Abischai hat geschrieben:Ich weiß, es ist schon 2 T a her, aber interessiert es eigentlich noch jemanden, was die Gläubigen früher überhaupt gemacht haben und was nicht?
Sie trafen sich täglich in den Häusern hin und her, waren in Gemeinschaft beim Brotbrechen, der Lehre der Apostel (der 11 zzgl. später Paulus) und in den Gebeten.
Ist ja alles richtig. Bzw. ein richtiger Teil des Ganzen. Denn Du hast Dir mit der Orientierung an das Leben der insbesondere Jerusalemer Urgemeinde eine ganz bestimmte Traditionslinie heraus gesucht.
Dein Ansatz des Bezugs auf das Leben der ersten Christen trägt übrigens die Bezeichnung "Restoration Movement" und ist ein wesentliches Element von Erweckungsbewegungen.
Zu den Traditionslinien ist zu sagen: Es gibt halt mehr. Da sind die "radikalen" Wanderprediger, die Hellenisten, im Speziellen der Paulus, um vielleicht die wichtigsten zu nennen.
Abischai hat geschrieben: Und was haben Menschen später dann daraus gemacht? Denkt darüber überhaupt noch mal jemand in einer klaren Stunde nach?
Das ist ein guter Vorschlag. Ohne den jetzt abweisen zu wollen, ergänze ich die Frage "
Was haben ...?" um "
Warum haben sie ...?".
Und da erinnere ich an massive Probleme, die mit der Gründung von Gemeinden außerhalb von Jerusalem verbunden sind, die besonders mit einem veritablen Anteil von Heidenchristen konfrontiert wurden. Die Sache mit dem "gemeinsamen Mahl" wurde da nämlich zum Politikum. Außerdem hatte schon die Jerusalemer Urgemeinde eine "hierarchische", aufgabendifferenzierte Struktur, die einmal die "Wohlfahrtsleistungen" der Gemeinde als auch die rechte Lehre sicherstellen sollte. Was im übrigen, insbesondere mit Hinblick auf das erstere, nur bedingt gut funktionierte.
Also ich will dreierlei sagen:
- Das Konzept der Übernahme des Lebens der (Jerusalemer) Urchristen ist erstmal Dein Lebens- und Glaubenskonzept ausgewählt aus vielen. Was auch völlig ok ist.
- Das Konzept des Lebens gemäß (Jerusalemer) Urgemeinde bedingt Probleme, die schon vor annähernd 2000 Jahren nicht unter Kontrolle gebracht wurden. Außerdem hatte die Jerusalemer Urgemeinde im speziellen Glaubens- und Lebensausprägungen, die mit anderen bedeutsamen Gemeinden in einem gewissen Konflikt standen. Wobei die Zerstörung Jerusalems einen Schlussstrich zog. Aber schon zu genau dieser Zeit existierten prosperierende andere Gemeinden, die durch ihre Größe, ihre letztlich konstruktive Auseinandersetzung mit Heidenchristen und durch die Betreuung durch Paulus eine etwas abweichende Glaubens- und Lebensausrichtung kultivierten und eher als die Jerusalemer Urgemeinde das Sprungbrett für die Ausbreitung des christlichen Glaubens darstellte.
- Die Ausbreitung als solche durch Gründung eigener Gemeinden und darin sich manifestierende eigene Glaubensausprägungen bewegten schon den Paulus als "Graue Eminenz" mit immer wieder dargelegter Legitimation das Glaubensgebäude von "oben" zu propagieren. Genau in die Richtung ging ja nun auch die "Jerusalemer Konferenz".
Das kirchliche Gebäude oder sagen wir für Dich besser die ausgeprägte Struktur stellt sich dann im Grunde auch als Reaktion auf einen wirklich vorhandenen Bedarf an Institutionalisierung der immer weiter wachsenden christlichen Landkarte dar. Gefahren wie zunehmende Machtansprüche und mit der erlangten Macht zunehmende Fähigkeit zum Missbrauch derselben und andere sehr unschöne Begleiterscheinungen sollen dabei nicht unter den Teppich gekehrt werden.
Wenn es für gut ist, dann lebe gemäß dem Konzept des "Restoration Movements". Aber diese Lebensweise und damit ausgeprägte Glaubensauffassungen sind weit davon entfernt, einen Anspruch auf ein allgemeine Lebensregel erheben zu können.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.