Alles Teufelszeug? II

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sven23
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#1751 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Fr 6. Mai 2016, 06:23

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das hat auch in der Wissenschaft nichts zu suchen.
Nichts dagegen. - Aber dann kann sie auch nicht ergebnisoffen sein, weil sie eine Wirklichkeits-Möglichkeit weglässt. - Deshalb plädiere ich so sehr für eine HKM-Rolle als Fakten-Zuträger, aber nicht als substantiell auslegende Disziplin..
Natürlich kann sie ergebnisoffen arbeiten. Schon wieder vergessen?
"Es ist die selbstverständliche Grundlage kritischer Wissenschaft, dass sie sich nicht über ihre Ergebnisse definiert, sondern allein darüber, ob diese methodisch an den dafür in Frage kommenden Fakten geprüft wurden. Jede wissenschaftliche Disziplin, also auch die Theologie hat sich deshalb über ihre Methoden Rechenschaft zu geben. Erhebt die Methode der Interpretation den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit, so muss sie den Standards wissenschaftlichen Vorgehens genügen. Im Bereich der biblischen Exegese geht es dabei um die Interpretation von schriftlichen Texten."
Quelle

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: das wäre die Argumentation der Bibelfundis.
Auf eine Wirklichkeits-Möglichkeit hinzuweisen, hat nichts mit Fundamentalismus zu tun - das wäre eigentlich Aufgabe der Wissenschaft. - Fundamentalistisch wäre, wenn man darauf besteht, dass es nur so gewesen sein kann.
Oh je, die Forschung beschäftigt sich mit den Texten des NT. Was soll sie mit "Wirklichkeits-Möglichkeiten" anfangen? Und im übrigen bedeutet historisch-kritisch, dass natürlich auch der historische Kontext berücksichtigt wird.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was in der Bibel steht ist wahr, weil es in der Bibel steht.
Das ist nicht das Thema hier - es wird hier nicht behauptet.
Doch, denn wer in der Leben-Jesu Forschung die kanonische Exegese als Instrument einfordert, der behauptet genau das.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Muß man nicht.
Dann entscheidet man sich für den Weg des Fakten-Zuträgers - auch gut. - Aber bitte nicht duschen und dabei nicht nass werden wollen. - Beides gleichzeitig geht NICHT.
Fakten hat sie genug zusammen getragen. Das Problem ist doch, dass diese Fakten den Glaubensdogmatikern die Suppe versalzen.
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Münek
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#1752 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Fr 6. Mai 2016, 06:38

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Exegeten betrachten die Bibel aus der HISTORISCHEN Perspektive. Die Einnahme einer GLAUBENSperspektive würde sie in das unwissenschaftliche Lager der Dogmatiker katapultieren. Die HKM als universitäre Diziplin würde in einem solchen Fall ihren Wissenschaftsstatus einbüßen.
Du hast immer noch nicht verstanden, dass dieser Fall bereits eingetreten ist - darum geht es doch.
Nein - dieser Fall ist noch nicht eingetreten. Die kanonische Exegese hat sich an den theologischen Fakultäten meines Wissens noch nicht durchgesetzt. :)

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#1753 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Fr 6. Mai 2016, 07:05

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Will man auf wissenschaftlicher Basis arbeiten, dann kommt nur die HKM in Frage.
Das ist Dogmatik. - Hast Du schon mal dran gedacht, dass es auch darum gehen könnte, was WIRKLICH war? - Nicht, dass ich es wüsste, aber man kann wenigstens daran interessiert sein.
Was wirklich war, lässt sich im nachhinein nicht mehr feststellen. Darüber ist sich die HKM selbstverständlich im Klaren und betont dies auch (siehe z.B. Theißen/Merz). Sie verweist deshalb stets auf mehr oder weniger großen Wahrscheinlichkeiten, wie es gewesen sein könnte.

closs hat geschrieben:Es ist aus meiner Sicht ein Armutszeugnis, wenn man von zwei Möglichkeiten methodisch bedingt nur eine beachtet UND dann noch eins drauf setzt, indem man es als unwissenschaftlich bezeichnet, würde man beide Möglichkeiten beachten. - Wie kann man so etwas übersehen? - Steckt der Dogmatismus so tief drin, dass man gar nichts mehr merkt?
Gottesglaube und Wissenschaft sind nicht kompatibel. Das gilt für alle Wissenschaften. Diese Feststellung ist keine Dogmatismus.

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#1754 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 6. Mai 2016, 07:38

sven23 hat geschrieben:Natürlich kann sie ergebnisoffen arbeiten. Schon wieder vergessen?
Da nützen Zitate nichts, sondern nur Nachdenken - deshalb die Frage: Würdest Du eine Dispziplin, die aus methodischen Gründen eine Wirklichkeits-Option ausblendet, ergebnisoffen nennen?

sven23 hat geschrieben:Und im übrigen bedeutet historisch-kritisch, dass natürlich auch der historische Kontext berücksichtigt wird.
Ja, schon - was hat das mit der Frage zu tun?

sven23 hat geschrieben:Was soll sie mit "Wirklichkeits-Möglichkeiten" anfangen?
Naja - sie könnte AUCH in Betracht ziehen, dass Jesus Gott ist und AUCH danach die Bibel-Zitate interpretieren.

sven23 hat geschrieben:wer in der Leben-Jesu Forschung die kanonische Exegese als Instrument einfordert, der behauptet genau das.
Die HKM tut doch umgekehrt dasselbe, wenn sie de facto ausschließt, dass Jesus Gott ist. - Wo soll da der Unterschied sein?

Außerdem: Man kann doch beide Fälle durchspielen und nicht nur einen. - Das ist eine ganz normale Übung, die nichts mit eigenem Glaubensentscheid zu tun hat.

sven23 hat geschrieben: Das Problem ist doch, dass diese Fakten den Glaubensdogmatikern die Suppe versalzen.
Kann ich echt nicht erkennen. - Mit ist kein einziges Faktum bekannt, das eine Glaubens-Entscheidung pro Christentum in Frage stellen würde. - Sicherlich, wenn man alles als historisch verstehen möchte, aber doch nicht in der Substanz.

Münek hat geschrieben: Die kanonische Exegese hat sich an den theologischen Fakultäten meines Wissens noch nicht durchgesetzt.
"Kanonische Exegese" ist inzwischen ein Kampfwort, weshalb die Kanonische Exegese sich vermutlich nie direkt durchsetzen wird. Wie übrigens die HKM nie aus der Theologie rausfallen wird, weil sie schlicht und ergreifend gebraucht wird.

Aber die Deutungs-Vollmacht der HKM in Bezug auf die Substanz der Bibel hat bereits abgenommen - oder generell: Die Euphorie über die HKM ist abgeklungen. - Aus meiner Sicht wird sich die ganze Sache einspielen auf einen Level, der mir aus meiner Zeit bekannt ist: HKM als wichtige Grundlagen-Disziplin, auf deren Basis theologisch gedeutet wird.

Münek hat geschrieben:Sie verweist deshalb stets auf mehr oder weniger großen Wahrscheinlichkeiten, wie es gewesen sein könnte.
Sie kann nur auf Wahrscheinlichkeiten im Sinne ihrer eigenen Maßstäbe untersuchen und nicht absolut. - Insofern werden dies Einschätzungen bleiben und mehr nicht.

Münek hat geschrieben:Gottesglaube und Wissenschaft sind nicht kompatibel.
Das wiederholst Du am Fließband, obwohl es jeder seit ewig weiss. - Darum geht es hier nicht.

Es geht hier darum, ob man verschiedene Wirklichkeits-Szenarien annehmen darf oder nicht - Szenarien, die man eh nicht wissenschaftlich ermitteln kann und deshalb durchspielen muss: "Wie würde die Wissenschaft interpretieren,
a) wenn Jesus Gott gewesen wäre.
b) wenn Jesus nur ein "normaler" Mensch gewesen wäre.

Um mehr geht es nicht. - Im Grunde ist dies wissenschaftlicher Alltag.

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sven23
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#1755 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Fr 6. Mai 2016, 08:00

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Natürlich kann sie ergebnisoffen arbeiten. Schon wieder vergessen?
Da nützen Zitate nichts, sondern nur Nachdenken - deshalb die Frage: Würdest Du eine Dispziplin, die aus methodischen Gründen eine Wirklichkeits-Option ausblendet, ergebnisoffen nennen?
Zitate können schon nützlich sein, besonders wenn sie von kompetenter wissenschaftlicher Seite kommen. Wohin man mit unbedarftem Nachdenken kommt, läßt sich ja bei dir sehr schön nachvollziehen. :lol:
Zur Frage: Was soll die Wissenschaft mit "Wirklichkeit-Optionen" anfangen? Übrigens die Zweigleisigkeit innerhalb der Theologie gibt es doch schon längst. Einerseits die historisch-kritisch arbeitende Forschung, andererseits die Glaubendogmatiker. So what?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was soll sie mit "Wirklichkeits-Möglichkeiten" anfangen?
Naja - sie könnte AUCH in Betracht ziehen, dass Jesus Gott ist und AUCH danach die Bibel-Zitate interpretieren.
Um dann zu dem Ergebnis zu kommen, das closs genehm ist. Und das nennst du keinen Zirkelschluss? :shock: :o

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:wer in der Leben-Jesu Forschung die kanonische Exegese als Instrument einfordert, der behauptet genau das.
Die HKM tut doch umgekehrt dasselbe, wenn sie de facto ausschließt, dass Jesus Gott ist. - Wo soll da der Unterschied sein?
Sie schließt zunächst mal gar nichts aus, sondern untersucht Textquellen. Begreifst du den Unterschied immer noch nicht?

closs hat geschrieben: Außerdem: Man kann doch beide Fälle durchspielen und nicht nur einen. - Das ist eine ganz normale Übung, die nichts mit eigenem Glaubensentscheid zu tun hat.
Vorschlag: Schreib doch einfach mal z. B. Theißen an, der bietet einen E-mail Kontakt an, und unterbreite ihm deinen Vorschlag, damit die Forschung endlich weiß, wie sie zu arbeiten hat. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Das Problem ist doch, dass diese Fakten den Glaubensdogmatikern die Suppe versalzen.
Kann ich echt nicht erkennen. - Mit ist kein einziges Faktum bekannt, das eine Glaubens-Entscheidung pro Christentum in Frage stellen würde. - Sicherlich, wenn man alles als historisch verstehen möchte, aber doch nicht in der Substanz.
Und warum dann der Eiertanz um die Naherwartung? :roll:


closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Gottesglaube und Wissenschaft sind nicht kompatibel.
Das wiederholst Du am Fließband, obwohl es jeder seit ewig weiss. - Darum geht es hier nicht.
Doch, Münek hat Recht, genau darum geht es. Warum sonst forderst du ständig, die Wissenschaft solle endlich Gott als Prämisse setzen, bevor sie mit ihrer Arbeit beginnt?

closs hat geschrieben: Es geht hier darum, ob man verschiedene Wirklichkeits-Szenarien annehmen darf oder nicht - Szenarien, die man eh nicht wissenschaftlich ermitteln kann und deshalb durchspielen muss: "Wie würde die Wissenschaft interpretieren,
a) wenn Jesus Gott gewesen wäre.
b) wenn Jesus nur ein "normaler" Mensch gewesen wäre.
Was soll sich bei "ihr werden mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen..." dadurch ändern?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1756 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 6. Mai 2016, 08:37

sven23 hat geschrieben:Was soll die Wissenschaft mit "Wirklichkeit-Optionen" anfangen? Übrigens die Zweigleisigkeit innerhalb der Theologie gibt es doch schon längst. Einerseits die historisch-kritisch arbeitende Forschung, andererseits die Glaubendogmatiker. So what?
Es KÖÖÖNTE ja sein, dass sich die HKM für alle Optionen historischer Wirklichkeit interessiert. - Oder willst Du etwa tatsächlich bestätigen, dass die HKM setzt, das Jesus nichts als ein "normaler" Mensch war?

sven23 hat geschrieben:Und das nennst du keinen Zirkelschluss?
Das ist KEIN Zirkelschluss. Das Ergebnis bleibt doch offen. - Auch unter der Annahme, dass Jesus Gott war, kann man zum Ergebnis kommen, dass die Geburt NICHT in Bethlehem stattgefunden hat. - Was nimmt das denn hier für neurotische Züge an?

sven23 hat geschrieben:Sie schließt zunächst mal gar nichts aus, sondern untersucht Textquellen. Begreifst du den Unterschied immer noch nicht?
Du bist naiv. - Man untersucht doch nicht nur Textquellen ("aus dem Jahr 80 - 100"/"in Kleinasien entstanden"/etc.), sondern interpretiert sie doch auch INHALTLICH (was übrigens bei uns früher NICHT so war). - Wenn man aber interpretiert, tut man es nicht objektiv, sondern auf Basis einer eigenen Weltanschauung (bei Ratzi ist es der Glaubensentscheid - bei säkularen Interpreten ist es das "Jesus war ein einfacher Wanderprediger und sonst nichts".

BEIDES sind Glaubensaussagen, mindestens aber Interpretations-Grundlagen - mit erheblichen Folgen. - Denn es ist ein Unterschied, ob man die Stelle "Ich rette die Welt" Gott oder einem x-beliebigen Wanderprediger zuordnet. - Genauso wie es ein Unterschied ist, ob meine Frau oder ich sagt: "Ich bin schwanger". - Man interpretiert unterschiedlich, obwohl der Text exakt derselbe ist. - Verstehst Du?

Wenn Du es verstehst, wirst Du Deine Stereotypen, ICH würde hier etwas nicht verstehen, zukünftig lassen, weil Du dann erkennst, dass es hier mit Schlagworten nicht getan ist.

sven23 hat geschrieben:Warum sonst forderst du ständig, die Wissenschaft solle endlich Gott als Prämisse setzen, bevor sie mit ihrer Arbeit beginnt?
Diese Unterstellung ist entweder dumm oder bösartig, weil sie so klingt, als solle man nicht auch eine säkulare Prämisse setzen. - Ich will doch nicht die säkulare Prämisse ausschalten, sondern ihr die Gegen-Prämisse "Jesus könnte auch Gott sein" entgegenstellen. - Damit BEIDE Möglichkeiten abgedeckt sind.

Letztlich bestätigst Du immer wieder meine Befürchtung, dass die HKM theologisch arbeitet, indem sie voraussetzt, dass Jesus NICHT Gott ist. Es ist eine Ausrede, dies sei bei "Leben Jesu" nötig - denn WENN Jesus Gott war, hat er ja ebenfalls gelebt.

sven23 hat geschrieben:Was soll sich bei "ihr werden mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen..." dadurch ändern?
WENN man dieses Zitat als authentisch verstehen würde UND ihm nicht andere Zitate entgegenstehen würden, hättest Du recht.

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#1757 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Fr 6. Mai 2016, 10:54

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was soll die Wissenschaft mit "Wirklichkeit-Optionen" anfangen? Übrigens die Zweigleisigkeit innerhalb der Theologie gibt es doch schon längst. Einerseits die historisch-kritisch arbeitende Forschung, andererseits die Glaubendogmatiker. So what?
Es KÖÖÖNTE ja sein, dass sich die HKM für alle Optionen historischer Wirklichkeit interessiert. - Oder willst Du etwa tatsächlich bestätigen, dass die HKM setzt, das Jesus nichts als ein "normaler" Mensch war?
Wie schon gefühlte 1000 mal gesagt: sie muss überhaupt nichts setzen, sondern setzt sich erst mal mit den Quellen auseinander.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und das nennst du keinen Zirkelschluss?
Das ist KEIN Zirkelschluss. Das Ergebnis bleibt doch offen. - Auch unter der Annahme, dass Jesus Gott war, kann man zum Ergebnis kommen, dass die Geburt NICHT in Bethlehem stattgefunden hat. - Was nimmt das denn hier für neurotische Züge an?
Frag dich doch mal selbstkritisch, warum ein Gott auf Geburtslegenden und gefälschte Geschichten um seine Herkunft angewiesen sein soll?
Die Schreiber erfanden die Geschichten doch mit einer bestimmten Absicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie schließt zunächst mal gar nichts aus, sondern untersucht Textquellen. Begreifst du den Unterschied immer noch nicht?
Du bist naiv. - Man untersucht doch nicht nur Textquellen ("aus dem Jahr 80 - 100"/"in Kleinasien entstanden"/etc.), sondern interpretiert sie doch auch INHALTLICH (was übrigens bei uns früher NICHT so war). - Wenn man aber interpretiert, tut man es nicht objektiv, sondern auf Basis einer eigenen Weltanschauung (bei Ratzi ist es der Glaubensentscheid - bei säkularen Interpreten ist es das "Jesus war ein einfacher Wanderprediger und sonst nichts".
Du bringst da einiges durcheinander. Die Forschung machte sich ergebnisoffen ans Werk. Dabei stellte sich aber heraus, dass die Gottessohnschaft Jesu nur schwer haltbar ist. Der "nur" Wanderprediger Jesus ist also Folge der Untersuchung und nicht Ergebnis von Setzung. Verstehst du den Unterschied?


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was soll sich bei "ihr werden mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen..." dadurch ändern?
WENN man dieses Zitat als authentisch verstehen würde UND ihm nicht andere Zitate entgegenstehen würden, hättest Du recht.
Dieses Zitat gilt in der Forschung als authentisch und die entgegengesetzten Zitate sind einer späteren Verfasserschaft geschuldet. Das herauszuarbeiten ist doch gerade die Kernarbeit der historisch-kritischen Methode.
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#1758 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Pluto » Fr 6. Mai 2016, 11:52

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau das versucht doch die Leben-Jesu Forschung seit über 250 Jahren zu ermitteln.
Aber nicht mit der Option, dass Jesus Gott sein KÖNNTE.
Das ist eben Ergebnisoffenheit. Man untersucht ja auch nicht, dass Pumukl Gott sein könnte. :idea:

closs hat geschrieben:Wie willst Du der Bibel gerecht werden, wenn Du bei ihrer Interpretation das Gegenteil zugrundelegst, was sie selbst sagt?
Nicht das Gegenteil sollte man zugrunde legen, sondern mit einer gesunden Portion an Selbstzweifel.

closs hat geschrieben:Du scheinst nicht zu verstehen, dass BEIDE Möglichkeiten (Gott Ja oder Gott nein) untersucht werden müssen, wenn man die Bibel ergebnisoffen interpretieren will. - Man muss ZWEI Interpretationsgänge dazu machen.
tertium non datur?
Warum schließt du die dritte Alternative aus? Dass man eigentlich keine Ahnung hat, ob Gott existiert...
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1759 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » Fr 6. Mai 2016, 13:05

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das Problem ist doch, dass diese Fakten den Glaubensdogmatikern die Suppe versalzen.
Kann ich echt nicht erkennen. - Mit ist kein einziges Faktum bekannt, das eine Glaubens-Entscheidung pro Christentum in Frage stellen würde.
Das hatten wir schon. Siehe die legendären Kindheitsgeschichten von Matthäus und Lukas mit göttlicher Zeugung und Jungfrauengeburt: Erfindungen der Evangelisten. Ohne sie gäbe es die entsprechenden kirchlichen Dogmen überhaupt nicht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Die kanonische Exegese hat sich an den theologischen Fakultäten meines Wissens noch nicht durchgesetzt.
"Kanonische Exegese" ist inzwischen ein Kampfwort, weshalb die Kanonische Exegese sich vermutlich nie direkt durchsetzen wird.
Sie wird sich wegen ihrer Unwissenschaftlichkeit auch nicht "indirekt" durchsetzen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Sie verweist deshalb stets auf mehr oder weniger großen Wahrscheinlichkeiten, wie es gewesen sein könnte.
Sie kann nur auf Wahrscheinlichkeiten im Sinne ihrer eigenen Maßstäbe untersuchen und nicht absolut. - Insofern werden dies Einschätzungen bleiben und mehr nicht.
Nichts anderes habe ich gesagt. Das ist bei der Dogmatik mit ihren Einschätzungen auch nicht anders.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Gottesglaube und Wissenschaft sind nicht kompatibel.
Das wiederholst Du am Fließband, obwohl es jeder seit ewig weiss. - Darum geht es hier nicht.
Doch - genau darum geht es! In der wissenschaftlichen Forschung hat "Gott" außen vorzubleiben!

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#1760 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 6. Mai 2016, 15:26

sven23 hat geschrieben:Wie schon gefühlte 1000 mal gesagt: sie muss überhaupt nichts setzen
Sie TUUUUUUUT es aber de facto.

sven23 hat geschrieben:Frag dich doch mal selbstkritisch, warum ein Gott auf Geburtslegenden und gefälschte Geschichten um seine Herkunft angewiesen sein soll?
Wieso sollte er darauf angewiesen sein? - Das Getriebe der Welt ist ein eigenes Geschäft, innerhalb dessen man über Trial and Error zu Eigen-Bewusstsein kommen soll. - Da ist es wurscht, ob eine Bibelstelle "getürkt" ist oder nicht - wichtig ist, was geistig da steht. - Nochmals: Ob eine geistige Chiffre historisch ist oder metaphorisch, ist substantiell wurscht. - Wichtig ist der insgesamte historische Kontext.

sven23 hat geschrieben:Der "nur" Wanderprediger Jesus ist also Folge der Untersuchung und nicht Ergebnis von Setzung.
Das ist eine Selbst-Täuschung. - Man KANN gar historisch-kritisch ermitteln, ob Jesus tatsächlich Gott war oder nicht. - Jesus könnte Gott sein als Bettler, König oder sonstwas - da stimmt etwas nicht mit dem Maßstab.

Außerdem: Solange man Jesus nicht als Gott ermittelt HÄTTE (eh ein theoretischer Fall), würde man so tun müssen, als sei er NICHT Gott - würde also die Quellen säkular interpretieren - und da kommt diesbezüglich eh nichts raus. - Nein, das ist eine (offensichtlich erfolgreiche) Selbsttäuschung.

sven23 hat geschrieben:Das herauszuarbeiten ist doch gerade die Kernarbeit der historisch-kritischen Methode.
Das ist richtig und allseits bekannt. - Aber erinnere Dich daran, dass die ältere Quelle im Fall Jesus = Gott nicht unbedingt die authentischere sein muss - diese übliche HKM-Analogie funkioniert hier nicht.

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