Dogmen

Rund um Bibel und Glaube
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Kingdom
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#141 Re: Dogmen

Beitrag von Kingdom » Fr 5. Aug 2016, 12:23

JackSparrow hat geschrieben: Du kannst mir jetzt nicht mehr vorwerfen, ich würde nichts von Jesus hören wollen. Und Jesus kann mir nicht vorwerfen, ich hätte ihm keine Chance gegeben.

Wenn Du ehrlich wärst zu Dir selber, müsste ich Dir nicht sagen, das ich die Aufrichtigkeit auch nicht in dieser Antwort lesen kann.

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closs
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#142 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Fr 5. Aug 2016, 14:22

SilverBullet hat geschrieben:Im Experiment werden garantiert sämtliche relevanten Zusammenhänge berücksichtigt
Aber doch nur im Rahmen des Wahrnehmungs-Ausschnitts.

SilverBullet hat geschrieben:Du setzt ja explizit den „Glaubensentscheid“ an den Anfang.
Davon abgesehen, dass ich dieses Wort selber irreführend finde, trifft es den richtigen Punkt: Man muss etwas, das nicht intersubjektiv nachweisbar ist, hermeneutisch per "Vorwissen" setzen. - Dieses Vorwissen entwickelt sich natürlich mit der weiteren Untersuchung (das ist doch genau der "Hermeneutische Zirkel"). - Anders geht es nicht.

SilverBullet hat geschrieben:Korrektheit kommt nicht dabei heraus.
Im Sinne Deines induktiven Bottom-Up-Denkens ist dies natürlich nicht korrekt. - Hermeneutisches Denken ist deduktives Top-Down-Denken.

Beides hat seinen Platz - Dein Denken ist dann Mittel der Wahl, wenn das Ergebnis im intersubjektiv verifizierbaren Raum ist. - Mein Denken ist Mittel der Wahl, wenn das Ergebnis NICHT im intersubjektiv verifizierbaren Raum ist.

SilverBullet hat geschrieben:gut das wir darüber gesprochen haben…
Ich weiß nicht, was Du da wieder verdreht hast.

SilverBullet hat geschrieben:Kann man übers Wasser gehen, wenn man nur stark genug „an Jesus glaubt“?
Physikalisch gesehen ist es aus meiner Sicht nicht möglich. - Dass es Gott als menschliche Erscheinung kann, schließe ich deshalb NICHT aus, weil ich meinen Wahrnehmungs-/Erkenntnis-Stand nicht anthropozentrisch zum Maßstab mache. - Davon abgesehen lese ich solche Gleichnisse als Chiffren, habe also gar nicht das Problem, mir solche Fragen stellen zu müssen.

SilverBullet hat geschrieben:Mach es nicht so kompliziert, du möchtest doch, dass sich auch Nicht-Akademiker „hineinfühlen“ können.
Deine Fragen sind Akademiker-Fragen - also kannst Du Dich bei den Antworten nicht rausreden.

SilverBullet hat geschrieben:Ich strebe nach Korrektheit
Das ist Dein Mantra - ja. - An sich löblich, aber nur dann sinnvoll, wenn man sich bewusst ist, dass "Korrektheit" in Deinem Sinne keine ontologische, sondern eine system-immanente Größe ist.

SilverBullet hat geschrieben:du hast keine Ahnung, ob deine Behauptungen ausserhalb deines Wunsches gelten.
Ahnung schon, aber nicht wissen. - Wir kommen nicht drum rum, dass jenseits des Wissbaren entweder nichts gesagt werden kann (man also grundsätzlich über den Physikalismus nicht hinauskommt), oder dass man (zumindeset modellhaft) glauben muss - siehe Hermeneutik.

closs
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#143 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Fr 5. Aug 2016, 14:25

sven23 hat geschrieben:Es ist das, was Bultmann als "primitive Mythologie" bezeichnet
Davon abgesehen, dass ich Bultmann nicht für so primitiv halte, dass er so gemeint hat, wie Du es rüberbringst, ist jeder fehl am Platz in der Theologie, der Gott ausschließlich technisch-naturalistisch von außen betrachtet. - Das ist so, als würde man das Wesen einer Frau dadurch ergründen wollen, dass man ihre Rippen zählt.

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sven23
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#144 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Fr 5. Aug 2016, 14:53

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist das, was Bultmann als "primitive Mythologie" bezeichnet
Davon abgesehen, dass ich Bultmann nicht für so primitiv halte, dass er so gemeint hat, wie Du es rüberbringst, ist jeder fehl am Platz in der Theologie, der Gott ausschließlich technisch-naturalistisch von außen betrachtet. -
Primitiv war er ja auch nicht, aber es besteht kein Zweifel, dass er es auch so gemeint hat, wie er schrieb:

„Wie kann meine Schuld durch den Tod eines Schuldlosen (wenn man von einem solchen überhaupt reden darf) gesühnt werden? Welche primitiven Begriffe von Schuld und Gerechtigkeit liegen solcher Vorstellung zugrunde? Welch primitiver Gottesbegriff? Soll die Anschauung vom sündentilgenden Tode Christi aus der Opfervorstellung verstanden werden: welch primitive Mythologie, daß ein Mensch gewordenes Gotteswesen durch sein Blut die Sünden der Menschen sühnt!“ (Neues Testament und Mythologie, 1941)
...
„Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich klar machen, daß er, wenn er das für die Haltung des christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht.“
Quelle: Wikipedia

Und vor allem sagte er:
„Es bedarf keines Wortes, daß sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat.“
(Rudolf Bultmann, Das Urchristentum, S. 22)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#145 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Fr 5. Aug 2016, 15:25

sven23 hat geschrieben:Primitiv war er ja auch nicht, aber es besteht kein Zweifel, dass er es auch so gemeint hat, wie er schrieb
Wenn es so einfach WÄRE (ich weiß es nicht), wäre Bultmann ein trojanisches Pferd innerhalb der Theologie gewesen.

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#146 Re: Dogmen

Beitrag von sven23 » Fr 5. Aug 2016, 18:58

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Primitiv war er ja auch nicht, aber es besteht kein Zweifel, dass er es auch so gemeint hat, wie er schrieb
Wenn es so einfach WÄRE (ich weiß es nicht), wäre Bultmann ein trojanisches Pferd innerhalb der Theologie gewesen.
Das ist wohl der Grund, warum Bultmann für Frömmler und Evangelikale immer noch ein rotes Tuch ist.

"Eine beliebte Strategie unter Theologen, den für den Glauben unangenehmen Ergebnissen der
eigenen Neu- und Alttestamentler aus dem Wege zu gehen, ist es, deren Bedeutung für den Glauben
einfach zu leugnen. Etwas überspitzt kann diese Haltung folgendermaßen charakterisiert werden:
Auch wenn das alles über Jesus Erfindungen sind, kann es den Gläubigen dennoch als Gotteswort
ansprechen. Es geht nicht um den historischen Jesus , wird gesagt, sondern um den kerygmatischen
Christus, also den Christus, der den Gläubigen in der Predigt begegnet und an den geglaubt wird. Vor
allem der Neutestamentler Rudolf Bultmann (gest. 1976) und viele seine Schüler schärften diese
Unterscheidung ein. Bultmann, der als Theologe so kritisch mit der biblischen Überlieferung umging,
dass er auch heute noch ein rotes Tuch für alle Frömmler und Evangelikale darstellt, und der eine
Erlösung am Kreuz schon mal als „primitive Mythologie“ bezeichnen konnte, gelang mit dieser
Unterscheidung (die nicht von ihm stammte, sondern inhaltlich zumindest schon auf Kierkegaard
zurückging) auch auf seine persönliche Existenz bezogen gleich beides: Einerseits eine kritische
Forschung zu betreiben ohne Rücksicht auf dogmatische Verluste, andererseits behaupten zu können,
dass damit der persönliche Glaube überhaupt nicht tangiert werde."


Bultmann wich trotz der Erkenntnisse der Forschung auf den kerygmatischen Jesus aus. Verstehst du jetzt, warum Kubitza von
der "Flucht ins Kerygma" spricht?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#147 Re: Dogmen

Beitrag von closs » Fr 5. Aug 2016, 20:00

sven23 hat geschrieben: Verstehst du jetzt, warum Kubitza von der "Flucht ins Kerygma" spricht?
Ja, natürlich. - Es ist aus seiner weltanschaulichen Warte logisch.

Aber es ist eben ungeheuer flach. Er versteht nicht/kann nicht verstehen, dass ein heilsgeschichtlicher Jesus historischer ist als der historisch-kritische, WENN diese Entwicklung authentisch zu dem ist, was Jesus wirklich gemeint hat. - OB sie authentisch im Einzelfall ist, ist natürlich eine schwierige Frage.

Kubitza hat weltanschaulich nicht das Inventar einem solchen Gedanken überhaupt folgen zu können.

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#148 Re: Dogmen

Beitrag von Münek » Fr 5. Aug 2016, 20:09

sven23 hat geschrieben:Bultmann wich trotz der Erkenntnisse der Forschung auf den kerygmatischen Jesus aus.
Der paradoxe Widerstreit zwischen dem WISSENDEN Bultmann und dem GLAUBENDEN Bultmann hat schon tragische Züge.

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#149 Re: Dogmen

Beitrag von SilverBullet » Fr 5. Aug 2016, 20:10

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Im Experiment werden garantiert sämtliche relevanten Zusammenhänge berücksichtigt
Aber doch nur im Rahmen des Wahrnehmungs-Ausschnitts.
Nein, es handelt sich hierbei um die Festlegung der Wirklichkeitsidentifikation.
Wir haben keine bessere Möglichkeit, um mit Wirklichkeit umzugehen.

Die Zusammenhänge dieser Experiment-Wirklichkeit kommen nicht von uns und korrigieren unsere Ansichten auf eine nicht hintergehbare Stimmigkeit.

Du wirst keinen „Wahrnehmungs-Ausschnitt“ präsentieren können, bei dem du durch einen Tisch durchlaufen kannst – überzeug mich vom Gegenteil…

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Du setzt ja explizit den „Glaubensentscheid“ an den Anfang.
Davon abgesehen, dass ich dieses Wort selber irreführend finde, trifft es den richtigen Punkt: Man muss etwas, das nicht intersubjektiv nachweisbar ist, hermeneutisch per "Vorwissen" setzen.
„hermeneutisches Vorwissen“ ist ein lustiger Begriff, der für nichts anderes steht, als für „Wunsch“.

„nicht intersubjektiv nachweisbar“ bedeutet „Wunschanteil“, also „keine Korrektheit“.

closs hat geschrieben:Dieses Vorwissen entwickelt sich natürlich mit der weiteren Untersuchung (das ist doch genau der "Hermeneutische Zirkel"). - Anders geht es nicht.
Es gibt wohl keine bessere Methode, um sich ein hübsches Phantasieschlösschen einzurichten.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Korrektheit kommt nicht dabei heraus.
Im Sinne Deines induktiven Bottom-Up-Denkens ist dies natürlich nicht korrekt. - Hermeneutisches Denken ist deduktives Top-Down-Denken.
Das Wort „Korrektheit“ hat nichts mit „dem Wunsch nach Korrektheit“ zu tun.

Das „hermeneutische Denken“ kann „den Karren nicht mehr aus dem Dreck ziehen“, wenn man von Anfang an mit Vollgas auf eine Wunschwolke aufspringt.

„Bottom-Up“ und „Top-Down“ sind bestimmt lustige Begriffe, aber doch auch irgendwie fehl am Platz.

closs hat geschrieben:Dein Denken ist dann Mittel der Wahl, wenn das Ergebnis im intersubjektiv verifizierbaren Raum ist. - Mein Denken ist Mittel der Wahl, wenn das Ergebnis NICHT im intersubjektiv verifizierbaren Raum ist.
Das Eine ist „Korrektheit“ und das Andere ist „Wunsch“.

Mit den Begriffen „Korrektheit“ und „Wunsch“ weiss jeder sofort woran er ist – ist doch genial, dass es so etwas gibt.
Es wäre sehr rückständig, wenn wir diese ausgezeichneten Bedeutungen nicht verwenden würden.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Kann man übers Wasser gehen, wenn man nur stark genug „an Jesus glaubt“?
Physikalisch gesehen ist es aus meiner Sicht nicht möglich.
Man kann es also nicht.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Ich strebe nach Korrektheit
Das ist Dein Mantra - ja. - An sich löblich, aber nur dann sinnvoll, wenn man sich bewusst ist, dass "Korrektheit" in Deinem Sinne keine ontologische, sondern eine system-immanente Größe ist.
Meine angestrebte Korrektheit gilt nur dann nicht, wenn es sich um eine Wunschumgebung handelt.

closs hat geschrieben:Wir kommen nicht drum rum, dass jenseits des Wissbaren entweder nichts gesagt werden kann (man also grundsätzlich über den Physikalismus nicht hinauskommt), oder dass man (zumindeset modellhaft) glauben muss - siehe Hermeneutik.
Aktivität in Bezug auf „Jenseits des Wissbaren“ ist eine reine Wunschveranstaltung – „siehe Hermeneutik“ bringt da gar nichts.

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#150 Re: Dogmen

Beitrag von Münek » Fr 5. Aug 2016, 20:39

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Verstehst du jetzt, warum Kubitza von der "Flucht ins Kerygma" spricht?
Ja, natürlich. - Es ist aus seiner weltanschaulichen Warte logisch.
Na - das ist doch schon mal eine ganze Menge. :thumbup:

closs hat geschrieben:Aber es ist eben ungeheuer flach.
Nenne es wie Du willst. Entscheidend allein ist, dass es stimmt, was er schreibt.

closs hat geschrieben: Er versteht nicht/kann nicht verstehen, dass ein heilsgeschichtlicher Jesus historischer ist als der historisch-kritische,
Der "heilsgeschichtliche" Jesus ist keine historische, sondern eine vom Glauben konstruierte Figur. Mit einer solchen fiktionalen Gestalt hat die wissenschaftliche Jesusforschung zu recht nichts am Hut.

closs hat geschrieben:Kubitza hat weltanschaulich nicht das Inventar einem solchen Gedanken überhaupt folgen zu können.
In der Tat ist er kein "Spökenkieker", sondern ein nüchterner Mensch, der einem breiten Publikum in aufklärerischer Absicht Ergebnisse der historisch-kritischen Bibelforschung vorstellt. Äußerst lobenswert. Du solltest Deine Aversion zügeln und ihm wirklich dankbar sein.

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