Lk. 12 Erbstreitigkeiten: Abfuhr

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Magdalena61
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#1 Lk. 12 Erbstreitigkeiten: Abfuhr

Beitrag von Magdalena61 » So 31. Jul 2016, 13:42

Lk. 12, 13-15 (LUT): Es sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, dass er mit mir das Erbe teile.
Er aber sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbschlichter über euch gesetzt?
Und er sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.
Da wendet sich also einer aus der Volksmenge an Jesus. Irgendein Zuhörer. Er hat ein Problem mit seinem Bruder, der anscheinend nicht dazu bereit ist, das gemeinsame Erbe nach geltendem Recht zu teilen. Und er erhofft sich vom Rabbi Jesus Verstärkung.
Nach dem jüdischen Gesetz erbt der ältere Bruder Grund und Boden sowie zwei Drittel des beweglichen Vermögens. In diesem Fall scheint der Bruder überhaupt nichts herausrücken zu wollen.
Quelle
Der Haupterbe, der eh schon den größten Teil des Vermögens absahnt, mutiert zum Raffzahn und will seinen jüngeren Bruder linken; eventuell leer ausgehen lassen? Und Jesus klinkt sich aus und empfiehlt dem Betrogenen, sich auf geistliche Werte zu fokussieren?

Sorry, aber mit diesen Versen hatte ich schon immer ein Problem. Weil das Verhalten des älteren Bruders nicht gerecht ist, und Jesus diese Ungerechtigkeit offenbar hinnimmt. Der ältere Bruder schwelgt in Habgier, und der jüngere Bruder wird getadelt, nicht habgierig zu sein?

Wo bleibt denn da die Gerechtigkeit?

Die gängigen Auslegungen erwecken den Eindruck, diese holprige Stelle schönreden zu wollen. O.k., Habgier ist Sünde, bringt auch nichts wirklich, macht den Menschen hart und ungerecht und irgendwann wird er, wenn er nicht den Anfängen wehrt und sich weigert, Buße zu tun, dann von seiner Sucht nach Geld/ Besitz kontrolliert.
Die Mahnung, sich "vor aller Habgier zu hüten" kann jedoch kein Freischein sein für Hinz und Kunz, Gläubige gewissenlos zu übervorteilen. Ein Gläubiger, der von seinen Miterben beschissen wird, kann meiner Meinung nach sämtliche Rechtsmittel ausschöpfen, um seinen Anspruch durchzusetzen, und so lange er dabei "reinen Herzens ist", sollte das vom Geistlichen her auch durchgehen.

Was meint ihr dazu?
LG
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2Lena
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#2 Re: Lk. 12 Erbstreitigkeiten: Abfuhr

Beitrag von 2Lena » So 31. Jul 2016, 14:53

Magdalena61 hat geschrieben:Wo bleibt denn da die Gerechtigkeit?
Im übergeordneten Denken ...

Übrigens hat Lukas 12 noch viele weitere Muster gegen die Ausbreitung von "Heuchelei" und niedrig angesetzter "Gerechtigkeit", die zwar gerecht erscheint, aber zuletzt ganz falsche Bezüge hat.

Nach den weltlichen Gesetzen wird nur eine Besitzordnung hergestellt.
Sie waren in der "Natur" jedoch so nicht vorgesehen.
Es gibt Völker (z.B. Aborigines) in denen Besitz keine Rolle spielte.
Das "geistige Prinzip" war hier der Lenker des Rechts.

Eltern können den Streit ihrer Kinder um irgendein Spielzeug schlichten.
Zeigt sich eines sehr verbissen - das andere geht leer aus ...
... da mag es wohl ab und zu vorkommen, dass die Liebe mehr zum Bescheideneren kommt.
Das wird barmherzig mehr bedacht - schließlich auch materiell besser gestellt.

Rembremerding
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#3 Re: Lk. 12 Erbstreitigkeiten: Abfuhr

Beitrag von Rembremerding » So 31. Jul 2016, 15:33

Magdalena61 hat geschrieben:
Lk. 12, 13-15 (LUT): Es sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, dass er mit mir das Erbe teile.
Er aber sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbschlichter über euch gesetzt?
Und er sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.

Wo bleibt denn da die Gerechtigkeit?

Die gängigen Auslegungen erwecken den Eindruck, diese holprige Stelle schönreden zu wollen. O.k., Habgier ist Sünde, bringt auch nichts wirklich, macht den Menschen hart und ungerecht und irgendwann wird er, wenn er nicht den Anfängen wehrt und sich weigert, Buße zu tun, dann von seiner Sucht nach Geld/ Besitz kontrolliert.
Die Mahnung, sich "vor aller Habgier zu hüten" kann jedoch kein Freischein sein für Hinz und Kunz, Gläubige gewissenlos zu übervorteilen. Ein Gläubiger, der von seinen Miterben beschissen wird, kann meiner Meinung nach sämtliche Rechtsmittel ausschöpfen, um seinen Anspruch durchzusetzen, und so lange er dabei "reinen Herzens ist", sollte das vom Geistlichen her auch durchgehen.

Was meint ihr dazu?
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Hallo @magda,

Die gesamte Geschichte steht in einem Kontext, in dem Jesus seine Zuhörer auffordert, sich zu entscheiden, ja er wirbt um sie: "Bekennt euch zu mir"! Er lehrt, dass alles dazu Entgegenstehende vor dem letzten Maßstab unwesentlich ist. Für das unmittelbare Gefühl des Menschen mag das Entgegenstehende alles bedeuten, für Gott ist es nichts. An nichts soll man sein Herz hängen, außer an Gott, denn woran das Herz hängt, dort hat der Mensch seinen Schatz. So sagt uns Jesus, dass wir nicht einmal am Leben hängen sollen, weil wir vor niemanden Angst zu haben brauchen, als vor dem, der die Macht hat uns in die Hölle zu werfen (also Gott!). Unsere Seele ist im Glauben sicher und geborgen. Jesus mahnt Gottesfurcht, anstatt Menschenfurcht an!

Die Seele entscheidet sich in der Armseligkeit des Augenblicks, begründet aber die Ewigkeit.
Jesus spricht bei diesem Bibeltext vom Eigentlichen, von der Gerechtigkeit, welche die Seele betrifft und nicht von einer irdischen, menschlichen Gerechtigkeit. Das Vergängliche soll losgelassen werden (der Jüngling, der alle Gebote einhielt, aber reich war, konnte dies nicht!).
Der Mann dachte nur an Acker und Haus. Es folgt dann die Geschichte vom reichen Manne, der sich nur mit vollen Scheunen geborgen fühlt. Aber er wird sterben und seine Ernte essen andere. Auch hier wird das Wesentliche vom Unwesentlichen unterschieden: Brot oder Leben. Ewiger oder zeitlicher Besitz. Besitz soll in Gott und nicht in der Zeit sein.

Jesus hat die Menschen mit seinen Worten provoziert, um sie aufzuwecken, damit sie umkehren (und das gilt auch uns heute). Er war weder Moralapostel noch der Führer einer Armenbewegung. Er war auch kein irdischer Richter, sondern er wird der himmlische Richter sein. Das Tröstliche und Gerechte an diesem Bibeltext ist doch auch: Jener, der hier spricht, wird jener sein, der auch richten wird. Und in ihm sind wir im Glauben sicher und geborgen.
Jesus hat mit diesem Text keine Anleitung für Christen ausgesprochen, wie sie sich bei Erbstreitigkeiten zu verhalten haben, das wäre zu kleinkariert. Er hat sie angemahnt ihre innere Haltung bei solchen Erbstreitigkeiten zu überprüfen. Geht es mir tatsächlich um Gerechtigkeit oder doch nur um meine Habgier, um irdischen Besitz, an dem mein Herz hängt und der Hass in die Beziehung zu meinem Bruder trägt.
So kann es sein, dass ich zwar vor dem irdischen Gericht zurecht meinen Erbteil zugesprochen bekomme, aber vor dem Herrn mich selbst zu den Böcken verurteilt habe.

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#4 Re: Lk. 12 Erbstreitigkeiten: Abfuhr

Beitrag von Pluto » So 31. Jul 2016, 17:02

2Lena hat geschrieben:Nach den weltlichen Gesetzen wird nur eine Besitzordnung hergestellt.
Sie waren in der "Natur" jedoch so nicht vorgesehen.
Es gibt Völker (z.B. Aborigines) in denen Besitz keine Rolle spielte.
Das "geistige Prinzip" war hier der Lenker des Rechts.
Ja natürlich gibt es Menschen, denen Geld nichts ausmacht. Aber für die Mehrheit von uns ist Geld das was die "Erde weiterdrehen" lässt.

Das sieht man sehr schön an folgendem Beispiel:
Was ist dir lieber?
  • (a) Jemand schenkt dir ein Duzend langstielige Rosen (im Wert von 50 Euro).
    oder
    (b) Jemand schenkt dir 50 Euro in bar.
Sind nicht den Meisten von uns die 50 Euro in bar lieber?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#5 Re: Lk. 12 Erbstreitigkeiten: Abfuhr

Beitrag von Pluto » So 31. Jul 2016, 17:08

Rembremerding hat geschrieben:Die Seele entscheidet sich in der Armseligkeit des Augenblicks, begründet aber die Ewigkeit.
Jesus spricht bei diesem Bibeltext vom Eigentlichen, von der Gerechtigkeit, welche die Seele betrifft und nicht von einer irdischen, menschlichen Gerechtigkeit. Das Vergängliche soll losgelassen werden (der Jüngling, der alle Gebote einhielt, aber reich war, konnte dies nicht!).
Der Mann dachte nur an Acker und Haus. Es folgt dann die Geschichte vom reichen Manne, der sich nur mit vollen Scheunen geborgen fühlt. Aber er wird sterben und seine Ernte essen andere. Auch hier wird das Wesentliche vom Unwesentlichen unterschieden: Brot oder Leben. Ewiger oder zeitlicher Besitz. Besitz soll in Gott und nicht in der Zeit sein.
Ja natürlich hast du da völlig Recht.
Man sagt auch dazu, "Das letzte Hemd hat keine Taschen".

Warum also hängt der Mensch an seinem Besitz? Vielleicht deshalb?

Bild
[Quelle: http://www.snoopy.com]
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Magdalena61
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#6 Re: Lk. 12 Erbstreitigkeiten: Abfuhr

Beitrag von Magdalena61 » Mo 1. Aug 2016, 00:19

2Lena hat geschrieben:Übrigens hat Lukas 12 noch viele weitere Muster gegen die Ausbreitung von "Heuchelei" und niedrig angesetzter "Gerechtigkeit", die zwar gerecht erscheint, aber zuletzt ganz falsche Bezüge hat.
Ja, unter der Überschrift: "Fleischliche Gesinnung kontra geistliche Gesinnung".
Nach den weltlichen Gesetzen wird nur eine Besitzordnung hergestellt.
Sie waren in der "Natur" jedoch so nicht vorgesehen.
Es gibt Völker (z.B. Aborigines) in denen Besitz keine Rolle spielte.
Das "geistige Prinzip" war hier der Lenker des Rechts.
Im Gesetz des Mose gibt's keinen Sozialismus. Die Besitzverhältnisse werden klar geregelt. Deswegen war der Mann "aus der Volksmenge" vermutlich im Recht, wenn er sich darauf berief.
Das wird barmherzig mehr bedacht - schließlich auch materiell besser gestellt.
Ohne Gerechtigkeit gibt es auch keine echte Barmherzigkeit. Und keinen Frieden.
Man kann Menschen nicht aufdrücken, barmherzig zu sein. Dieser Impuls, diese Entscheidung muß von innen heraus kommen, aus Überzeugung. Deshalb muß man den Menschen frei und selbst entscheiden lassen, ob er auf sein Recht verzichtet.
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#7 Re: Lk. 12 Erbstreitigkeiten: Abfuhr

Beitrag von Magdalena61 » Mo 1. Aug 2016, 00:46

Rembremerding hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben: Wo bleibt denn da die Gerechtigkeit?
Die gesamte Geschichte steht in einem Kontext, in dem Jesus seine Zuhörer auffordert, sich zu entscheiden, ja er wirbt um sie: "Bekennt euch zu mir"! Er lehrt, dass alles dazu Entgegenstehende vor dem letzten Maßstab unwesentlich ist.
Ja, das ist ja schon richtig. Aber von irgendetwas leben muß man auch noch, und die gebratenen Tauben fliegen einem nicht in den Mund.

Der jüngere Bruder wird nach dem Tod der Eltern auch eine Grundlage benötigt haben, auf der er sich eine Existenz aufbauen konnte. Wenn sein älterer Bruder den Hauptteil des Erbes bekam, konnte er dem jüngeren Bruder doch wenigstens dessen Anteil geben.
An nichts soll man sein Herz hängen, außer an Gott, denn woran das Herz hängt, dort hat der Mensch seinen Schatz.
Wenn man sas wirklich täte, könnte man ins Koster gehen oder Buddhist werden.
Kein eigener Besitz, Leben von Almosen---

Überall, wo ein Mensch lebt und arbeitet, entwickelt er Beziehungen. Zu der Gegend, zu seinem Wohnort, den Nachbarn, seinen Arbeitskollegen... zu seinem Haus oder seiner Wohnung mit Inventar... das ist einfach so. Und diese Beziehungen helfen ihm dabei, einzuwurzeln und sich zu Hause zu fühlen.

Wenn man lange und intensiv an etwas arbeitet, entwickelt man dazu auch eine Beziehung. Eine Verbundenheit, die aus der Identifikation entsteht- Liebe?

Es kann nicht jeder ein Wanderprediger sein, der nirgends zu Hause ist. Man wird auch älter, ist dann nicht mehr so belastbar und möchte sich nicht ständig komplett neu orientieren müssen.

Aus der Verwurzelung in die Heimat (der Identifikation mit der Heimat) kommt die Energie, daran zu arbeiten, sie zu schützen und zu bewirtschaften, was harte Arbeit und große Anstrengung; auch Selbstverleugnung bedeuten kann, sowie die Energie, die Heimat im Ernstfall zu verteidigen, um für die Nachkommen Lebensraum und Sicherheit zu erhalten .

Da der Mensch so "programmiert" ist, ist es nicht ganz einfach für ihn, sein Herz nicht an das zu hängen, womit er täglich zu tun hat, wofür er verantwortlich ist und was einen Teil seines Lebens ausmacht. Denn wenn er sich nicht für sein Tagewerk interessiert, dann ist es sehr schwer, kontinuierlich daran zu arbeiten.
So sagt uns Jesus, dass wir nicht einmal am Leben hängen sollen, weil wir vor niemanden Angst zu haben brauchen, als vor dem, der die Macht hat uns in die Hölle zu werfen (also Gott!).
Das ist heftig, und ich weiß nicht, ob ich diesen "Test" bestehen würde.
Besitz soll in Gott und nicht in der Zeit sein.
Wenn man oft genug "loslassen" muß(te), lernt man es, Irdisches aus der Hand Gottes anzunehmen und zu schätzen.
Trotzdem entstehen wieder Bindungen.
Das Tröstliche und Gerechte an diesem Bibeltext ist doch auch: Jener, der hier spricht, wird jener sein, der auch richten wird.
Ja.
Jesus hat mit diesem Text keine Anleitung für Christen ausgesprochen, wie sie sich bei Erbstreitigkeiten zu verhalten haben, das wäre zu kleinkariert.
Nein, aber Christen müssen sich ja überlegen, wie sie damit umgehen (wollen).
Dazu gibt es in 1. Kor. 6 die Ermahnung, nicht mit dem Bruder vor Ungläubigen zu rechten, sondern sich lieber übervorteilen zu lassen.

Diese Einschränkungen könnten jedoch für Namenschristen oder Nichtchristen geradezu eine Einladung sein, die Nachgiebigen auszunützen, zu benachteiligen, zu betrügen.
Er hat sie angemahnt ihre innere Haltung bei solchen Erbstreitigkeiten zu überprüfen. Geht es mir tatsächlich um Gerechtigkeit oder doch nur um meine Habgier, um irdischen Besitz, an dem mein Herz hängt und der Hass in die Beziehung zu meinem Bruder trägt.
Angenommen, mein (leiblicher) Bruder würde mich um meinen Anteil am Erbe betrügen: Dann wäre die Beziehung sowieso geschrottet, und zwar aufgrund seiner Habgier, welche einen Charakter offenbarte, mit dem ich nicht in enger Gemeinschaft leben will.

Wenn er bei seiner Haltung bliebe, würde ich ihn zwar nicht verklagen- das könnte ich mir nicht vorstellen, den Sohn meiner Mutter vor Gericht zu ziehen- aber ich würde den Kontakt zu ihm abbrechen. Und versuchen, meine eigenen Potenziale zu sichten und zu sortieren, um mit dem, was mir bleibt, mein Leben zu bauen und zu gestalten.
Eine freundliche familiäre Beziehung käme unter diesen Umständen nicht mehr in Frage.

Dieses Gedankenmodell ist rein fiktiver Natur. Unsere Eltern sind schon lange verstorben. Es gab nichts zu erben.
LG
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Rembremerding
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#8 Re: Lk. 12 Erbstreitigkeiten: Abfuhr

Beitrag von Rembremerding » Mo 1. Aug 2016, 11:09

Magdalena61 hat geschrieben:Aber von irgendetwas leben muß man auch noch, und die gebratenen Tauben fliegen einem nicht in den Mund.
Man lebt immer von dem, was Gott schenkt. Gott weiß, warum ein Mensch zum Bettler wird. Macht den Bruder das vorenthaltene Erbe zum Bettler, dann ist Gott besonders für ihn da, er erhält in der Ewigkeit seinen besonderen Lohn, wie Lazarus im Schoß Abrahams. Macht es ihn nicht zum Bettler und er hat sein auskommen, wo liegt das Problem?
Wenn man sas wirklich täte, könnte man ins Koster gehen oder Buddhist werden.
Kein eigener Besitz, Leben von Almosen---

Überall, wo ein Mensch lebt und arbeitet, entwickelt er Beziehungen. Zu der Gegend, zu seinem Wohnort, den Nachbarn, seinen Arbeitskollegen... zu seinem Haus oder seiner Wohnung mit Inventar... das ist einfach so. Und diese Beziehungen helfen ihm dabei, einzuwurzeln und sich zu Hause zu fühlen.

Wenn man lange und intensiv an etwas arbeitet, entwickelt man dazu auch eine Beziehung. Eine Verbundenheit, die aus der Identifikation entsteht- Liebe?
Zu all dem fällt mir immer ein, was der hl. Paulus uns sagt:
1Kor 7:29-31 GB
Doch das, Brüder, muß ich sagen: Die Zeit ist kurz bemessen. Daß doch künftighin Verheiratete so leben, als wären sie nicht verheiratet, die Weinenden, als weinten sie nicht, die Fröhlichen, als wären sie nicht fröhlich, die Kaufenden, als behielten sie nichts, und die mit der Welt verkehren, als hätten sie nichts davon; denn die Gestalt dieser Welt vergeht.


Diese Einstellung schenkt Frieden, denn die eigentliche Liebe und Dankbarkeit für den Partner, den Besitz, die Heimat gilt Gott. So kann man nicht vom Menschen enttäuscht werden, weil man Gott im Menschen liebt, der einen nie enttäuscht. Der Verlust oder Gewinn von Besitz und Heimat ist eine Liebesbezeugung Gottes, er nimmt, er gibt, ihm allein sind wir dankbar. Nimmt er, dann zum Besseren aus Liebe, gibt er, dann zum Besseren aus Liebe. Dasselbe gilt für Beziehungen. Alles ist eine Sache des Vertrauens in Gott.

Rembremerding hat geschrieben:So sagt uns Jesus, dass wir nicht einmal am Leben hängen sollen, weil wir vor niemanden Angst zu haben brauchen, als vor dem, der die Macht hat uns in die Hölle zu werfen (also Gott!).
Das ist heftig, und ich weiß nicht, ob ich diesen "Test" bestehen würde.
Gäbe es denn nichts schrecklicheres im Leben, als Gott zu verlieren? Ist dein Leben, dein Kind dir wichtiger? Achte auf deine Antwort, denn sie ist Ausdruck deines Gottesbilds. Würdest du tatsächlich meinen, dass der liebende und Leben schenkende Gott dir Leben und Kind nehmen würde, nur um dich zu prüfen? Wäre ein solcher Gedanke nicht Ausdruck deines Stolzes und eines falschen Gottesbilds?

Diese Einschränkungen könnten jedoch für Namenschristen oder Nichtchristen geradezu eine Einladung sein, die Nachgiebigen auszunützen, zu benachteiligen, zu betrügen.
Und wenn schon, wenn es einem nicht den gesamten Lebensunterhalt kostet. Sie erhalten ihren Lohn. Und auch jene, die ungerecht behandelt wurden, betrogen und verhöhnt. Jesus erging es nicht anders.

Wenn er bei seiner Haltung bliebe, würde ich ihn zwar nicht verklagen- das könnte ich mir nicht vorstellen, den Sohn meiner Mutter vor Gericht zu ziehen- aber ich würde den Kontakt zu ihm abbrechen. Und versuchen, meine eigenen Potenziale zu sichten und zu sortieren, um mit dem, was mir bleibt, mein Leben zu bauen und zu gestalten.
Genau, und wir können dem Bruder vergeben, damit der Kanal für Gottes Vergebung für einen selber offen bleibt und damit das Gebet fruchtbar. Auch wenn wir uns vielleicht nicht versöhnen können, weil der Bruder nicht will/kann, so soll dieser Weg auch immer offen bleiben. Und nachdem man die Schuld benannt hat, braucht man sie auch nicht vergessen, jedoch sie auch nicht auf sich nehmen. Unsere Last können wir unter dem leichten Joch zusammen mit Jesus teilen, die Last des anderen müssen wir nicht tragen.

Servus
:wave:
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Janina
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#9 Re: Lk. 12 Erbstreitigkeiten: Abfuhr

Beitrag von Janina » Mo 1. Aug 2016, 11:38

Magdalena61 hat geschrieben:Sorry, aber mit diesen Versen hatte ich schon immer ein Problem. Weil das Verhalten des älteren Bruders nicht gerecht ist, und Jesus diese Ungerechtigkeit offenbar hinnimmt. Der ältere Bruder schwelgt in Habgier, und der jüngere Bruder wird getadelt, nicht habgierig zu sein?

Wo bleibt denn da die Gerechtigkeit?
Tja, offenbar gibt es wichtigeres als "Gerechtigkeit". Denn das Fordern von "Gerechtigkeit" führt hier zu einem verbissenen Kleinkrieg, an dessen Ende nur zerstrittene Arschlöcher stehen. Solcher Reichtum beschmutzt, also ist es besser, ihn fahren zu lassen, als sich selbst zu beschmutzen.
Jesus sagt: Du hast es nicht nötig, zum Arschloch zu werden. Pfeif drauf und bleib sauber.
Jesus dehnt Habgier aus auf "berechtigte Ansprüche".
Recht weise, wie ich finde.

ThomasM
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#10 Re: Lk. 12 Erbstreitigkeiten: Abfuhr

Beitrag von ThomasM » Mo 1. Aug 2016, 13:35

Dazu noch folgender Gedanke:

Das ist mein BRUDER. Jemand, der sehr viel mit mir gemeinsam hat. Jemand, der mir nahe ist, auf den ich achte.
Er hat sich verrannt, er will alles für sich. Er befürchtet, zu kurz zu kommen. Die Habgier hat ihn im Griff.
Er ist bereit, Unrecht zu tun und mir meinen Anteil vorzuenthalten.

Wie kann ich nicht bereit sein, ihm meinen Anteil abzutreten? Er hat es ja anscheinend nötig.
Im Namen der Liebe gebe ich ihm alles.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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