Alles Teufelszeug? V

closs
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#1201 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 25. Mär 2017, 17:39

sven23 hat geschrieben:Das sind jetzt aber die Basics, die schon 100 mal von mir und von Münek mit dir durchgekaut worden sind.
Ich habe Euch immer so verstanden, dass Ihr meint, dass mit "dem Kommen des Reiches Gottes" Jesu Wiederkunft gemeint ist - Du verwirrst mich - christlich geht man davon aus, dass Jesus wieder kommt. - Siehe bspw.:

Joh. 16,
5 Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat, und niemand von euch fragt mich: Wohin gehst du?,
6 sondern weil ich dies zu euch geredet habe, hat Traurigkeit euer Herz erfüllt.
...
22 So habt auch ihr nun Traurigkeit; ich werde euch aber wiedersehen, und dann wird euer Herz sich freuen, und niemand soll eure Freude von euch nehmen. 23 Und an jenem Tag werdet ihr mich nichts fragen.


sven23 hat geschrieben:Was hast du jetzt noch nicht verstanden? Melde dich sofort, sonst werden wir das Lernziel nie erreichen.
Ich werde Deinen Zielen nicht folgen, weil sie in der falschen Richtung liegen. - Es geht hier darum, dass man mit Deiner Argumentation nicht in die Diskussion eintreten kann, ob Jesus auferstanden ist oder nicht.

sven23 hat geschrieben:Wie "brauchbar" biblische Hermeneutik ist, zeigt allein die Tatsache, dass katholische Hermeneutiker zu dem Ergebnis kommen, dass es eine Jungfrauengeburt gegeben hat, und evangelische Hermeneutiker zum genauen Gegenteil.
Stimmt zwar auch nicht ganz (ich kenne protestantische Theologen, die das sehr katholisch sehen). - Aber prinzipiell ist Hermeneutik immer Ausdruck der eigenen Position zur Wahrheit - im konkreten Fall: Einer der beiden ist näher an dem, was der Fall ist.

sven23 hat geschrieben:Dieses Problem hat die Forschung nicht. Es gibt nämlich keine katholische oder evangelische Wissenschaft.
Unbenommen - allerdings um den Preis, dass sie viele Fragen der Theologie erst gar nicht redlich in Angriff nehmen kann.

sven23 hat geschrieben:Wenn man etwas nicht ändern oder abschaffen kann, dann erklärt man es einfach für notwendig und unverzichtbar.
Nicht "wenn - dann", sondern aus dem Verständnis der Genesis heraus.

sven23 hat geschrieben:Selbst am Sklavenhandel hat man mitverdient.
Bestimmt - aber das sind keine theologischen Fragen, das war weltliche Macht.

sven23 hat geschrieben:In den von dir ach so verklärten Zeiten war das mal grundlegend anders.
ICh verkläre die dunklen Zeiten des weltlichen Christentums nicht, sondern weise darauf hin, dass man vor 1500 Jahren (incl. "Hiob" sogar 2.500 Jahren) geistig weiter war als die heute gängige Philosophie.

Ansonsten gibt es wirklich gute Theologen heute, die diese Tradition weiterggeführt haben - und nicht auf die Idee kämen, mich zu verbrennen. - Aber deren Level ist heute nicht maßgeblich - wird sich aber weitervererben. - Der Atem der Kirche ist sehr lang.

sven23 hat geschrieben:Genau: siehe katholische und evangelische Wissenschaft.
Bingo.

sven23 hat geschrieben:Nun, dass der Staat für die Kirche die Steuer eintreibt, ist in der Welt ziemlich einmalig.
Hat überhaupt nichts mit einer Verquickung von Staat und Kirche zu tun - es ist eine von der Kirche bezahlte Dienstleistung des Staates - Outsourcing.

sven23 hat geschrieben:Mir ist eher geläufig, dass die Trennung von Kirche und Staat in Frankreich viel konsequenter ist.
Formal ist das richtig (habe ich aber meines Wissens schon geschrieben).

sven23 hat geschrieben:Orwells Thema war der totalitäre Überwachsstaat, geschrieben unter dem noch frischen Eindruck der Nazi- und Stalindiktaturen.
Das war der zeitgenössische Kontext - aber dieses Werk wäre nicht groß, wenn es keine generelle Bedeutung hätte. - Mit anderen Worten: Jede Zeit hat zu fragen: "Was dominiert in unserer Zeit die Gesellschaft und wié drückt sich dies aus?"

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sven23
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#1202 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 25. Mär 2017, 18:45

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das sind jetzt aber die Basics, die schon 100 mal von mir und von Münek mit dir durchgekaut worden sind.
Ich habe Euch immer so verstanden, dass Ihr meint, dass mit "dem Kommen des Reiches Gottes" Jesu Wiederkunft gemeint ist - Du verwirrst mich - christlich geht man davon aus, dass Jesus wieder kommt. - Siehe bspw.:
Jaaaha, das nennt man Parusie. Als diese ausblieb, erfand Paulus die Idee von der Pausieverzögerung. Jesus selbst hatte als gläubiger Jude natürlich keine Naherwartung auf sich selbst, sondern er glaubte an die nahe bevorstehnde Gottesherrschaft auf Erden. (Königsherrschaft)
Als diese ausblieb, deutete man die Naherwartung auf Jesus selbst um. Der Verkünder wurde zum Verkündeten.
Das Johannesevangelium gilt als komplette Erfindung eines unbekannten Schreibers, was natürlich die behauptete Ankündigung Jesu auf seine eigene Wiederkehr einschließt.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie "brauchbar" biblische Hermeneutik ist, zeigt allein die Tatsache, dass katholische Hermeneutiker zu dem Ergebnis kommen, dass es eine Jungfrauengeburt gegeben hat, und evangelische Hermeneutiker zum genauen Gegenteil.
Stimmt zwar auch nicht ganz (ich kenne protestantische Theologen, die das sehr katholisch sehen). - Aber prinzipiell ist Hermeneutik immer Ausdruck der eigenen Position zur Wahrheit - im konkreten Fall: Einer der beiden ist näher an dem, was der Fall ist.
:lol: Geil

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dieses Problem hat die Forschung nicht. Es gibt nämlich keine katholische oder evangelische Wissenschaft.
Unbenommen - allerdings um den Preis, dass sie viele Fragen der Theologie erst gar nicht redlich in Angriff nehmen kann.
Merke: die Forschung kann alles beschreiben, sie muss aber nicht zwangläufig dran glauben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Selbst am Sklavenhandel hat man mitverdient.
Bestimmt - aber das sind keine theologischen Fragen, das war weltliche Macht.
Die Anbiederung an weltliche Macht wurde auch möglich durch die eigenständige Theologie des Paulus, im Gegensatz zur Position des Wanderpredigers.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In den von dir ach so verklärten Zeiten war das mal grundlegend anders.
ICh verkläre die dunklen Zeiten des weltlichen Christentums nicht, sondern weise darauf hin, dass man vor 1500 Jahren (incl. "Hiob" sogar 2.500 Jahren) geistig weiter war als die heute gängige Philosophie.
Vor so einer Philosophie möge uns Gott bewahren. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nun, dass der Staat für die Kirche die Steuer eintreibt, ist in der Welt ziemlich einmalig.
Hat überhaupt nichts mit einer Verquickung von Staat und Kirche zu tun - es ist eine von der Kirche bezahlte Dienstleistung des Staates - Outsourcing.
Könnte man auch regeln wie in Frankreich. Doch aus Sicht der Kirche gibt es keine Notwendigkeit, an der bestehenden Praxis was zu ändern. Der Klerus lebt in Deutschland wie die Made im Speck. Ein französischer Bischof bekommt 10% eines deutschen Bischofs. Frag mal einen deutschen Bischof, ob er damit- ganz in der Nachfolge des besitzlosen Jesus - zufrieden wäre?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mir ist eher geläufig, dass die Trennung von Kirche und Staat in Frankreich viel konsequenter ist.
Formal ist das richtig (habe ich aber meines Wissens schon geschrieben).
Nein, du hast geschrieben:

Davon abgesehen, dass de facto die Kirche in Frankreich weniger getrennt ist als in Deutschland


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Orwells Thema war der totalitäre Überwachsstaat, geschrieben unter dem noch frischen Eindruck der Nazi- und Stalindiktaturen.
Das war der zeitgenössische Kontext - aber dieses Werk wäre nicht groß, wenn es keine generelle Bedeutung hätte. - Mit anderen Worten: Jede Zeit hat zu fragen: "Was dominiert in unserer Zeit die Gesellschaft und wié drückt sich dies aus?"
Da muss man gar nicht viel transformieren. Totalitäre Systeme gibt es auch heute noch. Daneben gibt es Allmachtsphantasien von Poltik, Militärs und Geheimdiensten, alles an Datenverkehr kontrollieren zu wollen, auch in demokratischen Staaten.
Daneben gibt es noch die Datensammelleidenschaft der großen Datenkrakenkonzerne. Also genügend Stoff für einen Fortsetzungsroman.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1203 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 25. Mär 2017, 19:30

sven23 hat geschrieben:Jesus selbst hatte als gläubiger Jude natürlich keine Naherwartung auf sich selbst, sondern er glaubte an die nahe bevorstehnde Gottesherrschaft auf Erden. (Königsherrschaft)
Unter wessen Leitung?

sven23 hat geschrieben:Das Johannesevangelium gilt als komplette Erfindung eines unbekannten Schreibers
Nehmen wir das mal als Grundlage: Was sagt das darüber aus, ob die Apokalypse (und das meinst Du doch mit "bevorstehende Gottesherrschaft" - oder nicht?) innerhalb einer Generation oder irgendwann in ferner Zukunft stattfindet?

sven23 hat geschrieben:Geil
Das ist zu wenig. - Was ist sachlich daran geil?

sven23 hat geschrieben:die Forschung kann alles beschreiben, sie muss aber nicht zwangläufig dran glauben.
Sie muss nicht glauben, aber sie muss KAPIEREN - und sie kann es dann NICHT, wenn sie nicht selber geistig zu denken in der Lage ist. - Dass man etwas distanziert beschreiben kann, ist keine Kunst.

sven23 hat geschrieben:Die Anbiederung an weltliche Macht wurde auch möglich durch die eigenständige Theologie des Paulus
Möglich - aber das ändert nichts an der Bedeutung von "Heilsgeschichte". - Im übrigen darf man eine Intellektualisierung von "einfachen" Aussagen nicht mit "eigentständige Theologie" verwechseln.

sven23 hat geschrieben:Vor so einer Philosophie möge uns Gott bewahren.
Wird er wohl nicht - was wichtig ist, kommt von alleine hoch (hat mal ein mir bekannter Firmen-Inhaber zu seiner Frau gesagt, die alles gesammelt hat).

sven23 hat geschrieben:Doch aus Sicht der Kirche gibt es keine Notwendigkeit, an der bestehenden Praxis was zu ändern.
Doch - es gibt erhebliche Kräfte in der Kirche, die gerne den Staatsvertrag aufschnüren würden - aber da ist der Staat dagegen.


sven23 hat geschrieben:Der Klerus lebt in Deutschland wie die Made im Speck.
Stimmt nicht - ich habe einen meiner theologischen Freunde (hier war es der Dorfpfarrer, weil er keine gymnasiale Lehrtätigkeit ausübt und nur von der Kirche lebt) mal gebeten, mir seinen Gehaltsstreifen zu zeigen. - Knapp über 2.000 Euro netto - allerdings kommt hier die kostenlose Dienstwohnung noch dazu. - Trotzdem: Unistudium, 45 Jahre alt, 2.000 netto + Wohnung. - Ist das "Made im Speck"?

sven23 hat geschrieben:Ein französischer Bischof bekommt 10% eines deutschen Bischofs.
Das kann sein - das hat damit zu tun, dass höhere Ränge über den Staatsvertrag bezahlt werden und quasi als hohe Beamte geführt werden. - Wie oft gesagt: Dazu müsste man den Staatsvertrag aufschnüren, wogegen der Staat am meisten ist.

sven23 hat geschrieben:Nein, du hast geschrieben: Davon abgesehen, dass de facto die Kirche in Frankreich weniger getrennt ist als in Deutschland
Stimmt: "de facto". - Es gibt in Frankreich prozentual weit mehr Katholiken als in Deutschland, so dass das katholische und staatliche Gemeinwesen in der Praxis mehr zusammenläuft. - Aber formal haben sie weniger miteinander zu tun als in Deutschland - da sind sie "getrennter".

sven23 hat geschrieben:Also genügend Stoff für einen Fortsetzungsroman.
Genau so. - Und ich füge halt noch die monopolistische Neusprech-Entwicklung des Materialismus dazu.

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#1204 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » So 26. Mär 2017, 10:19

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Jesus selbst hatte als gläubiger Jude natürlich keine Naherwartung auf sich selbst, sondern er glaubte an die nahe bevorstehnde Gottesherrschaft auf Erden. (Königsherrschaft)
Unter wessen Leitung?
Unter Wotan. :lol:
Als Jude glaubt Jesus natürlich an den jüdischen Gott Jahwe.

"Die synoptische Tradition ist sich darin einig, dass im Zentrum der Verkündigung Jesu die "Königsherrschaft Gottes" (βασιλεὶα τοῦ θεοῦ/ basileia tou theou) stand (vgl. auch Joh 3,3.5). Er knüpfte dabei an die in der frühjüdischen Tradition verbreitete Vorstellung an, dass Gott gegenwärtig verborgen als König über die Welt herrscht und diese Herrschaft dereinst am Ende der Zeit offenbar werden wird. Im Gegensatz zur Tradition sah Jesus aber bereits seine Gegenwart durch die in seiner Wirksamkeit hereinbrechende Gottesherrschaft geprägt (Lk 11,20; vgl. 10,18). Die entscheidende Heilswende vollzieht sich bereits. Die endgültige Vollendung der Königsherrschaft Gottes steht mit Gewissheit unmittelbar bevor (vgl. Mk 1,15f.; Mt 5,3f.par).
Jesus hat wie Johannes der Täufer ganz Israel als dem Gericht verfallen angesehen (Lk 13,1-5). Das Gottesverhältnis ist von Seiten der Menschen irreparabel zerstört. Gott aber eröffnet den Menschen mit seiner kommenden Herrschaft eine neue Heilschance, die es entschlossen zu ergreifen gilt (vgl. den entschlossen handelnden Haushalter in Lk 16,1-7). Wer diese Chance allerdings verpasst, wird dem Gericht nicht entgehen (Mt 18,23-34)."

Quelle: bibelwissenschaft

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das Johannesevangelium gilt als komplette Erfindung eines unbekannten Schreibers
Nehmen wir das mal als Grundlage: Was sagt das darüber aus, ob die Apokalypse (und das meinst Du doch mit "bevorstehende Gottesherrschaft" - oder nicht?) innerhalb einer Generation oder irgendwann in ferner Zukunft stattfindet?
Es sagt noch nicht mal was aus, ob das überhaupt jemals stattfindet. :lol:
Wir reden hier über die jüdische Glaubenswelt zur Zeit Jesu. Im Gegensatz zum Mainstream Judentum glaubte Jesus, wie auch sein Vorbild Johannes der Täufer, dass die Königsherrschaft unmittelbar bevorstand.

„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“

Gerd Theißen


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:die Forschung kann alles beschreiben, sie muss aber nicht zwangläufig dran glauben.
Sie muss nicht glauben, aber sie muss KAPIEREN - und sie kann es dann NICHT, wenn sie nicht selber geistig zu denken in der Lage ist. - Dass man etwas distanziert beschreiben kann, ist keine Kunst.
Glaubst du ernsthaft, dass ein Theologie wie Theißen weniger in der Lage ist geistig zu denken als ein closs? Mach dich doch nicht lächerlich. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Anbiederung an weltliche Macht wurde auch möglich durch die eigenständige Theologie des Paulus
Möglich - aber das ändert nichts an der Bedeutung von "Heilsgeschichte". - Im übrigen darf man eine Intellektualisierung von "einfachen" Aussagen nicht mit "eigentständige Theologie" verwechseln.
Paulus führte einen Paradigmenwechsel zur Lehre Jesu ein. Es ist vor allem seine Theologie, so daß man eher vom Paulunismus sprechen müßte als vom Christentum. Wie man das bewertet, ist eine ganz andere Frage. Nietzsche z. B. war darüber not amused.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Vor so einer Philosophie möge uns Gott bewahren.
Wird er wohl nicht - was wichtig ist, kommt von alleine hoch...
Sagte der verkaterte Säufer und übergab sich. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Doch aus Sicht der Kirche gibt es keine Notwendigkeit, an der bestehenden Praxis was zu ändern.
Doch - es gibt erhebliche Kräfte in der Kirche, die gerne den Staatsvertrag aufschnüren würden - aber da ist der Staat dagegen.
Wohl mehr zum Schein, wohlwissend, dass die Politik nicht den Mut dazu hat. Eine komfortablere Situation ist für die Kirche doch gar nicht denkbar.
Steuermittel fließen immer, wenn es sein muss, bis zum St. Nimmerleinstag.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Klerus lebt in Deutschland wie die Made im Speck.
Stimmt nicht - ich habe einen meiner theologischen Freunde (hier war es der Dorfpfarrer, weil er keine gymnasiale Lehrtätigkeit ausübt und nur von der Kirche lebt) mal gebeten, mir seinen Gehaltsstreifen zu zeigen. - Knapp über 2.000 Euro netto - allerdings kommt hier die kostenlose Dienstwohnung noch dazu. - Trotzdem: Unistudium, 45 Jahre alt, 2.000 netto + Wohnung. - Ist das "Made im Speck"?
Mit Frau und Kind wäre es halt deutlich mehr. :lol:
In München hätte die Dienstwohnung locker einen Wert von 1000 €, womit wir schon bei 3000 € wären.
Eine Hauhälterin wird zu 50-85% aus der Kirchensteuer bezahlt.
Dagegen sind die französischen Kollegen wirklich arme Kirchenmäuse.

"Pfarrer beider Kirchen (evangelische und katholische) bekommen zu Beginn ein Grundgehalt nach der Stufe A13. Das entspricht dem Grundgehalt eines Regierungsrates."
Quelle:https://www.gehalt.de/news/wer-zahlt-ge ... er-pfarrer
Wem das nicht genügt, muss halt wie überall mehr Ehrgeiz entwicklen. Es gibt ja auch Aufstiegsmöglichkeiten in der Kirchenhierarchie.

Bischöfe spielen noch mal in einer anderen Liga und werden aus allgemeinen Steuermitteln bezahlt. Hier ist der Madenvergleich durchaus berechtigt.
Von Besitzlosigkeit im Sinne des galiläischen Wanderpredigers halten sie nicht viel, zumindest nicht bei sich selbst. ;)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#1205 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 26. Mär 2017, 11:20

sven23 hat geschrieben:„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“
Gerd Theißen
Theologisch würde dies interpretiert werden als:
"Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, wusste er, dass diese mit seiner Auferstehung erfüllt war.“ - da kann man sich jetzt darüber streiten, ob das "während seines Lebens" war. :lol:

sven23 hat geschrieben:Glaubst du ernsthaft, dass ein Theologie wie Theißen weniger in der Lage ist geistig zu denken als ein closs?
Wir reden nicht von Intelligenz, Brillanz, Intellekutalität, sondern von Geistigkeit. - Insofern kann eine Nomadin in der Mongolei geistiger sein als Albert Einstein - insofern weiß ich NICHT, wie geistig Theißen in der Lage zu denken ist.

sven23 hat geschrieben:Paulus führte einen Paradigmenwechsel zur Lehre Jesu ein.
Diesen Bruch kann ich stilistisch sehr wohl erkennen - inhaltlich bis auf ein paar Sachen nicht. - So scheint auch die Theologie weitgehend zu denken.

sven23 hat geschrieben:Steuermittel fließen immer, wenn es sein muss, bis zum St. Nimmerleinstag.
Aber keine Geschenke - wenn Du Dein Haus abzahlen musst, kommt das Geld ebenfalls von Deinem Gehalt. - Trotzdem ist es nicht ungerecht.

sven23 hat geschrieben:Dagegen sind die französischen Kollegen wirklich arme Kirchenmäuse.
Unbenommen. - Es sollte aber klar sein, dass ein studierter Theologe als Pfarrer nicht mehr bekommt als ein Facharbeiter (einer meiner Junioren hat - allerdings mit Familie - netto knapp 3.000 Euro// mein anderer Junior hat als Junggeselle gut 3.500 Euro netto - unstudiert).

sven23 hat geschrieben:Bischöfe spielen noch mal in einer anderen Liga und werden aus allgemeinen Steuermitteln bezahlt. Hier ist der Madenvergleich durchaus berechtigt.
Da kommen wir der Sache näher - allerdings sind das keine Staats-Geschenke, sondern unglücklich dargestellte Vertragsregelungen des Schuldendienstes. - Wir hatten das schon mehrfach: Allein die Zinsleistungen des Staates an die Kirche müssten zwischen 1 und 2 Milliarden pa sein - die "Unterstützungen" des Staates sind geringer.

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#1206 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » So 26. Mär 2017, 11:42

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“
Gerd Theißen
Theologisch würde dies interpretiert werden als:
"Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, wusste er, dass diese mit seiner Auferstehung erfüllt war.“ - da kann man sich jetzt darüber streiten, ob das "während seines Lebens" war. :lol:

sven23 hat geschrieben:Glaubst du ernsthaft, dass ein Theologie wie Theißen weniger in der Lage ist geistig zu denken als ein closs?
Wir reden nicht von Intelligenz, Brillanz, Intellekutalität, sondern von Geistigkeit. - Insofern kann eine Nomadin in der Mongolei geistiger sein als Albert Einstein - insofern weiß ich NICHT, wie geistig Theißen in der Lage zu denken ist.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Paulus führte einen Paradigmenwechsel zur Lehre Jesu ein.
Diesen Bruch kann ich stilistisch sehr wohl erkennen - inhaltlich bis auf ein paar Sachen nicht. -
Es ist doch nicht nur ein stilistischer Wechsel, sondern vor allem ein inhaltlicher. Die Lehre Jesu wird an entscheidenden Punkten verändert. Der Richtungs-Streit mit Petrus und Jakobus sind Indizien dafür.

"Jesus stand in der jüdischen Tradition, war von antirömischer Gesinnung, glaubte an das baldige Ende der bestehenden Welt und das unmittelbar bevorstehende Anbrechen des irdischen Gottesreiches. Mit der Auffassung des Christentums ist dieser Befund unvereinbar." ... "Wie konnte nun aus dieser ethnozentrisch- apokalyptischen Lehre des Nazareners die Weltreligion des Christentums werden? Entscheidend war hier in erster Linie Paulus: Er, der Jesus nicht mehr persönlich kennenlernte, prägte die weitere Geschichte der Religion so maßgeblich, dass man eigentlich vom paulinischen Christentum sprechen muss." ... "Entscheidend für das Überleben des Christentums, war die massive Veränderung und Adaptierung der Lehre, sodass am Ende vom ursprünglichen Kern nichts mehr übrigblieb. Während die paulinische Variante zur Weltreligion avancierte, verschwanden die Anhänger der Urlehre sehr bald im Dunkel der Geschichte."
Dr. Ronald Bilik

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Steuermittel fließen immer, wenn es sein muss, bis zum St. Nimmerleinstag.
Aber keine Geschenke -
Doch, es ist für die Kirche ein "Geschenk des Himmels". So eine überzogene Entschädigungsleistung für staatliche Enteignung ist wohl beispiellos in der Welt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dagegen sind die französischen Kollegen wirklich arme Kirchenmäuse.
Unbenommen. - Es sollte aber klar sein, dass ein studierter Theologe als Pfarrer nicht mehr bekommt als ein Facharbeiter (einer meiner Junioren hat - allerdings mit Familie - netto knapp 3.000 Euro// mein anderer Junior hat als Junggeselle gut 3.500 Euro netto - unstudiert).
Die müssen sicher auch was leisten. Mit Hallelujah singen ist es da sicher nicht getan. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bischöfe spielen noch mal in einer anderen Liga und werden aus allgemeinen Steuermitteln bezahlt. Hier ist der Madenvergleich durchaus berechtigt.
Da kommen wir der Sache näher - allerdings sind das keine Staats-Geschenke, sondern unglücklich dargestellte Vertragsregelungen des Schuldendienstes. - Wir hatten das schon mehrfach: Allein die Zinsleistungen des Staates an die Kirche müssten zwischen 1 und 2 Milliarden pa sein - die "Unterstützungen" des Staates sind geringer.
So sicher ist das alles nicht. Es gibt auch Berechnungen, nach denen die Kirche schon Geld zurückzahlen müßte. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1207 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von NIS » So 26. Mär 2017, 11:56

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Paulus führte einen Paradigmenwechsel zur Lehre Jesu ein.
Diesen Bruch kann ich stilistisch sehr wohl erkennen - inhaltlich bis auf ein paar Sachen nicht. -
Es ist doch nicht nur ein stilistischer Wechsel, sondern vor allem ein inhaltlicher. Die Lehre Jesu wird an entscheidenden Punkten verändert. Der Richtungs-Streit mit Petrus und Jakobus sind Indizien dafür.

"Jesus stand in der jüdischen Tradition, war von antirömischer Gesinnung, glaubte an das baldige Ende der bestehenden Welt und das unmittelbar bevorstehende Anbrechen des irdischen Gottesreiches. Mit der Auffassung des Christentums ist dieser Befund unvereinbar." ... "Wie konnte nun aus dieser ethnozentrisch- apokalyptischen Lehre des Nazareners die Weltreligion des Christentums werden? Entscheidend war hier in erster Linie Paulus: Er, der Jesus nicht mehr persönlich kennenlernte, prägte die weitere Geschichte der Religion so maßgeblich, dass man eigentlich vom paulinischen Christentum sprechen muss." ... "Entscheidend für das Überleben des Christentums, war die massive Veränderung und Adaptierung der Lehre, sodass am Ende vom ursprünglichen Kern nichts mehr übrigblieb. Während die paulinische Variante zur Weltreligion avancierte, verschwanden die Anhänger der Urlehre sehr bald im Dunkel der Geschichte."
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#1208 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 26. Mär 2017, 11:56

sven23 hat geschrieben: Die Lehre Jesu wird an entscheidenden Punkten verändert. Der Richtungs-Streit mit Petrus und Jakobus sind Indizien dafür.
Das sind Rezeptions-Streite. - Die Interpretation, dass Jesus an das physikalisch baldige Ende der Welt glaubt, ist genauso ein Rezeptions-Streit.

Man kann Biliks Interpretation intellektuell folgen, muss ihr aber ganz und gar nicht zustimmen - es ist eine Folge aus seiner Weltanschauung.

sven23 hat geschrieben:So eine überzogene Entschädigungsleistung für staatliche Enteignung ist wohl beispiellos in der Welt.
Kann sein - da scheint ab 1806 hart verhandelt worden zu sein.

sven23 hat geschrieben: Es gibt auch Berechnungen, nach denen die Kirche schon Geld zurückzahlen müßte.
Klar - wenn man die Schulden auf 100 Mio statt 100 Milliarden beziffert und das alles zinsfrei stellt. :lol: - Meines Wissens haben vor einigen Jahren sogar die LINKEN (oder die GRÜNEN?) mindestens 27 Milliarden eingeräumt - bei der CSU waren es dann eher 150 Milliarden. - Naja - selbst bei 50 Milliarden Euro wäre bei 4% Zins (das ist der notarlielle Satz, egal ob in Niedrig- oder Hochzins-Zeiten) 2 Milliarden Zinsen pa fällig - das liegt weiter unter den 500 - 800 Mio, die der Staat den Kirchen "schenkt".

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#1209 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » So 26. Mär 2017, 12:15

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Lehre Jesu wird an entscheidenden Punkten verändert. Der Richtungs-Streit mit Petrus und Jakobus sind Indizien dafür.
Das sind Rezeptions-Streite. - Die Interpretation, dass Jesus an das physikalisch baldige Ende der Welt glaubt, ist genauso ein Rezeptions-Streit.
Mit Rezeption hat das weniger zu tun. Die Veränderung ist ja anhand der Texte für jeden nachvollziehbar. Paulus hat Jesus massenkompatibel gemacht, zum Preis, dass fast nichts mehr von ihm übrig blieb.

closs hat geschrieben: Man kann Biliks Interpretation intellektuell folgen, muss ihr aber ganz und gar nicht zustimmen - es ist eine Folge aus seiner Weltanschauung.
Weltanschuung oder gar Ideologie wäre es, wenn man dies ignorieren würde. Die Veränderung ist Konsens in der Forschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:So eine überzogene Entschädigungsleistung für staatliche Enteignung ist wohl beispiellos in der Welt.
Kann sein - da scheint ab 1806 hart verhandelt worden zu sein.
Vielleicht sollte man den Vertrag wegen Sittenwidrigkeit anfechten. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es gibt auch Berechnungen, nach denen die Kirche schon Geld zurückzahlen müßte.
Klar - wenn man die Schulden auf 100 Mio statt 100 Milliarden beziffert und das alles zinsfrei stellt. :lol: - Meines Wissens haben vor einigen Jahren sogar die LINKEN (oder die GRÜNEN?) mindestens 27 Milliarden eingeräumt - bei der CSU waren es dann eher 150 Milliarden. - Naja - selbst bei 50 Milliarden Euro wäre bei 4% Zins (das ist der notarlielle Satz, egal ob in Niedrig- oder Hochzins-Zeiten) 2 Milliarden Zinsen pa fällig - das liegt weiter unter den 500 - 800 Mio, die der Staat den Kirchen "schenkt".
Man könnte ja die Zinszahlungen an das jetztige Zinsniveau anpassen, also vorerst einstellen. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1210 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 26. Mär 2017, 12:35

sven23 hat geschrieben:Mit Rezeption hat das weniger zu tun. Die Veränderung ist ja anhand der Texte für jeden nachvollziehbar.
Auch das ist Rezeption. - Ich sehe sehr wohl auch Veränderungen - sogar aus meiner Sicht Falschinterpretation durch Paulus. - Aber im Großen und Ganzen schreibt er nur dann "etwas ganz anderes", wenn man vorher Jesus ganz anders interpretiert.

sven23 hat geschrieben:Weltanschuung oder gar Ideologie wäre es, wenn man dies ignorieren würde. Die Veränderung ist Konsens in der Forschung.
Das ist immer die große Selbst-Immunisierung - man versteht nicht geistig und deshalb auf methodische Technik angewiesen - und erklärt dann, was Jesus gemeint hat.

sven23 hat geschrieben:Vielleicht sollte man den Vertrag wegen Sittenwidrigkeit anfechten.
Dazu kann man Gerichte anrufen.


sven23 hat geschrieben:Man könnte ja die Zinszahlungen an das jetztige Zinsniveau anpassen, also vorerst einstellen. :lol:
Unterm Strich kommt das über die ZEit aufs selbe raus - einmal 8 und einmal 0% Zins ist dasselbe wie 2 x 4%.

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