Hölle lebenslänglich?

Rund um Bibel und Glaube
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sven23
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#911 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von sven23 » Mo 19. Dez 2016, 15:40

Andreas hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie kommst du auf die irrige Idee, dass die irgendjemand in Frage gestellt hat?
gbs hat geschrieben:Die Zehn Angebote des evolutionären Humanismus

1. Diene weder fremden noch heimischen „Göttern“ (die bei genauerer Betrachtung nichts weiter als naive Primatenhirn-Konstruktionen sind), sondern dem großen Ideal der Ethik, das Leid in der Welt zu mindern! Diejenigen, die behaupteten, besonders nah ihrem „Gott“ zu sein, waren meist jene, die dem Wohl und Wehe der realen Menschen besonders fern standen. Beteilige dich nicht an diesem Trauerspiel! Wer Wissenschaft, Philosophie und Kunst besitzt, braucht keine Religion!
Dieser Imperativ ist mehr als nur eine Infragestellung der Religionsfreiheit.
Na ja, über die Formulierung kann man steiten. Die Religionsfreiheit ist verfassungsmäßig garantiert. Daran kann auch der gbs nichts ändern und ich für meinen Teil kann damit gut leben. Ich würde es eher als Appell verstehen, mal grundsätzlich seinen Glauben zu überdenken. Denn dass es die letzten 2000 Jahre gut gelaufen sei, das kann man nun wirklich nicht behaupten.
Und wenn ich hier im Forum auf Holocaust-Leugner treffe, dann erlaube ich mir zu widersprechen. Ich denke, das wäre auch ganz im Sinne sowohl des Gbs als auch des jüdischen Wanderpredigers.


Andreas hat geschrieben: Das negiert nicht die Existenz der Götter falls diese existieren sollten.
Überlege gerade, ob das eine Tautologie oder ein Zirkelschluss ist. Wahrscheinlich eine zirkelreferente Tautologie. :lol:

Andreas hat geschrieben:
gbs hat geschrieben:2. Verhalte dich fair gegenüber deinem Nächsten und deinem Fernsten! Du wirst nicht alle Menschen lieben können, aber du solltest respektieren, dass jeder Mensch – auch der von dir ungeliebte! – das Recht hat, seine individuellen Vorstellungen von „gutem Leben (und Sterben) im Diesseits“ zu verwirklichen, sofern er dadurch nicht gegen die gleichberechtigten Interessen Anderer verstößt.
Deine Art und Weise hier zu diskutieren ist weder fair noch respektvoll. Nicht jeder Gläubige verstößt gegen die gleichberechtigten Interessen Anderer - du aber schon - sofern Religion ein gleichberechtigtes Interesse ist. Deine Stoßrichtung geht gegen die Religion an sich und damit differenzierst du schon nicht mehr, ob dein Diskussionspartner gegen die gleichberechtigten Interessen Anderer tatsächlich verstößt oder nicht. Du scherst alle über einen Kamm. Du hast es nicht nötig, dich an die Maxime zu halten, die du zu vertreten vorgibst.

Alles klar?
Bei mir schon. Mein Rat an dich wäre, nicht alles so verbissen zu sehen und etwas lockerer zu werden. Nimm dir ein Beispiel an Hemul. Ich bin zwar selten seiner Meinung, aber er hat sich immer noch einen Rest an Humor bewahrt. :thumbup:
In diesem Sinne.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Andreas
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#912 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Andreas » Mo 19. Dez 2016, 16:53

sven23 hat geschrieben:Die Religionsfreiheit ist verfassungsmäßig garantiert. Daran kann auch der gbs nichts ändern und ich für meinen Teil kann damit gut leben.
Wer Ohren hat, der höre.

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Tyrion
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#913 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Tyrion » Mo 19. Dez 2016, 21:48

Andreas hat geschrieben:Ich sehe es als das Bild, welches Lukas (irgendwer) zeichnet um die Botschaft "Jesus" - so wie er sie verstanden hat - angemessen rüberzubringen. Ob dieses Gespräch zwischen Jesus und dem Gesetzeslehrer historisch so stattgefunden hat, oder nicht, ist mir völlig egal. Mich interessieren die Botschaften, nicht die Boten. Auch der historische Jesus ist mir schon lange nicht mehr wichtig. Was bringt es denn?

Das klingt für mich sehr vernünftig. Die Botschaften der Evangelien sind in der Tat spannend - vor allem, wenn man sie als das sieht: als Botschaften.

Lukas geht nicht gegen Rassismus und das Verdammen anderer Religionen an. Das scheint mir dein bevorzugtes Thema zu sein, was ja auch okay ist. Sehe ich übrigens ähnlich, wie du.

:thumbup:

Die Diskussionen mit beispielsweise Magdalena hab ich aber schon hinter mir. Auch mich packt das Entsetzen, falls ich derartiges überhaupt noch lese. Das ist, in meinen Augen, eine Sichtweise die religionsgeschichtlich durchlaufen wurde und sich in der Bibel dementsprechend niedergeschlagen hat. Schnee von vorgestern, selbst in der Bibel.

Danke! Da fühlen wir wirklich sehr ähnlich - und denken auch ähnlich.

Deshalb fordert Jesus ja umzudenken, was leider noch immer gerne völlig falsch mit "Buße tun" übersetzt wird. Umdenken ist schwer und scheint menschheitsgeschichtlich tausende Jahre zu brauchen. Das ist alles meine Privatmeinung, das, was ich herauslese aus dem was da geschrieben steht!

So interpretiere ich das auch - für mich steht das diametral diesem alttestamentarischen Verständnis gegenüber, das hier von manchen propagiert wird.

Tyrion hat geschrieben:Warum zitieren dann hier im Forum so viele die Passagen aus dem AT, in dem Götzendienst als schlimmstes Verbrechen gewertet wird?
Unsere militanten Atheisten, weil sie so die Strohmänner aufbauen, die sie dann niederknüppeln können. Unsere Fundis, weil sie die Botschaft halt so und nicht anders verstehen. Das musst du mit denen ausraufen, nicht mit mir.

Einsprich, Euer Ehren! Zum einen sehe ich keinen militanten Atheisten (im Wortsinn). Nein, im ernst - wovor sollte ein Nichtchrist in Bezug auf das Christentum Angst haben?
Einerseits vor der Wiederholung dessen, was Christen in den letzten zwei Jahrtausenden verbrochen haben, andererseits davor, dass sie die harten Bibelstellen zuernst nehmen, was zu erstens geführt hat.
Will man die Gefahr, die von einer Religion oder einer Heiligen Schrift ausgeht, thematisieren, dann greift man sich logischerweise die harten Passagen. So auch die über Kind und Rute - die ja ganz real zu extrem viel Leid in christlichen Heimen geführt hat (und es heute noch bei den 12 Stämmen und den ZJ macht).
Das hat nichts mit Strohmann zu tun. So wäre es, wenn man ein Bild aufbaut, dass jeder Christ beispielsweise wie Magdalena61 denkt. Das wäre ein bewusst falsches Bild als Strohmann für die Realität, auf das man dann losgehen könnte. So sehe ich die Diskussionen hier aber nicht (bin aber auch neu hier)

Nein, das meine ich nicht. Ich meine heilt, weil es mich heilt, so wie ich die Inhalte der Botschaft heute höre bzw. verstehe.

Ah, o.k., habe ich nicht so verstanden (da es konkret um Heilungen ging).

Religionsgeschichtlich stehe ich für mich alleine, weil ich als Individuum meine individuelle Religionsgeschichte durchlaufe. Jeder hat da sein Tempo in seiner spirituellen Entwicklung.

Finde ich gut. Solange du nicht davon ausgehst, allein die ganze Wahrheit gepachtet zu haben (wovon ich nicht ausgehe), sondern dich einfach nur regelmäßig mit dem Sinn und Inhalt, der in deinem Glauben steckt, auseinandersetzt, finde ich das sogar sehr gut.

Das grausam, gerecht strafende Gottesbild ist nicht mehr mein Ding

Meins war es nie. Auch nicht, als ich noch an Gott glaubte.

Eigentlich lese ich nur ganz wenige User hier. Meine Ignoreliste ist sehr lang

Sehr schade... fnde ich.

Tyrion hat geschrieben:Wie oft wurde das so nahe Reich Gottes schon vorhergesagt? Schon im Mittelalter war klar, dass es bald kommen wird. Jetzt sind es schon knapp 2000 Jahre... nach 1000 Jahren kam es nicht. Warum ist es plausibel, dass es dann nach 2000 Jahren kommen soll?
Also ich hab es bei mir angekommen lassen - soweit ich das verstehen und erleben kann.

Das meinte ich nicht, was dir aber klar sein dürfte... Dann hoffe ich, dass du es nicht verlassen musst, wenn es dir guttut. Ich habe es bewusst verlassen, weil mir das gut getan hat. Wobei ich beim Verlassen ohnehin nur noch ein virtuelles Reich sah und alles vorher als Selbsttäuschung ansah. Aber wer weiß - wie gesagt, mir tat es gut, es zu verlassen. Wenn es dir gut tut, in diesem Reich zu leben, passt das ja.

Ja mei. Alle Gottesbilder sind falsch. Meins auch. Ich frage nach Gott - der Rest findet mich.

Wenn nur jeder Gläubige so denken würde... :clap:

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Andreas
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#914 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Andreas » Di 20. Dez 2016, 12:00

Tyrion hat geschrieben:So interpretiere ich das auch - für mich steht das diametral diesem alttestamentarischen Verständnis gegenüber, das hier von manchen propagiert wird.
Das klingt in meinen Ohren dann doch zu pauschal. Die Spätgeborenen kämen ohne die Vorarbeiten der Frühgeborenen nicht zu ihren Erkenntnissen und die Letztgeborenen stehen wiederum auf den Schultern der Spätgeborenen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Nachunsgeborenen von dem was wir ihnen hinterlassen haben werden, nicht alles gut und nicht alles schlecht finden werden. Manches werden sie als Segen empfinden, anderes als Fluch. Bestenfalls wird uns dann mit Dankbarkeit und Vergebung gedacht. Ich habe die Hoffnung, dass sie es etwas besser machen werden als wir.

Tyrion hat geschrieben:Nein, im ernst - wovor sollte ein Nichtchrist in Bezug auf das Christentum Angst haben? Einerseits vor der Wiederholung dessen, was Christen in den letzten zwei Jahrtausenden verbrochen haben, andererseits davor, dass sie die harten Bibelstellen zuernst nehmen, was zu erstens geführt hat.
Die Vergangenheit kann man nicht ändern - nur aus ihr lernen. Soll jeder vor mir Angst haben, weil ich als Deutscher immer eine deutsche Vergangenheit habe, und noch dazu als Christ eine christliche Vergangenheit und was noch viel schlimmer ist, als Mensch ...?

Im AT gibt es eben auch unerhörte Glanzlichter unschätzbaren Wertes. Wenn man die alttestamentliche Geschichtsdeutung mit anderen vergleicht, muss einem auffallen, welches Maß an Selbstkritik dort zu finden ist - ganz im Gegensatz zu den Hinterlassenschaften anderer Kulturen, welche überwiegend das Positive überlieferten. Außerdem wird im AT vieles aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Das kann man als Widersprüche auffassen oder als fortschreitenden Diskurs, den man nachvollziehen kann, den man nach-denken kann. Es wurde durchaus aus falschen Gottesbildern gelernt, beispielsweise dass das Ergehen des Menschen nicht abhängig davon ist, ob sein Tun gut oder böse ist und von Gott dementsprechend belohnt oder bestraft wird - siehe Buch Hiob oder Kohelet. Auch Rückfälle sind im AT und auch im NT dokumentiert. Manche Gottesbilder sind falsifiziert und ersetzt worden, vieles ist noch offen und wird bis heute diskutiert - ein Geheimnis wird nicht enträtselt, es offenbart sich.

Die Bibel lesen kommt mir vor, wie ein Blick in ein Kaleidoskop. Die Gottesbilder die ich darin wahrnehme, sind veränderlich, sie hängen auch von meinen Bewegungen, der Art wie ich dieses Kaleidoskop ins Licht halte ab. Ich sehe ein dynamisches Bild, zusammengesetzt aus dem Stückwerk alten Glases und jede bunte Scherbe ist eine Frage nach Gott. Nicht jede dieser bunten Farben ist leuchtend klar, aber der Kontrastreichtum der Bilder lebt auch von den dunklen Tönen. Diese mosaikartigen Bilder sind in meinen Augen wie Multiple-Choice-Antworten auf die Frage nach Gott.
Der Ausdruck "Gottes Wort" beschneidet diese wunderbare Dynamik. Er suggeriert eine Wahrheit, ein unveränderliches Gottesbild und dann versucht man alles unter einen Hut zu quetschen und damit die Menschen einzuengen, zusammenzupferchen wie die Fahrgäste mancherorts von Helfern in überfüllte U-Bahnen gepresst werden. Der zarte Hauch des Geistes wird so zu dicker Luft. Dafür kann aber das AT nichts - das liegt in der Verantwortung des Lesers.

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#915 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von JackSparrow » Di 20. Dez 2016, 16:11

Andreas hat geschrieben:Diese mosaikartigen Bilder sind in meinen Augen wie Multiple-Choice-Antworten auf die Frage nach Gott.
Sie sind der Nachweis, dass es sich bei sämtlichen Göttern um reine Fantasieprodukte handelt. Jeder hätte gern einen Gott, aber niemand wird sich mit seinem Nächsten drüber einig.

Dafür kann aber das AT nichts - das liegt in der Verantwortung des Lesers
Oder auch in seiner Wunschvorstellung.

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Andreas
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#916 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Andreas » Di 20. Dez 2016, 17:05

JackSparrow hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Diese mosaikartigen Bilder sind in meinen Augen wie Multiple-Choice-Antworten auf die Frage nach Gott.
Sie sind der Nachweis, dass es sich bei sämtlichen Göttern um reine Fantasieprodukte handelt.
Selbstverständlich sind die Schriften geistige Produkte und Gott sei Dank haben die Verfasser ihre Phantasie dabei genutzt. Hätten sie das nicht, wären ihre Texte nicht so gut, tiefsinnig und unterhaltsam. Das besondere an diesen Texten ist zudem ihre Offenheit, die dem Leser viel Raum für seine eigenen Gedanken lässt.
JackSparrow hat geschrieben:Jeder hätte gern einen Gott ...
Kannst du dich nicht entscheiden? Was für einen Gott wünscht du dir denn? Vielleicht kann ich dir helfen, einen passenden für dich auszusuchen?
JackSparrow hat geschrieben:..., aber niemand wird sich mit seinem Nächsten drüber einig.
Ja, so sind die Menschen. Sobald es um intime Beziehungen in Liebesdingen geht, werden sie eigen und besitzergreifend. Gut beobachtet!
JackSparrow hat geschrieben:
Dafür kann aber das AT nichts - das liegt in der Verantwortung des Lesers
Oder auch in seiner Wunschvorstellung.
Da hast du völlig recht. Es ist ein wichtiger Erkenntnisgewinn, wenn man sich dessen bewusst wird, wie sehr die eigenen Wünsche das Verstehen eines Textes beeinflussen. Der geistige Freiheitsgrad den man durch diese Erkenntnis gewinnt ist enorm. Gerade das erleichtert es, einem Text zuzuhören, den fremden Gedankengängen des Anderen nachzuspüren um so aus dem eigenen Mief herauszukommen. Das gehört also auch zu der Verantwortung von der ich sprach. Danke, das vergaß ich zu erwähnen.

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Halman
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#917 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Halman » Mi 21. Dez 2016, 01:41

sven23 hat geschrieben:
Halman hat geschrieben: Dann argumetiert er eben unter Missachtung seines Fachwissens und somit vorsätzlich unredlich.

Würde ich nicht sagen, er argumentiert weitgehend in Übereinstimmung mit der neutestamentlichen Forschung und wenn er es mal nicht tut, dann weist er ausdrücklich darauf hin.
Der Höllen- und Teufelsglaube Jesu muss auch in seinem jüdischen Kontext gesehen werden.
Ja, eben. Dazu gehört auch der letzte Vers des Propheten Jesaja und dieser verkündet keinesfalls eine ewige Höllenqual. Diese Vorstellung entstand erst später.

sven23 hat geschrieben:"Mit Hölle und Teufel ist auch das Gericht eng verbunden. Diese Gedankenkreise
bilden fast so etwas wie eine negative Trinität. Das Gottesgericht meint eine Abrechnung
am Ende der Zeiten, bei der jeder Mensch und auch ganze Völker vor dem Richterstuhl
Gottes zu erscheinen haben, um entweder verurteilt oder freigesprochen zu werden. Die
Theologie spricht vom doppelten Ausgang der Menschheitsgeschichte. Heil oder Tod,
Hölle oder Paradies, Sekt oder Selters: Wie beim dualistischen Weltbild gibt es auch hier
keine Differenzierung, keine Abstufung. Der Gerichtsgedanke ist bestimmt durch ein
striktes Schwarz-Weiß-Denken und extreme Strafandrohungen.
...
Da Du einen Theologen anführt, verweise ich auf einen Exgeten und zwar in meinem Beitrag vom Do 12. Mär 2015, 20:47 (Stichwort: »paradoxe Intervention«).

sven23 hat geschrieben:Es ist offensichtlich, dass Jesus auch die Vorstellung vom Gericht geteilt hat. Sie war
nicht nur in seiner Umwelt präsent, auch sein vermutlicher Lehrer Johannes der Täufer
hatte das bevorstehende Zorngericht Gottes als zentralen Punkt seiner Verkündigung im
Programm. Jesus ist ihm darin gefolgt. Und so wird oft übersehen, dass im Hintergrund
seiner frohen Botschaft die Gerichtspredigt steht. Deutlich wird dies in der Rede vom
Weltgericht, welches sich bei Matthäus findet.
..
Ja, die Bibel verkündet auch ein Gericht, aber kein Höllengericht.

sven23 hat geschrieben:Teufelsglaube, Höllenvorstellung und Gericht sind hier in typischer Weise verbunden
und werden von Jesus propagiert. Dass dieses Gleichnis vom Weltgericht dennoch von
den Gläubigen als positiv empfunden wird, liegt schlicht daran, dass sie sich selbst
unbewusst den geretteten Schafen zuordnen und deshalb wenig Mitgefühl für die haben,
die nicht gerettet werden. Zumal deren Schicksal hier noch als gerechte Strafe dargestellt
wird. Das Evangelium, so wie Jesus es verkündet, ist also nicht per se eine frohe
Botschaft. Es bringt für den Großteil der Menschen (Viele sind berufen, aber nur wenige
sind auserwählt, Mt 22,14) schlichtweg Verurteilung und ewige Höllenqualen mit sich.
Man kann die Verwunderung Franz Buggles nur teilen, wenn man realisiert, „daß
derselbe Jesus für die mangelhafte diesseitige Barmherzigkeit ewige jenseitige
Folterqualen androht, eine Unbarmherzigkeit, die die angeprangerte irdische
Unbarmherzigkeit unendlich übersteigt.“ (Buggle, Denn sie wissen nicht was sie glauben,
S. 24)"

Kubitza, Jesuswahn
Kubitza ist gut in Rhetorik und Du kannst fein zitieren. Dies ändert aber nichts daran, dass Jesus keineswegs ewige Höllenqualen im Sinn hatte, als er vom Gericht der Gehenna sprach. Jesus bezog sich mit der Gehenna (γέεννα) auf das Tal Hinnom und spielte in Mk 9:48 offenbar auf Jes 66:24 an.
Zitat aus Der Papst auf Petris Stuhl? - Seite 122
Der jüdische Kommentator David Kimchi (1160[?] bis 1235[?]) gibt bezüglich „Gehinnom“ folgende historische Informationen: „In der Umgebung von Jerusalem existiert ein widerlicher Ort, in den man unreine Dinge und Leichname hinabwarf. Ebenso war dort ein ständiges Feuer, um die unreinen Dinge und die Knochen (der Leichname) zu verbrennen. Daher wird das Gericht der Bösen sinnbildlich Gehinnom genannt.“
Das Buch 2. Chronik[a] berichtet davon, dass die Könige Ạhas und Manạsse im Tal Hinnom ihre Söhne im Feuer dem Baal opferten. Der Prophet Jeremia nahm anklagend darauf Bezug.
Daher war dieses Tal "verflucht", ein Ort für die unreinen Dinge. Wer dort auf unwürdige Weise bestattet wurde, hatte laut jüdischer Vorstellung keine Hoffnung auf eine Auferstehung.
Wie David Kimchi erklärte, loderte dort ein ständiges Feuer, welches wohl durch Schwefel in Gang gehalten wurde. Die Tier- und Menschenkadaver verbrannten nicht alle vollständig, sondern wurden von Würmern zerfressen. In diesem Sinne starb der Wurm dort nicht.

Auch in Mat 10:28 wird keine Hölle beschrieben, denn dass in der Schlachter-Bibel mit "verderben" übersetzte griechische Wort απολεσαι vemittelt nicht den Gedanken von quälen, sondern töten bzw. zerstören.
Zitat aus Mat 10:28 - Interlinear-Übersetzung (NT):
28 και μη φοβηθητε απο των αποκτεινοντων το σωμα την δε ψυχην μη δυναμενων αποκτειναι φοβηθητε δε μαλλον τον δυναμενον και ψυχην και σωμα απολεσαι εν γεεννη
Der Feuersee der Offenbarung ist offenbar die symbolische Darstellung dieses Tals, indem alles, was dort hineingeworfen wird, unwiderbringlich vernichtet wird.

Das Tier aus dem Meer aus Off 13 ist ein Symbol für die "[König]Reiche der Erde". Dieses wird gem. Off 20:10 ebenso "gequält" wie der Drache (Satan) und der falsche Prophet (Off 14:9-11). Wenn man konsequent in der wortgetreuen Deutung ist, muss man annehmen, dass auch die [König]reiche der Erde ewig gequält werden.
Da hier ein Symbol (nämlich das "Tier aus dem Meer") gequält wird, erscheint es mir nicht sinnvoll, die Qual buchstäblich zu deuten. Der Prophet Daniel bringt klarer zum Ausdruck, was damit gemeint ist:
Zitat aus Dan 2:44:
44 Und in den Tagen dieser Könige wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten, das ewig nicht zerstört werden wird. Und das Königreich wird keinem anderen Volk überlassen werden; es wird all jene Königreiche zermalmen und vernichten, selbst aber wird es ewig bestehen:
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Halman
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#918 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Halman » Mi 21. Dez 2016, 01:56

sven23 hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Davon abgesehen greift Andreas` Einwand zu kurz. Es herrscht weitgehend Einigkeit in der Forschung, dass mit dem "Nächsten" in erster Linie die jüdischen Glaubensbrüder gemeint waren. Deshalb wird ja in Levitikus ausdrücklich unterschieden zwischen dem "Nächsten" und dem "Fremdling". Wäre der "Nächste" universal gemeint, würde er den Fremdling mit einschließen und die Unterscheidung wäre gar nicht notwendig.
Du siehst also, liebe Halman, die Aufregung war umsonst.
Ich sehe allenfalls, dass Dir nicht klar ist, dass Jesus den Begriff des Nächsten auf jederman ausdehnte.
Auch das kann von der Forschung nicht bestätigt werden. Es war vor allem Paulus, der die Missionierung auf die Heiden ausdehnte und darüber mit Petrus, der Jesus ja persönlich kannte und damit auch dessen vermuteten Willen, in Streit geriet. Paulus, der Jesus nie getroffen hat, setzte sich durch, wie wir wissen.
Jesus selbst wollte keine neue Religion gründen oder eine weltweite Missionierung. (Ich bin gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel)
Also — da lese ich in der Bibel ganz was anderes. Der Streit zwischen Paulus und Petrus war keineswegs so groß, wie allgemein aufgebauscht wird. Zudem begann Petrus mit der Missionierung der Heiden.
Zu Jesu Missionszeit war einfach noch die Zeit für die Heidenmission. Warum dem so war, habe ich ab HIER (drei Beiträge) erkärt.

sven23 hat geschrieben:"Wie die Kirche den Juden Jesus zum quasi ersten Christen umgebogen hat, so hat sie sich
auch seine Lehre so zurechtgebogen, wie sie es brauchte. Im Ergebnis spielte es gar keine
Rolle mehr, was Jesus wirklich gedacht und gesagt, was er wirklich gewollt hat. Der
religiöse Glaube macht sich die Welt, gerade wie sie ihm gefällt. Es ist offenbar auch dies
ein religionsgeschichtliches Gesetz: Ein Religionsstifter hat weit weniger Einfluss auf die
Ausformung einer bestimmten Lehre als diejenigen, die ihn als Erste tradieren, die seine
ersten Anhänger sind. Paulus hat weit mehr Einfluss auf die Ausbildung des
Christentums und die christlichen Grundlehren gehabt als Jesus selbst. Und bereits
Paulus hat es sich leisten können, einen völlig anderen Jesus der Welt zu präsentieren,
ein Kunstprodukt seiner Fantasie. Nach dem Willen des vermeintlichen Stifters hat er
nicht gefragt. Und auch die Kirche hat dies wenig interessiert, sie hielt sich eher an
Paulus oder an ihre eigene Lehrtradition.
Indem die Kirche Jesu „heiligen Willen“ (Goethe) missachtete, legte sie den
Grundstein für ihre eigene Existenz. Das Christentum basiert auf einem weltgeschichtlich
überaus wirksam gewordenen Irrtum. Dabei sei erneut betont: Es ist kein aktiver Betrug
im Sinne einer Verschwörungstheorie, es ist vielmehr ein Selbstbetrug von Gläubigen,
wie er wohl am Beginn von allen Religionen steht. Die Gläubigen haben nicht bewusst
eine Religion erfunden, sie haben sich eher in religiöse Anschauungen und
Überzeugungen hineingeglaubt. Aus den anfangs noch relativ unentwickelten und
vielfach noch gegensätzlichen Glaubensvorstellungen entstanden bald festere
Glaubenssätze. Der paulinische Einfluss und die Dominanz des Heidenchristentums,
später dann die altchristlichen Konzilien haben das Ihrige getan. Am Ende stand ein
Christusbild, welches mit dem historischen Jesus nicht mehr das Geringste zu tun hatte.
Die Kirchen glauben an eine von ihnen selbst geschaffene Fiktion und halten diesen
Glauben für eine Tugend."

Kubitza, Der Jesuswahn
Das Paulus einen völlig anderen Jesus verkündet als die Evangelisten, wird ja immer wieder behauptet. Dergleichen konnte ich beim Lesen des zweiten Testaments allerdings nicht feststellen. Paulus bezieht sich auf urchristliche Doxologien und dem Tanach (AT). Seine Darstellung des Abendmahl an die Korinther entspricht der lukaischen.
Natürlich unterscheiden sich Lehrbriefe von Evangelien, bei denen es sich um narrative Texte handelt.

Übrigens, dass alle Völker der Welt durch Abraham gesegnet werden sollen, war von Anfang an Bestandteil der Torah.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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lovetrail
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#919 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von lovetrail » Mi 21. Dez 2016, 10:13

@Halmann: Das Quälen ( = basanizo/basanos) würd ich nicht so einfach theologisch über Board werfen, denn es hatte in der ursprünglichen Wortbedeutung den Sinn einen Stein/oder ein Metall an einem Prüfstein zu reiben, um zu sehen, was in ihm ist. (daraus entstand auch ein Rauch).



LG
Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, so wird Christus dich erleuchten!

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#920 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von JackSparrow » Mi 21. Dez 2016, 20:10

Andreas hat geschrieben:Was für einen Gott wünscht du dir denn? Vielleicht kann ich dir helfen, einen passenden für dich auszusuchen?
Er sollte vor allem sehr gesprächig sein und mir sofort mitteilen, wenn ich irgendwas für ihn tun soll oder wenn ihm mein Verhalten missfällt. Er sollte mir auch sagen, welche Konsequenzen ich andernfalls zu erwarten habe, so dass ich stets situationsbezogen abwägen kann, ob ich seinem Willen Folge leisten möchte oder nicht.

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