Hölle lebenslänglich?

Rund um Bibel und Glaube
Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#891 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von sven23 » So 18. Dez 2016, 17:57

Andreas hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dazu schreibt Kubitza:"Die Strafe stünde doch dann in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zum Vergehen? Und wäre Jesus dann nicht selbst von seinem Wort betroffen, wenn er die Schriftgelehrten als Natterngezücht bezeichnet, wie es oft berichtet wird?"Da kann man ihm doch nur zustimmen.
Da kann man ihm nicht zustimmen. Erstens wird das mit den Nattern aus Jesu Munde nicht "oft berichtet" sondern nur zwei mal in Mt 12,34 und Mt 23,33.
Ach so, nur 2 mal, dann gilt es natürlich nicht. :lol:


Andreas hat geschrieben: Zweitens meint Jesus im Kontext mit "gottloser Narr" etwas anderes als mit "Natterngezücht".
Natürlich ist das was anderes. Wo soll Kubitza das als gleich behauptet haben?
Es geht auch am Thema vorbei. Der Jesus der Bergpredigt ist ein anderer als der Jesus, der andere wegen kleiner Vergehen verflucht. Möglicherweise liegt es auch an den unterschiedlichen Köchen (Evangelisten). Bestes Beispiel sind die nicht in Einklang zu bringenden Geburtsregister.
Es ging aber um folgende Bibelstelle, von der Rudolf Augstein sagte, es handele sich um "blanken, unbarmherzigen Unfug."

"Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten; wer aber tötet, wird dem Gericht verfallen sein.
Ich aber sage euch, dass schon jeder, der seinem Bruder zürnt, dem Gericht verfallen sein wird; wer aber zu seinem
Bruder sagt Du Dummkopf, wird dem Hohen Rat verfallen sein; wer aber sagt Du gottloser Narr, der wird der Hölle
des Feuers verfallen sein."

(Mt 5,21–22)

Dazu schreibt Kubitza:
"Die Trias Teufel–Hölle–Gericht hat also in einem viel stärkeren Maße in Jesu Denken
eine Rolle gespielt, als dies im Bewusstsein der Christen präsent ist. Verstärkt wird dieser
negative Gedankenkreis noch durch den ethischen Rigorismus, den Jesus zuweilen zu
vertreten scheint. Und dann stellt sich schnell die Frage, wer denn überhaupt noch
gerettet werden kann. So finden sich in der Bergpredigt die bekannten Strafandrohungen:
...
Meint Jesus das wirklich ernst? Ein vergleichsweise
geringes Vergehen soll schon ausreichend sein, um dem Gericht verfallen zu sein? Wo
bleibt denn da die Verhältnismäßigkeit? Die Strafe stünde doch dann in keinem
vernünftigen Verhältnis mehr zum Vergehen? Und wäre Jesus dann nicht selbst von
seinem Wort betroffen, wenn er die Schriftgelehrten als Natterngezücht bezeichnet, wie
es oft berichtet wird? Den Ehebruch verschärft Jesus derart, dass es schon als Ehebruch
gilt, eine Frau auch nur begehrlich anzuschauen. Den Städten Chorazim und Bethsaida
wird explizit die Vernichtung angedroht, und zwar nur, weil sie seine ausgesandten
Jünger nicht aufgenommen haben.
Ist dieser Jesus noch bei Trost? Geht hier das Eiferertum mit ihm durch? Mit solchen
Sätzen scheint er von einer humanen Rechtsprechung, wie wir sie kennen, meilenweit
entfernt zu sein. Wie wenig verraten diese Sätze einen gesunden Einblick in die
menschliche Natur, und wie sehr spricht hier der Schwärmer. Und doch liegt ja der
Gedanke von ewigen Höllenstrafen auf der gleichen Wellenlänge. Abstrakt gesprochen:
Der Mensch ist ein endliches Wesen: Wenn er sündigen kann, dann kann er doch nur
endlich sündigen, es sollte doch kein Vergehen vorstellbar sein, das so groß ist, dass eine
unendliche, nie endende Bestrafung angemessen wäre."


Andreas hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie ich schon oft sagte, kommt an solchen Stellen das religiöse Eiferertum, fast schon Fanatismus, zum Vorschein, der nur Schwarz-Weiss Denken (entweder bist du für mich oder gegen mich) kennt.
Das hast du dir schlicht ausgedacht.
Mitnichten.

"Wie soll man abschließend die Lehre Jesu, wie soll man seine Ethik beurteilen? Dem
gläubigen Christen erscheint er nicht nur als Heilbringer, sondern auch als Bringer einer
neuen Ethik. Es ist jedoch schon lange aufgefallen, dass die Lehre Jesu so einheitlich
nicht ist. Überlieferungsgeschichtlich fällt auf, dass Paulus als ältester Zeuge fast nichts
zur Lehre Jesu mitteilt. Was Jesus zu seinen Lebzeiten gesagt hat, war für Paulus
offenbar nicht berichtenswert, der Christus nach dem Fleische, so schärft er ein, geht uns
nichts an. (2. Kor 5,16) Auch im ältesten Evangelium bei Markus bleibt Jesu Ethik noch
merklich blass.
...
Was herauskommt, ist jedoch keineswegs schlüssig und einheitlich. Spricht er in Mt
11,30 davon, dass sein Joch sanft ist, verkündet er in Mt 10,34, dass er nicht gekommen
sei, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Betont er die bleibende Gültigkeit des
Gesetzes, scheint er es an anderer Stelle außer Kraft zu setzen. Lehnt er (für sich) Askese
offenbar grundsätzlich ab, sendet er seine Jünger mit asketischen Anweisungen zur
Predigt in die Dörfer der Umgebung. Zeigt er sich einerseits als Humanisierer einer als
unmenschlich geschilderten Gesetzlichkeit, erweist er sich an anderer Stelle als ethischer
Rigorist. Verkündet er das Herannahen der Gottesherrschaft als Evangelium, teilt er
andererseits mit seiner Umwelt den Gerichtsgedanken und schwächt seine Lehre damit
wieder ab. Die verkündete Liebe des Vaters wird konterkariert mit dessen Auftreten als
Richter am Ende der Zeiten. Jesus scheint nicht zu bemerken, dass mit den in die ewige
Feuerhölle geworfenen Menschen auch seine Liebesbotschaft den Flammen übergeben
wird. Was sind Liebesgebot und Feindesliebe wert angesichts des Gerichtsgedankens? Die
Kraft und innere Souveränität, sich vom Höllen- und Teufelsglauben zu lösen, hat Jesus
nicht gehabt. Dies gilt noch mehr vom Gerichtsglauben, der in der jüdischen Umwelt Jesu
ja fast eine konstitutive Größe war. Man kann ihm deswegen keinen Vorwurf machen, er
war eben ein Kind seiner Zeit, seine aus heutiger Sicht inhumanen, mythologischen und
archaischen Denkmuster gehören ihm zu. Bedauerlich aber, dass diese Denkmuster auf
dem Wege der Überlieferung und der Verschriftlichung den Weg bis in unsere Zeit
gefunden haben.
...
Zur Verwirrung trägt auch bei, dass Jesus sich offenbar selbst nicht an seine ethischen
Weisungen gehalten hat. Deutlich wird dies z. B. an seinen Auseinandersetzungen mit
den fast sprichwörtlichen Schriftgelehrten und Pharisäern. Bei aller nachösterlichen
Interpolation der frühen christlichen Gemeinde muss man dennoch davon ausgehen,
dass sein harsches Angehen der jüdischen Lehrautoritäten im Kern historisch ist.
Demnach hätte Jesus seine Gegner als Narren, als Blinde, als Heuchler, gar als
Schlangenbrut bezeichnet. Ein solcher Sprachgebrauch wäre, sofern diese Stellen nicht
insgesamt erfunden sind, allemal Ausdruck von Fanatismus und Eiferertum. Er wirkt
aber auch angesichts Jesu eigener Mahnung merkwürdig, dass der, der seinem Bruder
zürnt, dem Gericht verfallen soll. Wenn er tatsächlich diese Verschärfung des Gesetzes
vertreten hat, so geht er mit schlechtem Beispiel voran. Heiliger Zorn? Für Christen sind
solche Stellen jedenfalls kein Problem. Man stelle sich aber einmal vor, ein muslimischer
Prediger würde öffentlich so auftreten."

Kubitza, Der Jesuswahn


Andreas hat geschrieben: Nichts neues im Westen, was dich angeht. Ohne unlautere Mittel kannst du nicht argumentieren. Das ist dein unreiner Geist, der rein (heilig) werden könnte ...
Nun komm mal wieder von deinem hohen Glaubens-Ross runter. :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#892 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von sven23 » So 18. Dez 2016, 18:16

Andreas hat geschrieben:Immer wieder der gleiche Mist.
sven23 hat geschrieben:
Unter dem Nächsten darf man sich nicht jeden Menschen vorstellen (manwürde es sonst auch anders ausdrücken), sondern in Übereinstimmung mit jüdischenVorstellungen den Nächsten des eigenen Volkes.
"Kubitza, Der Jesuswahn
Kubitza und du Nachplapperer sehen halt nur, was sie sehen wollen. Nur wenige Verse weiter steht genau das Gegenteil, von dem was Kubitza behauptet. Kubitzas selektive Verarbeitung vorliegender Daten ist höchst unwissenschaftlich und hat mit der HKM nicht mehr das geringste zu tun.
Lev 19,33-34 hat geschrieben:Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken. Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen. Ich bin der Herr, euer Gott.
Das zitiert er nicht, weil es ihm nicht in seinen polemischen Kram passt.
Dir ist aber schon klar, dass du das AT zitierst, das eine andere Erzähltradition hat. Mit Jesus befinden wir uns im NT und die Forschung ist sich weitgehend einig, dass der Jude Jesus viel stärker im jüdischen Kontext verstanden werden muss.
(Ich bin gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel...). Jesus wollte keine Weltmission oder Heidenmission, wie Paulus sie später propagierte, sondern richtete seine Warnung zur Umkehr an seine jüdischen Glaubensbrüder.

"Der politische Rahmen bei seiner Verkündigung ist ziemlich deutlich! Vielleicht kann ich es klarmachen, indem
ich ihn mit der jüdischen Widerstandsbewegung gegen die Römer vergleiche. Es gibt hin und wieder die These, dass
Jesus einen zelotischen Hintergrund hat. Die Zeloten waren eine besonders radikale Gruppe der Widerstandsbewegung. Wie sie waren viele Teilnehmer der Widerstandsbewegung zu der Erkenntnis gekommen, dass das erste
Gebot »Du sollst Gott verehren und keinen anderen neben ihm« so auszulegen sei, dass man den Kaiser neben Gott
nicht anerkennen darf. In der Jesusüberlieferung wird diese Alternative ganz klar abgelehnt. Man kann dem Kaiser
geben, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. Radikalität findet sich bei Jesus dafür an einem anderen Punkt.
Beim Reichtum. Du kannst nicht Gott dienen und zugleich dem Mammon. Man kann nicht zwei Herren zugleich
dienen. Hier findet sich dieselbe radikal-theokratische Alternative wie bei der Widerstandsbewegung. So hat Jesus
vermutlich zwar keinen zelotischen Hintergrund, aber die zelotische Widerstandsbewegung und Jesus haben einen
gemeinsamen Hintergrund, das Judentum. Und dies auch noch in einer verschärften und besonders radikalen Form."

Gerd Theißen, Der historische Jesus
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
Andreas
Beiträge: 5147
Registriert: So 21. Apr 2013, 19:15

#893 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Andreas » So 18. Dez 2016, 18:48

Auch im Kontext des NT ist es genau andersherum, als Kubitza behauptet:

Lk 10,25-29 hat geschrieben:Da stand ein Gesetzeslehrer auf, und um Jesus auf die Probe zu stellen, fragte er ihn: Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?
Jesus sagte zu ihm: Was steht im Gesetz? Was liest du dort?
Er antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken, und: Deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst.
Jesus sagte zu ihm: Du hast richtig geantwortet. Handle danach und du wirst leben.
Der Gesetzeslehrer wollte seine Frage rechtfertigen und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster?
Im direkten Anschluss an das AT-Zitat des Schriftlgelehrten ("Was liest du?) von Lev 19,18 (welches auch Kubitza zitiert) beantwortet Jesus die Frage nach dem Nächsten mit dem Gleichnis des Samaritaners. Dieser ist im Kontext des NT "der Fremde", weil die Samaritaner nicht zu den Juden gehörten. Juden gehen an dem verwundeten Menschen achtlos vorüber und kümmern sich nicht um ihn. Über den verwundeten Mann wird nicht ausgesagt, ob er einer des Volkes oder ein Fremder ist. Das bleibt offen. Jesus stellt den Juden einen Fremden als Vorbild gegenüber und bezieht sich damit eben auf Lev 19,33-34, auf die Stelle die ich im Gegensatz zu Kubitza und dem Schriftgelehrten (!) oben zitierte. Jesus "liest" beide Stellen und nicht nur die eine (Was liest du?). Durch diese Umkehrung hebt er den Bezug vom "Einheimischen" zum "Fremden" in doppelter Weise auf. Es geht Jesus eben einzig um "den Menschen" unabhängig von der nationalen Zugehörigkeit. Deshalb setzt er einen Fremden, den Samaritaner, als Positivbeispiel gegen das Negativbeispiel der achtlos vorübergehenden Juden seines Volkes.
Kontext, Kontext, Kontext.
Zuletzt geändert von Andreas am So 18. Dez 2016, 19:12, insgesamt 2-mal geändert.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#894 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von sven23 » So 18. Dez 2016, 19:10

Halman hat geschrieben: Kubitza ist ein Interessenvertreter der gbs und gebraucht die Luther-Übersetzung, anstatt sich auf dem biblischen Grundtext zu beziehen. Jesus sprach nie von der Hölle, so oft dies auch in deutschen Bibelübersetzungen unterstellt wird.
Vielleicht sperrst du dich so sehr dagegen, weil der Begriff so negativ besetzt ist. Dazu hat natürlich auch die Kirche in den lezten 2000 Jahren gehörig beitragen, die mit der Angst vor der Hölle gute Geschäfte machte.
Alle Übersetzungen haben die Hölle im Programm. Wie auch immer man übersetzt: es ist jedenfalls ein Ort, an dem man nicht sein möchte, also ein Bestrafungsort.

"In der rabbinischen Literatur finden sich zwei Vorstellungen von Gehenna als Ort einer von Gott verhängten Strafe. Die eine geht von einer Auferstehung der Toten und einem anschließenden Gerichtsurteil aus; die Übeltäter werden zur Vergeltung für ihre Sünden in die Gehenna geschickt, die materiell aufgefasst wird. Dem anderen Konzept zufolge ist die Gehenna eine immaterielle Hölle für die Seelen, die jeweils unmittelbar nach dem Tod des Menschen dort ihre Strafen empfangen. Die Bestrafung wird in der rabbinischen Literatur für manche der von ihr Betroffenen als befristet, für andere als ewig betrachtet. Die letzteren werden im Talmud als „Kinder der Gehenna“ bezeichnet."
Quelle: Wikipedia


Halman hat geschrieben: Dass Kubitza den Kontext ignoriert, wie Du schön aufgezeigt hast, bestätigt mich darin, dass er unredlich die Öffentlichkeit in arglistiger Weise täuscht. Dass dem so ist, dafür spricht die Fachkenntnis, die ich bei ihm unterstellen muss. Falls dem nicht so ist, dann ist er schlicht inkompentent.
Du kannst davon ausgehen, dass er mit seinem Wissen um die Bibel uns alle zusammen in die Tasche steckt. ;)
Davon abgesehen greift Andreas` Einwand zu kurz. Es herrscht weitgehend Einigkeit in der Forschung, dass mit dem "Nächsten" in erster Linie die jüdischen Glaubensbrüder gemeint waren. Deshalb wird ja in Levitikus ausdrücklich unterschieden zwischen dem "Nächsten" und dem "Fremdling". Wäre der "Nächste" universal gemeint, würde er den Fremdling mit einschließen und die Unterscheidung wäre gar nicht notwendig.
Du siehst also, liebe Halman, die Aufregung war umsonst.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
Andreas
Beiträge: 5147
Registriert: So 21. Apr 2013, 19:15

#895 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Andreas » So 18. Dez 2016, 19:29

Sven23 oder wars Kubitza? Ist kaum zu unterscheiden hat geschrieben:Unter dem Nächsten darf man sich nicht jeden Menschen vorstellen (manwürde es sonst auch anders ausdrücken), sondern in Übereinstimmung mit jüdischenVorstellungen den Nächsten des eigenen Volkes.
Ach, man hat es so ausgedrückt, weil man nur das eigene Volk meint! Sonst hätte man es anders ausgedrückt!
Nun habe ich dir gezeigt, dass es anders ausgedrückt wurde und nun ist auch das ein Beleg dafür, dass nur das eigene Volk gemeint sei.
sven23 hat geschrieben:Deshalb wird ja in Levitikus ausdrücklich unterschieden zwischen dem "Nächsten" und dem "Fremdling". Wäre der "Nächste" universal gemeint, würde er den Fremdling mit einschließen und die Unterscheidung wäre gar nicht notwendig.
Verstehe: wenn man den Fremden nicht mit einschließt ist es national gedacht und wenn man ihn mit einschließt ist es auch national gedacht??? Wahnsinnig logisch.
Nun schrauben wir ein wenig an den Worten herum und machen aus "nationalistisch" flugs "universal" um zu retten, was nicht zu retten ist.
Der Titel "Jesus Wahn" wird immer wahrer, weil die Wahnvorstellungen die Kubitza und du von Jesus haben immer deutlicher zu Tage treten.

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#896 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Halman » So 18. Dez 2016, 20:43

sven23 hat geschrieben:
Halman hat geschrieben: Kubitza ist ein Interessenvertreter der gbs und gebraucht die Luther-Übersetzung, anstatt sich auf dem biblischen Grundtext zu beziehen. Jesus sprach nie von der Hölle, so oft dies auch in deutschen Bibelübersetzungen unterstellt wird.
Vielleicht sperrst du dich so sehr dagegen, weil der Begriff so negativ besetzt ist.
Nein, sondern deswegen, weil ich intellektuell redlich bin.

sven23 hat geschrieben:Dazu hat natürlich auch die Kirche in den lezten 2000 Jahren gehörig beitragen, die mit der Angst vor der Hölle gute Geschäfte machte.
Alle Übersetzungen haben die Hölle im Programm. Wie auch immer man übersetzt: es ist jedenfalls ein Ort, an dem man nicht sein möchte, also ein Bestrafungsort.

"In der rabbinischen Literatur finden sich zwei Vorstellungen von Gehenna als Ort einer von Gott verhängten Strafe. Die eine geht von einer Auferstehung der Toten und einem anschließenden Gerichtsurteil aus; die Übeltäter werden zur Vergeltung für ihre Sünden in die Gehenna geschickt, die materiell aufgefasst wird. Dem anderen Konzept zufolge ist die Gehenna eine immaterielle Hölle für die Seelen, die jeweils unmittelbar nach dem Tod des Menschen dort ihre Strafen empfangen. Die Bestrafung wird in der rabbinischen Literatur für manche der von ihr Betroffenen als befristet, für andere als ewig betrachtet. Die letzteren werden im Talmud als „Kinder der Gehenna“ bezeichnet."
Quelle: Wikipedia
Dass sich ein religiös-theologischer Bedeutungswandel vollzog, ist mir wohl bekannt. Jesus bezog sich aber auf jesajanische Worte, in denen die spätere theologische Ausformung nicht enthalten ist. Zudem verwendet "Matthäus" i.V.m. der Gehenna den Begriff απολεσαι und beschreibt keineswegs eine ewige Höllenqual.

sven23 hat geschrieben:
Halman hat geschrieben: Dass Kubitza den Kontext ignoriert, wie Du schön aufgezeigt hast, bestätigt mich darin, dass er unredlich die Öffentlichkeit in arglistiger Weise täuscht. Dass dem so ist, dafür spricht die Fachkenntnis, die ich bei ihm unterstellen muss. Falls dem nicht so ist, dann ist er schlicht inkompentent.
Du kannst davon ausgehen, dass er mit seinem Wissen um die Bibel uns alle zusammen in die Tasche steckt. ;)
Dann argumetiert er eben unter Missachtung seines Fachwissens und somit vorsätzlich unredlich.

sven23 hat geschrieben:Davon abgesehen greift Andreas` Einwand zu kurz. Es herrscht weitgehend Einigkeit in der Forschung, dass mit dem "Nächsten" in erster Linie die jüdischen Glaubensbrüder gemeint waren. Deshalb wird ja in Levitikus ausdrücklich unterschieden zwischen dem "Nächsten" und dem "Fremdling". Wäre der "Nächste" universal gemeint, würde er den Fremdling mit einschließen und die Unterscheidung wäre gar nicht notwendig.
Du siehst also, liebe Halman, die Aufregung war umsonst.
Ich sehe allenfalls, dass Dir nicht klar ist, dass Jesus den Begriff des Nächsten auf jederman ausdehnte.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Rembremerding
Beiträge: 2984
Registriert: So 18. Aug 2013, 16:16

#897 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Rembremerding » So 18. Dez 2016, 21:37

Andreas hat geschrieben: Dieser ist im Kontext des NT "der Fremde", weil die Samaritaner nicht zu den Juden gehörten. Juden gehen an dem verwundeten Menschen achtlos vorüber und kümmern sich nicht um ihn. Über den verwundeten Mann wird nicht ausgesagt, ob er einer des Volkes oder ein Fremder ist. Das bleibt offen. Durch diese Umkehrung hebt er den Bezug vom "Einheimischen" zum "Fremden" in doppelter Weise auf. Es geht Jesus eben einzig um "den Menschen" unabhängig von der nationalen Zugehörigkeit. Deshalb setzt er einen Fremden, den Samaritaner, als Positivbeispiel gegen das Negativbeispiel der achtlos vorübergehenden Juden seines Volkes.
Das ist richtig und gehen wir tiefer in den Text, warum es so ist (Lk 10:29-37 HSK):
Jener aber wollte sich rechtfertigen und sagte zu Jesus: »Und wer ist mein Nächster?«
30 Jesus nahm das Wort und sprach: »Es ging ein Mann von Jerusalem hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber. Die plünderten ihn aus, schlugen ihn wund, ließen ihn halbtot liegen und gingen davon. 31 Da fügte es sich, daß ein Priester auf jenem Weg hinabging; er sah ihn und ging vorüber. 32 Ebenso ging auch ein Levit, der an die Stelle kam und ihn sah, vorüber. 33 Ein Samariter aber, der des Weges zog, kam hinzu, sah ihn und erbarmte sich seiner. 34 Er ging hin, verband seine Wunden und goß Öl und Wein darauf. Dann hob er ihn auf sein Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und trug Sorge für ihn. 35 Am andern Tag zog er zwei Denare heraus, gab sie dem Wirt und sagte: Trag Sorge für ihn, und was du darüber noch aufwendest, werde ich dir auf dem Rückweg bezahlen. 36 Wer von diesen dreien, meinst du, hat sich als Nächster erwiesen an dem, der unter die Räuber fiel?« 37 Der antwortete: »Der Barmherzigkeit übte an ihm. « Da sagte Jesus zu ihm: »Geh hin und tu desgleichen!«
Zunächst muss man feststellen, dass der Gesetzeslehrer Jesus eine Falle stellen wollte. Zum einen, weil jeder jüdische Bub die Frage beantworten konnte, zum anderen, weil er die zwei Gebote in einem Satz gleich stellte, obwohl sie im AT an verschiedenen Stellen stehen und unterschiedliches Gewicht besitzen.

Jesus lässt jedoch Frage und Antwort gelten, obwohl er die Arglist durchschaut und der Gesetzeslehrer nun seine gefährliche Frage nach dem Nächsten stellte. Für Jesus ist nämlich jeder Nächster, für den Juden zu dieser Zeit nur ein Stammesbruder, der kein öffentlicher Sünder war. Jesus konstruiert jedoch geschickt einen Fall, bei dem das Gebot der Nächstenliebe im Sinn des Gesetzes in jeden Fall erfüllt wird. Es geht ihm um jeden bedürftigen Menschen und nicht allein um den Nächsten.

Jesu erzählte hier keine erbauliche Geschichte, die man nachahmen soll, sondern es sollte allein die Frage nach dem Nächsten beantwortet werden. Jesus ging es zudem in erster Linie nicht darum Juden als böse, Samariter als gut darzustellen.

Anhand der Geschichte konnte weder Levit, Priester noch Samariter wissen, welcher Stammesbruder dort lag. Wörtlich heißt es nämlich in Vers 30: "Sie zogen ihm die Kleider aus", womit man an den Kleidern die Stammeszugehörigkeit nicht erkennen konnte. Im aramäischen und hebräischen gibt es zudem kein Wort für bewusstlos, deshalb steht dort halbtot. Der Verletzte kann also auch keine Auskunft über sich geben und spricht nicht, so dass man nicht weiß, von wo er kommt. Also wäre jeder verpflichtet, der vorübergeht, zu helfen.

Nun kann man das Urteil über den Priester auch milder ausfallen lassen. Denn er mag in dem Reglosen einen Toten erkannt haben, dessen Leiche er nach mosaischen Gesetz nicht berühren durfte. Schriftliche Überlieferungen der Zeit besagen auch, dass Leviten gerne das Verhalten der Priester nachahmten, obwohl sie das Gesetz nicht dazu verpflichtete, Tote nicht berühren zu dürfen.

Der Samariter hatte keinen Grund den Reglosen nicht zu berühren, hätte sich aber die Frage nach der Stammeszugehörigkeit stellen können. Er wusste, dass auf diesem Weg wohl zu 90 % Juden und nur 10 % Samariter von Jerusalem her unterwegs waren. Die Frage stellte er aber nicht, er hatte Mitleid. So hat der Schriftgelehrte die Geschichte des Herrn damals verstanden.

Eigentlich hätte er auf die Frage des Herrn nach dem Nächsten antworten müssen: "Das kann man nicht wissen". Jesus aber zeigt auf, dass man nicht lange nach dem Nächsten fragen soll, sondern jeden Bedürftigen helfen soll. Der Schriftgelehrte antwortet also nach seinem Gesetz falsch, denn er tat so, als hätte er im Nächsten einen Stammesbruder erkannt (wobei er seine Verachtung gegenüber dem Samariter doch noch zum Ausdruck bringt, weil er nur vom dem sprach, der Barmherzigkeit übte). Jesus war aber milde und schickte ihn mit einer Aufmunterung fort.

Servus :wave:
Zuletzt geändert von Rembremerding am So 18. Dez 2016, 21:42, insgesamt 2-mal geändert.
Dieser katholische User ist hier dauerhaft inaktiv

Benutzeravatar
lovetrail
Beiträge: 4855
Registriert: Sa 1. Jun 2013, 20:00

#898 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von lovetrail » So 18. Dez 2016, 21:40

Halman hat geschrieben: Jesus sprach nie von der Hölle, so oft dies auch in deutschen Bibelübersetzungen unterstellt wird. Dies hatte ich hier alles schon wiederholt erklärt und ist hier im Forum dokumentiert und für willige User über die Suchfunktion auffindbar.
Jesus sprach vom Feuer der Gehenna und es dürfte sich, wenn man sich die Stellen ansieht, nicht um ein bloß irdisches Feuer handeln.

zB
Wenn aber dein rechtes Auge dir Anlass zur Sünde gibt, so reiß es aus und wirf es von dir! Denn es ist dir besser, dass eins deiner Glieder umkommt und nicht dein ganzer Leib in die Hölle (Gehenna) geworfen wird. (Mt.5,29: Elb.)

Ich aber sage euch, dass jeder, der seinem Bruder zürnt, dem Gericht verfallen sein wird; wer aber zu seinem Bruder sagt: Raka!, dem Hohen Rat verfallen sein wird; wer aber sagt: Du Narr!, der Hölle (Gehenna) des Feuers verfallen sein wird. (Mt.5,22; Elb.)

Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen; fürchtet aber vielmehr den, der sowohl Seele als auch Leib zu verderben vermag in der Hölle (Gehenna)! (Mt.10,28; Elb.)

LG lovetrail
Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, so wird Christus dich erleuchten!

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#899 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von sven23 » So 18. Dez 2016, 21:46

Halman hat geschrieben: Dann argumetiert er eben unter Missachtung seines Fachwissens und somit vorsätzlich unredlich.

Würde ich nicht sagen, er argumentiert weitgehend in Übereinstimmung mit der neutestamentlichen Forschung und wenn er es mal nicht tut, dann weist er ausdrücklich darauf hin.
Der Höllen- und Teufelsglaube Jesu muss auch in seinem jüdischen Kontext gesehen werden.

"Mit Hölle und Teufel ist auch das Gericht eng verbunden. Diese Gedankenkreise
bilden fast so etwas wie eine negative Trinität. Das Gottesgericht meint eine Abrechnung
am Ende der Zeiten, bei der jeder Mensch und auch ganze Völker vor dem Richterstuhl
Gottes zu erscheinen haben, um entweder verurteilt oder freigesprochen zu werden. Die
Theologie spricht vom doppelten Ausgang der Menschheitsgeschichte. Heil oder Tod,
Hölle oder Paradies, Sekt oder Selters: Wie beim dualistischen Weltbild gibt es auch hier
keine Differenzierung, keine Abstufung. Der Gerichtsgedanke ist bestimmt durch ein
striktes Schwarz-Weiß-Denken und extreme Strafandrohungen.
...
Es ist offensichtlich, dass Jesus auch die Vorstellung vom Gericht geteilt hat. Sie war
nicht nur in seiner Umwelt präsent, auch sein vermutlicher Lehrer Johannes der Täufer
hatte das bevorstehende Zorngericht Gottes als zentralen Punkt seiner Verkündigung im
Programm. Jesus ist ihm darin gefolgt. Und so wird oft übersehen, dass im Hintergrund
seiner frohen Botschaft die Gerichtspredigt steht. Deutlich wird dies in der Rede vom
Weltgericht, welches sich bei Matthäus findet.
..
Teufelsglaube, Höllenvorstellung und Gericht sind hier in typischer Weise verbunden
und werden von Jesus propagiert. Dass dieses Gleichnis vom Weltgericht dennoch von
den Gläubigen als positiv empfunden wird, liegt schlicht daran, dass sie sich selbst
unbewusst den geretteten Schafen zuordnen und deshalb wenig Mitgefühl für die haben,
die nicht gerettet werden. Zumal deren Schicksal hier noch als gerechte Strafe dargestellt
wird. Das Evangelium, so wie Jesus es verkündet, ist also nicht per se eine frohe
Botschaft. Es bringt für den Großteil der Menschen (Viele sind berufen, aber nur wenige
sind auserwählt, Mt 22,14) schlichtweg Verurteilung und ewige Höllenqualen mit sich.
Man kann die Verwunderung Franz Buggles nur teilen, wenn man realisiert, „daß
derselbe Jesus für die mangelhafte diesseitige Barmherzigkeit ewige jenseitige
Folterqualen androht, eine Unbarmherzigkeit, die die angeprangerte irdische
Unbarmherzigkeit unendlich übersteigt.“ (Buggle, Denn sie wissen nicht was sie glauben,
S. 24)"

Kubitza, Jesuswahn

Halman hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Davon abgesehen greift Andreas` Einwand zu kurz. Es herrscht weitgehend Einigkeit in der Forschung, dass mit dem "Nächsten" in erster Linie die jüdischen Glaubensbrüder gemeint waren. Deshalb wird ja in Levitikus ausdrücklich unterschieden zwischen dem "Nächsten" und dem "Fremdling". Wäre der "Nächste" universal gemeint, würde er den Fremdling mit einschließen und die Unterscheidung wäre gar nicht notwendig.
Du siehst also, liebe Halman, die Aufregung war umsonst.
Ich sehe allenfalls, dass Dir nicht klar ist, dass Jesus den Begriff des Nächsten auf jederman ausdehnte.
Auch das kann von der Forschung nicht bestätigt werden. Es war vor allem Paulus, der die Missionierung auf die Heiden ausdehnte und darüber mit Petrus, der Jesus ja persönlich kannte und damit auch dessen vermuteten Willen, in Streit geriet. Paulus, der Jesus nie getroffen hat, setzte sich durch, wie wir wissen.
Jesus selbst wollte keine neue Religion gründen oder eine weltweite Missionierung. (Ich bin gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel)

"Wie die Kirche den Juden Jesus zum quasi ersten Christen umgebogen hat, so hat sie sich
auch seine Lehre so zurechtgebogen, wie sie es brauchte. Im Ergebnis spielte es gar keine
Rolle mehr, was Jesus wirklich gedacht und gesagt, was er wirklich gewollt hat. Der
religiöse Glaube macht sich die Welt, gerade wie sie ihm gefällt. Es ist offenbar auch dies
ein religionsgeschichtliches Gesetz: Ein Religionsstifter hat weit weniger Einfluss auf die
Ausformung einer bestimmten Lehre als diejenigen, die ihn als Erste tradieren, die seine
ersten Anhänger sind. Paulus hat weit mehr Einfluss auf die Ausbildung des
Christentums und die christlichen Grundlehren gehabt als Jesus selbst. Und bereits
Paulus hat es sich leisten können, einen völlig anderen Jesus der Welt zu präsentieren,
ein Kunstprodukt seiner Fantasie. Nach dem Willen des vermeintlichen Stifters hat er
nicht gefragt. Und auch die Kirche hat dies wenig interessiert, sie hielt sich eher an
Paulus oder an ihre eigene Lehrtradition.
Indem die Kirche Jesu „heiligen Willen“ (Goethe) missachtete, legte sie den
Grundstein für ihre eigene Existenz. Das Christentum basiert auf einem weltgeschichtlich
überaus wirksam gewordenen Irrtum. Dabei sei erneut betont: Es ist kein aktiver Betrug
im Sinne einer Verschwörungstheorie, es ist vielmehr ein Selbstbetrug von Gläubigen,
wie er wohl am Beginn von allen Religionen steht. Die Gläubigen haben nicht bewusst
eine Religion erfunden, sie haben sich eher in religiöse Anschauungen und
Überzeugungen hineingeglaubt. Aus den anfangs noch relativ unentwickelten und
vielfach noch gegensätzlichen Glaubensvorstellungen entstanden bald festere
Glaubenssätze. Der paulinische Einfluss und die Dominanz des Heidenchristentums,
später dann die altchristlichen Konzilien haben das Ihrige getan. Am Ende stand ein
Christusbild, welches mit dem historischen Jesus nicht mehr das Geringste zu tun hatte.
Die Kirchen glauben an eine von ihnen selbst geschaffene Fiktion und halten diesen
Glauben für eine Tugend."

Kubitza, Der Jesuswahn
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
Andreas
Beiträge: 5147
Registriert: So 21. Apr 2013, 19:15

#900 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Andreas » Mo 19. Dez 2016, 01:15

Rembremerding hat geschrieben:Das ist richtig und gehen wir tiefer in den Text ...
Soweit so gut. Mir ist besonders die hermeneutische Ebene wichtig. Was steht im Gesetz? Was liest du dort? Das, was geschrieben steht und das, was "man" liest sind zwei paar Stiefel. Das betrifft diesen Schriftgelehrten, Kubitza, die Theologen aller Glaubensgemeinschaften, mich, dich, jeden. Jeder tendiert dazu, sich das aus der Schrift herauszuziehen, was sein Vorwissen, seine Meinung, seinen Glauben bestätigt. Was steht da? Was liest du dort? Was überliest du? Was verstehst du? Was nicht? Was machst du dir zu eigen? Was nicht?
Die Barmherzigkeit ist das eine, was dir besonders ins Auge springt. Es gibt aber auch noch die Ausgangsfrage nach dem ewigen Leben. Wieso antwortet der Gesetzeslehrer mit diesem Zitat auf diese Frage? Das hat doch damit nichts zu tun. Im "Höre Israel" geht es nicht um das ewige Leben.
Lev 18,5 hat geschrieben:Ihr sollt auf meine Satzungen und meine Vorschriften achten. Wer sie einhält, wird durch sie leben. Ich bin der Herr.
Das ewige Leben, nach dem der Gesetzeslehrer Jesus fragt, war bei Mose noch kein jüdisches Thema - aber zur Zeit Jesu allemal. Die Sadduzäer glaubten nicht daran - die Pharisäer glaubten daran. Außerdem zitiert der Gesetzeslehrer schlampig. Er lässt das "Höre Israel" zu Beginn weg, fügt dann aber zu den drei "mit ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzer Kraft" ein viertes "mit ganzem Verstand" hinzu. Das steht nicht in Dtn 6,5 - er liest es aber. Wie kann er lesen, was nicht da steht?
(Bei Markus ist es Jesus der aus dem AT zitiert und wenn Jesus "mit ganzem Verstand" hinzufügt, ist das was anderes - aber auch da, gibt der Schriftgelehrte nur fehlerhaft wieder.)

Außerdem werden in dieser Perikope zwei unterschiedliche griechischen Worte für "Leben" verwendet.
Und siehe, da stand ein Schriftgelehrter auf, versuchte ihn und sprach: Meister, was muss ich tun, dass ich das ewige Leben (zoe) ererbe?
Er aber sprach zu ihm: Du hast recht geantwortet; tu das, so wirst du leben (zao).
Jesus sagt, dass er leben wird - entsprechend dem was der Gesetzeslehrer im Gesetz liest. Mehr gibt das Gesetz nicht her. Jesus sagt nicht, dass er so das ewige Leben erben wird, denn dazu gehört mehr und dieses "mehr" versucht Jesus ihm (und uns) durch sein Wort im folgenden Gleichnis zu verklickern.

Hier geht es darum das ewige Leben zu erben. Was kann man tun, um zu erben? Das hängt halt von der Verwandtschaft ab. Im AT gäbe es die Möglichkeit, ein Sohn Abrahams, Isaak und Jakobs zu sein um das verheißene Land zu erben. Doch viele Söhne Jakobs haben ihr Land auch wieder verloren. Aber das ewige Leben erben? Das hängt davon ab, wes Geistes Kind man ist. Das ist eine geistig-geistliche Angelegenheit. Insofern hat der Gesetzeslehrer recht geantwortet, als er auf die Liebe verwies, aber eines fehlt noch. "Tu das, so wirst du leben." Um im Sinne Gottes lieben zu können, reicht es nicht aus, Bibel-Sprüche zu klopfen und nur das zu verstehen, was man gerne will bzw. lesen will - sondern das, was dasteht im Wesentlichen verstanden zu haben. Dazu gehört "der Fremde" bzw. "das Fremde", das, was meinem bisherigen Verständnis fremd ist. Das was mich am lieben hindert. Was haben Fremde eigentlich in unserem christlichen Abendland zu suchen? Gehören im Vater Unser die Fremden auch zu "uns", zu Deutschland - oder lieber doch nicht?

Kehrt um, das Reich Gottes ist nahe - es steht da - lies richtig, verstehe, wie Gott es meinen könnte und glaube. Wer Ohren hat, der höre. Der Kontext der vorigen Perikope gehört dazu. Die Weisen und Klugen (Gesetzeslehrer) haben ihr traditionelles Vorwissen - die Unmündigen (das Volk) sind viel weniger verbildet und neuem gegenüber viel aufgeschlossener - das ist ihr Vorteil, das durch Jesus Offenbarte aufzunehmen. Junger Wein in junge Schläuche! Die Unmündigen sind die Stummen, die nicht zu Wort kommen, weil die Schriftgelehrten das Wort an sich gerissen haben. Zuhören ist nicht ihre Stärke, damals wie heute. Glaubt das, was wir euch vorlesen - und nur das! Denn sehenden Auges, sehen sie nicht, mit ihren Ohren hören sie nicht, damit sie sich nicht bekehren. Jesus hingegen lehrt progressiv und mit Vollmacht gegen die Lehren der traditionell eingestellten Schriftgelehrten, welche sich von der Not der Menschen abwenden. Jesus ist der "Samaritaner", der Fremde mit seiner neuen Lehre, der Andersgläubige, der unbequeme Reformator, keiner von ihnen, keiner aus dem jerusalemer Tempelbetrieb und noch dazu ausgerechnet aus Galiläa!

Immerhin hat der Gesetzeslehrer am Ende doch das Gute im Samaritaner gesehen - der ihm nun seiner göttlichen Barmherzigkeit wegen nicht mehr ganz so fremd erscheint - obwohl er einer fremden Glaubensgemeinschaft angehört. Das Wort Jesu zu hören heilt Blinde, Taube, Stumme und treibt die unreinen Geister aus seinen Zuhörern, selbst wenn sie ihn eigentlich versuchen wollten. Seine Vollmacht ist die Liebe, das Leid am Kreuz und die Auferstehung - auch in unserem Heiligen Geiste, denn das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen zu uns, zu denen, die mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit ganzem Verstand und ihrer ganzen Kraft, sehen, hören und in Liebe ihre Stimme erheben zum Herrn und versuchen, den Nächsten zu lieben, wie sich selbst.

Das Eigene versteht jeder leicht - das (noch) Fremde gilt es zu verstehen. Die Liebe Gottes ist mir ziemlich fremd. Die Liebe Gottes hat zuweilen etwas furchteinflößendes für mich, den lausigen Amateur in Sachen Liebe. Das ist alles leichter gesagt, als getan. Man lernt eben nie aus.

Antworten