der Gebrauch von Latein bei Gottesdiensten

Rund um Bibel und Glaube
Abischai
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#11 Re: der Gebrauch von Latein bei Gottesdiensten

Beitrag von Abischai » So 14. Jan 2018, 01:04

closs hat geschrieben:Warum dann Gemeindehäuser?
Gute Frage. Sag Du es mir!
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

Rembremerding
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#12 Re: der Gebrauch von Latein bei Gottesdiensten

Beitrag von Rembremerding » So 14. Jan 2018, 07:38

Die lateinische Messe bringt besonders jenen Punkt heraus, um was es in einem Gottesdienst und seiner Liturgie eigentlich geht: Um Gott, um Jesus Christus, um Lobpreis und das heilige Mysterium seiner Erlösungstat. Kein Volkshochschulvortrag, kein Gedanke: Was hat mir der Gottesdienst gebracht?
Dieses Geheimnisvolle, letztlich vom Menschen nicht begreifbare, wird bei den orthodoxen Geschwistern noch zusätzlich durch die Ikonostase ausgedrückt, welche Sinnbild für das Verborgene in diesem Mysterium ist.

Gottesdienst, Liturgie muss einer menschlichen Verzweckung entzogen werden. Es muss ein heiliges Spiel sein, so wie Kinder in einem Spiel ganz aufgehen, Zeit und Raum vergessen und ganz für den Moment da sind, der da heilig, heilig, heilig ist. Die lateinische Sprache verbirgt dabei nichts, sondern öffnet, konkretisiert. Der Mensch darf sich ganz dem Herzen Jesu hingeben und seiner Liebestat, muss nicht den Verstand mit Wörtern füllen. Wenn die Wörter schweigen, dann spricht das Wort.

Vorkonziliarische Kirchen zeigen diese alleinige Ausrichtung auf Jesus Christus besonders an: Sie sind geostet, Priester und Gottes Volk sind auf die Wiederkunft des Herrn ausgerichtet. Allein dies hat Bedeutung. Später, und dem protestantischen Ideal geschuldet, wurden Kirchen als Gemeinschaftsraum konzipiert. Der Schwerpunkt verlagert sich hin zum Menschen, man blickt sich etwa im halbrund an, gruppiert sich um den Altar.

Die lateinische Messe ist Ausdruck jener Zeit, in der das Mysterium des Heils noch gelebt und erlebt wurde. Dies hat heute ebenso noch Gültigkeit. Latein ist zudem keine Geheimsprache, jeder kann sie erlernen. Die nachkonziliarsche Liturgie ist richtig für jene heutige Zeit, in der das Rationale wichtig wird. Der Mensch kann sich weniger seinem Herzen hingegeben, er muss erst im Verstand beruhigt werden.

Doch egal, ob Latein oder in der Landessprache: In der Kirche des Herrn beschenkt Jesus Christus im Sakrament der Eucharistie allein den Menschen. Liturgie hat nicht den Zweck, dann von ihm beschenkt zu werden, sondern sie ist immer schon Danksagung, weil man beschenkt wird. Gottesdienst ist keine Leistungsschau des Menschen für den Menschen, er ist liebevoller Umgang des Bräutigams mit seiner Braut, Gottes Volk. Und letztlich, das kann man beobachten und hat es vielleicht selbst erfahren, haben Liebende immer ihre eigene Sprache, die nur sie verstehen. ;)

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Martinus
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#13 Re: der Gebrauch von Latein bei Gottesdiensten

Beitrag von Martinus » So 14. Jan 2018, 08:38

Latine Ego semper invenitur bonum. Solennes factum est ita
Angelas Zeugen wissen was!

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SamuelB
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#14 Re: der Gebrauch von Latein bei Gottesdiensten

Beitrag von SamuelB » So 14. Jan 2018, 09:11

Ursprünglich komme ich aus der Pfingstler-/ Charismatikerecke. Da war Latein kein Thema; dafür aber Englisch. Es wurden englische Lieder gesungen und hin und wieder kamen englischsprachige Prediger in die Gemeinde. Als Kind fand ich es doof, weil ich nichts verstand. Später war das eine gute Übungsmöglichkeit und man lernte Begriffe, die im Schulunterricht nicht vermittelt wurden.

Heute arbeite ich ab und an mit einem satanistischen Zirkel zusammen. Dort wird viel auf Latein gemacht bspw eine Anrufung. Das finde ich jetzt erst mal wieder blöd, weil ich kein Latein kann. Andererseits spricht nichts dagegen, einige Floskeln einfach auswendig zu lernen. Trotzdem werde ich den Sinn noch mal hinterfragen. Der Hohepriester kann sich schon freuen...^^

Ich habe nämlich gelesen, dass bspw die hebräischen Buchstaben auch magische Symbole sind und auf geistigen Ebenen Prozesse in Gang bringen können, wenn man mit ihnen umgeht. Vllt ist es bei Latein auch so.
Gleichzeitig glaube ich nicht, dass eine Anrufung auf Deutsch grundsätzlich zum Scheitern verurteilt ist.

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#15 Re: der Gebrauch von Latein bei Gottesdiensten

Beitrag von closs » So 14. Jan 2018, 10:53

SamuelB hat geschrieben:Gleichzeitig glaube ich nicht, dass eine Anrufung auf Deutsch grundsätzlich zum Scheitern verurteilt ist.
Das ist sie ganz bestimmt nicht.

Martinus hat geschrieben:Latine Ego semper invenitur bonum. Solennes factum est ita
Da ist was dran.

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#16 Re: der Gebrauch von Latein bei Gottesdiensten

Beitrag von Munro » So 14. Jan 2018, 14:07

SamuelB hat geschrieben: Gleichzeitig glaube ich nicht, dass eine Anrufung auf Deutsch grundsätzlich zum Scheitern verurteilt ist.

Lustig wäre es ja auch, wenn der Teufel kein Deutsch verstünde und darauf bestehen würde, nur auf Latein angeredet zu werden. 8-)
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Die Sanftmütigen werden die Erde besitzen, aber nicht die Schürfrechte.

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#17 Re: der Gebrauch von Latein bei Gottesdiensten

Beitrag von Munro » So 14. Jan 2018, 14:11

Rembremerding hat geschrieben: Dieses Geheimnisvolle, letztlich vom Menschen nicht begreifbare, wird bei den orthodoxen Geschwistern noch zusätzlich durch die Ikonostase ausgedrückt, welche Sinnbild für das Verborgene in diesem Mysterium ist.

Ja, es ist dieses Geheimnisvolle, was mich auch anspricht.
Als Kind schon fand ich lateinische Gesänge schön, auch wenn ich sie nicht verstand.

Inzwischen verstehe ich den Text, finde ihn aber immer noch schön und sehr feierlich und gefühlvoll.
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#18 Re: der Gebrauch von Latein bei Gottesdiensten

Beitrag von Munro » So 14. Jan 2018, 14:34

Noch ein persönliches Erlebnis:
Dieses habe ich bei einem katholischen Gottesdienst in Perm in Russland erlebt:

Der Gottesdienst wurde in verschiedenen Sprachen gehalten.
Es war eine für mich faszinierende Mischung.
Die Fürbitten wurden in den Sprachen der Anwesenden gesprochen:
Russisch, Deutsch, Polnisch, Tschechisch, Slowakisch.

Und dann auch noch auf Englisch. Das kam nun aber nicht etwa von Engländern oder Amerikanern.
Es kam von indischen Schwestern vom Orden der Mutter Teresa.
Das fand ich besonders exotisch:
Katholische Inderinnen in Beinahe-Sibirien!

Und dann wurde noch ein Lied in einer ganz anderen Sprache gesungen: In Latein!

Da wurde mir wieder einmal bewusst, was für eine positive Rolle Latein spielen kann.
Es wurde früher ja viel geschimpft, dass man Latein ja nicht versteht.

Da mag was dran sein.

Andererseits:

Die wenigen stets wiederkehrenden Sätze kann man mit der Zeit automatisch auswendig.
Und englische Lieder werden auch oft gesungen, ohne dass der Inhalt so genau verstanden wird.

Hier in Perm aber spielte das Latein eine besondere Rolle:
Es war die Sprache keiner der einzelnen Gruppen dort, und damit die Sprache aller!
Ein einigendes Band. Sozusagen das Esperanto der katholischen Kirche, wie ich fand!
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#19 Re: der Gebrauch von Latein bei Gottesdiensten

Beitrag von Catholic » So 14. Jan 2018, 14:44

Abischai hat geschrieben: Aber wem nützt das, wenn es niemand versteht?
...
Darum hat Luther in der Kirche sich stinkend gemacht, als er es gewagt hat, die Bibel in eine dem gemeinen Volk verständliche Sprache zu übersetzen ...

Nun,es geht nicht um Sprachenrede,sondern um die Liturgiesprache,die in der Kirche ursprünglich übrigens nicht Latein sondern Griechisch war.
Nachdem sich der christliche Glaube im Römischen Reich immer mehr verbreitete übernahm man Latein als Liturgiesprache.
Es ist,entgegen manchen Klischees,keineswegs so,dass es niemand verstand.
Die wesentlichen Teile der katholischen Liturgie,die eben auf Latein gelesen wurden (Predigt war natürlich in der Landessprache) verstanden auch die "kleinen Leute",denn sie lernten die lateinischen Texte von Kindheit an.
Eine gemeinsame liturgische Sprache ist sinnvoll,weil man die Liturgie überall mitvollziehen kann.
Übrigens hat es Luther nicht gewagt die Bibel ins Deutsche zu übersetzen,denn es gab bereits vor ihm deutsche Bibelübersetzungen,aber noch nicht in einem landesweit einheitlich verständlichen Deutsch.

Rembremerding
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#20 Re: der Gebrauch von Latein bei Gottesdiensten

Beitrag von Rembremerding » So 14. Jan 2018, 14:56

Munro hat geschrieben: Dieses habe ich bei einem katholischen Gottesdienst in Perm in Russland erlebt:
Doch nicht bei Pfarrer Fink?! :o

Es war die Sprache keiner der einzelnen Gruppen dort, und damit die Sprache aller!
Ein einigendes Band. Sozusagen das Esperanto der katholischen Kirche, wie ich fand!
Das ist die verheißene Universalität, Katholizität der Kirche des Herrn. Ob man in Sydney, Niamey, Lourdes, Halifax oder Belgrad die Hl. Messe in der katholischen Kirche besucht: Man ist zugleich zuhause.

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