Markus-Evangelium

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Münek
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#191 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Münek » Mo 21. Aug 2017, 14:02

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wohl eher der Bereitschaft, wegen eines bestimmten Glaubens die Realität teilweise auszublenden.
Das hat damit nichts zu tun - das kann man nur unverständig weltanschaulich so meinen.
Nach meiner Erfahrung sind es gerade Gläubige, die verstärkt unangenehme Fakten ausblenden, ignorieren, verdrängen. Das habe ich hier im Forum schon des Öfteren monieren und auf das Gebot der "intellektuellen Redlichkeit" verweisen müssen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Da gibt es nichts Großartiges zu verstehen.
"Der Fuchs und die Trauben" - Du kennst diese Fabel?
Diese Fabel passt ganz gewiss nicht zum hier erörterten Sachverhalt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:begründete Zweifel sind immer gut.
Richtig - aber nicht als Ersatz für Verstehen. - Kritik sollte NACH dem Verstehen kommen und nicht als Ersatz dafür.
Zweifel sind Zweifel und dienen gewiss nicht als Ersatz für das Verstehen. Im Übrigen ist es die Aufgabe des Dogmatikprofessors, Zweifel der Studierenden an dem Jungfräulichkeitsdogma zu zerstreuen und Verständnis zu wecken, wo es an diesem fehlen sollte.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wissenschaft bedient kein Mainstream-Denken.
Aber dessen Ausbeutung für weltanschauliche Interpretationen.
Dass so etwas vorkommt, lässt sich nicht zu verhindern. An der Wissenschaft selbst liegt es jedenfalls nicht, wenn man sich an den Früchten ihrer Arbeit zu rein weltanschaulichen Zwecken bedient. Nur darum geht es.

closs hat geschrieben:Ansonsten hast Du recht: Wenn man WIRKLICH diszipliniert mit Wissenschaft umgeht, geht sie sehr bescheiden mit ihren Ergebnissen um - dann weiß man, was man sagen kann und was nicht.
Ausgangspunkt war, dass Du auf meine Kritik, der Wissenschaft Mainstream-Denken vorzuwerfen, die lapidare Antwort gabst: "Wo ist da ein Widerspruch?" Darauf folgte meine Antwort: "Wissenschaft bedient kein Mainstream-Denken."

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Daran kann ich mich nicht erinnern. Auf konkrete Nachfrage kam nie was Konkretes von Dir.
Du kannst Dich deshalb nicht erinneren, weil Du mit den Antworten nichts anfangen kannst.
Der pauschal-lapidare Hinweis auf 3000 Jahre Geistesgeschichte stellt für mich KEINE konkrete Antwort auf meine konkrete Frage, sondern ein simples Ausweichen dar.

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fin
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#192 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von fin » Mo 21. Aug 2017, 14:09

-- Das wahre Evangelium --

Rembremerding hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Was ist denn hier los?
Mir tut es hier nur um Markus leid.
Und ihm (Markus) tun vermutlich alle Schäflein leid, die in die Fänge der RKK geraten sind.

Apropos ...

Münek hat geschrieben:simples Ausweichen
Wie stehst du mittlerweile zu deinen gedanklichen Übersprungshandlungen (?)

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Thaddäus
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#193 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Thaddäus » Mo 21. Aug 2017, 14:27

Thaddäus hat geschrieben:Ehrlich gesagt, lieber closs, bist du neben deiner Immunisierungstendenz einfach nicht schlau genug, um die Widersprüchlichkeit deines eigenen Ansatzes zu durchschauen.
closs hat geschrieben:Noch mal zur Erinnerung - DAS ist meine Aussage: "dass es letztlich nur eine <EINE, also nicht mehr als eine>Wahrheit gibt, die aber nur unter Perspektiven beleuchtet werden kann, wobei eine Perspektive nie weiss, sondern nur glauben kann, wie authentisch sie ist zu "dem, was ist.
Yep, du bist offenkundig nicht schlau genug.

Wenn es genau eine Wahrheit gibt, die aber nur von Perspektiven "beleuchtet" werden kann, von denen man nie weiß, wie authentisch sie zu dieser Wahrheit sind, dann kann es keine perspektivunabhängige eine Wahrheit geben.
Denn der Gedanke, es gebe (nur) eine Wahrheit bzw. eine objektive Realität, ist offensichtlich eine ontologische Aussage. Da diese Aussage ontologisch ist, entspricht sie also einer ontologischen Perspektive. Da du weiter behauptest, man könne nur perspektivisch glauben, man käme der einen Wahrheit bzw. einer objektiven Realität näher, kannst du nur glauben, aber nicht wissen, es gäbe die eine Wahrheit bzw. eine objektive Realität.
Und das bedeutet: es gibt keine Wahrheit oder objektive Realität, da von der entsprechenden ontologischen These nicht entschieden werden kann, ob sie wahr ist oder nicht.

Lieber closs, deine postmodern-radikalskeptische Haltung ist nicht nur performativ widersprüchlich und damit philosophisch unbrauchbar. Du verstehst und überblickst selbst nicht einmal die Konsequenzen und logischen Implikationen deiner eigenen, selbstgewählten skeptischen Haltung. Deshalb erkennst du auch nicht, wenn sie dir widerlegt wird.

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#194 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von closs » Mo 21. Aug 2017, 17:29

fin hat geschrieben:Lieber closs - die neuen Punkte (1-3) setzen deine Widersprüche doch nur fort und gipfeln in der Schlußaussage ...
Wo sind hier Widersprüche?

* Warum sollte es nicht "Wahrheit" geben, die wir per eigener Erkenntnis nahekommen kommen können, selbst wenn wir nie wissen können, wann dies der Fall ist?

* Warum sollten wir nicht hoffen, dass wir mit unserer Erkenntnis nahe an der Wahrheit sind?

* Wo ist hier ein Widerspruch?

Pluto hat geschrieben:Ein solche Hoffnung halte ich nicht für berechtigt.
Du hoffst NICHT, dass Deine Wahrnehmung der Wahrheit nahe kommt???

Pluto hat geschrieben:Die Frage war: Könnte es sein, dass nicht unsere Sicht kontaminiert ist, sondern die DEINE?
Habe ich doch gerade beantwortet: Meine Ansicht könnte dadurch kontaminiert sein, denn:
Pluto hat geschrieben:meine strikte Trennung zwischen Subjekt ("Wahrnehmung") und Objekt ("Realität") könnte falsch sein - es KÖNNTE auch sein, dass "Realität" ein Produkt der Wahrnehmung ist - was ich NICHT glaube, was ich aber nicht ändern könnte, wenn hier meine Perspektive falsch wäre.


Rembremerding hat geschrieben:Die Setzung "Individuum, Mensch" wird nicht mehr erkannt, weil alternativlos.Solcherart Realität wird zum ideologischen Beweisstück. Argumentationsketten werden methodisch sauber aneinandergereiht, man kann sich entspannt zurücklehnen, obwohl das erste Glied nur am letzten Glied hängt und die Verankerung sowie die Richtung fehlt.
Mein Problem: Ich möchte einfach nicht glauben, dass ein so kluger Kopf wie bspw. Thaddäus so verwirrt sein kann, es nicht zu erkennen. - Deshalb fasse ich ständig nach.

Münek hat geschrieben:Nach meiner Erfahrung sind es gerade Gläubige, die verstärkt unangenehme Fakten ausblenden, ignorieren, verdrängen.
Das ist exakt der Vorwurf, den Rem gerade vorhin den modernen Gläubigen macht. - Merkst Du, wie sich alles spiegelt?

Münek hat geschrieben:Diese Fabel passt ganz gewiss nicht zum hier erörterten Sachverhalt.
Ich denke schon.

Münek hat geschrieben:Zweifel sind Zweifel und dienen gewiss nicht als Ersatz für das Verstehen.
So sollte es auch nicht sein, aber so ist es oft. - Das Muster ist oft: Ich verstehe substantiell nichts, also suche ich etwas Kritisches.

Münek hat geschrieben:An der Wissenschaft selbst liegt es jedenfalls nicht, wenn man sich an den Früchten ihrer Arbeit zu rein weltanschaulichen Zwecken bedient.
Idealiter ist es so - zu Ende gedacht heißt dies aber AUCH, dass man - wie Theißen es redlicherweise tut - auf den kategorialen Unterschied zwischen "methodischen Ergebnissen" und "das, was wirklich ist", hinweist.

Münek hat geschrieben: der Wissenschaft Mainstream-Denken vorzuwerfen
Sie BEDIENT oft Mainstream-Denken, geriert sich also nicht als methodische, sondern als wahre Größe - als sei ein wissenschaftliches Ergebnis automatisch übereinstimmend mit der Realität.

Münek hat geschrieben:Der pauschal-lapidare Hinweis auf 3000 Jahre Geistesgeschichte stellt für mich KEINE konkrete Antwort auf meine konkrete Frage, sondern ein simples Ausweichen dar.
Damit Du Dich nicht damit beschäftigen musst, ist es MEIN Ausweichmanöver. - Es gibt genug Literatur zur Philosophie, die man "ohne Leitung eines anderen" lesen und verstehen kann.

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#195 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Pluto » Mo 21. Aug 2017, 17:37

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ein solche Hoffnung halte ich nicht für berechtigt.
Du hoffst NICHT, dass Deine Wahrnehmung der Wahrheit nahe kommt???
Schon. Aber es muss überprüfbar sein.
Mit der geistigen Methodik, die keine Überprüfung zulässt, sondern nur Beliebigkeit, geht das nicht. So machst du aus Hoffnung, Hoffnungslosigkeit.

Ich sehe es so wie es Popper...
"Das Ziel der Wissenschaft ist ... die Wahrheit: Wissenschaft ist Wahrheitssuche.
Und wenn wir auch nie wissen können, ob wir dieses Ziel erreicht haben, so können wir dennoch gute Gründe für die Vermutung haben, daß wir unserem Ziel, der Wahrheit, nähergekommen sind".
Quelle: Karl R. Popper, "Auf der Suche nach einer besseren Welt" (München 1984) S. 51f.
Die "guten Gründe" die Popper hier erwähnt sind insbesondere die Falsifizierbarkeit der Erkenntnisse, die die Vermutung zulassen, dass man der Wahrheit näher gekommen ist..

Hier zeigen sich deutlich die Grenzen der geistigen Methode, die keine Falsifizierung zulässt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#196 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von closs » Mo 21. Aug 2017, 17:46

Thaddäus hat geschrieben:Wenn es genau eine Wahrheit gibt, die aber nur von Perspektiven "beleuchtet" werden kann, von denen man nie weiß, wie authentisch sie zu dieser Wahrheit sind, dann kann es keine perspektivunabhängige eine Wahrheit geben.
Das ist sachlich falsch - allein deshalb, weil "Wahrheit" auch dann "Wahrheit" ist, wenn sie niemand thematisiert. - Hast Du Dich verschrieben?

Thaddäus hat geschrieben:Denn der Gedanke, es gebe (nur) eine Wahrheit bzw. eine objektive Realität, ist offensichtlich eine ontologische Aussage.
So ist es.

Thaddäus hat geschrieben:Da diese Aussage ontologisch ist, entspricht sie also einer ontologischen Perspektive.
... die der Mensch nicht einnehmen kann. - Wenn ich von "Perspektiven" spreche, sind hier unsere menschlichen Wahrnehmungs-Perspektiven (egal ob per Gefühl oder Wissenschaft oder sonstwas) gemeint.

Im übrigen: Was soll "ontologische Perspektive" sein? - "Perspektive" kann ja nur subjekt-bezogen gemeint sein - wer soll dieses Subjekt sein, das aus einer ontologischen Perspektive die Wahrheit (Objekt) betrachtet? - Da bleibt eigentlich nur noch "Gott" übrig? - Meinst Du selbigen?

Thaddäus hat geschrieben: Da du weiter behauptest, man könne nur perspektivisch glauben, man käme der einen Wahrheit bzw. einer objektiven Realität näher, kannst du nur glauben, aber nicht wissen, es gäbe die eine Wahrheit bzw. eine objektive Realität.
So ist es.

Thaddäus hat geschrieben:Und das bedeutet: es gibt keine Wahrheit oder objektive Realität, da von der entsprechenden ontologischen These nicht entschieden werden kann, ob sie wahr ist oder nicht.
Verwirrend. - Seit wann ist "Wahrheit" und "objektive Realität" von einer "ontologischen These" als Entscheider abhängig? - Meinst Du ernsthaft, eine Eiche ist erst dann ein Eiche, wenn ein Schwein sich an ihr kratzt und sein Go gibt?

Thaddäus hat geschrieben:Lieber closs, deine postmodern-radikalskeptische Haltung ist nicht nur performativ widersprüchlich und damit philosophisch unbrauchbar. Du verstehst und überblickst selbst nicht einmal die Konsequenzen und logischen Implikationen deiner eigenen, selbstgewählten skeptischen Haltung. Deshalb erkennst du auch nicht, wenn sie dir widerlegt wird.
Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten:
1) Ich bin auf LSD und Du hast recht.
2) Die moderne Philosophie ist in einem Maße anthrozentristisch runtergekommen, das ich trotz aller gelegentlicher Spötterei nicht für möglich gehalten hätte.

Ich habe wirklich den Eindruck, dass Du vor lauter Bäumen Deines Systems nicht den Wald der "Realität" siehst. - Und nochmals: Was sind denn eigentlich die GRUNDLAGEN Deiner Philosophie? - Wird über so etwas in der Szene überhaupt geredet?

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Thaddäus
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#197 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Thaddäus » Mo 21. Aug 2017, 20:10

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Wenn es genau eine Wahrheit gibt, die aber nur von Perspektiven "beleuchtet" werden kann, von denen man nie weiß, wie authentisch sie zu dieser Wahrheit sind, dann kann es keine perspektivunabhängige eine Wahrheit geben.
Das ist sachlich falsch - allein deshalb, weil "Wahrheit" auch dann "Wahrheit" ist, wenn sie niemand thematisiert. - Hast Du Dich verschrieben?
Nein, ich habe mich nicht verschrieben.
Dir scheint aber eine sehr wichtige Unterscheidung nicht klar zu sein: nämlich die Unterscheidung zwischen den Dingen und Aussagen über diese Dinge. Nur Aussagen können wahr oder falsch sein, nicht die Dinge oder Realitäten selbst.
Der Tisch und die Tastatur vor mir können nicht "wahr" oder "falsch" sein. Eine Realität kann nicht wahr oder falsch sein, nur Aussagen über diese Realität.
Nur eine Aussage über den Tisch und die Tastatur vor mir kann also wahr oder falsch sein, z.B. die Aussage: "Auf dem Tisch vor mir liegt eine Tastatur, auf der ich gerade schreibe". Da ich genau dies gerade tue, ist die Aussage wahr.

Deine Aussage: "Es gibt genau eine Wahrheit, die aber nur von Perspektiven "beleuchtet" werden kann, von denen man nie weiß, wie authentisch sie zu dieser Wahrheit sind" stellt einen direkten Widerspruch dar, denn deine eigene Voraussetzung ("die aber nur von Perspektiven "beleuchtet" werden kann, von denen man nie weiß, wie authentisch sie zu dieser Wahrheit sind") schließt aus, dass die Wahrheit deiner Behauptung: "Es gibt genau eine Wahrheit" überhaupt festgestellt werden kann.
Da nach deiner eigenen Voraussetzung jeder Mensch immer nur eine Perspektive einnehmen kann, die, nach deiner eigenen Aussage, nur den Glauben an eine Annäherung an die Wahrheit zulässt, gibt es keinen Menschen und keine Möglichkeit, defintiv festzustellen, ob diese vermutete "Wahrheit" wirklich wahr ist. Und das gilt eben auch für deine ontologische These, es gäbe die eine Wahrheit!

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Da diese Aussage ontologisch ist, entspricht sie also einer ontologischen Perspektive.
... die der Mensch nicht einnehmen kann. - Wenn ich von "Perspektiven" spreche, sind hier unsere menschlichen Wahrnehmungs-Perspektiven (egal ob per Gefühl oder Wissenschaft oder sonstwas) gemeint.
Ich gehe davon aus, dass du, closs, ein Mensch bist. Also ist deine obige Aussage: "Es gibt genau eine Wahrheit, die aber nur von Perspektiven "beleuchtet" werden kann, von denen man nie weiß, wie authentisch sie zu dieser Wahrheit sind" defintiv menschlich. Darüber hinaus ist sie "ontologisch", da du eine Aussage über die Struktur der seienden Dinge, also der Wirklichkeit machst.
Das bedeutet, deine obige Aussage ist sowohl menschlich, als auch ontologisch und damit nimmst du eine ontologische Perspektive ein.
Wenn du also behauptest, deine eigene ontologische Aussage könne von einem Menschen nicht eingenommen werden, du als Mensch aber genau diese Aussage triffst, dann ist das ein performativer Widerspruch.

Es gibt leider keine Möglichkeit, dir das höflicher und schonender beizubringen, aber deine obige Antwort ist nicht nur wenig schlau, sie ist wirklich dumm. Du hast dir einen postmodern-skeptischen Perspektivismus als eigene Haltung ausgesucht oder dir selbst zusammenkonstruiert, den du selbst geistig nicht in seinen Konsequenzen und logischen Implikationen zu erfassen vermagst.

closs hat geschrieben: Im übrigen: Was soll "ontologische Perspektive" sein?
Die Ontologie ist eine Disziplin in der Philosophie, die sich mit der Frage beschäftigt, was es genau bedeutet, dass etwas existiert (Was ist z.B. der ontologische Unterschied zwischen der Aussage: "Die Tastatur auf dem Tisch vor mir existiert" und "Die Bundesrepublik Deutschland existiert". Denn offensichtlich existieren sie ja nicht in der gleichen Weise).
Wenn du also behauptest, es gäbe nur eine Wahrheit, dann ist das eine ontologische Aussage und These, die entweder wahr oder falsch sein kann.
Du stellst diese Behauptung also aus einer philosophischen, genauer: aus einer ontologischen Perspektive heraus, von der du selbst weiter explizit behauptet, man könne von ihr immer nur glauben, sie nähere sich der einen Wahrheit an. Das trifft dann aber auch für deine ontologische Behauptung zu, es gäbe nur eine Wahrheit. Und damit verstrickst du dich in Widersprüche ohne Ende.

closs hat geschrieben: "Perspektive" kann ja nur subjekt-bezogen gemeint sein - wer soll dieses Subjekt sein, ...
Auch diese Äußerung ist nicht nur wenig intelligent, sondern recht dumm. DU bist es closs, der die obige ontologische Behauptung aufstellt. Und DU bist ein Mensch (wie ich hoffe). Deine widersprüchliche ontologische These wird nicht von Gott aufgestellt, sondern von dir, ... einem Menschen. Es sei denn, du hältst dich für Gott. Und wärest du Gott, wäre deine obige göttliche ontologische Behauptung immer noch unmittelbar widersprüchlich.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Und das bedeutet: es gibt keine Wahrheit oder objektive Realität, da von der entsprechenden ontologischen These nicht entschieden werden kann, ob sie wahr ist oder nicht.
Verwirrend. - Seit wann ist "Wahrheit" und "objektive Realität" von einer "ontologischen These" als Entscheider abhängig? - Meinst Du ernsthaft, eine Eiche ist erst dann ein Eiche, wenn ein Schwein sich an ihr kratzt und sein Go gibt?
Eine Eiche ist eine Eiche. Das ist eine maximal modal robuste Entität (insbesondere, wenn sie dich erschlägt, wenn ein Sturm sie umwirft). Sie existiert unabhängig von deinen Überzeugungen über diesen Baum. Wahr oder falsch können aber nur deine Ausagen über diese Eiche sein. Ob dieser Baum tatsächlich eine Eiche ist, kann nur dadurch festgestellt werden, dass überprüft wird, ob die botanischen Kriterien für eine Eiche von diesem Baum erfüllt werden. Tut der Baum das, ist es eine falsche Überzeugung von dir, wenn du den Baum für eine Buche hältst.

Deine ontologische These oben, es gäbe nur eine Wahrheit, kann aber deshalb nicht entschieden werden, weil dein skeptischer Perspektivismus ausschließt, dass es Kritieren dafür geben könnte festzustellen, ob deine These wahr ist oder nicht.

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#198 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von Pluto » Mo 21. Aug 2017, 21:04

closs hat geschrieben:Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten:
1) Ich bin auf LSD und Du hast recht.
Ich denke nicht, dass du auf LSD bist. Trotzdem sollten wir die Möglichkeit ins Auge fassen, dass deine Aussage nicht frei von Widersprüchen ist.
closs hat geschrieben:2) Die moderne Philosophie ist in einem Maße anthrozentristisch runtergekommen, das ich trotz aller gelegentlicher Spötterei nicht für möglich gehalten hätte.
Damit urteilst du über einen gesamten Wisssenschaftszweig.

Ich denke es muss mindestens eine weitere Möglichkeit geben, die du nicht erwähnt hast.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#199 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von fin » Mo 21. Aug 2017, 21:08

-- Die Wunderlampe --

closs hat geschrieben:
fin hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Ich meine damit:
(1) Menschliche Wahrnehmung ist darauf ausgelegt, einen Teil "dessen, was ist", zu erkennen (Logik, exp. Nachweise, etc.)
(2) wenn die Setzungen dazu (siehe Descartes) zutreffend sind
(3) was wir aber nicht falsifizieren können.
Lieber closs - die neuen Punkte (1-3) setzen deine Widersprüche doch nur fort und gipfeln in der Schlußaussage ...
(4) Wir haben also Grund zu hoffen, dass wir erkennen können, können dies aber nie "nachweisen"
Wo sind hier Widersprüche?

(5) Warum sollte es nicht "Wahrheit" geben, die wir per eigener Erkenntnis nahekommen kommen können, selbst wenn wir nie wissen können, wann dies der Fall ist?
(6) Warum sollten wir nicht hoffen, dass wir mit unserer Erkenntnis nahe an der Wahrheit sind?

Lieber Dr. Closs, die Wahrheit ist doch unbestritten, vielmehr ist die Rede von der Rede des Herrn Schwefelschwafel, nicht wenige kennen ihn auch als 'Don de la Cierralossa'. Seine Redekunst scheint wie ein Fest, eine sagenhafte Erzählung aus 1001 Nacht, das Hohelied eines entrückten Geistes, der nie/nicht müde wird, auch die letzten Kamele (5) und (6) ins Rennen zu schicken ...

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#200 Re: Markus-Evangelium

Beitrag von closs » Mo 21. Aug 2017, 21:45

Thaddäus hat geschrieben:"Es gibt genau eine Wahrheit, die aber nur von Perspektiven "beleuchtet" werden kann, von denen man nie weiß, wie authentisch sie zu dieser Wahrheit sind" stellt einen direkten Widerspruch dar
Weil Du "Wahrheit" anthropozentrierst - damit habe ich nicht gerechnet. - Wenn ich von "Wahrheit" spreche, meine ich damit das "Wahr-Sein".

Es "ist wahr", dass Thaddäus gelegentlich in München arbeitet - es "ist (wahrscheinlich) nicht-wahr", dass Thaddäus gelegentlich in Timbuktu arbeitet. - "Wahr-Sein" hat also ausschließlich mit Eigenschaften des Objekts zu tun - will heißen: Auch wenn Du das einzige denkende Wesen im Universum wärest, wäre es ein "Wahr-Sein", dass Du in München arbeitest, denn Du arbeitest dort WIRKLICH gelegentlich. - Es wäre nicht erst dann wahr, wenn jemand eine Aussage darüber macht.

Trotzdem: Ich verstehe Deinen Einwand - über solche Dinge kann man sich definitorisch einigen.

Thaddäus hat geschrieben:Da nach deiner eigenen Voraussetzung jeder Mensch immer nur eine Perspektive einnehmen kann, die, nach deiner eigenen Aussage, nur den Glauben an eine Annäherung an die Wahrheit zulässt, gibt es keinen Menschen und keine Möglichkeit, defintiv festzustellen, ob diese vermutete "Wahrheit" wirklich wahr ist. Und das gilt eben auch für deine ontologische These, es gäbe die eine Wahrheit!
Ich verstehe jetzt, was Du meinst - und trotzdem gäbe es das Wahr-Sein, dass Du gelegentlich in München arbeitest. - Hast Du einen Vorschlag, wie man dieses sprachliche Problem (mehr ist es nicht), einvernehmlich lösen kann?

Mir geht es darum, dass "das, was ist" ("Thaddäus arbeitet gelegentlich in München2) nicht anthropozentristischer Spielball wird - wenn Du verstehst, was ich meine.

Thaddäus hat geschrieben:Wenn du also behauptest, deine eigene ontologische Aussage könne von einem Menschen nicht eingenommen werden, du als Mensch aber genau diese Aussage triffst, dann ist das ein performativer Widerspruch.
Moment: Ich kann diese ontologische Perspektive "von unten" simulieren, aber doch nicht einnehmen. - Könnte ich sie einnehmen, hätte ich doch den absoluten Blick der Wahrheit, den ich sicherlich NICHT habe.

Wie würdest Du diesen wichtigen Unterschied sprachlich verarbeiten?

Thaddäus hat geschrieben:Es gibt leider keine Möglichkeit, dir das höflicher und schonender beizubringen, aber deine obige Antwort ist nicht nur wenig schlau, sie ist wirklich dumm.
Nein - es wird jetzt kein Revanche-Foul geben, jedoch:

Du machst nach meiner festen Überzeugung den Fehler, dass Du Dich zu sehr auf gruppenspezifische Sprach-Vereinbarungen konzentrierst (und vermeintliche oder wirkliche Verstöße dagegen sanktionierst), statt in die Dinge selbst zu gucken. - Konkret:

Hier geht es um "Wahrheit" - Deine (vielleicht ist es eine geläufige) Definition kann dazu führen, dass am Ende rauskommt: "Es gibt keine Wahrheit". - Das aber wird vom Menschen als Relativismus des Seienden selbst verstanden: "Da man Jesu Naherwartung so oder anders interpretieren kann, hat Jesus so oder anders gedacht".

Dagegen steht, dass der Mensch unter "Wahrheit" versteht, was Jesus tatsächlich damals gedacht hat, egal was wir mit unseren Bemühungen dazu meinen. - Insofern würde ich dem Subjekt nie den Begriff "Wahrheit" zugestehen, sondern nur den Begriff "für-wahr-halten": "Ich halte für wahr, dass Thaddäus gelegentlich in München arbeitet, da sie es selbst sagt, Bilder von Überwachungskameras es zeigen und auf ihren Namen neulich ein Strafzettel wegen Falschparkens gezahlt wurde". - Ob es "wahr-ist", weiß ich trotzdem nicht - aus verschiedensten Gründen - das Totschlag-Argument kommt nach wie vor von Augustinus und Descartes: "Woher weiß ich, dass meine Wahrnehmung nicht nur Vorstellung ist und es die Res extensae gar nicht gibt". - Mit anderen Worten: Der Mensch "hält für wahr" - und erst dann kann man sagen: "Dieses Für-Wahr-Halten kann sehr verdichtet werden zur Wahrheit hin mit Logik, Methodik, Experimenten, etc." - und trotzdem immer wieder mit Rest-Risiko.

Konkret: Es gibt nur die EINE Wahrheit dessen, was wirklich war. - Das Wahr-Sein ist nicht verhandelbar, jedoch über Für-wahr-Halten annäherbar.

Thaddäus hat geschrieben:Auch diese Äußerung ist nicht nur wenig intelligent, sondern recht dumm. DU bist es closs, der die obige ontologische Behauptung aufstellst.
Richtig - und in diesem Moment ist es meine Perspektive. - Der Zusammenhang war, dass Du dieser Perspektive Vollmachten zugeordnet hast, die ich nicht teilen kann. - Und gewöhne Dir trotzdem ab, alles als "dumm" zu bezeichnen, was nicht im Hoheitsgebiet Deines Sandkastens ist.

Thaddäus hat geschrieben:Wahr oder falsch können aber nur deine Ausagen über diese Eiche sein.
Das hatten wir oben - ein Sprachproblem. - Wie bringt man mit Deiner Sprachregelung das "Wahr-Sein" der Eiche ("Es IST eine Eiche - es IST wahr, dass es eine Eiche ist") unter?

Ich sehe bei Dir nach wie vor die Gefahr der Anthropozentrierung des Seins: " Dein Eiche-Sein ist erst zertifiziert, wenn es die Hürde unserer Wahrnehmung genommen hat. - Zieh Dich warm an, Du Eiche".

Thaddäus hat geschrieben:Deine ontologische These oben, es gäbe nur eine Wahrheit, kann aber deshalb nicht entschieden werden, weil dein skeptischer Perspektivismus ausschließt, dass es Kritieren dafür geben könnte festzustellen, ob deine These wahr ist oder nicht.
Mit Deiner Sprachregelung geht das - inhaltlich ist dabei was faul.

"es gäbe nur eine Wahrheit, kann aber deshalb nicht entschieden werden"
Es kann in der Tat NIE vom Menschen entschieden werden:
1) Weil Wahr-Sein grundsätzlich nicht menschlicher Entscheidung obliegt.
2) Weil die Differenz zwischen Wahrnehmung und "Realität" immer größer als Null ist.

Trotzdem gibt es ein Wahr-Sein "Das ist eine Eiche" - unabhängig von uns.

Thaddäus hat geschrieben:Sie existiert unabhängig von deinen Überzeugungen über diesen Baum.
Genau da sind wir uns einig.

Thaddäus hat geschrieben: Wahr oder falsch können aber nur deine Ausagen über diese Eiche sein.
Das ist eben Folge Deiner Sprachregelung - aus meiner Sicht gibt es:
1) Wahr-Sein des Seins selbst "Es-ist-so" als konkurrenzloser Bezugspunkt für jegliche Wahrnehmung.
2) Wahr-Sein einer perspektivischen Wahrnehmungs-Perspektive = Authentizität zum Objekt oder einem Teil davon.

WAS authentisch ist, ist bei geistigen Fragen sehr schwer objektivierbar (in naturwissenschaftlichen Fragen ist es natürlich einfacher - aber davon reden wir ja nicht).
Zuletzt geändert von closs am Mo 21. Aug 2017, 23:27, insgesamt 1-mal geändert.

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