wie er es gemeint hat, ist es nach Ansicht der Theologie gekommen. - So wie es missverstanden wurde, ist es nicht gekommen.

sven23 hat geschrieben:Und wenn wir setzen, dass Zeus göttlich ist, dann ist er der oberste Chef von Jahwe.
Kauderwelsch. - Wer beliebig setzt, wird spätestens bei der darauf folgenden Untersuchung merken, ob es was taugt.

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#584 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Do 22. Jun 2017, 10:33

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Logisch, wissenschaftliche Hermeneutik vs. glaubensdogmatische.
Nein - materialistische versus spirituelle Hermeneutik. - Wie und ob man diese Hermeneutiken dann wissenschaftlich bearbeitet, ist eine ganz andere Frage - Du vermischst hier Kategorien.
Nö, Wissenschaft vs. Glaubendogmatik. Beides sollte man auf keinen Fall vermischen und tut die Forschung auch nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn sie auf Sachergebnissen aufbauen würde, dann würde die glaubensdogmatische Theologie nicht so grottenfalsch daneben liegen.
Deine Aussage ist größtenteils falsch - wahrscheinlich liegt das daran, dass Du das als "sachlich" bezeichnest, was bereits Interpretation ist.
Richtig, die Forschung arbeitet mit sachlichen Interpretationen, nicht mit glaubensdogmatischen. Das ist der Unterschied.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Trotzdem gab es einen erbitterten Kampf um die Trinität. Durchgesetzt haben sich die Stärkeren/Skrupellosen.
"Stärker" muss nicht "skrupelloser" sein - sonst wäre die HKM ja in allen Fällen "skrupellos", in denen sie stärker ist.
Sie ist ja nur deshalb "stärker", weil sie wissenschaftlich arbeitet. Deshalb haben Glaubensdogmatiker auf der sachlichen Ebene nichts entgegen zu setzen und das fuchst sie ungemein. Deshalb haben sie verschiedene Ausweichstrategien/Ausreden entwickelt. Redlich ist das nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Selbst wenn es so wäre, muss man auch diese beiden Stellen erklären.
Das wurde meiner Erinnerung dadurch, dass Paulus sich in der Tat geirrt hatte und deshalb etwas schrieb, was falsch war. - Man muss zwischen "Naherwartung Jesu" und "Naherwartung des Volkes bzw. der Textverfasser" unterscheiden.
Es geht weniger um Aussagen des Paulus, sondern um als authentisch geltende Jesusworte. Die Parusieverzögerung erklärt sich durch den erkannten Irrtum der Naherwartung, man mußte also reagieren. (und tat dies auch wie z. B. mit dem gefälschten 2. Petrusbrief)
Die Jesusworte, die eindeutig für die Nahewartung sprechen sind überhaupt nur erklärbar, weil sie authentisch sind. Sie hätten unschwer erfunden werden können, da sie sich schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hatten. Das ist Konsens in der Forschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Fakt ist, dass sich der Wissenschaft verpflichtete Theologen zu dem Konsens kommen, dass Jesus eindeutig eine Naherwartung hatte.
Das ist NICHT Fakt - Du kannst dies nur sagen, weil Du klammheimlich nur das als "wissenschaftlich" definierst, was HKM ist.
In der historischen Forschung ist das ja auch so. Sollte inzwischen bekannt sein. :roll:

closs hat geschrieben: Das sind diese eingefahrenen Taschenspieler-Tricks: "Interpretativ = sachlich", wenn es von der HKM kommt/"Wissenschaft in der Theologie = nur die HKM". -
Dann schreib doch Theißen mal, dass er mit Taschenspieler-Tricks arbeitet. Auf die Antwort bin ich gespannt. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: zweitens ist Jesus Naherwartung keine Rezeption, sondern sie stand im Zentrum seiner Verkündigung.
Du weißt inzwischen, dass "Naherwartung" in der Theologie etwas anderes bedeutet als in der HKM.
Nein, aus nah wird nicht einfach fern, nur weil man eine Glaubenshermeneutik vorschaltet und nicht sein kann, was nicht sein darf. Das ist extrem unredlich.

closs hat geschrieben: Hier laufen zwei ganz unterschiedliche Filme in HKM und Theologie ab - und beide Seiten begründen wissenschaftlich, ..
Falsch. In der historischen Forschung hat nur die HKM eine Existenzberechtigung. Was Glaubensdogmatiker sich zusammenreimen, ist für die historische Forschung irrelevant.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man kann ja Gegenpositionen vertreten, aber sie sollten sachlich begründet sein und nicht von ideologischen Vorpägungen geleitet sein. Damit erleidet man in der Wissenschaft immer Schiffbruch.
Und das sagt einer, der eimerweise Kubitza zitiert ...
Ja und? Kubitza bezieht sich auf die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung und kommuniziert diese in verständlicher Art. Wenn man sich manchen Theologensprech anschaut, dann hat man den Eindruck, man will gar nicht vom Normalbürger gelesen und verstanden werden. Man nimmt Kubitza offensichtlich übel, dass er die Ergebnisse allgemein verständlich übersetzt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Objektiv ist das Gottesreich, wie es Jesus gemeint hat, nicht gekommen
Doch - so wie er es gemeint hat, ist es nach Ansicht der Theologie gekommen. - So wie es missverstanden wurde, ist es nicht gekommen.
Da wurde nichts mißverstanden. siehe oben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und wenn wir setzen, dass Zeus göttlich ist, dann ist er der oberste Chef von Jahwe.
Kauderwelsch. - Wer beliebig setzt, wird spätestens bei der darauf folgenden Untersuchung merken, ob es was taugt.
Natürlich, bei anderen Mythen ist es Kauderwelsch, nur in der eigenen, christlichen Mythologie darf man setzen, was man will. Das ist das typische, Scheuklappendenken gläubiger Ideologen.
Deshalb hat sich mit Recht durchgesetzt, dass religiöse Text keinen Anspruch auf Sonderbehandlung haben, egal von welcher Religion.

„Die Bibel ist von Menschen geschrieben, sie ist ein menschliches Buch, und darum kann sie nicht anders gelesen und verstanden werden und nicht nach anderen Methoden ausgelegt werden als jedes andere Buch.“
(Heinz Zahrnt, dt. Theologe, 1915-2003)

Der Theologieprofessor Werner Stenger nimmt Nietzsches Philippika als Ansporn für die bei ihm Studierenden, indem er warnend den Finger hebt, Nietzsche habe aufgedeckt, dass "Theologen in der Gefahr stehen, für ihre Auslegung der Bibel solche Privilegien zu beanspruchen"(6) und er meint mit Privilegien den Fehler, den mancher Theologe macht, wenn er "als Glaubender den Büchern der Bibel eine größere Autorität über sich einräumt als anderen Büchern" und dann versucht ist, "die biblischen Texte bei der Auslegung methodisch grundsätzlich anders zu behandeln als andere schriftliche Dokumente aus Vergangenheit und Gegenwart.""
Norbert Rodenbach
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#585 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Do 22. Jun 2017, 11:05

sven23 hat geschrieben:Nö, Wissenschaft vs. Glaubendogmatik. Beides sollte man auf keinen Fall vermischen und tut die Forschung auch nicht.
Alles richtig - aber das tut nicht einmal ein Glaubensdogmatiker. - Deine Gegenüberstellung ist sinnlos und nicht problemlösend - das Problem liegt woanders.

sven23 hat geschrieben:Richtig, die Forschung arbeitet mit sachlichen Interpretationen,
DAS wiederum tut die Kanonik auch - ihre Interpretationen sind sachlich begründet. - Trotzdem sind "reine Sachaussage" und "sachlich-begründete Interpretation" zwei sehr unterschiedliche Paar Stiefel.

sven23 hat geschrieben:Deshalb haben Glaubensdogmatiker auf der sachlichen Ebene nichts entgegen zu setzen und das fuchst sie ungemein.
Diese Aussage ist falsch und nur dann möglich, wenn man volle Pulle ideologisch definiert und argumentiert. - Das Problem ist (meistens) nicht die Sachebene, sondern deren Interpretation - wobei die Interpretation abhängt von jeweiligen hermeneutischen Vorannahmen.

sven23 hat geschrieben:Die Parusieverzögerung erklärt sich durch den erkannten Irrtum der Naherwartung
Richtig - man erkannte, dass das physische Naherwartungs-Verständnis falsch war und hat dies per Verzögerung korrigiert.

sven23 hat geschrieben:Deshalb haben sie verschiedene Ausweichstrategien/Ausreden entwickelt. Redlich ist das nicht.
Komm nicht wieder mit "unredlich" - es kann auch sein, dass man einfach mit der Zeit besser verstanden hat, was Jesus eigentlich gemeint hat. - Man sollte Lernfähigkeit und Unredlichkeit nicht als Synonym verstehen.

sven23 hat geschrieben:Die Jesusworte, die eindeutig für die Nahewartung sprechen sind überhaupt nur erklärbar, weil sie authentisch sind.
Natürlich sind sie authentisch - das würden Dir Ratzinger und Berger schriftlich bestätigen. - Aber sie bedeuten etwas anderes, wenn man sie nicht säkular, sondern geistig interpretiert. - Und das ist nun mal der Unterschied zwischen HKM und Theologie.

sven23 hat geschrieben:In der historischen Forschung ist das ja auch so.
Aber nicht, wenn es um die Wirklichkeit Jesu geht - und die ist halt ebenfalls historisch.

sven23 hat geschrieben:Dann schreib doch Theißen mal, dass er mit Taschenspieler-Tricks arbeitet.
Tut er NICHT - er hat mit seinem Vorwort deutlich gemacht, unter welchem Vorbehalt seine Ergebnisse zu verstehen sind. - Er war ehrlich ("redlich").

sven23 hat geschrieben:Nein, aus nah wird nicht einfach fern, nur weil man eine Glaubenshermeneutik vorschaltet und nicht sein kann, was nicht sein darf. Das ist extrem unredlich.
Stimmt. :lol: - Aber das ist ja nicht der Fall.

sven23 hat geschrieben:In der historischen Forschung hat nur die HKM eine Existenzberechtigung.
Erneut: Was die geistige Wirklichkeit Jesu angeht ("Was hat er damals historisch gemeint?") ist die HKM NICHT das erste Mittel der Wahl - zumindest dann nicht, wenn sie sich nicht "zum Geistigen hin öffnet" (Ratzinger).

sven23 hat geschrieben:Man nimmt Kubitza offensichtlich übel, dass er die Ergebnisse allgemein verständlich übersetzt.
Nein - man nimmt ihm übel, dass er wissenschaftliche Ergebnisse rein religions-geschichtlich-säkular interpretiert, also in keinerlei Weise auf die geistige Substanz der Bibel eingeht - wahrscheinlich, weil ihm das komplett abgeht. - Er stellt die Bibel aus atheistischer Sicht dar: "Was bedeutet Tausendfüßler ohne Beine?".

sven23 hat geschrieben:„Die Bibel ist von Menschen geschrieben, sie ist ein menschliches Buch, und darum kann sie nicht anders gelesen und verstanden werden und nicht nach anderen Methoden ausgelegt werden als jedes andere Buch.“
(Heinz Zahrnt, dt. Theologe, 1915-2003)
Auf technischer Sachebene ist das absolut korrekt.

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#586 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Pluto » Do 22. Jun 2017, 12:53

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nö, Wissenschaft vs. Glaubendogmatik. Beides sollte man auf keinen Fall vermischen und tut die Forschung auch nicht.
Alles richtig - aber das tut nicht einmal ein Glaubensdogmatiker. - Deine Gegenüberstellung ist sinnlos und nicht problemlösend - das Problem liegt woanders.
Nein. Sven hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Oder kennst du einen Glaubensdogmatiker der nicht glaubt, er betreibe Wissenschaft?

closs hat geschrieben:DAS wiederum tut die Kanonik auch - ihre Interpretationen sind sachlich begründet.
Das bezweifle ich. Ich vermute vielmehr, dass Theologen aus ihrem verklärten Glauben heraus interpretieren.

closs hat geschrieben:man erkannte, dass das physische Naherwartungs-Verständnis falsch war und hat dies per Verzögerung korrigiert.
Also haben die Evangelien doch recht, wenn sie schreiben, dass Jesus eine Naherwartung hatte?

closs hat geschrieben:es kann auch sein, dass man einfach mit der Zeit besser verstanden hat, was Jesus eigentlich gemeint hat.
Möglich, aber extrem unwahrscheinlich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Jesusworte, die eindeutig für die Nahewartung sprechen sind überhaupt nur erklärbar, weil sie authentisch sind.
Natürlich sind sie authentisch - das würden Dir Ratzinger und Berger schriftlich bestätigen. - Aber sie bedeuten etwas anderes, wenn man sie nicht säkular, sondern geistig interpretiert.
Was bedeuten sie wenn man sie geistig interpretiert?

closs hat geschrieben:Was die geistige Wirklichkeit Jesu angeht ("Was hat er damals historisch gemeint?") ist die HKM NICHT das erste Mittel der Wahl - zumindest dann nicht, wenn sie sich nicht "zum Geistigen hin öffnet" (Ratzinger).
Genau darin liegt das Problem des verklärten Glaubens.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:„Die Bibel ist von Menschen geschrieben, sie ist ein menschliches Buch, und darum kann sie nicht anders gelesen und verstanden werden und nicht nach anderen Methoden ausgelegt werden als jedes andere Buch.“
(Heinz Zahrnt, dt. Theologe, 1915-2003)
Auf technischer Sachebene ist das absolut korrekt.
Was meinst du mit "technischer Sachebene"
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#587 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Do 22. Jun 2017, 14:32

Pluto hat geschrieben:Oder kennst du einen Glaubensdogmatiker der nicht glaubt, er betreibe Wissenschaft?
Jeder Glaubens-Dogmatiker glaubt, bei seiner systematischen Untersuchung der Dogmen wissenschaftlich vorzugehen - das entspricht dem Usus dessen, was man "Geisteswissenschaft" nennt. - Allerdings gibt es keinen Systematischen Theologen, der seine Hermeneutik als "wissenschaftlich" bezeichnet - weil diese Verbindung ein Unsinn an sich ist.

Der hermeneutische Ansatz ist weder wissenschaftlich noch unwissenschaftlich, sondern weltanschaulich oder einfach eine Annahme - bspw: "Im folgenden untersuche ich die Bibel so, als sei Jesus nur Mensch und als gäbe es keine Wunder/Auferstehung, weil dies aus naturalistischer Sicht den historischen Wirkungszusammenhang durchbrechen würde". - Das macht die HKM - und das kann man ohne Wenn und Aber machen - es ist halt EIN hermeneutischer Ansatz - aber er ist nicht "wissenschaftlich" oder "unwissenschaftlich".

Der nächste Schritt ist: Will ich diesen Ansatz wissenschaftlich bearbeiten (man könnte ja auch ein Gedicht drüber schreiben) - die HKM sagt: "Ich will ihn wissenschaftlich bearbeiten". - Aber das tut die Theologie mit ihrem anderen hermeneutischen Ansatz genauso, weil sie strukturiert und intersubjektiv nachvollziehbar, also wissenschaftlich, untersucht. - Sven verwechselt hier etwas - und wenn Du ihm zustimmst, Du auch.

Pluto hat geschrieben:Ich vermute vielmehr, dass Theologen aus ihrem verklärten Glauben heraus interpretieren.
Gar nicht - s.o. - Das ist ganz nüchterne Wissenschaft - von "verklärtem Glauben" könntest Du sprechen, wenn ein Mystiker persönliche Glaubenserlebnisse zum Besten gibt.

Pluto hat geschrieben:Also haben die Evangelien doch recht, wenn sie schreiben, dass Jesus eine Naherwartung hatte?
Die Evangelien schreiben doch gar nicht, dass Jesus eine Naherwartung hatte, sondern dass aus seiner Sicht das Reich Gottes nah ist - aus seinem Mund klang das nicht nach "Erwartung", sondern nach "Wissen".

Pluto hat geschrieben:Möglich, aber extrem unwahrscheinlich.
Gar nicht - überprüfe Dein Leben: Du wirst einige Fälle finden, die Du im Nachhinein besser verstehst, als im Moment, als sie stattgefunden haben.

Pluto hat geschrieben:Was bedeuten sie wenn man sie geistig interpretiert?
Bsp. dass das Gottesreich bereits mit der Verklärung und spätestens mit der Auferstehung nah oder gar da ist. - Die historische "Auferstehung" als Durchbruch zu einer dauerhaften PRäsenz des Gottesreiches im Menschen.

Pluto hat geschrieben:Genau darin liegt das Problem des verklärten Glaubens.
"Geist" und "verklärter Glaube" sind zwei Paar Stiefel. - Die Theologie versteht unter "Geist" eine wirkliche Präsenz Gottes im Dasein.

Pluto hat geschrieben:Was meinst du mit "technischer Sachebene"
* Dieser Text wurde zwischen 80 und 120 n.Chr. geschrieben.
* Pilatus war Statthalter in Palästina.
* Zur Zeit Jesu gab es im Volk eine starke Naherwartung im Volk.
* "Logos" bedeutet zur damaligen Zeit folgendes ..., wie man aus folgenden inner- und außer-biblischen Schriften nachweisen kann.
* Die hebräische/aramäische Grundlage von "logos", nämlich "memra", bedeutet zur damaligen Zeit folgendes ..., wie man aus folgenden inner- und außer-biblischen Schriften nachweisen kann.
* Der Esel galt damals als unreines Tier, weshalb das Reiten Jesu auf einem Esel eine Schande war.
* Stilistische Untersuchungen legen nahe, dass Text x und Text y vom selben Autor stammen.
* etc.

Aber NICHT: "Jesus hatte eine Naherwartung" - solche Fragen kann man nur dann angehen, wenn man sich auch um die geistige Dimension der Bibel kümmert. - Und das tut man NICHT, wenn der hermeneutische Ansatz vorgibt, Jesus sei nur Mensch und gäbe es keine Wunder/Auferstehung, weil dies aus naturalistischer Sicht den historischen Wirkungszusammenhang durchbrechen würde.

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#588 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Do 22. Jun 2017, 15:21

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nö, Wissenschaft vs. Glaubendogmatik. Beides sollte man auf keinen Fall vermischen und tut die Forschung auch nicht.
Alles richtig - aber das tut nicht einmal ein Glaubensdogmatiker. - Deine Gegenüberstellung ist sinnlos und nicht problemlösend - das Problem liegt woanders.
Nein, sie bringt es exakt auf den Punkt. Glaubensdogmatiker müssen ihn ihrem Sandkasten bleiben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Richtig, die Forschung arbeitet mit sachlichen Interpretationen,
DAS wiederum tut die Kanonik auch - ihre Interpretationen sind sachlich begründet. - Trotzdem sind "reine Sachaussage" und "sachlich-begründete Interpretation" zwei sehr unterschiedliche Paar Stiefel.
Richtig, völlig unterschiedliche Stiefel. Die Forschung benötigt keine Setzung von göttlich inspirierten und irrtumsfreien Texten. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb haben Glaubensdogmatiker auf der sachlichen Ebene nichts entgegen zu setzen und das fuchst sie ungemein.
Diese Aussage ist falsch und nur dann möglich, wenn man volle Pulle ideologisch definiert und argumentiert. - Das Problem ist (meistens) nicht die Sachebene, sondern deren Interpretation - wobei die Interpretation abhängt von jeweiligen hermeneutischen Vorannahmen.
Nö, du merkst doch selber, dass auf sachlicher Ebene nichts kommt. Immer wird erst der Glaubensentscheid vorgeschaltet, um damit die Forschungsergebnisse zu untergraben. Funktioniert nicht mehr.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Parusieverzögerung erklärt sich durch den erkannten Irrtum der Naherwartung
Richtig - man erkannte, dass das physische Naherwartungs-Verständnis falsch war und hat dies per Verzögerung korrigiert.
Es war sogar ein zweifacher Irrtum.
1. Man hat ganz im Sinne von Jesus an das baldige Ende der bestehenden Ordnung geglaubt.
2. Man hat nach Jesu Tod die Messiasrolle auf ihn selbst projiziert

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb haben sie verschiedene Ausweichstrategien/Ausreden entwickelt. Redlich ist das nicht.
Komm nicht wieder mit "unredlich" - es kann auch sein, dass man einfach mit der Zeit besser verstanden hat, was Jesus eigentlich gemeint hat. - Man sollte Lernfähigkeit und Unredlichkeit nicht als Synonym verstehen.
Das ist außerordentlich unwahrscheinlich bei der dünnen Quellenlage. Da mußte man halt erfinderisch sein..... und war es auch.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Jesusworte, die eindeutig für die Nahewartung sprechen sind überhaupt nur erklärbar, weil sie authentisch sind.
Natürlich sind sie authentisch - das würden Dir Ratzinger und Berger schriftlich bestätigen. - Aber sie bedeuten etwas anderes, wenn man sie nicht säkular, sondern geistig interpretiert. - Und das ist nun mal der Unterschied zwischen HKM und Theologie.
Nein, sie bedeuten nichts anderes. Die Terminzusage kann man nicht weginterpretieren, das ist extrem unredlich. Ich erinnnere an den Autor der messianischen Juden. Die Forchung berücksichtigt immer den Adressaten eines Textes. Es ist unzulässig, die Adressaten nach Belieben zu verändern.

"Es ist von entscheidender Bedeutung sich bewusst zu machen, an wen Jesus seine so genannten Endzeitreden richtete. Sie waren an seine Jünger gerichtet. Nicht an eine zukünftige Generation von Gläubigen, sondern an die erste. Und genau diese ersten Jünger sollten all
das beherzigen und erleben, was er ankündigte. Sie meinte er, als er von Verfolgungen und Drangsalen sprach. Sie meinte er, als er die Zeichen des Gerichts und der Ankunft des Menschensohnes erläuterte.
Es ist unredlich, diese Worte Jesu auf eine irgendwann in der Zukunft lebende Generation von Gläubigen in aller Welt zu projizieren. Denn davon ist nicht die Rede."

Jüdisch Messianischer Lehrdienst
DAS UNGELÖSTE PROBLEM DER NAHERWARTUNG

Dem Vorwurf der Unredlichkeit kann man an dieser Stelle voll und ganz zustimmen. Die Forschung geht jedenfalls nicht so vor. :thumbup:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In der historischen Forschung ist das ja auch so.
Aber nicht, wenn es um die Wirklichkeit Jesu geht - und die ist halt ebenfalls historisch.
Aber die "Wirklichkeit" Jesu kann man sich nicht mit theologischen Wunschvorstellungen zusammenbasteln. Dazu bedarf es der historschen Disziplinen. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dann schreib doch Theißen mal, dass er mit Taschenspieler-Tricks arbeitet.
Tut er NICHT - er hat mit seinem Vorwort deutlich gemacht, unter welchem Vorbehalt seine Ergebnisse zu verstehen sind. - Er war ehrlich ("redlich").
Es ist weniger ein Vorbehalt, als eine Voraussetzung.
Und wie Bultmann schon sagte, ist die historisch-kritische Methode unabdingbare Voraussetzung zur Befragung der Texte.

"Unabdingliche Voraussetzung aber ist die historische Methode in der Befragung der Texte. Exegese ist ja als Interpretation historischer Texte ein Stück Geschichtswissenschaft.“
(Ist voraussetzungslose Exegese möglich?, 1957, S. 410)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, aus nah wird nicht einfach fern, nur weil man eine Glaubenshermeneutik vorschaltet und nicht sein kann, was nicht sein darf. Das ist extrem unredlich.
Stimmt. :lol: - Aber das ist ja nicht der Fall.
Es ist genau das, was wir in der Theologie vorfinden.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In der historischen Forschung hat nur die HKM eine Existenzberechtigung.
Erneut: Was die geistige Wirklichkeit Jesu angeht ("Was hat er damals historisch gemeint?") ist die HKM NICHT das erste Mittel der Wahl - zumindest dann nicht, wenn sie sich nicht "zum Geistigen hin öffnet" (Ratzinger).
Unsinn, Historie bleibt Historie. Die geistige Naherwartung gehört nun mal gem. den Quellen zum historischen Jesus. Wenn du das noch nicht begriffen hast, dann lies doch einfach mal Theißens Buch. In diesem Punkt gibt er den Konsens der Forschung wider.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man nimmt Kubitza offensichtlich übel, dass er die Ergebnisse allgemein verständlich übersetzt.
Nein - man nimmt ihm übel, dass er wissenschaftliche Ergebnisse rein religions-geschichtlich-säkular interpretiert, also in keinerlei Weise auf die geistige Substanz der Bibel eingeht - wahrscheinlich, weil ihm das komplett abgeht. - Er stellt die Bibel aus atheistischer Sicht dar: "Was bedeutet Tausendfüßler ohne Beine?".
Er stellt sie, wie die Forschung, auf sachlicher Ebene dar. Die Beschreibung von Glaubenskonstrukten, egal ob jüdisch oder christlich, gehört selbstverständlich dazu.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:„Die Bibel ist von Menschen geschrieben, sie ist ein menschliches Buch, und darum kann sie nicht anders gelesen und verstanden werden und nicht nach anderen Methoden ausgelegt werden als jedes andere Buch.“
(Heinz Zahrnt, dt. Theologe, 1915-2003)
Auf technischer Sachebene ist das absolut korrekt.
Deshalb geht die Forschung auch auf sachlicher Ebene so vor. Glaubensogmen und Bekenntnisse haben hier nichts verloren. :clap:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#589 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Do 22. Jun 2017, 15:48

sven23 hat geschrieben:Nein, sie bringt es exakt auf den Punkt.
Auf den falschen Punkt - das ist exakt die falsche und ideologische Weichenstellung, die eine Vielzahl an Fehlleistungen nach sich bringt.

sven23 hat geschrieben:Die Forschung benötigt keine Setzung von göttlich inspirierten und irrtumsfreien Texten.
q.e.d. - der erste Folgefehler. - "Forschung" (alias "Wissenschaft") IST keine Setzung, sondern forscht auf Basis von Setzungen. - HKM-Forschung setzt nicht göttlich inspirierte Texte, aber dass Jesus nur als Mensch zu interpretieren sei und es keine Durchbrechung eines naturalistischen Wirkungszusammenhangs gibt.

sven23 hat geschrieben:Immer wird erst der Glaubensentscheid vorgeschaltet, um damit die Forschungsergebnisse zu untergraben.
q.e.d - der zweite Folgefehler. - "Unterschiedliche Setzungen" heisst nicht "wissenschaftlich oder nicht-wissenschaftlich".

sven23 hat geschrieben:Es war sogar ein zweifacher Irrtum.
Der Irrtum besteht darin, Jesus NICHT verstanden zu haben - das scheint der große Unterschied zwischen historisch-kritischer und theologischer Bewertung zu sein.

sven23 hat geschrieben:Das ist außerordentlich unwahrscheinlich bei der dünnen Quellenlage. Da mußte man halt erfinderisch sein
Es reicht, wenn man die Quellen liest und unter der Annahme, dass Jesus nicht nur Mensch ist, interpretiert. - Da muss man nichts erfinden - steht aus Sicht der Theologie alles da.

sven23 hat geschrieben:Nein, sie bedeuten nichts anderes.
Doch - auch hier ein Unterschied auf Basis der unterschiedlichen Grundannahmen von HKM und Theologie.

sven23 hat geschrieben:Aber die "Wirklichkeit" Jesu kann man sich nicht mit theologischen Wunschvorstellungen zusammenbasteln.
So ist es.

sven23 hat geschrieben:Dazu bedarf es der historschen Disziplinen.
Als Basis JA, aber nicht mehr, wenn sich eine historische Disziplin nicht geistig öffnet.

sven23 hat geschrieben:Es ist weniger ein Vorbehalt, als eine Voraussetzung.
Es ist seine Voraus-Setzung und damit eine hermeneutische Grundannahme und somit ein Vorbehalt - Theißen macht damit deutlich, dass seine methodischen Ergebnisse in diesem Rahmen und nur so zu verstehen sind - das ist sauber gearbeitet und verdient Lob.

sven23 hat geschrieben:"Unabdingliche Voraussetzung aber ist die historische Methode in der Befragung der Texte. Exegese ist ja als Interpretation historischer Texte ein Stück Geschichtswissenschaft.“(Ist voraussetzungslose Exegese möglich?, 1957, S. 410)
Für reine Sach-Exegese ist das ok - wenn es um geistige Interpretation geht ("Hatte Jesus WIRKLICH eine Naherwartung?"), ist es zuwenig. - Dass Bultmann hier "seinen" Sack zumachen will, sollte Dir klar sein.

sven23 hat geschrieben:Es ist genau das, was wir in der Theologie vorfinden.
Nur wenn man durch die ideologische Brille guckt. - Eine Theologe, der genauso ideologisch zurückguckt, wird über die HKM dasselbe sagen können.

sven23 hat geschrieben:Die geistige Naherwartung gehört nun mal gem. den Quellen zum historischen Jesus.
Nicht gemäß der Quellen, sondern der historisch-kritischen Interpretation der Quellen. - Bei (bspw.) biblisch-kritischer oder kanonischer Interpretation derselben Quellen sieht es ganz anders aus.

sven23 hat geschrieben:In diesem Punkt gibt er den Konsens der Forschung wider.
Nicht DER Forschung, sondern der historisch-kritischen Forschung - Du kannst doch nicht die Werthaltigkeit einer Disziplin per Inzucht/Zirkelreferenz/Münchhausen festklopfen.

sven23 hat geschrieben:Er stellt sie, wie die Forschung, auf sachlicher Ebene dar.
"Sachlich" ist etwas anderes - er bezieht sich vielmehr auf sachliche Einzelaussagen, die er stark weltanschaulich interpretiert. - Im Grunde stellst Du die HKM in eine üble Ecke, wenn Du deren Ergebnisse durch Kubitza gut vertreten siehst - dann wäre die HKM eine atheistisch-ideologische Disziplin - was sie ausdrücklich NICHT ist. - Sie ist eine Wissenschaft, die untersucht, wie die Bibel auf Basis ihrer Grundannahmen zu verstehen ist. - Diese Grundannahmen sind austauschbar.

sven23 hat geschrieben:Deshalb geht die Forschung auch auf sachlicher Ebene so vor.
Sollte sie. - So wie Du hier die HKM darstellst, tut sie es definitiv NICHT.

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#590 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Do 22. Jun 2017, 16:57

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, sie bringt es exakt auf den Punkt.
Auf den falschen Punkt - das ist exakt die falsche und ideologische Weichenstellung, die eine Vielzahl an Fehlleistungen nach sich bringt.
Die Naherwartung ist keine Fehlleistung der Forschung, höchstens, dass die nicht eingetroffen ist. Dafür kann die Forschung nichts. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung benötigt keine Setzung von göttlich inspirierten und irrtumsfreien Texten.
q.e.d. - der erste Folgefehler. - "Forschung" (alias "Wissenschaft") IST keine Setzung, sondern forscht auf Basis von Setzungen. - HKM-Forschung setzt nicht göttlich inspirierte Texte, aber dass Jesus nur als Mensch zu interpretieren sei und es keine Durchbrechung eines naturalistischen Wirkungszusammenhangs gibt.
Nee, sie setzt nichts, sondern geht ergebnisoffen an die Texte. Nur weil es religiöse Texte sind, müssen sie nicht die historische Wahrheit widerspiegeln. Im Gegenteil, zieht man alle übrige Literatur hinzu, wird klar, dass es sich überwiegend um Märchen aus 1001 Nacht handelt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Immer wird erst der Glaubensentscheid vorgeschaltet, um damit die Forschungsergebnisse zu untergraben.
q.e.d - der zweite Folgefehler. - "Unterschiedliche Setzungen" heisst nicht "wissenschaftlich oder nicht-wissenschaftlich".
Ähm, eigentlich gerade wegen der unterschiedlichen Setzungen. Die Anwendung einer wissenschaftlichen Methodik ist Voraussetzung für Wissenschaft. Glaubensbekenntnisse und Glaubensdogmen sind Aussschlusskriterien für Wissenschaft.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es war sogar ein zweifacher Irrtum.
Der Irrtum besteht darin, Jesus NICHT verstanden zu haben - das scheint der große Unterschied zwischen historisch-kritischer und theologischer Bewertung zu sein.
Selbstverständlich wurde er verstanden, sonst hätte er sicher keine Anhänger um sich scharen können. Das Belohnungsversprechen für das Prekariat der Gesellschaft war sicher auch ein Anreiz. (die letzten werden die ersten sein...)

"Bei dieser Aussage Jesu ging es, da müssen wir uns von kirchlichen/freikirchlichen
Vorstellungen frei machen, nicht um die Vertröstung auf einen christlichen Himmel,
sondern um die neuen Verhältnisse, wenn Jesus auf diese Erde zurückkommt. Die
Jünger sollten dann mit ihm herrschen (vgl. auch Offb 5,10!) Kurz vor seinem Tode stellte Jesus seinen Jüngern in Aussicht, dass er bald, im kommenden Reich Gottes, mit ihnen wieder Wein trinken würde:


"Ich sage euch aber, daß ich von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks
trinken werde, bis an jenem Tage, da ich es neu mit euch trinken werde in dem Reiche
meines Vaters."

(Mt 26:29)
Jüdisch Messianischer Lehrdienst
DAS UNGELÖSTE PROBLEM DER NAHERWARTUNG

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist außerordentlich unwahrscheinlich bei der dünnen Quellenlage. Da mußte man halt erfinderisch sein
Es reicht, wenn man die Quellen liest und unter der Annahme, dass Jesus nicht nur Mensch ist, interpretiert. - Da muss man nichts erfinden - steht aus Sicht der Theologie alles da.
Wenn man Cherrypicking betreibt. Aber du merkst ja selber, wie du allen Stellen ausweichst, die für die Naherwartung sprechen. Die werden, wie Kubitza richtig sagt, einfach weggeglaubt. In der Forschung geht so was nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, sie bedeuten nichts anderes.
Doch - auch hier ein Unterschied auf Basis der unterschiedlichen Grundannahmen von HKM und Theologie.
Aus nah wird nicht einfach fern, weil man die Grundannahmen verändert. Wie oft denn noch? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aber die "Wirklichkeit" Jesu kann man sich nicht mit theologischen Wunschvorstellungen zusammenbasteln.
So ist es.
Das ist aber das Konzept von Kanonikern und Glaubensdogmatikern. Sie lesen die Texte entgegen ihrer ursprünglichen Bedeutung. Diese Anfängerfehler gelten in der Forschung schon lange als überwunden, denn wie wir ja hoffentlich inzwischen wissen gilt folgendes immer noch:

"Seit der Aufklärung hat sich die Auffassung herausgebildet, dass wir denjenigen Sinn eines Textes herausarbeiten müssen, den der/die Autor/in im historischen Ursprungs-Kontext zum Ausdruck gebracht hat, und nicht den, den spätere Leserschaften ihm zuerkannt haben oder zuerkennen. Diese Herangehensweise macht die historisch-kritische Methode aus."
Schart, Aaron: Einführung in die historisch-kritische Methode der Textinterpretation

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dazu bedarf es der historschen Disziplinen.
Als Basis JA, aber nicht mehr, wenn sich eine historische Disziplin nicht geistig öffnet.
Und mit geistig öffnen meinst du natürlich dran glauben. Es ist aber nicht Aufgabe der Forschung, Glaubenskonstrukte zu be- oder widerlegen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist weniger ein Vorbehalt, als eine Voraussetzung.
Es ist seine Voraus-Setzung und damit eine hermeneutische Grundannahme und somit ein Vorbehalt - Theißen macht damit deutlich, dass seine methodischen Ergebnisse in diesem Rahmen und nur so zu verstehen sind - das ist sauber gearbeitet und verdient Lob.
Von einer hermeutischen Grundannahme in deinem Sinne spricht Theißen nirgendwo.
Seine Voraussetzung ist die historisch-kritische Methode, was aber eine Selbstverständlichkeit in der historischen Wissenschaft ist. Dazu sollte man diese Methodik auch kennen. Und deshalb schreibt Theißen, stellvertretend für den breiten Konsens in der Forschung:

„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“

So stellt sich uns der historische Jesus auf Grund der Quellen dar.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Unabdingliche Voraussetzung aber ist die historische Methode in der Befragung der Texte. Exegese ist ja als Interpretation historischer Texte ein Stück Geschichtswissenschaft.“(Ist voraussetzungslose Exegese möglich?, 1957, S. 410)
Für reine Sach-Exegese ist das ok - wenn es um geistige Interpretation geht ("Hatte Jesus WIRKLICH eine Naherwartung?"), ist es zuwenig. - Dass Bultmann hier "seinen" Sack zumachen will, sollte Dir klar sein.
Nö, er hat sich ja ins Kerygma geflüchtet.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist genau das, was wir in der Theologie vorfinden.
Nur wenn man durch die ideologische Brille guckt. - Eine Theologe, der genauso ideologisch zurückguckt, wird über die HKM dasselbe sagen können.
Dann hat er entweder keine Ahnung von der Forschung oder ist ein Heulsuse a la Berger. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die geistige Naherwartung gehört nun mal gem. den Quellen zum historischen Jesus.
Nicht gemäß der Quellen, sondern der historisch-kritischen Interpretation der Quellen. - Bei (bspw.) biblisch-kritischer oder kanonischer Interpretation derselben Quellen sieht es ganz anders aus.
Logisch, weil die von der Irrtumslosigkeit und Inspiriertheit der Schriften ausgehen. Wie sie mit den Stellen umgehen, die eindeutig für die Naherwartung sprechen, bleibt wohl im Dunkeln. Sie machen es wie du: einfach Augen zu und durch.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In diesem Punkt gibt er den Konsens der Forschung wider.
Nicht DER Forschung, sondern der historisch-kritischen Forschung - Du kannst doch nicht die Werthaltigkeit einer Disziplin per Inzucht/Zirkelreferenz/Münchhausen festklopfen.
In der historischen Jesusforschung gibt keine Konkurrenz zur HKM. Glaubensdogmatiker müssen draußen bleiben. Sieh es endlich ein.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Er stellt sie, wie die Forschung, auf sachlicher Ebene dar.
"Sachlich" ist etwas anderes - er bezieht sich vielmehr auf sachliche Einzelaussagen, die er stark weltanschaulich interpretiert. - Im Grunde stellst Du die HKM in eine üble Ecke, wenn Du deren Ergebnisse durch Kubitza gut vertreten siehst - dann wäre die HKM eine atheistisch-ideologische Disziplin - was sie ausdrücklich NICHT ist.
Laut deinem geliebten Berger ist sie das sogar.
Auffallend ist doch, dass auf sachlicher Ebene Kubitza keiner was entgegnen kann, weil es fundierte Forschungsergebnisse sind. Wenn die Naherwartung gewissen ideologisch geprägten Leuten nicht gefällt, ändert das nichts an der Sache selbst.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb geht die Forschung auch auf sachlicher Ebene so vor.
Sollte sie. - So wie Du hier die HKM darstellst, tut sie es definitiv NICHT.
Dann mach dich halt mal selber schlau und du bist nicht auf angebliche verfälschende Darstellung von anderen Foristen angewiesen. :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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