Alles Teufelszeug? III

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sven23
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#1151 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » So 21. Aug 2016, 19:02

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Und sie hat natürlich recht, wenn sie versucht, diese Unterscheidung zu treffen.
Sie hat im Sinne ihrer Methodik recht - aber was WIRKLICH ist, weiss sie doch nicht.
Was "wirklich" vollumfänglich und tatsächlich weltweit passiert ist, können wir nicht mal für den gestrigen Tag sagen. Darum geht es auch gar nicht. Es geht um Annäherung an die historische Wahrheit mit Hilfe von Textquellen. Man kann auch nicht ganz aussschließen, dass es sich um eine von den Schreibern "geschaffene Historie" handelt, also um literarische Fiktion.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie will die kanonische Exegese Kontaminierung feststellen, wenn sie sich gar nicht für die ursprüngliche Bedeutung eines Textes interessiert?
Du hältst hartnäckig an Deinem Missverständnis fest. Die kanonische Exegese ist am Ursprung in Jesus interessiert und nur sekundär am Ursprung in der Rezeption.
Du tust immer so, als habe die kanonische Exegese noch irgendwelche geheimen Textquellen zur Verfügung, die den "wahren" Jesus offenbaren. Es gibt aber nur die bekannte Quellen. Wenn man sich nicht für die ursprüngliche Bedeutung eines Textes interessiert, wird man immer im Trüben fischen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie muss erklären, warum die als irrtumsfrei vorrausgetzten Jesusworte: "ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen..." ein Irrtum waren.
Das wurde ganz sicher meterweise gemacht. - Kirchlich-theologisch ist das "nahe Gottesreich" durch Jesus selbst garantiert - bzw. durch seine Auferstehung - also das, was man "Erlösung" nennt. - So einfach wäre es eigentlich.
Das ändert aber nichts daran, dass die Aussage falsch war. Das ist doch der eigentliche Knackpunkt. Jesus verkündete die nahe Gottesherrschaft, gekommen ist aber die Kirche und verkündetet von nun an Jesus selbst. Der Verkünder wurde zum Verkündeten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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closs
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#1152 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » So 21. Aug 2016, 20:33

sven23 hat geschrieben:Es geht um Annäherung an die historische Wahrheit mit Hilfe von Textquellen.
Absolut ok. - "Damals hat man dieses geglaubt, jenes ist passiert, die Stimmung war folgendermaßen, die sozialen Umstände waren wie folgt, etc.". - Dageggen hat keiner was - es geht um Schlussfolgerungen, die Jesu Denken selbst betreffen.

sven23 hat geschrieben:Du tust immer so, als habe die kanonische Exegese noch irgendwelche geheimen Textquellen zur Verfügung, die den "wahren" Jesus offenbaren.
Nein - sie liest "con spiritu", was die HKM bauartbedingt nicht darf.

sven23 hat geschrieben:Das ändert aber nichts daran, dass die Aussage falsch war.
Nein - sie war und ist immer noch richtig. - Aber das versteht man nur, wenn man "con spiritu" liest. ;)

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sven23
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#1153 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mo 22. Aug 2016, 06:23

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es geht um Annäherung an die historische Wahrheit mit Hilfe von Textquellen.
Absolut ok. - "Damals hat man dieses geglaubt, jenes ist passiert, die Stimmung war folgendermaßen, die sozialen Umstände waren wie folgt, etc.". - Dageggen hat keiner was - es geht um Schlussfolgerungen, die Jesu Denken selbst betreffen.
Deshalb hält man sich ja an die Textquellen und sollte nicht der Versuchung erliegen, aus ideologischen Gründen eine eigene Theologie zu basteln.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du tust immer so, als habe die kanonische Exegese noch irgendwelche geheimen Textquellen zur Verfügung, die den "wahren" Jesus offenbaren.
Nein - sie liest "con spiritu", was die HKM bauartbedingt nicht darf.
Sie biegt die Textquellen immer so zurecht, dass das Glaubenskonstrukt nicht gefährdet wird. Dabei hat sie aber kein schlüssiges Gesamtkonzept vorzuweisen und ist auf den Glaubensentscheid angewiesen. (siehe Ratzinger)

closs hat geschrieben:[
sven23 hat geschrieben:Das ändert aber nichts daran, dass die Aussage falsch war.
Nein - sie war und ist immer noch richtig. - Aber das versteht man nur, wenn man "con spiritu" liest. ;)
Auch mit Spiritus wird aus "ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen" keine Fernerwartung. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#1154 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von 2Lena » Mo 22. Aug 2016, 06:50

Sven23 hat geschrieben:Auch mit Spiritus wird aus "ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen" keine Fernerwartung.
Was heißt das denn wirklich?
Israel gibt es seit wenigen Jahrzehnten.
Zu jener Zeit war das Land "Judäa".

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sven23
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#1155 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mo 22. Aug 2016, 09:28

2Lena hat geschrieben:
Sven23 hat geschrieben:Auch mit Spiritus wird aus "ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen" keine Fernerwartung.
Was heißt das denn wirklich?
Israel gibt es seit wenigen Jahrzehnten.
Zu jener Zeit war das Land "Judäa".
Tja, wenn Jesus nur Judäa gemeint hat, wären die Jünger noch schneller mit der Missionierung fertig geworden. Also ein weiterer Hinweis auf die Naherwartung, ja sogar auf eine Nächsterwartung.
Der Jude Jesus wollte mit Sicherheit keine Weltmission.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1156 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 22. Aug 2016, 09:58

sven23 hat geschrieben:Deshalb hält man sich ja an die Textquellen und sollte nicht der Versuchung erliegen, aus ideologischen Gründen eine eigene Theologie zu basteln.
Das tut doch gerade die HKM, wenn sie sagt "Jesus hatte eine Naherwartung".

sven23 hat geschrieben:Dabei hat sie aber kein schlüssiges Gesamtkonzept vorzuweisen und ist auf den Glaubensentscheid angewiesen.
Du bist ein Meister des 180°-auf den-Kopf-Stellens: Der Glaubensentscheid ist doch gerade das Konzept: "Wie ist die Bibel zu interpretieren bei einem Glaubensentscheid und daraus notwendig folgender Interpretation ex spiritu". - Auch die Kanonische Exegese hat selbstverständlich ihre Setzungen - aber sie erkennt das wenigstens (und ohne geht es eh nicht).

sven23 hat geschrieben:Auch mit Spiritus wird aus "ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen" keine Fernerwartung.
Das ist EIN Satz aus einem Buch, in dem es Widersprüche gibt.

Wollte man diesen Einzelsatz separat untersuchen, müsste man klären, von wann die uns vorliegende Textquelle ist, wie diese Stelle rundum interpretiert wird, worauf dieser Satz sich bezieht, wann der Text entstanden ist, von wem er wirklich stammt (wenn nicht von einem Apostel selbst), ob dieser Textverfasser selber Naherwartungs-Jünger war und deshalb seine Vorlage diesebezüglich missverstanden oder geändert hat, etc.

Am Ende käme ein wissenschaftliches Ergebnis raus, das dem heutigen Stand der Forschung entspricht - alles gut so. - Aber das Wort "Interpretation" kommt hier nicht vor, gell? Warum? Weil es sich um Wissenschaft handelt, die nur eng im Rahmen ihrer Beobachtungen interpretiert, wenn sie redlich bleiben will.

Und somit wäre eine mögliche Schlussfolgerung:
"Dieser Satz stammt von dann und dann - wurde von jemandem geschrieben, der in Nordgriechenland gelebt hat - dort gab es damals eine starke Naherwartungs-Sekte - ähnliche Aussagen dazu gibt es auch bei den SChreibern x und y - dem widersprechende Aussagen gibt es bei w und z - etc. - Wir interpretieren dies so (Achtung: wissenschaftlich textnahe und weltanschaulich unengagierte Interpretation!!!), dass es in dieser Zeit unterschiedliche Strömungen gab, die den Naherwartungs-Gedanken unterschiedlich bewertet haben, etc."

NIRGENDS wäre unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten der Satz möglich "Jesus hatte eine Naherwartung". Das Äußerste wäre: "Unter Auslassung geistiger Aspekte und alleiniger Stützung auf die systematische Mechanik der HKM ist es am naheliegendsten, dass Jesus eine Naherwartung hatte". - Soviel zum Thema "wissenschaftliche Redlichkeit".

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#1157 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Pluto » Mo 22. Aug 2016, 10:54

closs hat geschrieben:Das tut doch gerade die HKM, wenn sie sagt "Jesus hatte eine Naherwartung".
Nicht die HKM sagt das, sondern die Bibel.

closs hat geschrieben:Das ist EIN Satz aus einem Buch, in dem es Widersprüche gibt.
Hast DU jetzt gesagt.

closs hat geschrieben:Wollte man diesen Einzelsatz separat untersuchen, müsste man klären, von wann die uns vorliegende Textquelle ist, wie diese Stelle rundum interpretiert wird, worauf dieser Satz sich bezieht, wann der Text entstanden ist, von wem er wirklich stammt (wenn nicht von einem Apostel selbst), ob dieser Textverfasser selber Naherwartungs-Jünger war und deshalb seine Vorlage diesebezüglich missverstanden oder geändert hat, etc.
Du gehörst offenbar zur Sorte Mensch, die meint, "Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht".

Wenn es sich nur um den einen Satz handeln würde... Aber es ist nicht der einzige Satz. Solche Aussagen gibt es zu Hauf in den Evangelien.
Markus 9,1
Markus 13,30-32
Markus 14,25
Matthäus 10,23
Matthäus 16,28
Lukas 9,27
Lukas 21,34-37
Lukas 22,18

Immer und immer wieder predigte Jesus die Naherwartung des Reichs Gottes.

Hemul würde jetzt fragen: "Brauchst du 'ne Brille?" — Ich frage: Brauchst du noch mehr "Beweise"?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1158 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mo 22. Aug 2016, 11:49

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb hält man sich ja an die Textquellen und sollte nicht der Versuchung erliegen, aus ideologischen Gründen eine eigene Theologie zu basteln.
Das tut doch gerade die HKM, wenn sie sagt "Jesus hatte eine Naherwartung".
Was soll daran Theologie sein? Es ist eine Beschreibung der in den Evangelien enthaltenen Glaubenswelt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dabei hat sie aber kein schlüssiges Gesamtkonzept vorzuweisen und ist auf den Glaubensentscheid angewiesen.
Du bist ein Meister des 180°-auf den-Kopf-Stellens: Der Glaubensentscheid ist doch gerade das Konzept: "Wie ist die Bibel zu interpretieren bei einem Glaubensentscheid und daraus notwendig folgender Interpretation ex spiritu". - Auch die Kanonische Exegese hat selbstverständlich ihre Setzungen - aber sie erkennt das wenigstens (und ohne geht es eh nicht).
Nun komm mal wieder runter. Die Bibel enthält religiöse Glaubenstexte wie es viele andere auch gibt. Das Christentum hat hier keine Sonderstellung aus wissenschaftlicher Sicht zu beanspruchen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch mit Spiritus wird aus "ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen" keine Fernerwartung.
Das ist EIN Satz aus einem Buch, in dem es Widersprüche gibt.
Eben, und diese Widersprüche müssen erklärt werden. Darum kümmert sich die kanonische Exegese aber nicht, weil sie Widersprüche noch nicht mal eingesteht. Wie könnte sie auch, bei einem als irrtumsfrei proklamierten Text?

closs hat geschrieben: NIRGENDS wäre unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten der Satz möglich "Jesus hatte eine Naherwartung". Das Äußerste wäre: "Unter Auslassung geistiger Aspekte und alleiniger Stützung auf die systematische Mechanik der HKM ist es am naheliegendsten, dass Jesus eine Naherwartung hatte". - Soviel zum Thema "wissenschaftliche Redlichkeit".
Dann setz dich mal mit Theißen in Verbindung und erkläre ihm seine wissenschaftliche Unredlichkeit. :lol:
Dass Jesus an die zeitlich nahe Gottesherrschaft glaubte ist, ist auf Grund der Texte unbestritten und hängt nicht nur an einem Zitat.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1159 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 22. Aug 2016, 12:04

Pluto hat geschrieben:Nicht die HKM sagt das, sondern die Bibel.
Die Bibel spricht vom nahen Gottesreich - die HKM interpretiert es als zeitlich nahes apokalyptisches Geschehen. Dies ist eine Interpretation, die der Interpretation der kirchlichen Theologie widerspricht - weil die systematische Theologie andere Interpretations-Grundlagen hat.

Pluto hat geschrieben:Immer und immer wieder predigte Jesus die Naherwartung des Reichs Gottes.
Natürlich tut er das, weil er es meint - das weiss doch die kirchliche Theologie auch. - Diese Stellen haben wir x-mal durch-exerziert - ca. 2 Stück blieben übrig, die wirklich im Sinne Deiner Interpretation brauchbar waren. - Alle anderen waren genauso im Sinne der systematischen Theologie interpretierbar.

Das bringt also nix. - Das Problem ist nicht der Text, sondern die Grundlagen unserer Text-INTERPRETATION!!!

sven23 hat geschrieben:Es ist eine Beschreibung der in den Evangelien enthaltenen Glaubenswelt.
Das ginge zur Not: Es gab in der ersten Zeit nach Jesus in der Tat ein alttestamentarisch geprägtes Verständnis des Satzes "Das Reich Gottes ist nah" - richtig. - Über die Glaubenswelt kann die HKM natürlich berichten - das ist ihr Feld. - Hier geht es aber um Jesus im gesamt-kanonischen Kontext.

Ein gesamt-kanonisch denkender Mensch stellt sich die Frage: "Wie lange hat es gedauert, bis die eigentliche Aussage Jesu von allen verstanden wurde?" - Und wie man sieht, ist das ja nicht einmal heute der Fall - die Heilsgeschichte geht also weiter.

sven23 hat geschrieben:Das Christentum hat hier keine Sonderstellung aus wissenschaftlicher Sicht zu beanspruchen.
Insofern schon, als dass die an sich bewährte Formel "älteste Quelle = objekt-authentischste Quelle" nicht stimmt. - Bei der Bibel gibt es heilsgeschichtliche Aspekte, beim Parzival gibt es das nicht.

sven23 hat geschrieben:. Darum kümmert sich die kanonische Exegese aber nicht, weil sie Widersprüche noch nicht mal eingesteht.
Katholische Theologen interpretieren es dahin gehend, dass man im 1.Jh. n.Chr. bei den Urchristen aufgrund des damaligen Zeitgeistes tatsächlich weitgehend eine Naherwartung (in Deinem Sinne) hatte, die erst nach und nach als falsch verstanden wurde, weil man erst dann kapierte, was Jesus wirklich gemeint hatte.

sven23 hat geschrieben:Dann setz dich mal mit Theißen in Verbindung und erkläre ihm seine wissenschaftliche Unredlichkeit.
Er äußert sich sehr differenziert in seinen grundlegenden Ausführungen (zumindest in denen, die ich kenne). - In diesem Sinne verstehe ich seine Aussagen vor dem Hintergrund dieser grundlegenden Ausführungen.

Konkret:
"Jesus hatte eine Naherwartung - wenn man der Logik der HKM folgt". - Dem kann ich zustimmen. - Also eine methodische Aussage und keine Fakten-Aussage.

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#1160 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mo 22. Aug 2016, 12:46

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist eine Beschreibung der in den Evangelien enthaltenen Glaubenswelt.
Das ginge zur Not: Es gab in der ersten Zeit nach Jesus in der Tat ein alttestamentarisch geprägtes Verständnis des Satzes "Das Reich Gottes ist nah" - richtig. - Über die Glaubenswelt kann die HKM natürlich berichten - das ist ihr Feld. - Hier geht es aber um Jesus im gesamt-kanonischen Kontext.
Eben, und dieser Jesus hatte als Protagonist der jüdischen Sektenbewegung eine starke Naherwartung, wie uns die Quellen zeigen.

closs hat geschrieben: Ein gesamt-kanonisch denkender Mensch stellt sich die Frage: "Wie lange hat es gedauert, bis die eigentliche Aussage Jesu von allen verstanden wurde?" - Und wie man sieht, ist das ja nicht einmal heute der Fall - die Heilsgeschichte geht also weiter..
Wieso, heute nach 2000 Jahren wissen wir definitiv, dass Jesus sich geirrt hat. Heute kann es doch nur darum gehen, wie man damit umgeht, dass Jesus ein sich geirrt habender Wanderprediger und Endzeitprophet war.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:. Darum kümmert sich die kanonische Exegese aber nicht, weil sie Widersprüche noch nicht mal eingesteht.
Katholische Theologen interpretieren es dahin gehend, dass man im 1.Jh. n.Chr. bei den Urchristen aufgrund des damaligen Zeitgeistes tatsächlich weitgehend eine Naherwartung (in Deinem Sinne) hatte, die erst nach und nach als falsch verstanden wurde, weil man erst dann kapierte, was Jesus wirklich gemeint hatte..
Dann müssten die kanonischen Exegeten eingestehen, dass die ersten Quellen nicht die Meinung Jesu widerspiegeln. Das können sie definitionsgemäß aber nicht. Sie lassen die offensichtlichen Widersprüche unter den Tisch fallen. Das hat natürlich mit seriöser Wissenschaft nichts mehr zu tun..

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dann setz dich mal mit Theißen in Verbindung und erkläre ihm seine wissenschaftliche Unredlichkeit.
Er äußert sich sehr differenziert in seinen grundlegenden Ausführungen (zumindest in denen, die ich kenne). - In diesem Sinne verstehe ich seine Aussagen vor dem Hintergrund dieser grundlegenden Ausführungen.
Theißen betont, dass die heutigen Erkenntnisse selbstverständliche auf heutigem Kenntnisstand beruhen. In Bezug auf die Naherwartung hat sich aber in den letzten 150 Jahren nicht viel geändert. Im Gegenteil sind die Erkenntnisse noch gefestigt worden.
Es hat schon tragische Züge, wenn heutige Gläubige fordern, der "wirkliche" Jesus möge doch um Himmels Willen anders sein, als die Evangelien ihn darstellen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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