Experimentiert Gott?

Rund um Bibel und Glaube
Ruth
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#1 Experimentiert Gott?

Beitrag von Ruth » Mi 17. Mai 2017, 13:54

Schon so manches Mal kam mir der Gedanke, dass Gott das Leid ganz anders einordnet, als die irdischen Lebewesen. Besonders, wenn ich mir den Werdegang der Menschheit nach den Merkmalen ansehe, wie es die Menschen der Bibel schildern, dann habe ich mir schon so manches Mal die Frage gestellt, ob Gott vielleicht sogar mit seiner Schöpfung experimentiert, weil er deren Aktionen und Reaktionen nicht nachvollziehen kann. Heute hatte ich dann plötzlich die Idee: was wäre, wenn Gott den Schmerz nur als Warnsignal in den Menschen hinein gelegt hat, ansonsten aber alles über den Verstand laufen lassen wollte. Und dann, im Laufe der Zeit verschiedene Gefühle hinzu gelegt hat, damit sie besser miteinander und der Schöpfung umgehen. Gott selbst hätte in dem Falle dann zunächst alles nach der Vernunft beurteilt. Das würde dann auch die Theodizee-Frage teilweise beantworten.

Ich persönlich bin kein Verfechter davon, dass die Bibel Gottes unfehlbares (und einziges) Wort sei. Aber ich verstehe die Geschichten und Botschaften der Bibel als Berichte über Erfahrungen, die Menschen im Leben, verbunden mit Gott, gemacht haben. Jeder drückt das natürlich so aus, wie er selbst die Botschaften wahrgenommen hat. Darum sind sie so vielfältig und unterschiedlich dargestellt und werden ebenso unterschiedlich verstanden.

Wenn ich dann den Werdegang der Menschheit, nach dem Muster der biblischen Berichte anschaue, sieht es so aus, als wenn die Gotteserfahrungen am Anfang recht heftig und ohne das, was wir meistens unter "Liebe" verstehen, seien. Und man kann ohne Weiteres da hinein lesen, dass sich Gottes Umgang mit den Menschen im Laufe der Zeit gewandelt hat. Wenn es nun deshalb so war, weil die Gefühlswelt zumindest nicht so stark wie heute ausgeprägt war. Wenn auch die Menschen und anderen Lebewesen das Leid damals gar nicht so leidvoll empfunden haben, wie heute. Und wenn Gott das selbst erst einmal nachvollziehen musste, um die Reaktionen der Menschen und Lebewesen auf das Leid nachvollziehen zu können. Sogar in der Geschichte vom Mensch-Jesus könnte man auf diese Weise erklären. Im Hebräerbrief zB wird das auch so dargestellt, dass Jesus, dadurch, dass er das Menschsein mit alle dem Leiden durchgemacht hat, die Menschen dadurch verstehen würde und auf diese Weise ein Mittler zwischen Gott und Menschen sei.

Ich weiß, dass diese Frage nichts für Verfechter der Bibel, als das unfehlbare Wort Gottes, ist. Diese könnten ja vielleicht das Thema einfach ignorieren. Trotzdem fand ich es unter dem christlichen Themenbereich am passendsten, weil auch hier die biblischen Bücher als Grundlage dienen. Ich will also nicht die Bibel widerlegen, sondern aufzeigen, dass man manche biblischen Botschaften auch anders verstehen kann. Und natürlich möchte ich gerne Eure Ideen zu diesem Thema wissen.

Rembremerding
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#2 Re: Experimentiert Gott?

Beitrag von Rembremerding » Mi 17. Mai 2017, 17:10

Gott, der über und nicht in der Zeit steht, benötigt kein Experiment, weil er alles bereits im Sein sieht, weil er das Sein ist.
Gott, dessen Weisheit die Wahrheit ist, benötigt kein Experiment, weil er alles bereits in sich weiß, weil er die Wahrheit ist.
Gott, dessen Macht alles übersteigt, benötigt kein Experiment, weil er alles zum Besten erschaffen kann, weil er das Leben ist.
Gott, der die Liebe ist, experimentiert nicht mit seinen Kindern, weil er alle unendlich liebt.
Gott, der unser Vater ist, experimentiert nicht mit seinen Kindern, weil selbst sie, die Böse sind, dies nicht tun würden.

Der Mensch hat ein Ziel, das durch seine Sehnsucht zum End-Gültige(m)n bestätigt wird. Fehlt dieses Ziel, dann kann das ganze Leben zum Experiment werden, denn man beginnt sich selbst zu versorgen, dessen Ergebnis immer zu wenig sein wird.

Ohne Ziel zu sein bedeutet für den Mensch letztlich ohne Vater zu sein. Er wird zum Waisenkind.
Er läuft in seinem Waisenhaus umher und meint dort eingesperrt zu sein, abhängig, der Willkür und den Experimenten darin ausgeliefert. Er meint solange Waise und Sklave in diesem Haus zu sein, bis er den Schlüssel in seiner Tasche bemerkt. Er nimmt ihn und er passt an jede Tür des Hauses. Er entdeckt beispielsweise dank seines Verstandes eine Formel und sieht, dass diese im ganzen Universum gültig ist. Ist er vielleicht gar nicht Gefangener und Sklave dieses Hauses, sondern ein Kind des Besitzers, so dass einem selbst dieses Haus gehört?

Jesus war kein Experiment Gottes, um seine Kinder zu sich zurück zu holen, er war der Sohn Gottes.
Jesus ist der Weg, der uns zum Ziel bringt, das Ziel uns anschaulich macht.
Jesus ist die Tür, in der jener Schlüssel passt, den jeder mit sich trägt.
Jesus zeigte uns den Vater, weil er eins mit ihm ist.

So leben wir nicht in einem Experiment Gottes, sondern in der Schule Gottes, der auch unser Vater ist. Nicht Gott ändert sich, sondern der Mensch durch die Pädagogik Gottes.
Beispielsweise das Leid war schon immer, wie die Schultafel, in unserem Klassenzimmer. Der Mensch musste aus Mangel an Gott schon immer leiden. Doch wie auf der Schultafel schreibt Gott immer etwas anderes, neues, auf unser Leid, immer in dem Maß, wie der Mensch es erfassen kann. Und zuletzt schrieb er seine Botschaft vom Leid an jeden seiner geliebten Kinder nicht mehr mit der Kreide des Gesetzes, sondern mit dem Blut seines gehorsamen Sohnes.
Dies zeigt uns, dass es immer zuerst Gott ist, der leidet, wenn ein Mensch leidet.

Servus und Danke für den Ge-danken :wave:
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Opa Klaus
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#3 Re: Experimentiert Gott?

Beitrag von Opa Klaus » Mi 17. Mai 2017, 17:36

Warum ich überall 'meinen Senf' dazu gebe'?
Ich bin von Kindheit an bis jetzt Stubenhocker und nun mit 83 steht der Laptop neben mir bei der Heimarbeit.
So bin ich auf dem Laufenden, was so abgeht.

WIKIPEDIA: Ein Experiment (von lateinisch experimentum „Versuch, Beweis, Prüfung, Probe“) im Sinne der Wissenschaft ist eine methodisch angelegte Untersuchung zur empirischen Gewinnung von Information (Daten). Im Unterschied zur bloßen, ungestörten Beobachtung werden im Experiment Einflussgrößen verändert.
Wiki: Das Experiment stellt eine „Frage an die Natur“ dar (in den Sozialwissenschaften: an die gesellschaftliche Wirklichkeit). Dieser Frage kann eine bestimmte Hypothese zugrunde liegen, die man prüfen will;[1] Carl Friedrich von Weizsäcker hat in diesem Sinne sogar von einem „Verhör“ der Natur gesprochen.[2] Das Experiment kann aber auch einfach darin bestehen, ohne bestimmte Hypothese eine bis dahin nicht beobachtete Situation herbeizuführen und sich vom Ergebnis „überraschen zu lassen“

Ruth, Deine Gedanken stehen im Zusammenhang mit der Theodizee Frage, wie Du es sagst.
Da diese Frage schon sehr alt ist, könnte man vermuten, die Bibelschreiber im Altertum hatten eine raffinierte Antwort mit dem "Ruhetag Gottes" versucht zu finden.
Du versuchst, lobenswert ohne "Ruhetag" eine weitere Antwort zu finden.
Ich glaube auch, dass Gott nicht "Allwissend" ist und daher Beobachtungen, Erfahrungen, Untersuchungen, Prüfungen macht.
NUR -Kraft seines Verstandes kann er vieles Vorausschauen und ist nicht primär auf Erfahrungen mit eigenen Fehlern angewiesen.
Allerdings gibt es den voraus berechneten Wachstums-Faktor, der mit Heranreifen zu tun hat und Geduld, Wartezeit, 'Ruhetag' erfordert.

Das Prädikat "sehr Gut" für die Schöpfung deutet auf positive Erwartungen hin, aufgrund gründlicher, fehlerfreier Vorbereitung.
Dazu hat Gott Engeln und Menschen 100%tige Entscheidungsfreiheit gegeben, soweit sie sich auf ihren Lebensbereich beschränken und nicht Gott "ins Handwerk pfuschen" (Menschheit auslöschen, Erde voll verwüsten, ...)

Einen Freiheitsmißbrauch, 'Entgleisung', Querfeldein durch Quertreiber kann Gott dahingehend zulassen, er braucht allgemein nicht eingreifen oder betrafen, da das sowieso in eine "Lebens-End-Sackgasse", Selbstbetrafung und dauerhaftem Lebensende führt. Unsterblichkeit hat nur Gott alleine.

Wer andererseits auf Gottes vorbereiteten 'Wegen/Gleisen' bleibt, kann Leben in Fülle, auch durch Auferstehung erwarten. Denn Gott erschuf Engel und Menschen, um sie an seinem Daseins-Glück teilhaben zu lassen, NICHT um sie zu Quälen, zu bestrafen.

Wie Engel und Menschen ihre große Entscheidungsfreiheit verwenden, muss Gott nicht voraussehen können, wozu auch.
Einzig und alleine hängt ihre Lebenslänge und Lebensglück (inkl. Auferstehung) vom Ge- oder Missbrauch der Freiheit ab.
Gott bedauert es nur, wenn einige (viele) seine Geschenke ablehnen und am Lebensglück nicht teilhaben wollen.

Ich begreife nicht, warum Menschen unbedingt so negativ, furchtsam, unversöhnlich, unfreundlich, lieblos über Gott denken wollen; da muss wohl der Teufel hinter stecken.

Ruth, Du hast sicher mitbekommen, dass ich ähnlich wie Du über die Bibel denke...
Ruth hat geschrieben:Ich persönlich bin kein Verfechter davon, dass die Bibel Gottes unfehlbares (und einziges) Wort sei. Aber ich verstehe die Geschichten und Botschaften der Bibel als Berichte über Erfahrungen, die Menschen im Leben, verbunden mit Gott, gemacht haben. Jeder drückt das natürlich so aus, wie er selbst die Botschaften wahrgenommen hat. Darum sind sie so vielfältig und unterschiedlich dargestellt und werden ebenso unterschiedlich verstanden.

Solche Gedanken werden sicherlich einen Sturm der Entrüstung bei den Bibel-Extremisten auslösen. So viel Liebe mögen sie an Gott nicht.
Wohltätig ist des Geistes macht, wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht. Wer die Vernunft ausschaltet, findet im Dunkeln den Schalter zum Wiedereinschalten nicht mehr. http://www.prueter.eu

michaelit
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#4 Re: Experimentiert Gott?

Beitrag von michaelit » Mi 17. Mai 2017, 17:37

Hallo Ruth,

ich bin eigentlich ein freier Polytheist und kein Christ mehr (ich verehre und liebe Jesus noch, gehe aber nicht mit Evangelikalismus und Fundamentalismus konform), und so stellt sich mir die Bibel mehr als ein Notizbuch dar von Menschen die den Polytheismus der alten Welt nicht mehr wollten. Ich glaube Jesus war da anders weil er schon als Kind Besuch hatte von Ausländern (die drei Weisen aus dem Morgenland), und weil er Gott nicht in den Buchstaben des Gesetzes sa die da töten, sondern im Geist der lebendig macht.

Es stimmt schon daß die Menschen früher anders waren. Meine Oma war etwa ein viel langsamerer Mensch als ich es nun bin. Meine Mutter ist auch in vielem langsamer.

Ich finde die Menschen hatten früher andere Meinungen weil auch ihre Umwelt und ihr Glaube anders war. Wenn man etwa denkt die Erde ist eine Scheibe und darunter ist die Totenwelt dann glaubten die Leute es ginge nach dem Tod unter die Erde. Als das Weltbild dann heliozentrischer wurde glaubten die Menschen wieder daran in den Himmel zu steigen nach dem Tod.

Vielleicht macht der Mensch auch immer Experimente mit Gott. Er zweifelt ihn ja manchmal sehr an und bleibt nicht bei den einfachen Argumenten der Vernunft wie noch bei Descartes - der hatte gemeint das Ich und Gott seien die zwei Dinge die nicht bezweifelt werden können. Es kommt auch darauf an wie man Gott definiert, also als übermächtiger Allgott ohne jegliche Gleichgeartete Wesen bei sich, oder als Gott unter anderen Göttern die zusammenarbeiten und dann wieder ganz anders erscheinen als es die sogenannten heiligen Schriften aussagen. Ich würde Gott als Zentrum der Güte und der Liebe auffassen aus der alles kommt und zu dem alles zurückkehrt. Und er ist gleichzeitig personal und transpersonal, der Geist eben wie der Geist eines Klezmerstücks, einer Bachkantate oder eines Nerudagedichtes.

Es geht immer weiter und vielleicht ist in 100 Jahren auch schon wieder alles anders. Wer mit Gott lebt lebt in der Ruhe, wenn es auch manchmal eine schmerzliche Ruhe ist. Das hat schon viele Mönche beschäftigt.

Ich kann nur sagen daß man Gott in Liebe und Demut suchen muß. Und in der Freiheit des Wissens daß Gott jeden von uns geschaffen hat und daß wir auf Erden leben nicht um geprüft zu werden sondern um widerum einfach nur leben zu können und geliebt zu sein. Und irgendwie schafft es dann dieser Jesus für mich, mich zu beeindrucken mit seinem Kreuz und seiner Auferstehung. Ich glaube dann auch noch an Zeus und an Odin, und daß man es schaffen muß von den Blinden unter den Menschen nicht mehr so abhängig zu sein. Freier zu sein um dann in Liebe auf die Leidenden zuzugehen und ihnen eine Hilfe zu sein. Daß man nicht mit den Fanatikern konform geht.

Das Experiment Gottes ist, gelingt den Menschen das Überwinden des Fleisches und ihrer falsch aufgebauten Welt? Können wir zu einer Reinheit und Schönheit und Tiefe zurückkehren die doch einmal das Erbe des Menschen war? Wollen wir einander bekriegen oder leben wir tolerant und gemeinschaftlich auf diesem Planeten? Hoffentlich setzen sich die Klugen irgendwann durch auf dieser Welt, und begrenzen den Haß und die Wut und die Unvernunft derjenigen die fanatisch oder kalt oder zu dumm sind.

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Opa Klaus
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#5 Re: Experimentiert Gott?

Beitrag von Opa Klaus » Mi 17. Mai 2017, 18:01

Rembremerding hat geschrieben:durch die Pädagogik Gottes.Beispielsweise das Leid war schon immer, wie die Schultafel, in unserem Klassenzimmer. Der Mensch musste aus Mangel an Gott schon immer leiden. Doch wie auf der Schultafel schreibt Gott immer etwas anderes, neues, auf unser Leid, immer in dem Maß, wie der Mensch es erfassen kann
Wer vom LEID und Elend schreibt, darf die Ursache davon nie vergessen: Es ist der Lug und Trug seit dem Sündenfall. Das ist die Erbsünde.
Auf dem Nährboden Ungezügelter Fantasie gedeiht Lug und Trug prächtig und bringt prächtiges leis und Elend mit sich.
Warum will das keiner begreifen? Vielleicht mag niemand sein psychisches Spiegelbild gern sehen.

Die Sendung des Sohnes Gottes auf die Erde sehen viele wohl als eine Art Wiedergutmachung Gottes für Gottes Fehler... He ??

Satan, Engel und Menschen (zuerst Adam) haben versucht, Gott auf die Anklagebank wegen Gottes Fehlern zu bringen.
Gottes Sohn (und viele Freunde Gottes) haben den "Spieß umgedreht" und für Freispruch Gottes gesorgt,
umgedreht aber Satan, Engel und Menschen auf die Anklagebank befördert >>>
unter der Anklage der grob Fahrlässigen Zügellosigkeit der Fantasie, der Lüge, des Betruges und der Folgeerscheinungen: Leid und Elend!

Jaaa das schmeckt den Bibel-Extremisten natürlich nicht.... sie lieben IHREN GOTT ja zu sehr.
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Opa Klaus
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#6 Re: Experimentiert Gott?

Beitrag von Opa Klaus » Mi 17. Mai 2017, 18:20

Hallo michaelit, dein Plädoyer hat mir gut gefallen.
Wohltätig ist des Geistes macht, wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht. Wer die Vernunft ausschaltet, findet im Dunkeln den Schalter zum Wiedereinschalten nicht mehr. http://www.prueter.eu

ThomasM
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#7 Re: Experimentiert Gott?

Beitrag von ThomasM » Mi 17. Mai 2017, 21:58

Hallo Ruth

Die Aussage, dass Gott "experimentiert" bekomme ich nicht mit dem überein, wie ich mir Gott vorstelle.

ASber ich kann mir denken, dass ein Aspekt wichtig ist, der es so aussehen lässt, als würde Gott experimentieren.
Ich meine den Aspekt des freien Willens.

Natürlich nicht den des absolut freien Willens, aber den freien Willen, der sich darin ausdrückt, dass es - bei aller Begrenzung durch Randbedingungen in einer Situation - es IMMER eine Wahl gibt und der Mensch dazu geboren ist, genau das zu tun. Durch Wahl, seinen Lebensweg zu gestalten.
Und immer gibt es eine Wahl zwischen Egoismus und Helfen, zwischen ich und andere, zwischen Eigennutz und Teilen, zwischen weg von Gott und hin zu Gott.

In einer Fantasy Geschichte habe ich dazu gelesen:
Durch die Freiheit des Wählens kommt das Böse in die Welt. Aber die Freiheit macht auch die Liebe echt.

Und dadurch geschehen Dinge mal so mal so in der Welt. Schreckliche Katastrophen wie die Diktaturen in Europa oder glorreiche Glanzpunkte der Menschheit, wie das Entstehen von Hilfsorganisationen, wechseln sich in der Welt ab. Das kann so aussehen, als würde Gott experimentieren, aber tatsächlich ist es die Freiheit, die hier sichtbar wird.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Ruth
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#8 Re: Experimentiert Gott?

Beitrag von Ruth » Mi 17. Mai 2017, 22:18

michaelit hat geschrieben:Vielleicht macht der Mensch auch immer Experimente mit Gott. Er zweifelt ihn ja manchmal sehr an und bleibt nicht bei den einfachen Argumenten der Vernunft wie noch bei Descartes - der hatte gemeint das Ich und Gott seien die zwei Dinge die nicht bezweifelt werden können. Es kommt auch darauf an wie man Gott definiert, also als übermächtiger Allgott ohne jegliche Gleichgeartete Wesen bei sich, oder als Gott unter anderen Göttern die zusammenarbeiten und dann wieder ganz anders erscheinen als es die sogenannten heiligen Schriften aussagen. Ich würde Gott als Zentrum der Güte und der Liebe auffassen aus der alles kommt und zu dem alles zurückkehrt. Und er ist gleichzeitig personal und transpersonal, der Geist eben wie der Geist eines Klezmerstücks, einer Bachkantate oder eines Nerudagedichtes.

Hallo Michaelit, Opa Klaus und Rembremerding,

Danke für eure Rückmeldung. Ich nehme einfach mal Michaelit's Zitat als Aufhänger zu meiner Antwort.

Ich würde mal sagen, dass der Satz, den ich farblich hervorgehoben habe, der Kern von dem ist, was Menschen über Gott erkennen können. Weil er sich den Menschen, die ihn suchen, so zeigt. VIele andere Merkmale, welche Menschen mit Gott erleben, sind unterschiedlich. Je nachdem, wie der Weg des Lebens eines Einzelnen aussieht.

Weil Gott größer und unfassbarer ist, als je ein Mensch begreifen kann, stellen wir uns den allmächtigen Gott auch so vor, dass er alles im Voraus wusste, was geschieht. Das Problem ist dann nur die FRage: wenn Gott schon vorher wusste, wie die Menschen sich entwickeln, wieso er die Menschen für etwas verantwortlich macht, was sie eben nicht im Voraus beurteilen konnten. Alle Geschichten um Gott und die Versöhnung durch Jesus sind fragwürdig, unter diesem Aspekt.

Darum habe ich diesen Gedanken des Experiments eigentlich ziemlich passend gefunden, zu diesen ganzen Geschichten über Gott und seine Schöpfung, mit seinen Aktionen zur Beziehung der Lebewesen, die er geschaffen hat.

Es gibt natürlich keinen perfekten Vergleich. Aber gerade jetzt, in dem Zeitalter der Computer und Roboter kann man das vielleicht mit der Erschaffung dieser Geräte vergleichen. In den Geräten stecken viel Details des Erbauers mit drin. Aber wenn sie so ausgerüstet sind, dass sie selbstständig (automatisch) arbeiten, kann es vielleicht einige Details geben, die, wenn sie zusammenkommen, so funktionieren, wie es der Erbauer nicht vorgesehen hat.

Wie gesagt - nur ein ungefährer Vergleich. Aber auch der Erschaffer der Geräte ist viel mehr, als die Geräte selbst. Das Gerät kann den ERschaffer nicht übertrumpfen. Aber manchmal machen auch die Computer etwas anders, als vorgesehen.

Naja - es sind, wie alles, was über Gott gesagt werden kann, hinkende Vergleiche. Aber für mich würden manche Fragen damit beantwortet, wenn Gott eben nicht berechnen kann oder gar vorher wissen kann, wie die Menschen reagieren.

Ruth
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#9 Re: Experimentiert Gott?

Beitrag von Ruth » Mi 17. Mai 2017, 22:27

Opa Klaus hat geschrieben: Ruth, Du hast sicher mitbekommen, dass ich ähnlich wie Du über die Bibel denke...
Ruth hat geschrieben:Ich persönlich bin kein Verfechter davon, dass die Bibel Gottes unfehlbares (und einziges) Wort sei. Aber ich verstehe die Geschichten und Botschaften der Bibel als Berichte über Erfahrungen, die Menschen im Leben, verbunden mit Gott, gemacht haben. Jeder drückt das natürlich so aus, wie er selbst die Botschaften wahrgenommen hat. Darum sind sie so vielfältig und unterschiedlich dargestellt und werden ebenso unterschiedlich verstanden.

Solche Gedanken werden sicherlich einen Sturm der Entrüstung bei den Bibel-Extremisten auslösen. So viel Liebe mögen sie an Gott nicht.

Ich weiß nicht, ob es wirklich daran liegt, dass man den Gott der Liebe nicht so haben will, wie er ist. Eher passt der strafende Gott, und ein unanfechtbares geschriebenes Wort Gottes, welches die Sicherheit gibt, dass Gott überhaupt etwas mit der Menschheit zu tun haben will. Schon in der Bibel werden Gottesbegegnungen so beschrieben, dass der Mensch es fast nicht in seiner Nähe ausgehalten hat, also unfassbar weit weg von den Menschen zu sein scheint.. Wenn man dann nichts Greifbares in den Händen hat, das beweist, dass Gott Gemeinschaft mit den Menschen pflegt, dann fühlt man sich nicht mehr sicher. Und darum muss man natürlich gegen etwas ankämpfen, das diese Sicherheit wegnehmen könnte.

Ruth
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#10 Re: Experimentiert Gott?

Beitrag von Ruth » Mi 17. Mai 2017, 22:45

Rembremerding hat geschrieben:Gott, der über und nicht in der Zeit steht, benötigt kein Experiment, weil er alles bereits im Sein sieht, weil er das Sein ist.
Gott, dessen Weisheit die Wahrheit ist, benötigt kein Experiment, weil er alles bereits in sich weiß, weil er die Wahrheit ist.
Gott, dessen Macht alles übersteigt, benötigt kein Experiment, weil er alles zum Besten erschaffen kann, weil er das Leben ist.
Gott, der die Liebe ist, experimentiert nicht mit seinen Kindern, weil er alle unendlich liebt.
Gott, der unser Vater ist, experimentiert nicht mit seinen Kindern, weil selbst sie, die Böse sind, dies nicht tun würden.


Ja Rembremerding, ich glaube auch, dass Gott über allem steht und alles, was sozusagen weltbewegend ist, schon weiß - bevor Menschen es überhaupt wissen können.

Aber was Schmerzen, Trauer und sonstige Gefühle mit den Menschen machen, und wie Menschen darauf reagieren, ich denke, das weiß Gott nicht im Voraus. Er kann Impulse geben, dass Menschen etwas tun, was gut für sie ist. Aber ob die Menschen es genauso tun, das weiß er erst, wenn sie es tun. Ich selbst verstehe mich selbst auch oft nicht, wenn ich mit Schmerzen oder auf Enttäuschung reagiere, anders, als ich es ohne Leiden würde. Und wie ich schon oben schrieb, hat der Schreiber des Hebräerbriefes mehrmals erwähnt, dass Jesus nun als Mittler zwischen Gott und Menschen stände, weil er selbst Leiden erlebt hat. Es gibt also auch hier ein Vorher und Nachher, in dem sich vieles geändert hat.

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