Alles Teufelszeug? V

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sven23
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#41 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » So 18. Dez 2016, 20:16

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Jesus vertrat einen jüdischen Partikularismus, die Christen haben jedoch einen christlichen Universalismus daraus
gemacht und Jesu Lehre auch hier wieder verfälscht, ja in ihr Gegenteil verkehrt.
Das ist auch wieder mal so eine Hypothese, die hinten und vorne merkwürdig ist - und im übrigen gegen Gen. 18,18 verstößt. - Meinst Du, Jesus hätte gegen das AT verstoßen?
Widersprüche sind doch in den Texten der Bibel an der Tagesordnung, dazu sind die Erzähltraditionen und die Intentionen der Schreiber zu unterschiedlich. Außerdem ist mit obiger Bibelstelle doch nicht gemeint, dass Abraham sich alle Völker untertan machen soll.

"Abraham soll doch zu einer großen und mächtigen Nation werden, und in ihm sollen gesegnet werden alle Nationen der Erde!"
Segnen kann man alles. Das macht der Papst heute noch mit seinem "urbi et orbi" Segen. Das heißt nicht, dass die ganze Welt katholisch werden muss. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Trotzdem kann dies nicht ohne Folgen für die Glaubwürdigkeit einer Quelle bleiben.
Die geistige Glaubwürdigkeit einer Quelle bemisst sich danach, ob sie geistig auf der Spur ist - das ist eine Sichtweise, die der HKM vollkommen fremd sein muss, weil sie methodisch nicht vorgesehen ist.
Unsinn, ein jegliches Glaubenskonstrukt ist beschreibbar, und sei es noch so bizarr.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung untersucht die Auferstehungslegenden anhand der Texte, bzw. den Glauben an die Auferstehung.
NAtürlich - aber sie INTERPRETIERT nicht selten, dass sie Legende sein MUSS, weil sie naturalistisch nicht möglich ist.
Zum einen sind sie naturalistisch nicht möglich, zum anderen lassen die erfundenen Legenden und nachträglichen Fälschungen vermuten, dass es um die Auferstehung nicht besser bestellt ist, als mit anderen Geschichten der Bibel. Viel Theologie auf Basis literarischer Fiktion.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Natürlich kann man die Geburtslegenden anzweifeln. Sie wurden aus dem einzigen Grund erfunden, um die kritische Nachfrage nach der "göttlichen" Legitimation zu befriedigen.
Natürlich kann man das - aber die Aussagen " Sie wurden aus dem einzigen Grund erfunden, um ..." ist schon wieder eine weltanschauliche Interpretation. - Was ja nicht schlimm ist, wenn es nur zugegeben werden würde.
Natürlich ist es eine plausible Interpretation. Welche redlichen Gründe soll es sonst für erfundene Geschichten und Legenden geben? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung macht hier sicher keine Fehler.
Selbst das ist eine Behauptung. - Unabhängig davon: Ich habe Dir doch zugestimmt, dass manches, was die Textverfasser schreiben, "Jäger-Latein-Elemente" in sich hat, um Kernaussagen zu verstärken.
Übertreibung als Stilmittel gibt es in der Bibel häufig. Es wird wohl keiner ernsthaft glauben, dass Menschen früher 900 Jahre alt wurden. Reine Erfindungen sind aber noch mal was anderes, besonders dann wenn sie in unredlicher Absicht geschehen. Hier kommt mir wieder Paulus in den Sinn, der die Lüge als Mittel zum Zweck einsetzt, für ein "höheres" Ziel, also die Verherrlichung Gottes.

closs hat geschrieben: Der Fehler der Forschung besteht dann, wenn sie über Sachaussagen hinaus weltanschaulich interpretiert. - Erinnere Dich: Du hast auf meine Bitte 5 Beispiele für reine Sachaussagen der HKM gebracht, die allesamt Interpretationen waren. - Mit anderen Worten: Es gibt in der Praxis keine klare Abtrennung wissenschaftlicher Arbeit und weltanschaulicher Interpretation, sondern eine große undefinierbare Zone - so wie bei BRackwasser, das weder Salz- noch Süßwasser ist.
Man kann jede Sachaussage zu einer Interpretation erklären, das ändert aber nichts.

Vor allem geht es um den Unterschied zwischen historischem Jesus und dem posthum verklärten und verkündeten Jesus.

„Der sog. historische Jesus und der Christus, an den die Gemeinde glaubt, sind nicht
identisch. Ob Jesus sich selbst verkündigt hat, ist zum mindesten sehr fraglich. Die
christologischen Würdenamen sind ihm von der Gemeinde beigelegt worden. Jesus ist im
Wesentlichen eschatologischer Prophet gewesen. Jesu Wirken ist mit seinem Tode zu Ende.
Hat Jesus die nahe Parusie verkündigt und sie zur Basis seiner Forderung nach Umkehr und
seiner rigorosen Ethik gemacht, so gilt, dass diese Voraussetzung nicht eingetreten ist, dass
er also gescheitert ist. In der Geschichte dieses historischen Jesus kommt Ostern nicht
vor.”

Trillhaas, Dogmatiker

Andere Sachaussagen waren:
- es gab keine Steuerschätzung
- es gab keinen Kindermord des Herodes
- die Stammbäume stimmen nicht überein
- Das Johannesevangelium ist weitgehend unhistorisch
- Jesus wollte keine Weltmission
- Jesus glaubte an das nahe Gottesreich
und so weiter und so weiter.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Aber die Kirche ist nun mal in ihrem selbst gebastelten Dogmenkäfig gefangen.
Nach wie vor: Du hast doch kein überzeugendes Beispiel nennen können, bei dem ein Dogma im Widerspruch zu einer möglichen Historizität steht.
Bei den 245 Dogmen mit Status de fide weiß man gar nicht, wo man anfangen soll.
Allen voran Auferstehung und Jungfrauengeburt, die sicher nicht historisch waren (closs wird fragen: woher willst du das wissen?)

Nach den Erkenntnissen der neutestamentlichen Forschung sind folgende Behauptungen nicht haltbar.

134. Die Kirche wurde von dem Gottmenschen Jesus Christus gegründet.
135. Christus hat die Kirche gestiftet, um sein Erlösungswerk für alle Zeiten fortzuführen.
136. Christus hat seiner Kirche eine hierarchische Verfassung gegeben.
137. Die den Aposteln verliehenen hierarchischen Gewalten sind auf die Bischöfe übergegangen.
143. Christus hat die Kirche gestiftet.
151. Die von Christus gestiftete Kirche ist katholisch.
153. Die Zugehörigkeit zur Kirche ist für alle Menschen heilsnotwendig


Übrigens habe ich eine Gesetzeslücke entdeckt:
Dogma 64. Die Erbsünde wird durch natürliche Zeugung fortgepflanzt.
Also bei künstlicher Befruchtung ist das Kind frei von Erbsünde. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#42 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 18. Dez 2016, 21:51

sven23 hat geschrieben:Außerdem ist mit obiger Bibelstelle doch nicht gemeint, dass Abraham sich alle Völker untertan machen soll.
Nicht untertan - es geht hier darum, dass diese Völker auch etwas davon haben - dass also Jahwe über den jüdischen Kreis hinaus wirken soll.

sven23 hat geschrieben:Zum einen sind sie naturalistisch nicht möglich, zum anderen lassen die erfundenen Legenden und nachträglichen Fälschungen vermuten
Was Du "erfunden" nennst, kann genauso "erkannt" sein. - DAS sind die Maßstäbe geistiger Bibel-Auslegung.

sven23 hat geschrieben:Welche redlichen Gründe soll es sonst für erfundene Geschichten und Legenden geben?
EIn redlicher Grund wäre, dass man endlich versteht, worum es eigentlich geht. :lol:

sven23 hat geschrieben: Hier kommt mir wieder Paulus in den Sinn, der die Lüge als Mittel zum Zweck einsetzt
Und weiter trampelst Du auf Deinem Pfad des Irrtums. - Meinst Du, dass Paulus meint, er sage die Unwahrheit? Oder was anderes wäre "Lüge"?

sven23 hat geschrieben:„Der sog. historische Jesus und der Christus, an den die Gemeinde glaubt, sind nicht identisch".
Der historisch-kritisch ermittelte Jesus ist mit dem theologischen Jesus wirklich nicht identisch - das stimmt. - Ansonsten klingt Trillhaas stark beeinflusst vom HKM-Hype seiner Zeit.

sven23 hat geschrieben:Andere Sachaussagen waren: ...
Sachaussagen und Interpretationsaussagen sind hier bunt gemischt. - Es ist also festzuhalten:
Per HKM werden Aussagen gemacht, die von ihren Vertretern als Sachaussagen verstanden werden, selbst wenn sie interpretative Aussagen sind.

sven23 hat geschrieben:Nach den Erkenntnissen der neutestamentlichen Forschung sind folgende Behauptungen nicht haltbar. ...
Nach säkular historisch-kritischem Maßstab mag das so sein. - Unabhängig stimme ich Dir insofern zu, dass Du hier Dogmen rausgesucht hast, die starken Pro-Domo-Charakter haben.

Will heißen:
Die Kirche erwartet von ihren Mitgliedern (und nur für diese sind Dogmen gültig!!!), dass sie sich gemäß dieser Dogmen an die Kirche binden. - Da bin ich in der Tat anderer Meinung. - Andererseits kann ich nicht feststellen, dass diese Dogmen historisch-kritisch falsifiziert sind. Denn um dies zu tun, müsste man die Dogmen einzeln in ihrer Entstehung auseinander nehmen - konkret: Ein spezialisierter Dogmatiker müsste sich einem spezialisierten HKM-ler stellen - UND umgekehrt auch. - NACH diesem Gespräch könnte ich mir eine Meinung bilden - alles andere wäre unredlich.

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#43 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Mo 19. Dez 2016, 06:49

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Außerdem ist mit obiger Bibelstelle doch nicht gemeint, dass Abraham sich alle Völker untertan machen soll.
Nicht untertan - es geht hier darum, dass diese Völker auch etwas davon haben - dass also Jahwe über den jüdischen Kreis hinaus wirken soll.
Natürlich, die Welt hat ja dann auch enorm vom missionierenden Christentum "profitiert". Toller Plan. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Zum einen sind sie naturalistisch nicht möglich, zum anderen lassen die erfundenen Legenden und nachträglichen Fälschungen vermuten
Was Du "erfunden" nennst, kann genauso "erkannt" sein. - DAS sind die Maßstäbe geistiger Bibel-Auslegung.
Also wäre "geistig" gleichbedeutend mit frei erfunden.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Welche redlichen Gründe soll es sonst für erfundene Geschichten und Legenden geben?
EIn redlicher Grund wäre, dass man endlich versteht, worum es eigentlich geht. :lol:
Es geht um einen Mythos, der nicht historisch ist.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Hier kommt mir wieder Paulus in den Sinn, der die Lüge als Mittel zum Zweck einsetzt
Und weiter trampelst Du auf Deinem Pfad des Irrtums. - Meinst Du, dass Paulus meint, er sage die Unwahrheit? Oder was anderes wäre "Lüge"?
Du bist ein echter Schnellmerker. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:„Der sog. historische Jesus und der Christus, an den die Gemeinde glaubt, sind nicht identisch".
Der historisch-kritisch ermittelte Jesus ist mit dem theologischen Jesus wirklich nicht identisch - das stimmt. - Ansonsten klingt Trillhaas stark beeinflusst vom HKM-Hype seiner Zeit.
Es ist nun mal die Befundlage der neutestamentlichen Forschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Andere Sachaussagen waren: ...
Sachaussagen und Interpretationsaussagen sind hier bunt gemischt. - Es ist also festzuhalten:
Per HKM werden Aussagen gemacht, die von ihren Vertretern als Sachaussagen verstanden werden, selbst wenn sie interpretative Aussagen sind.
Es ändert nichts an der Befundlage.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nach den Erkenntnissen der neutestamentlichen Forschung sind folgende Behauptungen nicht haltbar. ...
Nach säkular historisch-kritischem Maßstab mag das so sein. - Unabhängig stimme ich Dir insofern zu, dass Du hier Dogmen rausgesucht hast, die starken Pro-Domo-Charakter haben.
Der Dogmenapparat dient allein dem Zweck, das Glaubenskonstrukt unangreifbar zu machen. Wer wirklich von seinem Glauben überzeugt ist, hat das nicht nötig. Die Kirche traute sich wohl selbst nicht.

Uns und den Unsrigen ist das Märchen vom Jesus zum Segen geworden!
(Papst Pius II. 1458-1464)


closs hat geschrieben: Die Kirche erwartet von ihren Mitgliedern (und nur für diese sind Dogmen gültig!!!), dass sie sich gemäß dieser Dogmen an die Kirche binden. - Da bin ich in der Tat anderer Meinung. -
Heute darfst du auch anderer Meinung sein, weil wir in einer säkularen Gesellschaft leben. Früher wäre das lebensgefährlich gewesen.
Aber immer dran denken: die Zugehörigkeit zur Kirche ist heilsnotwendig. ;)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#44 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 19. Dez 2016, 08:32

sven23 hat geschrieben:Also wäre "geistig" gleichbedeutend mit frei erfunden.
Ganz im Gegenteil. :lol:

sven23 hat geschrieben:Es ist nun mal die Befundlage der neutestamentlichen Forschung.
Aber doch nur dann, wenn man ein Mini-Segment der Theologie als "Forschung" bezeichnet.

sven23 hat geschrieben:Der Dogmenapparat dient allein dem Zweck, das Glaubenskonstrukt unangreifbar zu machen.
"Alleiniger Zweck" ist sicherlich falsch. - Aber es sind in der Tat Pro-Domo-Motive dabei.

sven23 hat geschrieben:Wer wirklich von seinem Glauben überzeugt ist, hat das nicht nötig.
Da hast Du außerordentlich recht. - Andererseits: Es gibt sehr wenige Menschen, die geistig derart autonom sind, dass sie keiner Anleitung bedürfen - das ist im säkularen Bereich dasselbe - denke nur an die staatliche Gesetzgebung, die NICHT nötig wäre, würden die Menschen von sich aus souverän sein.

sven23 hat geschrieben:Aber immer dran denken: die Zugehörigkeit zur Kirche ist heilsnotwendig.
Im institutionellen Sinn verurteile ich diesen Satz auch. - Aber "Kirche" ist fundametal ja ganz anders gemeint - Du hast dazu Rems Ausführungen gelesen.

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#45 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Mo 19. Dez 2016, 08:55

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Also wäre "geistig" gleichbedeutend mit frei erfunden.
Ganz im Gegenteil. :lol:
Das ist aber die Befundlage. Der historische Jesus ist ein anderer, als der "geglaubte" Jesus. Jetzt kannst du natürlich wie Andreas sagen, dass dir das egal ist. Aber er hat ja auch mal gesagt, dass er an Gott glaubt, egal ob es ihn gibt oder nicht. Mit Vernunft und Logik ist dem ganzen wohl nicht beizukommen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist nun mal die Befundlage der neutestamentlichen Forschung.
Aber doch nur dann, wenn man ein Mini-Segment der Theologie als "Forschung" bezeichnet.
Vor allem, wenn man an dem interessiert ist, das historisch der Fall war.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aber immer dran denken: die Zugehörigkeit zur Kirche ist heilsnotwendig.
Im institutionellen Sinn verurteile ich diesen Satz auch. - Aber "Kirche" ist fundametal ja ganz anders gemeint - Du hast dazu Rems Ausführungen gelesen.
Ich denke nicht, so autoritär, hierarisch und instututionell, wie die Kirche von Anfang an angelegt war, diente der Dogmenapparat dazu, die Macht zu festigen.
Im übrigen hat das Christentum, sobald es staatliche Rückendeckung hatte, von Anfang an Andersgläubige verfolgt und deren Kultstätten rücksichtslos zerstört. Toleranz war ein Fremdwort. Jetzt kann man natürlich anführen, dass Jesus selbst zu Toleranz nicht angeleitet hat, im Gegenteil. Auch das ist ein dunkler Fleck auf der Ethikweste Jesu, der sicher seinem religiösen Eiferertum geschuldet ist.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#46 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 19. Dez 2016, 09:18

sven23 hat geschrieben:Das ist aber die Befundlage. Der historische Jesus ist ein anderer, als der "geglaubte" Jesus.
Der historisch-kritisch ermittelte Jesus ist in der Tat ein anderer als der geglaubte Jesus - das ist das eine. - Der wirkliche Jesus in seiner Zeit (das verstehe ich unter "historisch") war ein anders interpretierter Jesus als der mit der Zeit theologisch entwickelte Jesus - das klingt ähnlich, ist aber etwas anderes.

Entscheidend ist oder wäre, dass der geglaubte Jesus substantiell mit dem historisch-wirklichen Jesus übereinstimmt. - Genau das aber kann die HKM nicht beurteilen, weil sie theologisch-geistige Parameter methodisch nicht beachten kann.

sven23 hat geschrieben:Ich denke nicht, so autoritär, hierarisch und instututionell, wie die Kirche von Anfang an angelegt war, diente der Dogmenapparat dazu, die Macht zu festigen.
Damit sprichst Du von der Institution Kirche.

sven23 hat geschrieben:Jetzt kann man natürlich anführen, dass Jesus selbst zu Toleranz nicht angeleitet hat
Fundamental hast Du recht - er hat klar Stellung bezogen. - Menschlich hast Du unrecht - für ihn war jeder der Nächste.

Wir sind in unserer Zeit sehr stark geprägt von Werte-Indifferenz, die als solche als "tolerant" beschönigt wird. - "Toleranz" ist nicht immer ein positiver Begriff.

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#47 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Pluto » Mo 19. Dez 2016, 10:27

closs hat geschrieben:Entscheidend ist oder wäre, dass der geglaubte Jesus substantiell mit dem historisch-wirklichen Jesus übereinstimmt. - Genau das aber kann die HKM nicht beurteilen, weil sie theologisch-geistige Parameter methodisch nicht beachten kann.
Die kanonische Exegese kann das nicht beurteilen, weil sie theologisch setzt, dass Jesus Gott ist.
Nur wer ohne Setzung auskommt, kann Schlüsse ziehen.
Weiter bringt uns nur eine wissenschaftlich historische Analyse die setzungsfrei ist.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#48 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Mo 19. Dez 2016, 11:04

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist aber die Befundlage. Der historische Jesus ist ein anderer, als der "geglaubte" Jesus.
Der historisch-kritisch ermittelte Jesus ist in der Tat ein anderer als der geglaubte Jesus - das ist das eine. - Der wirkliche Jesus in seiner Zeit (das verstehe ich unter "historisch") war ein anders interpretierter Jesus als der mit der Zeit theologisch entwickelte Jesus - das klingt ähnlich, ist aber etwas anderes.
Natürlich meint man mit dem historischen Jesus den "wirklichen" Jesus, soweit das überhaupt an Hand der Texte möglich ist. Entscheidend ist, dass es erhebliche Differenzen gibt, und zwar von Anfang an, schon bei Paulus. Deshalb doch sein auffallendes Desinteresse am historischen Jesus. Ein toter Jesus, der sich nicht mehr wehren konnte, war ideal, um seine eigene Theologie zu propagieren.

closs hat geschrieben: Entscheidend ist oder wäre, dass der geglaubte Jesus substantiell mit dem historisch-wirklichen Jesus übereinstimmt. - Genau das aber kann die HKM nicht beurteilen, weil sie theologisch-geistige Parameter methodisch nicht beachten kann.
Wenn überhaupt, geht das nur historisch-kritisch. Das ist der Fehler, über den du ständig stolperst.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich denke nicht, so autoritär, hierarisch und instututionell, wie die Kirche von Anfang an angelegt war, diente der Dogmenapparat dazu, die Macht zu festigen.
Damit sprichst Du von der Institution Kirche.
Als Staatskirche war sie von Anfang an institutionell angelegt. Der Dogmenapparat sollte dies zementieren.

"Die Kirche ist ihm in vielem nicht gefolgt, wurde selber reich und mächtig, vertrat bald
selbst statt einer am Menschen orientierten Verkündigung eine Dogmatik, die über
Leichen ging, und verfolgte die Zöllner und Sünder mit der Schärfe des Schwertes, wo
Jesus noch Friedfertigkeit gepredigt hatte. Eine Kirche, die von Jesu Umgang mit den
Frauen bald nicht nur befremdet war, sondern die Frauen als Einfallstor der Versuchung
zu Menschen zweiter Klasse, wenn nicht Schlimmerem machte. Und die die Liebe, die
Jesus zweifellos für sein jüdisches Volk empfunden hatte, in Judenhass verwandelt hat."

Kubitza, Der Jesuswahn

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Jetzt kann man natürlich anführen, dass Jesus selbst zu Toleranz nicht angeleitet hat
Fundamental hast Du recht - er hat klar Stellung bezogen. - Menschlich hast Du unrecht - für ihn war jeder der Nächste.
Den Punkt hatten wir gestern. Jesus vertrat einen jüdischen Partikularismus. Der "Nächste" war in erster Linie der jüdische Glaubensbruder. (Ich bin gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel). Die Ausweitung auf Heiden und die ganze Welt ist zunächst das "Verdienst" von Paulus, später der Kirche, die ihren Machtanspruch damit immer weiter ausdehnen konnte.

closs hat geschrieben: Wir sind in unserer Zeit sehr stark geprägt von Werte-Indifferenz, die als solche als "tolerant" beschönigt wird. - "Toleranz" ist nicht immer ein positiver Begriff.
Eigentlich schon. Intoleranz ist nur bei Lactose akzeptabel. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#49 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 19. Dez 2016, 12:41

Pluto hat geschrieben:Weiter bringt uns nur eine wissenschaftlich historische Analyse die setzungsfrei ist.
Die Setzungslosigkeit der HKM ist der große Irrtum.

Unabhängig davon: Hermeneutisch (wie übrigens auch in der Quantenphysik - siehe Lesch) MUSS man eine Ansatz verfolgen, um überhaupt Fragen stellen zu können - nenne es "hypothetisch" im Sinne von: Was wäre, wenn folgende Annahme richtig wäre?

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#50 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 19. Dez 2016, 12:53

sven23 hat geschrieben:Natürlich meint man mit dem historischen Jesus den "wirklichen" Jesus
Genau das sage ich doch. - Aber dieser historisch Jesus ist nicht an den historisch-kritischen Ansatz gebunden.

sven23 hat geschrieben:Wenn überhaupt, geht das nur historisch-kritisch.
Wie soll der historisch-kritische Ansatz etwas beurteilen, was er methodisch ablehnt (= geistige alias geglaubte Wesenheit Jesu)? - Natürlich kann die HKM zur Lösung dieser Frage beitragen - aber beurteilen?

In der theologischen Praxis läuft es doch so, dass die geistig ausgerichteten Theologen sich der HKM-Sachaussagen bedienen, um auf dieser Basis zu prüfen, inwieweit geistiger/geglaubter und historisch-kritischen Jesus übereinstimmen. - Bei geistig ausgerichteten HKM-lern geht es auch umgekehrt - aber wie soll das ein säkular ausgerichteter HKM-ler können?

sven23 hat geschrieben:Als Staatskirche war sie von Anfang an institutionell angelegt.
Logisch - sobald es eine Staatskirche war, war sie institutionell.

sven23 hat geschrieben:Jesus vertrat einen jüdischen Partikularismus. Der "Nächste" war in erster Linie der jüdische Glaubensbruder.
Aber "Liebe Deinen Nächsten" ist doch ein universeller Satz. - Du musst das doch nicht mit der Entwicklung der Mission vermischen.

sven23 hat geschrieben:Eigentlich schon.
"Ich toleriere, dass Du tötest, stiehlst, lügst" ---???---

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