Alles Teufelszeug? II

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sven23
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#1811 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Sa 7. Mai 2016, 15:05

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich behaupte, dass es die Dogmen über die göttliche Zeugung und die Jungfrauengeburt ohne die legendären Geburtsgeschichten nicht gäbe.
Dann weise es nach - kannst Du nicht, weil es niemand kann..
Wieso nicht, das Dogma der Kirche ist doch wohl unzweifelhaft nach der Legendenbildung entstanden.
Dabei war die Jungfrauengeburt an sich nicht neu, sie wurde von den Schreibern aus anderen, älteren Kulten übernommen.

"Hier eine Aufstellung angeblicher Jungfrauengeburten:
gautama buddha um 600 v. Chr. von der Jungfrau MAYA geboren
dionysos griechischer Gott, von einer Jungfrau geboren
quirinus Heilsbringer der frühen Römerzeit, geboren von einer Jungfrau
attis von der Jungfrau NAMA ca. 200 v.Chr. in Phrygien geboren
indra um 700 v.Chr. von einer Jungfrau in Tibet geboren
adonis babylonischer Gott, Sohn der Jungfrau ISHTAR
krischna Hindu-Gottheit, ca. 1200 v.Chr. von der Jungfrau DEVAKI geboren
zoroaster ca. 1500 -1200 v.Chr. von einer Jungfrau geboren
mithras von einer Jungfrau am 25. Dezember, ca. 600 v. Chr. geboren
SAOSCHYANT von einer im See badenden Jungfrau durch Zarathustra empfangen
PLATON vom Gott Apollon und einer Jungfrau gezeugt
PERSEUS die Jungfrau DANAE haben den Samen des Zeus schlafend als Goldregen empfangen

Und viele mehr. Damit die Jesusfigur der Kirche hier "mithalten" konnte, haben kirchliche Theologen auch bei Jesus eine solche Geschichte erfunden."

Quelle: Der Theologe


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Theißen erklärt eingehend die Methodik und ihre Grenzen, auch anhand von Beispielen.
WENN das so ist, kann er nicht sagen "Jesus hatte eine Naherwartung", sondern muss er sagen "In den Grenzen meiner Methodik ergibt sich das Ergebnis, dass er eine Naherwartung hatte" - und ich denke, das tut er auch.
Er informiert im Vorwort ausgiebig über die Möglichkeiten und Grenzen der Methodik. Mehr kann man nicht verlangen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und was ändert das z. b. an "Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen..."?
Nichts - das wäre EINE Aussage, die für eine Naherwartung des Textverfassers steht. - Why not? - Das weiss auch die RKK.
Wissen tut die RKK so ziemlich alles. Aber was nützt es, wenn man aus ideologischen Gründen nicht wahrhaben will?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Hast du Angst, dass deine Vorurteile gefährdet werden.
Nein - ich will meine Zeit nicht verschwenden mit innerbetrieblichen Schlüssigkeiten, wenn die Basis dessen, worauf dieses System ruht, nicht geklärt ist.
Und unaufgeklärt verschwendest du deine Zeit mit den immer gleichen falschen Behauptungen. Ist das etwa sinnvoller? :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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closs
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#1812 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 7. Mai 2016, 15:20

sven23 hat geschrieben:Wieso nicht, das Dogma der Kirche ist doch wohl unzweifelhaft nach der Legendenbildung entstanden.
Aber das Geschehen, auf das sich dies alles bezieht, war vorher. - Entweder Jungfrauengeburt und leibliche Auferstehung sind wirklich geschehen oder nicht - egal, ob man sie danach geschichtsschreibend oder legendenhaft oder dogmatisch verarbeitet. - Letztlich geht es NICHT um UNSERE Wahrnehmung/Verarbeitung, sondern um das, was war.

sven23 hat geschrieben:Dabei war die Jungfrauengeburt an sich nicht neu, sie wurde von den Schreibern aus anderen, älteren Kulten übernommen.
Natürlich gibt es dieses Motiv in vielen Kulturen, weil es ein universales, geradezu archetypisches Motiv ist.

sven23 hat geschrieben:Er informiert im Vorwort ausgiebig über die Möglichkeiten und Grenzen der Methodik. Mehr kann man nicht verlangen.
Das ist gut - dann fresse ich einen Besen, dass er die Aussage "Jesus hatte eine Naherwartung" methodisch meint und nicht mehr.

sven23 hat geschrieben:Aber was nützt es, wenn man aus ideologischen Gründen nicht wahrhaben will?
Gibt es auch. - Aber hier geht es ja darum, dass die RKK sehr wohl weiss, dass viele Urchristen und einige Verfasser tatsächlich eine "äußere" Naherwartung hatten.

sven23 hat geschrieben:Und unaufgeklärt verschwendest du deine Zeit mit den immer gleichen falschen Behauptungen.
Weise EINE Behauptung von mir als falsch nach.

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sven23
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#1813 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Sa 7. Mai 2016, 15:39

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wieso nicht, das Dogma der Kirche ist doch wohl unzweifelhaft nach der Legendenbildung entstanden.
Aber das Geschehen, auf das sich dies alles bezieht, war vorher. - Entweder Jungfrauengeburt und leibliche Auferstehung sind wirklich geschehen oder nicht - egal, ob man sie danach geschichtsschreibend oder legendenhaft oder dogmatisch verarbeitet. - Letztlich geht es NICHT um UNSERE Wahrnehmung/Verarbeitung, sondern um das, was war.
Sag ich doch. Die Reihenfolge war: Legendenbildung und dann Dogma. Für wie wahrscheinlich hälst du die Jungfrauengeburt in anderen Religionen und Kulten?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dabei war die Jungfrauengeburt an sich nicht neu, sie wurde von den Schreibern aus anderen, älteren Kulten übernommen.
Natürlich gibt es dieses Motiv in vielen Kulturen, weil es ein universales, geradezu archetypisches Motiv ist.[/quote]
Wir reden aber nicht über Motive, sondern über das, was war. (deine Worte). Also war die Jungfrauengeburt in anderen Religonen ein historisches Ereignis, so wie Ratzinger es bei Jesus behauptet?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aber was nützt es, wenn man aus ideologischen Gründen nicht wahrhaben will?
Gibt es auch. - Aber hier geht es ja darum, dass die RKK sehr wohl weiss, dass viele Urchristen und einige Verfasser tatsächlich eine "äußere" Naherwartung hatten.
Natürlich hatten sie die, weil Jesus ihnen dies so verkündet hat. Ein Endzeitprophet macht halt auch nur seinen Job. ;)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Anton B.
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#1814 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Anton B. » Sa 7. Mai 2016, 15:49

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Dahinter steht nur, dass HKM "wissenschaftlich" sein will.
Da hat doch keiner was dagegen. - Aber warum kommt sie dann mit Aussagen, die als Faktum dargestellt werden, Jesus habe selbst eine Naherwartung gehabt, wenn aus spiritueller Sicht (also wenn Jesus NICHT nur ein bedepperter Wanderprediger gewesen wäre) genau das Gegenteil naheliegend ist? - Dann halte ich doch meine Klappe, statt meinen Kompetenzraum zu sprengen.
Warum kommt die Wissenschaft zum Faktum, der Mond sei vorhanden, wenn aus der spirituellen Sicht, es gäbe gar keinen Mond, der Mond gar nicht vorhanden ist?

Dein Problem ist und bleibt -- was Du ja anderen auch manchmal durchaus zu recht vorwirfst -- die Aussagen der Wissenschaft über ihre Abgrenzung hinaus zu strapazieren.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:... und textkritisch analysieren und interpretieren. Und genau das macht die HKM doch.
Aber nicht sprituell interpretieren - historisch-kritische Interpretation kann nie spirituelle Interpretation ("Was steht geistig-substantiell in der Bibel?") sein. - Wenn die HKM wissenschaftlich sein will, muss sie es auch tun und da bleiben.
Was sie macht, ist die Intention der Autoren, den Werdegang der Verschriftlichung und Überlieferung, sowie -- im Rahmen ihrer Begründungsfähigkeit -- den historischen Kontext in Kombination mit anderen Wissenscftsdisziplinen entwickeln.

Das wüsstest Du auch, wenn Du Deine Renitenz gegenüber dem Lesen dieser Art wissenschaftlicher Literatur überwinden könntest.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Für die HKM als wissenschaftliche Disziplin ist es wesentlich, wissenschaftliches Wissen zu generieren. Und aus dem wissenschaftlichen Anspruch ergibt sich zugleich, welchen Anspruch HKM nicht haben kann. Mache Dir das doch mal klar.
Methodisch verstehe ich das doch alles - aber dann darf man doch nicht dem Anspruch kommen, methodische Ergebnisse mit "Wirklichkeit" gleichzusetzen.
Macht ja auch in der Wissenschaft keiner. Selbst hier im Forum ist man vorsichtig geworden. Nur einer -- nämlich Du -- wird, wie die sprichwörtliche Motte vom Licht, vom Begriff "Wirklichkeit" unwiderstehlich angezogen. Du bist es ganz alleine, der mithilfe von "Wirklichkeit" sein Konstrukt aufspannen möchte.

closs hat geschrieben:Mit anderen Worten: Wenn wir uns darauf einigen, dass eine Methodik sich nur methodik-bezogen äußern kann, rennst Du bei mir offene Türen ein.

Anton B. hat geschrieben:Da ist doch wieder, Dein generelles Fehlverständnis bezüglich Wissenschaft.
Mein Verständnis von Wissenschaft ist, dass sie sich innerhalb ihrer methodischen Vorgaben äußert. - Einverstanden? Ja oder nein?
Nicht einverstanden. Du stellst es so dar, als wenn die Methodik durch direkte "Setzung" vorgegeben wäre. Das ist sie aber nicht. Vorgegeben ist der Wissensbegriff mit seinem Kerninhalt der "vernünftigen Begründung". Wir suchen nach Methoden, die diesem Anspruch genügen und insbesondere der Methode, die uns in möglichst ökonomischer Weise "Wissen" gegerieren lässt. Die Methode ist also gar nicht gesetzt, und könnte jederzeit von Popper 2.0 durch eine geeignetere Methode ersetzt werden. Die "Methode" selber muss also auch begründet werden und eine beliebige Wahlfreiheit existiert daher nicht. Dein Gedanke, mit einer anderen Methode komme man zu anderem Wissen ist nur dann richtig, wenn aus der Wissensdefinition heraus eine andere Methode genau so gut begründet verfügbar wäre. Das wäre dann sozusagen das Methodenäquivalent zur Duhem-Quine'schen Unterbestimmtheit. Du kannst sehr wohl andere Methoden verwenden, wenn sie aber durch den Wissensbegriff nicht ausreichend begründet sind, produzierst Du alles mögliche damit, nur definitionsgemäß eben kein Wissen.

Und was Einzeltechniken wie die HKM betrifft: In der Wissenschaft sprechen wir auch von "Begründungsleitern", die zu einem bestimmten Wissen führen. Und Einzeltechniken genauso wie die daraus generierten Modelle stellen Sprossen dieser Leiter dar. Jede einzelne Sprosse unterliegt dem Anspruch auf vernünftige Begründbarkeit.
Zuletzt geändert von Anton B. am Sa 7. Mai 2016, 15:57, insgesamt 1-mal geändert.
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2Lena
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#1815 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von 2Lena » Sa 7. Mai 2016, 15:56

Sven23 hat geschrieben:Damit die Jesusfigur der Kirche hier "mithalten" konnte, haben kirchliche Theologen auch bei Jesus eine solche Geschichte erfunden."
Um deine fehlende Bildung etwas zu ergänzen: Es handelt sich um keinen Geringeren als den auf die Erde gekommenen Gott.

Die Jungfraugeburt war ein "Zeichen". Mit diesem und den seit Jahrhunderten schon gegebenen Prophezeiungen waren die Menschen auf das Ereignis vorbereitet. Der Autor von "Theologe" bringt sehr viele Falschinformation. Er hat die alten Städte nicht besucht. Er kennt auch die Mythen nicht, die Kulturen beeinflusst haben. Ihm sagen auch nicht Namen nichts, sodass er die Legenden verstehen könnte. Zudem kennt er nicht einmal das Jakobusevangelium (das teilweise sehr vorsichtig) alles restlos erklärt. Er macht es grad umgekehrt vom "wie es sein soll". Die gegebenen Zeichen zeigen gleich mehrfach auf das Göttliche hin. Der "Theologe" demontiert Stück für Stück durch seine immer geringer werdenden Kenntnisse. Seine Hinweise taugen nicht.

Nun läuft auch der Rückkehrschluss so rum.
Ein Dogma sei wegen der Legenden (erfundene Geschichten) zementiert, meinst du Sven23. Im anderen Sinn hat das sinnlose Hin- und Hergezänk schon vor 2000 Jahren schlechte Ergebnisse gebracht. Es wurde endlich eine Norm festgelegt. Durch die einheitliche Führung der verschiedenen Gruppen war eine gut definierte Aussage.

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#1816 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 7. Mai 2016, 16:06

sven23 hat geschrieben:Die Reihenfolge war: Legendenbildung und dann Dogma.
Und vorher war die Wirklichkeit dazu oder nicht. - Egal, wie man es aufzieht: Was vorher WIRKLICH war, erreicht man damit nicht.

sven23 hat geschrieben:Wir reden aber nicht über Motive, sondern über das, was war.
E-ben. - Und das weiss weder die Wissenschaft noch der Glaube. - Die Wissenschaft glaubt das eine und der Glaube glaubt das andere.

sven23 hat geschrieben:Also war die Jungfrauengeburt in anderen Religonen ein historisches Ereignis, so wie Ratzinger es bei Jesus behauptet?
Ich weiss es nicht. - Entweder es war so oder nicht. - Es ist wissenschaftlich nicht erreichbar.

sven23 hat geschrieben:weil Jesus ihnen dies so verkündet hat
Du kannst das glauben - aber woher willst Du es WISSEN, wenn verschiedene Wirklichkeits-Möglichkeiten in Frage kommen?

closs
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#1817 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 7. Mai 2016, 16:41

Anton B. hat geschrieben:Dein Problem ist und bleibt -- was Du ja anderen auch manchmal durchaus zu recht vorwirfst -- die Aussagen der Wissenschaft über ihre Abgrenzung hinaus zu strapazieren.
So ist es - allein diese Erkenntnis würde schon viel kitten.

Anton B. hat geschrieben:Was sie macht, ist die Intention der Autoren, den Werdegang der Verschriftlichung und Überlieferung, sowie -- im Rahmen ihrer Begründungsfähigkeit -- den historischen Kontext in Kombination mit anderen Wissenscftsdisziplinen entwickeln.
So ist es.

Anton B. hat geschrieben:Das wüsstest Du auch, wenn Du Deine Renitenz gegenüber dem Lesen dieser Art wissenschaftlicher Literatur überwinden könntest.
Verdammt noch mal: Was erzähle ich denn die ganze Zeit mit leider mäßigem Erfolg? - Doch genau das, was Du sagst.

Anton B. hat geschrieben:Nur einer -- nämlich Du -- wird, wie die sprichwörtliche Motte vom Licht, vom Begriff "Wirklichkeit" unwiderstehlich angezogen.
Ja - als Phänomen, auf das es am Ende als einziges ankommt, das aber keiner weiss, sondern nur glauben kann. - Oder geht es hier nur um Wahrnehmungs-Technik-Ranking? - Mir geht es um das, weshalb es überhaupt Wahrnehmung gibt: Die Wirklichkeit. - Und wir haben eben einige Kandidaten, die meinen, sie hätten mit einer bestimmten Methodik ein Monopol auf Wirklichkeits-Bestimmung. - Dagegen setze ich, dass man Wirklichkeit ("das, was ist/war") nur glauben kann UND dieser Glaube je nach weltanschaulicher Setzung unterschiedlich ist.

Anton B. hat geschrieben:Du stellst es so dar, als wenn die Methodik durch direkte "Setzung" vorgegeben wäre. Das ist sie aber nicht.
Deswegen habe ich geschrieben, dass diese Setzung nicht "expressis verbis" sei. - Sie ist methodik-immanent. - Denn wenn man den Satz "Jesus ist Gott" nicht nachweisen kann, ist er methodisch irrelevant. - Somit kann die Bibel nur unter dem Aspekt untersucht werden, dass Jesus nur ein "normaler" Mensch war - unter diesem Aspekt deutet man aber identische Aussagen anders, als wenn Jesus "Gottes Sohn" wäre. - Also blendet man eine Interpretation im Sinne der Wirklichkeits-Möglichkeit "Jesus ist 'Gottes Sohn'" aus - also ist man in Bezug auf die Wirklichkeit nicht ergebnisoffen, eben weil man nur EINE Option ("Jesus ist 'normaler' Mensch") untersucht.

Anton B. hat geschrieben:Du kannst sehr wohl andere Methoden verwenden, wenn sie aber durch den Wissensbegriff nicht ausreichend begründet sind, produzierst Du alles mögliche damit, nur definitionsgemäß eben kein Wissen.
Moment: Was ist "Wissen"? - In der Naturwissenschaft ist dies relativ leicht ermittelbar - man erbringt intersubjektiv nachvollziehbare Ergebnisse und hält sich an Popper, der ausdrücklich ontologisch-philosophische Erwägungen ("Cogito"/"Res extensa") vermeidet und die Welt so nimmt, wie sie im Alltagsverstand verstanden wird. - Also nicht philosophisch, sondern pragmatisch (was ich GUT finde).

In der Geistes-Wissenschaft ist es NICHT bis gar nicht ermittelbar, was "Wissen" ist, da geistes-wissenschaftlich weder ermittelbar ist, ob Jesus "Sohn Gottes" war, noch ob Chopins Nocturne Nr. x über den Tod oder Verzweiflung "spricht" (obwohl man es als geistiger Mensch aus allen Kulturen merkt). - Man kann also nur mit all denen, die es auch verstehen, glauben. - Dies führt dazu, dass man zum ersten Mal im Leben irgend jemanden aus Kasachstan trifft, der "es" auch "merkt", weil eben das Geistige universal, aber eben nicht wissenschaftlich nachweisbar ist.

Mit anderen Worten: Man kann über die Bibel außer Rumedum-Sachen nichts "wissen" - der eigentliche Gehalt ist durch - hier konkret - HKM nicht erreichbar.- Eben weil man dort nur die Intention der Autoren, den Werdegang der Verschriftlichung und Überlieferung, sowie -- im Rahmen ihrer Begründungsfähigkeit -- den historischen Kontext in Kombination mit anderen Wissenscftsdisziplinen entwickeln kann. - Und das ist ja schon eine Menge - aber nichts, was die Substanz der Bibel selbst betrifft.

Genauso wie man bei Chopins Nocturne Nr. x nachzeichnen kann, dass Chopin dieses Stück 1847 geschrieben hat, zu dieser Zeit Lungenentzündung hatte, gerade von seiner Frau verlassen worden war und das Stück auf Papier niedergeschrieben wurde, das in Bologna geschöpft worden war. - Und dass das Notenbild darauf hinweist, dass er damals schon Parkinson hatte, weil es verwackelt ist - und dass es Jahrzehnte lang als Freudentanz rezipiert worden war, weil man es zu schnell gespielt hatte (alles erfundene Sachen - nur zur Verdeutlichung). - Aber man kann NICHT ermitteln, was der geistige Gehalt dieses Stückes ist.

Nun stelle Dir einmal vor, solche musik-wissenschaftlichen Ergebnisse würden zum Zentrum der Pianistik gemacht werden? "Nur die Musikwissenschaft weiss, was das Nocturne Nr. x bedeutet". - Das ist Schwachsinn pur - auch die Musikwissenschaft ist nur ein zwar hilfreicher, aber überhaupt nicht entscheidender Trabant der Musik selbst. - Und genauso spielt die Musik der Bibel nicht in der HKM - sie ist auch nichts anderes als ein Trabant um das Eigentliche. - Das ist doch nicht entwertend gemeint.

Hier aber wird der Eindruck entwickelt, als sei die HKM maßgebliches Instrument für das Eigentliche der Bibel, was ich in höchstem Maße unwissenschaftlich finde - es sei denn, die HKM öffnet sich zum Geistigen hin, wie Ratzinger sagt, was aber die HKM gerade entrüstet ablehnt. - Also was jetzt? - Egal was: Man kann Spirituelles nicht ablehnen und sich gleichzeitig als mehr als als Trabanten innerhalb der Theologie verstehen. - Das ärgert mich: Diese Duschen-und-nicht-naß-werden-wollen-Mentalität.

Und dann wird noch de facto beansprucht, man könne die Bibel nur dann wissenschaftlich untersuchen, wenn man Jesus NICHT als "Sohn Gottes" versteht. - Das geht, wenn man keine tieferen Ansprüche hat - aber die hat man ja. - Also was jetzt? - Ich stelle mir immer vor, wir hätten bei unseren Internationalen Klavierwettbewerben für die Jury die Bedingung gestellt: "Ihr dürft KEIN Klavier spielen können, weil Ihr sonst voreingenommen im Urteil seid". - Wahnsinn - und kaum einer scheint es zu merken.

Anton B. hat geschrieben:Und was Einzeltechniken wie die HKM betrifft: In der Wissenschaft sprechen wir auch von "Begründungsleitern", die zu einem bestimmten Wissen führen.
"Wissen" im Sinne der Methodik - natürlich. - Keiner streitet doch inner-methodisches Wissen ab.

Anton B. hat geschrieben:ede einzelne Sprosse unterliegt dem Anspruch auf vernünftige Begründbarkeit.
Das wäre ein eigenes Thema: Wäre etwa die leibliche Auferstehung Jesu unwahrscheinlich, weil sie naturwissenschaftlicher, also menschlicher Vernunft widerspricht. - Vorsicht. - Es könnte auch eine göttliche Vernunft über unseren menschlichen Vernunft geben.

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Münek
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#1818 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Sa 7. Mai 2016, 17:08

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich behaupte, dass es die Dogmen über die göttliche Zeugung und die Jungfrauengeburt ohne die legendären Geburtsgeschichten nicht gäbe.
Dann weise es nach - kannst Du nicht, weil es niemand kann.
Da gibt es nichts nachzuweisen. Es liegt doch wohl auf der Hand, dass die Kirche die genannten Dogmen auf entsprechende Schilderungen in den Geburtsgeschichten zurückführt. Was denn sonst?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Zu biblischen Glaubensaussagen äußert sich die historisch-kritische Forschung bekanntlich nicht.
Es ist bereits eine "biblische Glaubensaussage", wenn man behauptet, Jesus selbst habe eine "äußere" Naherwartung gehabt, weil er diese mit allergrößter Wahrscheinlich NICHT gehabt hat, wenn er "Gottes Sohn" gewesen ist. - Dann sind - wie es ja auch geschieht - die entsprechenden Zitate anders zu interpretieren.
Das ändert nichts an der Tatsache, dass die Naherwartungsfrage eine historische bleibt und ist Frage ist. Man kann historische Tatsachen nicht "erglauben". Die entsprechenden zahlreichen Aussagen Jesu zum unmittelbar bevorstehenden Anbruch der Gottesherrschaft werden von der wissenschaftlichen Forschung für authentisch gehalten. Sie bilden das Zentrum der "Frohen Botschaft" Jesu. Folgte man Deiner seltsamen Methode, müsste man sämtliche diesbezüglichen Aussprüche Jesu als Erfindungen der Evangelisten bzw. ihrer Tradenten streichen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Wissenschaft kann noch so ergebnisoffen forschen; sie könnte NIE zu dem ERGEBNIS kommen: Jesus von Nazareth war der Sohn eines Gottes.
Das sage ich ja auch. - Aber dann kann sie ihre Exegese nur unter dem Aspekt machen, dass Jesus nicht "Gottes Sohn" war. - Wenn sie das einsieht und deshalb ihre Perspektive nicht zum Maßstab für Wirklichkeit macht, ist alles in Butter.
Es ist nicht möglich, aus den neutestamentlichen Schriften zu erschließen, dass Jesus von Nazareth der Sohn Gottes WAR. Das Setzen der Existenz Gottes ist ein willkürlicher subjektiver Akt, der dem Gläubigen gestattet ist (siehe Ratzingers Jesusbuch) - der Wissenschaft nicht.

Anton B.
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#1819 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Anton B. » Sa 7. Mai 2016, 17:39

closs hat geschrieben:Mir geht es um das, weshalb es überhaupt Wahrnehmung gibt: Die Wirklichkeit. - Und wir haben eben einige Kandidaten, die meinen, sie hätten mit einer bestimmten Methodik ein Monopol auf Wirklichkeits-Bestimmung. - Dagegen setze ich, dass man Wirklichkeit ("das, was ist/war") nur glauben kann UND dieser Glaube je nach weltanschaulicher Setzung unterschiedlich ist.
Dass man "Wirklichkeit" in Deinem Sinne nur Glauben kann, da stimme ich Dir zu. Und wenn Du mit den "Kandidaten" einige unserer Forenfreunde meinst, dann stimme ich auch zu. Wobei es ja auch erlaubt ist, zu "meinen". Ansonsten beschränken sich die Naturwissenschafte, wenn wir hier schon den Begriff "Wirklichkeit" verwenden wollen, darauf, Modelle zu entwickeln, die der Wahrnehmungs-Wirklichkeit entsprechen.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Du stellst es so dar, als wenn die Methodik durch direkte "Setzung" vorgegeben wäre. Das ist sie aber nicht.
Deswegen habe ich geschrieben, dass diese Setzung nicht "expressis verbis" sei. - Sie ist methodik-immanent. - Denn wenn man den Satz "Jesus ist Gott" nicht nachweisen kann, ist er methodisch irrelevant. - Somit kann die Bibel nur unter dem Aspekt untersucht werden, dass Jesus nur ein "normaler" Mensch war - unter diesem Aspekt deutet man aber identische Aussagen anders, als wenn Jesus "Gottes Sohn" wäre. - Also blendet man eine Interpretation im Sinne der Wirklichkeits-Möglichkeit "Jesus ist 'Gottes Sohn'" aus - also ist man in Bezug auf die Wirklichkeit nicht ergebnisoffen, eben weil man nur EINE Option ("Jesus ist 'normaler' Mensch") untersucht.

Und ich werde immer wieder antworten, die Methodik als Einzelmethodik muss vernünftig im wissenschaftlichen Kontext begründet werden. Und das wird sie ja auch. Und als Wissenschaft stehen wir nach jetzigem Kenntnisstand außerhalb des Anspruches auf "Wirklichkeits-Möglichkeiten" à la "Seins-Wirklichkeit". Gefahr erkannt, Gefahr gebannt! :lol:

closs hat geschrieben:In der Geistes-Wissenschaft ist es NICHT bis gar nicht ermittelbar, was "Wissen" ist, ...
Ganz wichtig: "Wissen" ist, was vernünftig begründet werden kann.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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#1820 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Pluto » Sa 7. Mai 2016, 18:15

closs hat geschrieben:Dann wäre es unwissenschaftlich, wenn EINE Wirklichkeits-Möglichkeit ignoriert werden würde - das finde ich bedenklich.
Welche Möglichkeit wird denn ignoriert?

Der menschlichen Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, aber du kannst nicht einfach auf die schier unendliche Welt der unbegrenzten Möglichkeiten deiner Fantasie verweisen, und fordern: "mach mal...!" Die Wissenschaft untersucht mit ihren Modellen die wahrgenommenen Fakten. Etwas anderes kann und will sie nicht. Wenn du deine Möglichkeiten nicht so beschreiben kannst , dass sie eindeutig von Wissenschaftlern erkannt werden können, fallen beim "Screening" durch.

Also, nochmals: Beschreibe die Möglichkeiten!

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Sie interpretiert die Texte NEUTRAL, ohne irgendwelche Setzungen.
Aber überlege Dir doch mal, was das bedeutet. - "Neutral" heisst, dass Jesus nur ein Wanderprediger war, bis nachgewiesen ist, dass Jesus "Gottes Sohn" war.
Gut möglich, dass das bei einer neutralen Untersuchung herauskommt. Warum wäre das schlimm?

Das Problem ist, die kanonische Exegeten wollen lieber ihren Dogmen vertrauen, anstatt das Ergebnis ernst zu nehmen. Bevor sie sich richtig mit den Resultaten auseinander setzen, fangen lauthals an "Foul" zu fordern.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Du missverstehst den Auftrag der HKM. Sie setzt erst mal GAR NCHTS.
Sie tut es nicht bewusst, aber methodisch bedingt tut sie es faktisch.
Was setzt deiner Meinung nach die HKM konkret?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was spricht denn dafür, dass ausgerechnet die biblische Version der Wahrheit entspricht?
Wissenschaftlich ist es dasselbe - real möglicherweise nicht. - Es KANN so sein - das wäre das mindeste, was man zugestehen sollte.
Warum kann es so sein?
Meines Erachtens gleitest du wieder ab insLand der Fantasien wo alles möglich zu sein scheint.

closs hat geschrieben:Weil sie im hier im Forum gegebenen Bild die Rolle eines Zauberlehrlings zu spielen scheint - was ich übrigens nach wie vor nicht glaube.
Zauberlehrling...? Wohl eher der Weg der Wahrheitsfindung.
Ist dein Glaube objektiv oder eher geprägt durch deine Weltanschauung?

closs hat geschrieben:Mich stört, dass die methodisch bedingten Setzungen nicht bewusst sind. - Wer die Bibel nur unter dem Aspekt lesen kann, dass Jesus NICHT "Gottes Sohn" ist, kann nicht ergebnisoffen sein.
Das tut aber die HKM nicht. Sie untersucht und fragt wer die Figur Jesus eigentlich war.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb fordert ja Ratzinger den Glaubensentscheid.
Ja - er dreht den HKM-Ansatz um: Wenn ihr das setzt, setzt ich das Gegenteil.
Ratzingers Problem ist er trifft dabei ins Leere, weil die HKM nichts setzt.

closs hat geschrieben:MEIN Weg wäre dazwischen:
Lass uns einmal dieses und ein andermal jenes setzen und gucken, was jeweils bei der Bibel-Interpretation rauskommt. - Wie gesagt: Nach meinem Verständnis wäre dies ergebnisoffene Wissenschaft.
Warum sollte man überhaupt etwas setzen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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