Dann bin ich mal >als in Wirklichkeit Atheist< so frei und schlüpfe in die Rolle eines Sprachrohres Gottes bzw. Predigers, der nun von einer recht prunkvoll ausgestalteten Kanzel aus herabsprechend zur hiesigen Gemeinde (hier) spricht:Ska'ara hat geschrieben:Ich und auch andere, die wollen, schlüpfen in die Rolle Gottes oder seiner Gegner - kann auch ein Atheist oder Agnostiker sein - und dann fragen wir einfach mal. Entweder wird's interessant, lustig oder es eskaliert, aber gut wäre, wenn einige ernsthaft mitmachen.
„Lieeeebe Gemeinde!
Bei allem Verständnis zur hier aufgekommenen Unruhe möchte ich nun um ihre hochgeschätzte Aufmerksamkeit bitten, denn es geht auch mir nicht leicht von der Hand eine Predigt zu halten, darin es um den >bloßen Menschen an sich< geht - darum ich zu dieser Stunde aus keinem anderen Grund völlig unbekleidet zu euch spreche!
Dafür erst mal allerherzlichsten Dank!
Nun, viele von euch sind offenkundig überaus aufgebracht - gar entsetzt, verwirrt...
Und das nur, weil ich - wie einst Adam im Paradies - als bloßer Mensch hier stehe.
Denn auch ich bin verwirrt und aufgebracht, so wegen all jener Menschen, die sich mitunter überaus albern verkleiden, um auf diese Weise in eine ganz bestimmte Rolle zu schlüpfen.
Rollen, die es zum Teil nicht (mehr) wirklich gibt, wie uns unser Glaubensbruder "Josi" beim letzten Karneval mit seinem Pharaonen-Kostüm eindrucksvoll vorführte.
Menschen verkleiden sich aber nicht nur um irgend welcher Festlichkeiten willen, oder um als vielleicht Schauspieler einem künstlerischen Berufszweig gerecht zu werden, sondern treten allen Ernstes über >das bloße Mensch sein< hinaus, als abgeblich echte Könige, oder sonstwas "darüber Hinausgehendes" auf.
Und damit verknüpft, sind schier unzählige Geschichten!
Unzählige wahre, wie auch unwahre Geschichten.
Oft, ja sogar zu oft, werden obendrein wahre wie unwahre Geschichten miteinander vermischt, und das so dermaßen kreativ wie komplex, auf das heutzutage kaum mehr jemand weiß, wie es bspw. um das Leben des legendären Billy the kid, oder es um das Leben Jesu und das Leben vieler anderer Menschen (!!!) tatsächlich stand.
Und wie steht es um Gott?
Ist Gott nur ein erfundenes Etwas, um das der Mensch über seine Alltagsödnis hinaus nicht ohne irgend eine spannende, faszinierende, zutiefst pompöse Geschichte dasteht?
Denn offenkundig ist doch für uns alle, dass kein Lebewesen so dermaßen auf "Rollen" sowie Geschichten bedacht und bezogen ist, wie der Mensch.
Und immer neue "Rollen" sowie Geschichten kommen hinzu, darum wir mitunter nicht selten - von wem auch immer ausgesprochen - vernehmen, ebenso Geschichte schreiben zu wollen.
Es gibt auch Menschen, die überhaupt nicht darauf bedacht waren und sind, Geschichte zu schreiben, so sich Derartiges gar nicht mal so selten ungeplanter Weise ereignet.
Vielleicht gehe sogar ich heute als "Der nackte Prediger" in die Geschichte ein.
Welche bedeutsame Rolle mein Auftritt nach sich ziehen wird, oder kann, weiß ich daher nicht, darum ich mich ja dazu überwand, überaus betont nur als das aufzutreten, was ich nunmal bin - nur ein Mensch!
Oder wie Gott gesagt haben soll: Ich bin, der ich bin!
Nicht mehr, und nicht weniger!
Und rätselhafter noch: Man solle sich gar nicht erst ein Bild von Gott machen!
Meine Wenigkeit bildet hingegen ein unvermeidliches, und womöglich sogar ein lustiges Bild ab, was aber der bescheidenen Raumtemperatur hier geschuldet ist.
Aber von derlei spassigen Normailtäten mal abgesehen, fragt sich regelrecht von allein, was wir denn mit einem Begriff anfangen sollen, welcher sich mit nichts Konkretem verknüpft.
So kein bestimmtes Gesicht, keine Körperform, oder was auch immer sonst.
Und was wiederum kann logischerweise von keiner bestimmten Gestalt sein, wenn nicht eine Art "Gesinnung", oder Philosophie - wie man heutzutage vorzugsweise zu sagen pflegt?
Eine andere Wahl haben wir eh nicht, daher es nur darum gehen kann, mit dem Begriff "Gott" eine bestimmte Philosophie zu verknüpfen, danach wir Menschen im Eigentlichen nur gefordert sind, miteinander in Harmonie zu kooperieren, statt in Disharmonie miteinander zu konkurrieren.
Im Altertum, und deshalb in damals üblichen Sprachweisen, fasste man diese Denkweise unter dem Begriff der Nächstenliebe zusammen - gemeint also als das, was I. Kant unter dem "Kategorischen Imperativ" zusammenfasste.
In Rollen gezwängt, können wir der "Nächstenliebe" / dem "Kategorischen Imperativ" nicht gerecht werden, denn demnach ist grundsätzlich alles Eigentümliche richtig, und was davon abweicht immer falsch, oder im besten Fall unverbindlich.
Liebe Gemeinde, ich weiß nicht, was Gott sonst sein soll.
Wenn Gott keine Gestalt hat, dann kann Gott nur noch ein "allumfassendes Argument" sein - ein Geist quasi, gemeint als "Gesinnung", welche vorgibt, niemals über das hinaus zu gehen, was wirklich ist, auch wenn wir vielleicht nie wirklich "Das Ding an sich" ergründen können - daher zum irren / zum verfehlen verurteilt sind - weder "gut", noch "böse", weil nie wirklich wissend, was wir tun, außer einzusehen, dass wir Alle nichts anderes sein können, als das, was wir wirklich sind, nämlich nur Menschen.
Und was sind Sie, Schwester Ska'ara? Sind Sie auch nicht mehr, oder weniger, als nur ein Mensch?
Oder sind Sie darüber hinaus noch etwas Anderes?
Und wenn; was genau ist das und wann wurde dieses "Mehr" von wem gezeugt und geboren?
Schildern Sie mal bei Zeit diese Vorgänge, bitte.
Nur bitte, treten Sie dann nicht als etwas auf, was Sie nicht sind!
Denn wahre Geschichten sind nicht weniger faszinierend, wie unwahre Geschichten.
[Ende meiner Rollendarbietung]