(K)ein Herz für Zöllner und Sünder

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Naqual
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#41 Re: (K)ein Herz für Zöllner und Sünder

Beitrag von Naqual » Sa 16. Nov 2013, 19:06

closs hat geschrieben:Immer wieder: Man muss konsequent die Botschaft und den Überbringer der Botschaft unterscheiden
Grundsätzlich ja. Aber dann kommt es sehr darauf an.
Wenn eine Botschaft geprüft werden soll finde ich das okay, was Du sagst. Da trennt man auch.
Wenn ich mir die Frage stelle, ob ich eine Botschaft überhaupt weiter prüfe, dann würde vieles schon rausfallen weil der Botschafter "daneben" ist:
Also ich käme z.B. nicht auf die Idee Hitlers "Mein Kampf" zu lesen, weil ich philosophisch Tiefschürfendes suche.
Und so geht es mir mit Gott. Ein kirchliches Dogma glaube ich erst einmal gar nicht, weil ich mir die Botschafter anschaue (die Kirchenväter und ihr Tun). Wenn ich dann tatsächlich mal was Gutes unter die Finger kriege von denen: okay. Warum nicht.
Die Schriften von denen finde ich zeitgeschichtlich interessant aber absolut nicht aus Glaubensgründen. Wenn ich im letzteren Bereich etwas suche, würde ich zumindest nicht bei denen anfangen zu schauen. Eher zuletzt.

Das andere ist, wenn eine Botschaft für andere verbindlich erklärt werden soll, oder Verhaltensvorschriften für andere hieraus entstehen. Dann MUSS man sogar den Botschafter anschauen und prüfen, bevor man seine Botschaft anschaut. Alles andere wäre unvernünftig. Hat sogar Jesus gemacht, wenn man seine Schriftgelehrten-Kritik anschaut. :-)

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Naqual
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#42 Re: (K)ein Herz für Zöllner und Sünder

Beitrag von Naqual » Sa 16. Nov 2013, 19:13

Zeus hat geschrieben: Man muss eben nicht!
Man stelle sich mal vor, der Bote hätte die Botschaft erfunden, dann dürfte die Trennung von Bote und Botschafter etwas schwieriger sein, nicht wahr? :mrgreen:
Man kann in diesem Fall sogar aus der Botschaft das Interesse des Botschafters ableiten.
z.B. Nur Priester der einen wahren Kirche können kostenloses Wasser in Weihwasser verwandeln. Wer dieses will, muss sich an bestimmte Regeln dieser einen wahren Kirche halten (zum Beispiel muss man getauft sein um in den Himmel zu kommen). Das hat eine gradlinig machtpolitische Dimension. Und dann kann man mal hergehen und prüfen, ob im NT nur Priester Weihwasser herstellen dürfen. Kommt nicht vor.
Ich würde mal wärmstens etlichen empfehlen Botschaften (Lehrmeinungen, Dogmen) aus der Sicht ihres Nutzens für die Botschafter zu prüfen. Da kriegt man manchmal ganz große Augen wie geschickt das läuft.

closs
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#43 Re: (K)ein Herz für Zöllner und Sünder

Beitrag von closs » Sa 16. Nov 2013, 19:19

Naqual hat geschrieben:Also ich käme z.B. nicht auf die Idee Hitlers "Mein Kampf" zu lesen, weil ich philosophisch Tiefschürfendes suche.
Das hat aber eher ökonomische Gründe - man investiert nicht in Sachen, von denen man sich nichts verspricht.

Naqual hat geschrieben: Ein kirchliches Dogma glaube ich erst einmal gar nicht
ICh auch nicht - aber ich nehme es ernst, weil solche Dinge in der Regel sehr durchdacht sind - sie können jedoch falsch durchdacht sein.

Naqual hat geschrieben:weil ich mir die Botschafter anschaue (die Kirchenväter und ihr Tun).
Nein - das tue ich nicht, weil Dogmen ja nicht von einer Person "gemacht" werden, sondern in Konzilen beschlossen werden (oder so ähnlich). - Hinzu kommt: Man merkt ja beim Lesen eines Dogmas, ob es mit eigener Erkenntnis korreliert.

Da nun aber Dogmen fundamental-geistigen Charakter haben, merkt man somit auch, wo sie bei der eigenen Erkenntnis andocken - wenn sie gar nicht andocken, wäre das sehr erstaunlich - dann wäre man eventuell selber nicht die richtige Person, so etwas zu überprüfen. - Und dann kann man nach eingehender Prüfung den Daumen eher heben oder senken. Aber das setzt wirklich voraus, dass man ein eigenes geschlossenes System erkannt hat - vorher nicht.

Naqual hat geschrieben: Dann MUSS man sogar den Botschafter anschauen und prüfen, bevor man seine Botschaft anschaut.
Wenn es um eine christliche Botschaft geht, ist das erst mal an sich interessant - schließlich ist das eine Botschaft, die ganz Europa betroffen hat. - Ob sich die Ersteller dieser Botschaft daran halten, ist aus meiner Sicht vollkommen irrelevant.

Naqual hat geschrieben:Hat sogar Jesus gemacht, wenn man seine Schriftgelehrten-Kritik anschaut.
Sehe ich ganz anders - Jesus hat im Gegenteil über die Pharisäer (sinngemäß) gesagt: "Tut, was sie sagen - aber tut nicht, was sie tun".

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#44 Re: (K)ein Herz für Zöllner und Sünder

Beitrag von closs » Sa 16. Nov 2013, 19:23

Naqual hat geschrieben:Ich würde mal wärmstens etlichen empfehlen Botschaften (Lehrmeinungen, Dogmen) aus der Sicht ihres Nutzens für die Botschafter zu prüfen.
Das sollte man tun, NACHDEM man die Botschaft geistig überprüft hat. - Dass es da schräge Dinge geben kann, schließe ich doch gar nicht aus. - Aber man sollte die Untersuchung von Botschaft und Ersteller der Botschaft unterscheiden.

Nochmals: Am liebsten wäre mir, wenn alles unter "Anonymus" präsentiert werden würde - mit der Vorgabe: "Sobald ihr Euch ein profundes Bild gemacht habt, hört Ihr, von wem das stammt, was Ihr überprüft habt". - Sonst gibt es Verwerfungen und Verfälschungen.

Übrigens ist diese Schielerei nach anderen Koordinaten-Systemen das Hauptproblem der Exegese: Man liest das AT so, als wäre es am NT zu messen.

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Zeus
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#45 Re: (K)ein Herz für Zöllner und Sünder

Beitrag von Zeus » Sa 16. Nov 2013, 21:10

closs hat geschrieben:
Naqual hat geschrieben:weil ich mir die Botschafter anschaue (die Kirchenväter und ihr Tun).
Nein - das tue ich nicht, weil Dogmen ja nicht von einer Person "gemacht" werden, sondern in Konzilen beschlossen werden (oder so ähnlich).

Und die Konzile bestehen NICHT aus Personen?
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#46 Re: (K)ein Herz für Zöllner und Sünder

Beitrag von Zeus » Sa 16. Nov 2013, 22:43

Zeus hat geschrieben:Man stelle sich mal vor, der Bote hätte die Botschaft erfunden, dann dürfte die Trennung von Bote und Botschafter etwas schwieriger sein, nicht wahr? :mrgreen:
closs hat geschrieben:Nein - auch nicht - siehe oben.
Nööö, siehe UNTEN.
closs hat geschrieben:Entweder ein Inhalt IST geistig groß oder nicht
Was spielt denn bei einer erfundenen Botschaft, also einer Lüge, ihre Großartigkeit für eine Rolle?
closs hat geschrieben: - da kann man nicht biografistisch rumschielen.
Schielen nicht, aber genauer hinschauen wäre angbracht.
Ich hatte allerdings nicht von der Biographie des Botschafters gesprochen, dieses durchaus nicht abwegige Argument stammt von Naqual.
Auch geht es hier nicht um schöne Musik oder Literatur.
Was man darüber denkt oder ob sie einem gefällt oder nicht, ist Sache des Geschmacks des Einzelnen.
Dein Abgleiten in die Kunst kommt einem Strohmann-Argument gleich, lieber closs.
Vielleicht hast du mich nicht richtig verstanden.
Also noch einmal:
Wenn der Überbringer einer Botschaft L Ü G T, dann kann man Botschafter und Botschaft NICHT trennen, da die Botschaft vom Lügner selber stammt.

Betrachtest du dann Botschafter und seine Lüge immer noch als autonome Größen?
Ich bin mir beinahe sicher. Die Lüge müsste nur schön und groß sein und Kurts vorgefasste Meinung bestätigen. :mrgreen:
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#47 Re: (K)ein Herz für Zöllner und Sünder

Beitrag von closs » Sa 16. Nov 2013, 22:54

Zeus hat geschrieben:Und die Konzile bestehen NICHT aus Personen?
Natürlich - aber aus mehreren, die ein geistiger Grundkonsens zusammenführt. - Dieser Konsens muss nicht zustimmungsfähig sein - aber er sollte überprüfungswürdig sein. - Und dann kommt immer wieder dazu: Wenn man eigene geistige Substanz hat, kann man blitzschnell abgleichen, ob da der Spur nach etwas dran sein könnte. - Bei mir ist die Antwort JA - also schaut man sich das genau an.

Zeus hat geschrieben:Was spielt denn bei einer erfundenen Botschaft, also einer Lüge, ihre Großartigkeit für eine Rolle?
Das ist völlig wurscht, ob man sie für nicht erfunden oder erfunden hält - der Inhalt der Substanz ist entscheidend. - In der Anglistik gab es mal einen Streit, ob Shakespeare überhaupt der Verfasser der ihm zugeordneten Stücke sei - es ist egal - es könnte auch Putchen Prammel sein - das, was drinsteht, ist entscheidend.

Zeus hat geschrieben:Wenn der Überbringer einer Botschaft L Ü G T, dann kann man Botschafter und Botschaft NICHT trennen, da die Botschaft vom Lügner selber stammt.
Doch - es sei denn, er lügt im Bezug auf die Botschaft. - Wenn ein Mathematiker sagt 2+2=5, lügt er in Bezug auf seine Botschaft. - Wenn ein Mathematiker Päderast ist und sagt 2+2=4, gilt immer noch 2+2=4. Darum geht es mir.

Zeus hat geschrieben:Betrachtest du dann Botschafter und seine Lüge immer noch als autonome Größen?
Wenn die Lüge nicht die Botschaft betrifft, sondern den Charakter des Überbringers, sind beide nach wie vor autonome Größen. - Ist das so schwer?

Es zeigt mir, wie sehr in unserer Zeit Inhalte und Personen vermengt werden - AUCH eine Form von Egozentrik.

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#48 Re: (K)ein Herz für Zöllner und Sünder

Beitrag von Demian » Sa 16. Nov 2013, 23:06

Zeus hat geschrieben: Ich bin mir beinahe sicher. Die Lüge müsste nur schön und groß sein und Kurts vorgefasste Meinung bestätigen. :mrgreen:

Zum Glück bist du von solchen Irrtümern gefeit! ;)

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#49 Re: (K)ein Herz für Zöllner und Sünder

Beitrag von Zeus » So 17. Nov 2013, 00:18

Zeus hat geschrieben:Wenn der Überbringer einer Botschaft L Ü G T, dann kann man Botschafter und Botschaft NICHT trennen, da die Botschaft vom Lügner selber stammt.
closs hat geschrieben: Doch - es sei denn, er lügt im Bezug auf die Botschaft.
Q.E.D :D
(Ich hatte vorausgesetzt, dass es sich bei der Lüge um die Botschaft selbst handelte und nicht z.B um das Sexleben von Maikäfern. Wie konnte ich nur vergessen, das vorher klarzustellen! :lol: )

Gruß
Zeus
Zuletzt geändert von Zeus am So 17. Nov 2013, 00:34, insgesamt 1-mal geändert.
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#50 Re: (K)ein Herz für Zöllner und Sünder

Beitrag von closs » So 17. Nov 2013, 00:24

Zeus hat geschrieben:Ich hatte angenommen, dass es sich bei der Lüge um die Botschaft selbst handelte und nicht z.B um das Sexleben von Maikäfern.
So einfach ist das nicht. - Kann Wagners Musik genial sein, obwohl er absoluter Antisemit war? - Kann die christliche Botschaft wahr sein, obwohl Christen schon manchen Holocaust verbrochen haben? - Das war die Frage.

Jesus sagt über die Pharisäer: „Alles, was sie lehren, das tut, aber tut nicht, was sie tun!“ - Das ist genau die Unterscheidung, die ich meine.

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