ThomasM hat geschrieben:... Das gilt analog bei dem Thema Kindesmisshandlung.
Das, was in der Bibel zur Kindererziehung steht war nichts spezifisch christliches, sondern in allen Gesellschaften der damaligen Zeit normal und Allgemeingut. Die entsprechenden Bibelstellen sind also im gesellschaftlichen Kontext zu lesen.
Die Gesellschaft hat sich weiterentwickelt. Daher ist es notwendig, die Lesart der Stellen anzupassen. Menschen, die das nicht tun, handeln nicht christlich, sondern aus ihren eigenen - meist gruppendynamischen - Gründen.
Jetzt bin ich aber baff. Ich hoffe sehr, dass auch andere Christen hier im Forum diese Zeilen lesen und darüber nachdenken. Die Gesellschaft hat sich weiter entwickelt. Ja - und: zum Glück ja! Und man muss daher die Lesart anpassen (hinsichtlich "Gottes Wort").
Trotzdem ist dies nur mit großen Widerständen möglich (wenn überhaupt). So war (und ist) die Gesellschaft im Nahen Osten sehr homophob ausgerichtet. Homosexualität wurde mit dem Tod bestraft. Die Gesellschaft hat sich weiter entwickelt (bei uns im Westen). Viele Christen bedauern zwar genau das (indem sie von den guten alten Zeiten, in denen die Gottlosigkeit noch nicht vorherrschte, dafür aber Menschenrechte unbekannt waren), aber es ist nunmal so.
Nur warum, frage ich, werden dann beispielsweise immer noch (bei uns, im 21. Jahrhundert) Homosexuelle Menschen gerade von Christen diskriminiert (ja, von Muslimen auch, aber die sind hier nicht so gesellschaftsprägend). Muss man nicht auch da die Lesart anpassen?
Und wird dann aber Gottes Wort nicht beliebig?
Kinder soll man nun doch nicht mit der Rute so früh wie möglich erziehen. Aha. Steht zwar so in der Heiligen Schrift, aber man muss die ja anpassen. Dass Homosexualität dem Herrgott aber ein Gräuel ist, das bleibt so bestehen. Steht ja in der BIbel. Nun...?!?
Ich verstehe da die Fundamentalisten durchaus. Die haben offenbar panische Angst vor dem Gerichtsverfahren, dem sie aller Liebe zum Trotz(!) in ferner Zukunft ausgesetzt werden. Und wenn sie da auch nur eine Regel falsch auslegen, fürchten sie wohl um ihr Seelenheil. Und wenn man dann anfängt, Gottes Wort zu verbiegen - ja, wie soll das gehen? Man kann ja sein Kind lieben und verprügeln! Man schlägt eben aus Liebe und redet sich das mit der Bibel schön.
Wer hier beginnt, es ganz anders zu sehen, der wird am Ende wo aufhören? Was ist dann noch greifbar?
Thomas M., ich hoffe, dass du das ernst meinst, dass du die ganz normale Grundmoral (man schlägt keine wehrlosen Kinder) vor den Inhalt historischer Texte stellst. Ich hoffe, du machst das auch an anderer Stelle - beispielsweise in Bezug auf Sexual"moral".
Mir wäre ja egal, was wer glaubt, wenn nicht dadurch Leid erzeugt würde. Der Glaube an ein Gericht am Ende des Lebens oder der "Welt" setzt den daran Glaubenden unter Druck. Er sorgt sich beispielsweise auch um das Seelenheil der Kinder. Deshalb sollen die dann nicht zu frei über Alternativen nachdenken dürfen, denn fallen sie vom Glauben ab, sind sie verloren. Dann bricht man lieber den Kontakt zu Verwandten, Bekannten oder Freunden ab (sieht man gut an den ZJ). Die ganze Chose kommt ins Rollen. Und warum? Weil man sicher ist, Recht zu haben und alle Andersdenkenden potentiell gefährlich sind. Auch deshalb wurden früher sog. Ketzer so extrem verfolgt. Dass sich heute so viele christliche Sekten und Splittergruppen bilden dürfen/können, liegt ja daran, dass das Christentum gezähmt wurde und es in humane Ketten gelegt wurde.
Wer einfach nur an seinen Gott glaubt, die Grundbotschaften Jesu verinnerlicht und versucht, nett, freundlich, hilfsbereit und friedlich zu sein, ist keine Gefahr - für nienamden. Der stolpert auch nicht über die "Hassbotschaften" (extra in Anführungszeichen) der Bibel, sondern erfreut sich nur der Liebesbotschaften darin. Und der nimmt nicht die Rute in die Hand. Wenn er es dann auch schafft, dass er Homosexuelle in Frieden leben lässtund sich nicht dafür einsetzt, deren Rechte zu beschneiden, dann hat er seine Religion möglicherweise sogar verstanden.
Es ist ein bekanntes gruppendynamisches Phänomen, dass Sondergesetze nötig sind, um eine restriktive und unterdrückende Gruppe zusammen zu halten. Beispiele sind die Gruppen der zwölf Stämme oder der ZJ.
Die Bibel ist voll von solchen Sondergesetzen. Zum Glück haben wir uns davon mittlerweile großteils emanzipiert.