Ich habe deine Kritik schon gelesen. Sie ist aber in allen drei Punkten nicht korrekt:
Schwachstelle Nr. 1:
"Annahme 1: Entweder eine Eigenschaft oder ihre Negation ist positiv."
Diese Annahme ist falsch.
Beweis durch ausgerechnet Kurt Gödel daselbst:
http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6del ... gkeitssatz
Nach diesem Satz gibt es unentscheidbare Aussagen.
Gödels Unvollständigkeitssatz sagt aus, dass in jedem hinreichend mächtigen Kalkül (wie z.B. der Arithmetik) Sätze ableitbar sind, die hinsichtlich ihrer Wahrheit oder Flaschheit nicht entscheidbar sind.
Dennoch sind auch in diesen hinreichend mächtigen Kalkülen selbstverständlich wahre Aussagen ableitbar. Gödels Unvollständigkeitsbeweis bezieht sich auf das ganze Kalkül und ist eine metatheoretische Aussage. Ansonsten könnte man ja mit der Arithmetik nie rechnen, weil das Ergebnis immer falsch sein könnte.
Gödels konkreter modallogischer Beweis ist als korrekt nachgewiesen. Im ganzen modallogischen Kalkül können aber möglicherweise unentscheidbare Sätze abgeleitet werden. Gödels Beweis gehört aber nachgewiesen nicht dazu.
Schwachstelle Nr. 2:
Eine mathematische Existenzaussage ist gültig für abstrakte Denkmodelle, nicht für empirische Entitäten.
Gödel macht in seinem modallogischen Beweis keine Aussage über eine empirische Entität oder sinnlich wahrnehmbare Dinge. Es wäre mir auch neu, dass Gott jemals behauptet wurde als messbares empirisches Ding.
Schwachstelle Nr. 3:
Existenz ist keine "Eigenschaft" im mathematischen Sinne.
Existenz ist in gar keinem Sinne die Eigenschaft eines Gegenstandes wie z.B. seine Farbe oder sein Gewicht.
Gödels Beweis in modallogischem Kalkül S5 wird interessant vor dem Hintergrund der Kripke-Semantik der Modallogik. Die Kripke-Semantik verleiht der Modallogik sozusagen erst Bedeutung. Sie ermöglicht eine klare Interpretation modallogischer Aussagen (wie z.B. Gödels Beweis).
Zu dieser Semantik gehört, das etwas mit Notwendigkeit ist, was in allen möglichen Welten wahr ist.
Das Konzept der
möglichen Welten geht auf Leibniz zurück.
Es gibt eine unendliche Menge logisch konstruierbarer, möglicher Welten. Unsere Welt, die Welt, in der
wir leben, ist eine davon. Es gibt logisch z.B. auch eine mögliche Welt, in der Wasser zwar genau so benutzt wird wie auf der Erde (zum Trinken, zum Waschen, zum Darin-Plantschen etc.), in der Wasser aber eine leicht andere, chemische Strukturformel aufweist (der Philosoph Hilary Putnam nennt diese mögliche Welt
Zwerde). In dieser möglichen Welt bezieht sich der Ausruck
Wasser z.B. ganz offensichtlich nicht auf das, worauf sich in unserer Welt der Ausdruck
Wasser bezieht (da die Strukturformeln nicht identisch sind), obwohl in beiden Welten die Menschen das Gleiche damit tun. (Es spielt übrigens keine Rolle, ob Wasser überhaupt eine andere Srukturformel haben
kann, wenn man es so verwenden kann, wie wir es hier tun. Es geht lediglich um die rein logische Möglichkeit).
Gödels modallogischer Beweis beweist, dass die
Aussage:
"Es existiert genau ein "G", das alle positiven Eigenschaften auf sich vereint", in allen logisch konstruierbaren Welten wahr ist. Damit also auch in unserer!
Die ganze weitere Diskussion kann sich nur darum drehen, was die erwiesene Wahrheit dieser Aussage für unsere Welt bedeutet?
Alle weiteren Posts, die darüber spekulieren, welche grundsätzliche Erkenntnisfähigkeit der natürlichen Gegenstände wir als Menschen haben (also welche Erkenntismöglichkeiten der Natur), gehen in die Irre, denn diese Spekulationen betreffen nicht Gödels Beweis als rein logischen Beweis. Gödels Beweis spricht nicht von etwas, das wir in der natürlichen Welt erkennen könnten, denn worüber er spricht, was er beweist, ist kein gegenständliches Ding, -
sondern ein zwingend anzunehmender, logischer Sachverhalt und damit eine logische Tatsache (so wie der Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch eine logische Tatsache ist:
nicht(p und nicht p); also: es ist falsch, dass es regnet und zugleich nicht-regnet).