SamuelB hat geschrieben: ↑Sa 11. Dez 2021, 12:37
Mein Nebensatz bezieht sich auf Artikel 1. Dort gibt es diese Einschränkung nicht.
Du beziehst Dich auf die "Menschenwürde", die tatsächlich weder eingeschränkt noch durch ein Gesetz (bzw. vom Parlament als der Souverän des Staates) abgeschafft werden darf.
Hier gibt es mehrere juristische Probleme:
Das eine ist, was ist diese "Menschenwürde" überhaupt? Also im großen und ganzen weiß man es, aber es zu konkretisieren ist teils unendlisch schwer. Es gibt Bücher was man unter Menschwürde versteht (bzw. verstehen kann). Von Juristen. Und die sehen das teils recht unterschiedlich.
Das andere ist, dass die "Menschenwürde" die allgemeinere Regelung ist. Viel konkreter ist aber die körperliche Unversehrtheit, die eingeschränkt werden darf. Da man bei der Anwendung von staatlichen Gesetzen nur "rechtspositivistisch" vorgehen kann, müssen also beide Regeln gelten. Da die körperliche Unversehrtheit konkreter ist, und ausdrücklich vom Parlament eingeschränkt werden kann und das Grundgesetz sich nicht widersprechen kann, folgt daraus, dass man Bürger zum Impfenlassen verpflichten kann. Eben auch ohne die Menschenwürde anzutasten. Sicherlich kann man es auch anders sehen, aber grundsätzlich ist diese Interpretationsart in sich logisch und zulässig.
Wichtiger finde ich, dass der Staat, wenn er in die Rechte eines Bürgers eingreift dies in einer Demokratie immer sehr gut begründen können muss. In der Regel ist dies eine "Güterabwägung".
Bei unserem aktuellen Thema ist die Abwägung zwischen dem Pieks und die geringe Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen (und die fast nicht gegebene Wahrscheinlichkeit von schweren Nebenwirkungen) für den einzelnen Bürger und dem Interesse des Allgemeinwohls. Also das ein Bürger salopp gesagt - auch wenn er dies möchte - nicht einfach rumlaufen und andere anstecken darf. Und es ist unstrittig, dass Corona hoch ansteckend ist und tödlich verlaufen kann (bzw. mit erheblichem Ruinieren der Gesundheit dauerhaft oder für längere Zeiträume verbunden ist). Also da finde ich die Güterabwägung relativ klar.
Streiten kann man sich dann eher bei der konkreten Umsetzung. Also z.B. bis wann ist eine Strafe noch verhältnismäßig, wenn sich einer nicht impfen lässt?
(Ich persönlich betrachte auch das Androhen von erheblichen Nachteilen als Zwang. Aber mit den richtigen Gründen kann man es rechtfertigen.
Und bei der ganzen Diskussion darf man nicht vergessen: jeder darf seine eigene Meinung haben, aber nicht seine eigenen Fakten und die dann gegen andere im demokratischen Prozess ausspielen. Und die Faktenlage ist im großen und ganzen schon sehr klar.
Mir kommt das manchmal so vor, als wenn Trump in seiner Amtszeit gezeigt hatte, mit Lügen kommt man durch und der Unterhaltungswert ist enorm. Und da haben wir nun die Trittbrettfahrer quasi als Massenbewegung. Trotzdem: es bleibt verlogen, wenn man Fakten bewusst ignoriert oder manipuliert.
Naqual hat geschrieben: ↑Sa 11. Dez 2021, 11:56
Gerichtlich abklären, kann man hier eigentlich nur die Verhältnismäßigkeit der Mittel beim staatlichen Handeln.
Hier wird es interessant.
Gibt es noch mildere Mittel und reicht es, mich als potentielle Gefahr darzustellen? Wie oft soll ich mich impfen lassen? Ich lese schon von drei Impfungen allein für Omikron. Bei mir sind einige Fragen offen und ich gehe davon aus, dass die nächstes Jahr geklärt werden können.
Das ist wirklich interessant! ... Also ich empfinde die Impfungen (auch an mir selbst) als verhältnismäßig kleinen Preis um Lockdowns zu verhindern oder zumindest kürzer zu gestalten. Und den Preis zahle ich nicht nur für die anderen, sondern auch für mich. Ich bin nämlich durch und durch ein Vereinsmensch und leide im Moment darunter, dass die Leute sich nicht mehr treffen trauen.