Aus Ägypten rief ich meinen Sohn...

closs
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#101 Re: Aus Ägypten rief ich meinen Sohn...

Beitrag von closs » Sa 9. Nov 2013, 21:54

Salome23 hat geschrieben:Mit "unsereiner" werden wohl jene gemeint sein, die bei der Schöpfung mitgewirkt haben
Das kann man bestenfalls in Bezug auf verschiedene Selbst-Offenbarungs-Größen Gottes beziehen (meinetwegen auf die Trinität), nicht aber auf das göttliche Sein selbst. - Wäre Gott NICHT das höchste EINS, kommt man argumentativ in größte Schwierigkeiten.

Münek hat geschrieben:wenn Gott ausspricht, dass der Mensch so geworden ist wie er (also Gott) selbst, dann wird das auch so sein.
Meinst Du damit, dass der Mensch wesens-mäßig auf gleiche Stufe stünde wie Gott? - Wie wäre für Dich erklärbar, dass Schöpfer und Schöpfung auf derselben Stufe stünden?

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Münek
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#102 Re: Aus Ägypten rief ich meinen Sohn...

Beitrag von Münek » Sa 9. Nov 2013, 22:20

Salome23 hat geschrieben:@Münek

wenn Gott ausspricht, dass der Mensch so geworden ist wie er (also Gott) selbst,
dann wird das auch so sein.
Die Fähigkeit, zwischen gut und böse zu unterscheiden,
war und ist ein "göttliches Privileg", das erst nach dem Genuss der verbotenen
Frucht vom Baum der Erkenntnis nach Gottes eigener Aussage auf den Menschen
ohne wenn und aber, d.h. ohne erkennbare Einschränkungen übergegangen ist.
Das ist nicht ganz korrekt.
Sie wurden nicht nur wie Gott sondern wurden auch wie "unsereiner" und somit ist es nicht nur ein Privileg Gottes (vor dem Essen der Frucht) gewesen, weil "unsereiner" eben auch wusste, was gut und böse ist...

1.Mose 3
22 Und Gott der HERR sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist.


Mit "unsereiner" werden wohl jene gemeint sein, die bei der Schöpfung mitgewirkt haben:

1.Mose 1
26 Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.

Hallo Salome,

Du hast natürlich völlig recht. Elohim (selbst ein Pluralwort = Götter) spricht im
1. Schöpfungsmythos in der Mehrzahl ("lasset uns..."). Im 2. Schöpfungsbericht sagt
er "wie unsereiner". Meinte er vielleicht nur sich selbst in seiner "Pluralität"?

Ich habe nicht die geringste Ahnung, ob Gott da noch von anderen "göttliche We-
senheiten
" umgeben war. Vielleicht seine Söhne (siehe Genesis 6, Hiob 1)? Die Schöp-
fungsmythen im 1. Buch Mose halten sich da leider bedeckt.

Aber: Wenn denn damals neben Elohim weitere "himmlische" Wesen existiert
haben sollten, besaßen diese sicherlich das Wissen, das Gute vom Bösen zu
unterscheiden. :)

Lieben Gruß

Münek

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#103 Re: Aus Ägypten rief ich meinen Sohn...

Beitrag von Demian » Sa 9. Nov 2013, 22:26

sven23 hat geschrieben: Oh Gott, jetzt braucht man beim Lesen der Bibel auch noch hellseherische Fähigkeiten, um herauszufinden, wann die Schreiber inspiriert waren und wann nicht. Kein Wunder, daß die Bibel so viel Anlaß zu Streit und Mißverständnissen liefert.

Das ist eine Sache des Verständnisvermögens - da würde ich closs Recht geben. Genauso ist das doch, wenn man ein Buch über Evolutionsbiologie, klassische Philologie oder Atomphysik liest - ohne eine grundsätzliche Bildung in dem Bereich ( also im Falle der Bibel: ein Verständnis von Hermeneutik und der verschiedenen Möglichkeiten der Exegese ) wird man ein Problem haben. Ich beschäftige mich sehr viel mit Kunst und musste schon öfter moderne Kunst für "Laien" ( neutral gemeint - ) erklären. Dann irgendwann kam das Erlebnis "jetzt verstehe ich plötzlich was damit gemeint ist, wieso Pollock derart abstrakt malte, wieso Picasso die Perspektive brach, Monet diese Farben bevorzugte, wieso Beuys diese oder jene Stoffe in seinen Werken gebraucht hat, wieso Cy Twombly als großer Maler gilt ). Das wohlgemerkt von Menschen die gerne sagten "moderne Kunst verstehe ich nicht, entweder spinnen die Künstler oder mir fehlt irgendeine Begabung in dem Bereich". Prinzipiell kann jedes Kind die künstlerische Wahrnehmung verstehen, weil es im Grunde nur die Offenheit des Sehens braucht.

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#104 Re: Aus Ägypten rief ich meinen Sohn...

Beitrag von Münek » Sa 9. Nov 2013, 22:40

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:wenn Gott ausspricht, dass der Mensch so geworden ist wie er (also Gott) selbst, dann wird das auch so sein.
Meinst Du damit, dass der Mensch wesens-mäßig auf gleiche Stufe stünde wie Gott? - Wie wäre für Dich erklärbar, dass Schöpfer und Schöpfung auf derselben Stufe stünden?

Hallo Kurt,

wieso wesensmäßig? :shock: Wie kommst Du auf sowas?

Inwieweit "der Mensch wie Gott geworden ist", hat doch Jahwe klar ausge-
sprochen! Ich denke, ich habe mich diesbezüglich unmissverständlich ausge-
drückt!

Der Mensch ist (nur) insoweit wie Gott geworden, als er nunmehr zwischen
gut und böse unterscheiden kann. Nur dieses dem Menschen geschenkte Unter-
scheidungsvermögen ist "göttlich".

Sorry, ich verstehe Deine Frage nicht. Vielleicht liest Du meinen Beitrag noch-
mal in Ruhe durch. ;)

Machs gut

Münek
Zuletzt geändert von Münek am Sa 9. Nov 2013, 22:55, insgesamt 1-mal geändert.

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#105 Re: Aus Ägypten rief ich meinen Sohn...

Beitrag von Demian » Sa 9. Nov 2013, 22:44

Diese Fenster der Wahrnehmung ...

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#106 Re: Aus Ägypten rief ich meinen Sohn...

Beitrag von closs » Sa 9. Nov 2013, 23:11

Münek hat geschrieben:Der Mensch ist (nur) insoweit wie Gott geworden, als er nunmehr zwischen gut und böse unterscheiden kann. Nur dies
OK - dann sind wir uns im Grundsatz einig.

Jetzt müssten wir noch über folgendes sprechen: Glaubst Du, dass A+E mit dem Sündenfall
a) schlagartig gewusst haben: "Dieses da ist gut und jenes dort ist böse?"
ODER
b) die grundsätzliche Unterscheidungsbefähigung bekommen haben, die in der Folge der Zeit (= Heilsgeschichte) zu entwickeln ist: "Ich kann jetzt herausfinden, ob diese da oder jenes dort gut oder böse ist".

Ich plädiere für b) - weil es bei a) ziemlich schwer erklärbar wäre, warum dem Menschen überhaupt die Zeit als Entwicklungs-Matrix gegeben wird.

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#107 Re: Aus Ägypten rief ich meinen Sohn...

Beitrag von Münek » So 10. Nov 2013, 00:12

Demian hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Oh Gott, jetzt braucht man beim Lesen der Bibel auch noch hellseherische Fähigkeiten, um herauszufinden, wann die Schreiber inspiriert waren und wann nicht. Kein Wunder, daß die Bibel so viel Anlaß zu Streit und Mißverständnissen liefert.

Das ist eine Sache des Verständnisvermögens - da würde ich closs Recht geben. Genauso ist das doch, wenn man ein Buch über Evolutionsbiologie, klassische Philologie oder Atomphysik liest - ohne eine grundsätzliche Bildung in dem Bereich ( also im Falle der Bibel: ein Verständnis von Hermeneutik und der verschiedenen Möglichkeiten der Exegese ) wird man ein Problem haben. Ich beschäftige mich sehr viel mit Kunst und musste schon öfter moderne Kunst für "Laien" ( neutral gemeint - ) erklären. Dann irgendwann kam das Erlebnis "jetzt verstehe ich plötzlich was damit gemeint ist, wieso Pollock derart abstrakt malte, wieso Picasso die Perspektive brach, Monet diese Farben bevorzugte, wieso Beuys diese oder jene Stoffe in seinen Werken gebraucht hat, wieso Cy Twombly als großer Maler gilt ). Das wohlgemerkt von Menschen die gerne sagten "moderne Kunst verstehe ich nicht, entweder spinnen die Künstler oder mir fehlt irgendeine Begabung in dem Bereich". Prinzipiell kann jedes Kind die künstlerische Wahrnehmung verstehen, weil es im Grunde nur die Offenheit des Sehens braucht.

Hallo Demian,

beeindruckendes Beispiel. :clap:

Nur: Es passt leider nicht auf die vorurteilslose Auslegung der biblischen
Schriften. Denn gerade diese Schriftzeugnisse sind mit Sicherheit nicht
für "Bibelexperten", sondern für den "gemeinen Mann" in einer Weise
verfasst worden, dass er sie (zumindest grundsätzlich) versteht. Die
biblischen Schriften bevorzugen eine leicht verständliche Sprache.

Was sonst dann so alles fast Zweijahrtausende lang in die einfachen Berichte hin-
eingeheimnist- und "interpretiert" worden ist, geht auf keine Kuhhaut! Vielfach "abge-
hobene, kaum oder nicht nachvollziehbare, schlicht unverständliche oder unbegründete"
Eisegese.


Und was die von Dir erwähnte Hermeneutik (Wissenschaft nach dem "richtigen"
Verständnis, der "wahren" Auslegung der Bibel) betrifft, naja, dazu sage ich lieber
nichts. Diesbezüglich kochen doch alle Gläubigen ihr " eigenes, natürlich einzig-
wahres, gott-gewolltes oder -gegebenes Süppchen
".

Sorry, ich bleibe hier ratlos und kopfschüttelnd zurück!.

Lieben Gruß

Münek

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#108 Re: Aus Ägypten rief ich meinen Sohn...

Beitrag von Demian » So 10. Nov 2013, 00:22

Münek hat geschrieben:Nur: Es passt leider nicht auf die vorurteilslose Auslegung der biblischen
Schriften. Denn gerade diese Schriftzeugnisse sind mit Sicherheit nicht
für "Bibelexperten", sondern für den "gemeinen Mann" in einer Weise
verfasst worden, dass er sie (zumindest grundsätzlich) versteht.

Wir können davon ausgehen, dass Jesus sich umfassend mit der Tora auskannte, sicherlich nicht nur auf dem Niveau des "gemeinen Mannes", sonst hätte man ihn nicht als Rabbi angesprochen. Religion ist immer eine Auslegungssache, darum hat Jesus in Bildern und Gleichnissen gesprochen, darum haben alle Propheten und Dichter so gesprochen. Es geht dabei nicht um eine rein verstandesmäßige Sichtweise auf die Welt, entsprechend eines bloßen für-wahr-nehmens einer Glaubensaussage. Sondern schon eher um den Versuch die Sprache der Seele zu sprechen. Die ganze Bibel ist ein Versuch so zu den Menschen zu sprechen, eine Perspektive des Wunderbaren zu eröffnen.

Wie man die Bibel interpretiert hängt wohl immer von der individuellen Perspektive ab und kann in diesem Sinne nicht vorurteilslos sein. Das ist aber auch nicht nötig, weil keine "objektive vorurteilsfreie Auslegung", sondern eine Auslegung wichtig ist, die mich seelisch berührt. Die Person ist gemeint, damit hervortönen ( lat. personare ) kann, was ursprünglich gesagt werden sollte.

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#109 Re: Aus Ägypten rief ich meinen Sohn...

Beitrag von closs » So 10. Nov 2013, 00:57

Münek hat geschrieben:Es passt leider nicht auf die vorurteilslose Auslegung der biblischen Schriften.
Das geht sowieso nicht. - Jeder hat eine Vorprägung, bevor er die Bibel aufschlägt.

Münek hat geschrieben: Die biblischen Schriften bevorzugen eine leicht verständliche Sprache.
Sollte man meinen - fürs NT gilt das manchmal sogar. - Grundsätzlich jedoch ist es NICHT eine leicht verständliche Sprache - allein der Umstand, dass sich die Bibel einer Bildersprache bedient, die sich auf Lebenswirklichkeit von vor 2 oder 3000 Jahren bezieht, macht eine einfache Exegese schwer.

Es ist kein Zufall, dass die RKK die Bibel als Besitz der Kirche anschaut. Da mag man zu Recht Manipulation dahinter verstehen, aber es hat auch geistige Gründe - nämlich: Es wird einfach ohne entsprechenden Zugang zu viel Blödsinn hinein interpretiert. Deshalb plädiere ich dafür, dass das Kapieren von 1.Kor. 13 Voraussetzung für jegliche weitere Bibel-Lektüre sein sollte.

Münek hat geschrieben:Was sonst dann so alles fast Zweijahrtausende lang in die einfachen Berichte hineingeheimnist- und "interpretiert" worden ist, geht auf keine Kuhhaut!
Eben.

Münek hat geschrieben:Sorry, ich bleibe hier ratlos und kopfschüttelnd zurück!.
Sehr verständlich. Ich übrigens auch. - Die letzten 2 Jahre in christlichen Foren lassen mich fragen, was die Bibel eigentlich soll, wenn sie von Christen (!) derart widersprüchlich (und oft sogar im Kern entgegengerichtet) ausgelegt wird. - Hätte ich mich an diesbezügliche Attitüden einschlägig gekannter Glaubensgemeinschaften gehalten, wäre ich nie und nimmer am Christentum hängen geblieben. - Man muss da in sich selber rein gehen und das (göttlich gegebene !) Wahre in sich zum Maßstab machen - sonst wird es eine Katastrophe.

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Zeus
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#110 Re: Aus Ägypten rief ich meinen Sohn...

Beitrag von Zeus » So 10. Nov 2013, 01:11

Demian hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nur: Es passt leider nicht auf die vorurteilslose Auslegung der biblischen
Schriften. Denn gerade diese Schriftzeugnisse sind mit Sicherheit nicht
für "Bibelexperten", sondern für den "gemeinen Mann" in einer Weise
verfasst worden, dass er sie (zumindest grundsätzlich) versteht.

Wir können davon ausgehen, dass Jesus sich umfassend mit der Tora auskannte, sicherlich nicht nur auf dem Niveau des "gemeinen Mannes", sonst hätte man ihn nicht als Rabbi angesprochen. Religion ist immer eine Auslegungssache, darum hat Jesus in Bildern und Gleichnissen gesprochen, darum haben alle Propheten und Dichter so gesprochen. Es geht dabei nicht um eine rein verstandesmäßige Sichtweise auf die Welt, entsprechend eines bloßen für-wahr-nehmens einer Glaubensaussage. Sondern schon eher um den Versuch die Sprache der Seele zu sprechen. Die ganze Bibel ist ein Versuch so zu den Menschen zu sprechen, eine Perspektive des Wunderbaren zu eröffnen.

Wie man die Bibel interpretiert hängt wohl immer von der individuellen Perspektive ab und kann in diesem Sinne nicht vorurteilslos sein. Das ist aber auch nicht nötig, weil keine "objektive vorurteilsfreie Auslegung", sondern eine Auslegung wichtig ist, die mich seelisch berührt. Die Person ist gemeint, damit hervortönen ( lat. personare ) kann, was ursprünglich gesagt werden sollte.
Oh Herr, sieh dein Volk an, schon wieder Geschwafel. :mrgreen:
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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