WISSEN = GLAUBEN

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SilverBullet
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#91 Re: WISSEN = GLAUBEN

Beitrag von SilverBullet » Mo 6. Feb 2017, 21:46

Andreas hat geschrieben:Die "zwangsläufige" Interpretation von Mustern ist biologisch angelegt und immer in "uns" aktiv.
Es ist korrekt, dass das Gehirn „Muster“ quasi in einem vorauseilenden Gehorsam „erkennt“, d.h. es sind nicht viele Zusammenhänge notwendig, damit es im Gehirn zum Aufbau von „Gemeinsamkeits-/Regel“-Zusammenhängen kommt.
Dies geht soweit, dass wir weit mehr „erkennen“, als da ist.
=> Motto: Lieber einmal mehr „wegrennen“, als einmal zu wenig :-)

Ich denke auch, dass das „Herausquetschen“ von maximal vielen Zusammenhängen innerhalb von (Sinnes-)Datensituationen ein wichtiges Merkmal des Gehirns ist.
Exakt auf diese Weise ist es möglich, dass das Gehirn eine Verstehfunktion für den gesamten restlichen Körper übernimmt (und dabei selbst gar nicht vorkommt und auch kein Verständnis zum Herstellen der Wahrnehmung aufbaut).
Mit genügend „evolutionärer Zeit“ und genügend Plastizität resultieren aus dem Aufbauen von immer abstrakteren Zusammenhängen letztlich die Zusammenhänge der „subjektiven Perspektive“, was wir über die Zeit hinweg, als „das Bewusstsein“ ansehen.

umgangssprachlich: "Bewusstsein formt sich, weil es korrekte Zusammenhänge sind"

Andreas hat geschrieben:Diese "Zwanghaftigkeit" ist mit dem Phänomen der Qualia gegeben - auch wenn man dieses Phänomen bis jetzt noch nicht endgültig geklärt hat.
Nein.
Der Zusammenhangsaufbau hat noch nicht einmal etwas mit „Bedeutung“ zu tun, sondern bildet die Grundlage für sämtliche Vorgänge im Gehirn.
Exakt in den dazu notwendigen Mechanismen (biochemische Beeinflussung und Harmonisierung der Zellaktivitäten) ist die Mustererkennung verankert – umgangssprachlich: „die Zellen machen das von sich aus, weil sie in einer Mischung aus bestimmten Zelltypen vorkommen“.
Ich sage:
die Mischung ist entscheidend, damit sich die unterschiedlichen Gehirnregionen herausbilden, so dass es zu spezialisierten Zentren kommt. Ich vermute diese Mischung wird genetisch vorgegeben, kann sich aber evtl. durch Belastung bzw. Unterforderung ändern.

Die Wörter „Phänomen“ und „Qualia“ haben meiner Meinung nach, nichts im Bereich der menschlichen Wahrnehmung verloren (also auch nicht bei der Mustererkennung).
Es handelt sich um eine „philosophische Waghalsigkeit“, die mit Anlauf in einer Sackgasse endet:
Die Situation des „Lebewesens, als Objekt in der Welt“ wird einfach kurzer Hand „in die Wahrnehmung“ verlegt und behauptet, dass auch dort ein „Denk-Ding der Wahrnehmung gegenüber stehen soll“.

Ein Mensch ist aber kein „Etwas“, das „sich selbst beim Verstehen begegnet“ und beliebig zwischen Welt-Wahrnehmung und Wahrnehmungs-Wahrnehmung „umschalten“ kann.
Das Behaupten dieser Funktion ist eine philosophische Verrücktheit, die Rot-Nasen-Preis-verdächtig ist.

Es steht jedem frei, nachzuforschen, in wie weit die Philosophen die behauptete Funktion mit der Realität abgeklärt haben – viel Spass…

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Münek
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#92 Re: WISSEN = GLAUBEN

Beitrag von Münek » Mo 6. Feb 2017, 22:06

Andreas hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Bei der Geburt sind wir alle Atheisten.
Dann wird es dir ein Leichtes sein, diese deine Aussage auch zu belegen - sonst ist es nur eine leere Behauptung. Unlogisch ist sie ja allemal.
An Plutos Auffassung, dass wir alle bei der Geburt Atheisten sind, vermag ich nichts Unlogisches zu erblicken. Wir leben im 21. Jahrhundert. Was sollte heute an dem tradierten Glauben an die Existenz transzendenter Wesen und Welten logisch sein? Die Welt lässt sich auch ohne Zuhilfenahme eines ominösen Jenseits und eines allmächtigen, Heilspläne verfolgenden Gottes erklären.

Gewiss - glauben kann man (an) alles, wie es jedermann beliebt. Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt,
solange man Plausibilität und Evidenz außen vor lässt und seinen subjektiven Wunschvorstellungen Priorität
einräumt.

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Andreas
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#93 Re: WISSEN = GLAUBEN

Beitrag von Andreas » Mo 6. Feb 2017, 22:10

Das Phänomen der Qualia spürt dein Körper, wenn er einen Orgasmus oder Zahnschmerzen hat. Das ist das Phänomen, was deinen Körper zu der Überzeugung bringt, dass es sich um deinen und nicht um meinen Körper handelt, der diesen Orgasmus und diese Zahnschmerzen hat.
SilverBullet hat geschrieben:Ein Mensch ist aber kein „Etwas“, das „sich selbst beim Verstehen begegnet“ und beliebig zwischen Welt-Wahrnehmung und Wahrnehmungs-Wahrnehmung „umschalten“ kann.
Immer wieder faszinierend zu sehen, wie du genau das machst - zwischen Welt-Wahrnehmung und Wahrnehmungs-Wahrnehmung umzuschalten, wenn du den Menschen in seiner Interaktion mit seiner Umwelt beschreibst - denn du beschreibst mit deiner Wahrnehmungs-Wahrnehmung sowohl die Welt-Wahrnehmung deiner Umwelt als auch den Menschen SilverBullet, der das was er meint über sich selbst verstanden zu haben, dem Andreas der Teil deiner Umwelt ist mitteilst - und checkst es nicht. Wer bitte schreibt mir "deine Zeilen" aus welcher Wahrnehmung heraus? Wo nimmst du deine Worte her, wenn nicht aus dir selbst? Nimmst du dich nicht dabei wahr, wenn du einen Satz formulierst nochmal liest, etwas daran korrigierst?

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Andreas
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#94 Re: WISSEN = GLAUBEN

Beitrag von Andreas » Mo 6. Feb 2017, 22:17

Münek hat geschrieben:An Plutos Auffassung, dass wir alle bei der Geburt Atheisten sind, vermag ich nichts Unlogisches zu erblicken.
Das tut mir echt leid. Mir erscheint es logisch, dass erst mal ein Gott da sein muss, bevor man zu der Erkenntnis kommen kann, dass man auch ohne auskommt. Deine und Plutos Biographie sind doch der beste Beleg dafür und ebenso "die Aufklärung" denn in allen Zeiten vorher glaubten wohl alle Menschen an Götter. Selbst der Begriff des Atheismus kam erst viel später als der Begriff Gott in die Welt.

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#95 Re: WISSEN = GLAUBEN

Beitrag von Tyrion » Mo 6. Feb 2017, 22:22

Ob man von Geburt an Atheist ist oder an transzendente Wesen glaubt, ist ähnlich sinnvoll, wie darüber zu spekulieren, ob Tiere Atheisten sind. Säuglinge zeigen viele vorprogammierte Verhaltensweisen, sie zeigen auch Emotionen, sie zeigen Persönlichkeitsmerkmale, aber man kann nicht erfahren, "was sie denken". Closs müsste Säuglingen das Bewusstsein absprechen, da er es Tieren auch abspricht (und er müsste die gleichen rgumente vorbringen).

Man kann erst ab dem Zeitpunkt spekulieren, ab dem man mit einem Kind komplex kommunizieren kann. Und Fakt ist, dass die meisten Eltern ihren Kindern serh früh Glaubensinhalte einpflanzen. Sei es das Christkind zu Weihnachten, der Osterhase, der Krampus oder Jesus, Gott und ähnliche Mythen. Dann kommen Hexen, Zauberer, Zwerge, Kobolde usw. dazu (Märchen, Sagen). Die Frage ist da auch, inwiefern Kinder zwischen Fiktion und Realität unterscheiden können. Kinder glauben aber ihren Eltern.

Die These, dass ein Säugling nicht an Gott glaubt, ist nicht zu belegen, aber in sich stimmig, da komplexe transzendente Leistungen von dem noch nicht richtig verschalteten Gehirn vermutlich nicht möglich sind. Dass ein Säugling schon zu seiner Geburt an Gott (an welchen, an Jahwe?) glaubt, ist extrem unwahrscheinlich. Dass aber auch in diesen noch nicht vollständigen Gehirnen eine Bereitschaft, Dinge zu glauben, angelegt ist, ist plausibel, denn das wird später ja auch so ausgeführt. Wenn man das aber auf eine Spiritualität hindenken will, wird die Argumentation sehr brüchig.

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#96 Re: WISSEN = GLAUBEN

Beitrag von Tyrion » Mo 6. Feb 2017, 22:28

Andreas hat geschrieben:" denn in allen Zeiten vorher glaubten wohl alle Menschen an Götter. Selbst der Begriff des Atheismus kam erst viel später als der Begriff Gott in die Welt.

Da gebe ich dir Recht, Andreas. Wir haben sicherlich einen Hang zur Spiritualität vorprogrammiert. Man kann es als Notfallprogramm ansehen, das Systemabstürze vermeidet. Wie sind relativ intelligent und denken transzendent. Das heißt, wir stellen auch Sinnfragen und können darüber depressiv werden. Das wöre evolutiv ein Nachteil. Wer notfalls alle solch schwierigen Fragen an eine Gottheit outsourcen kann, ist da im Vorteil. Deshalb ist Spiritualität sicherlich in unseren Gehirnen angelegt. Und deshalb gibt es auch so wenige Atheisten, aber viele Agnostiker, darunter auch theistische Agnostiker. Man kann aber daraus nicht auf die Existenz eines Gottes schließen. Dass wir gerne Märchen lesen und in Phantasiewelten eintauchen können, machen die auch nicht real. Und trotzdem glauben viele daran, selbst manche Christen glauben an Dämonen, Hexen, Geister usw.

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#97 Re: WISSEN = GLAUBEN

Beitrag von Christian41285 » Mo 6. Feb 2017, 22:28

Man muss entweder an Gott glauben oder

Jemand muss einem davon erzählt haben......

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Andreas
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#98 Re: WISSEN = GLAUBEN

Beitrag von Andreas » Mo 6. Feb 2017, 23:22

Tyrion hat geschrieben:Wenn man das aber auf eine Spiritualität hindenken will, wird die Argumentation sehr brüchig.
Habe ich ja auch nicht getan.
Tyrion hat geschrieben:Dass aber auch in diesen noch nicht vollständigen Gehirnen eine Bereitschaft, Dinge zu glauben, angelegt ist, ist plausibel, denn das wird später ja auch so ausgeführt.
Genau das ist mein Standpunkt - allerdings beziehe ich das auf alles Geglaubte, jede Ideologie und damit auch auf den Atheismus und Neo-Atheismus, auf das Geld und Wachstum, Wachstum, Wachstum, auf die jährlich wechselnde Mode, auf die Esoterik, auf Verschwörungstheorien und selbst auf den Hass und die Liebe.
Tyrion hat geschrieben:Wir haben sicherlich einen Hang zur Spiritualität vorprogrammiert. Man kann es als Notfallprogramm ansehen, das Systemabstürze vermeidet.
Ich denke, der Grund ist viel simpler. Statistisch gesehen ist es wohl besser in Notsituationen irgendwas zu tun als gar nichts. "Besser einmal zu viel wegrennen, als einmal zu wenig".
Tyrion hat geschrieben:Man kann aber daraus nicht auf die Existenz eines Gottes schließen.
Das hab ich nicht getan. Ich weiß ja nicht, ob Gott existiert - ich habe aus meinen Erfahrungen gute Gründe, das zu glauben - anderen kann ich das nicht beweisen. Das ist wie mit dem Essen. Bevor man etwas nicht gekostet hat, kann es einem nicht schmecken. Ich habe früher Fisch gehasst - bis ich eines Tages guten Fisch in guter Zubereitung gekostet habe. So ist es auch mit den Gottesbildern. Plutos Kontroll-Gott geht gar nicht. Ein Notnagel-Gott ist nicht mein Ding. Mit dem Lückenbüßer-Gott kann ich auch nichts anfangen. Mit dem Gottesbild der Evangelikalen, "Bibeltreuen" und Zeugen Jehovas komm ich nicht klar. Bei einem aufgeklärten und progressiven Gottesbild wird die Sache für mich dann aber ziemlich spannend und erfahrbar und bei meinem persönlichen Gottesbild rockt es dann so richtig. Das funktioniert, weil es mein Leben "irgendwie" nachhaltig zum Besseren wendet. Das muss mir aber niemand glauben.
Tyrion hat geschrieben:Das heißt, wir stellen auch Sinnfragen und können darüber depressiv werden. Das wöre evolutiv ein Nachteil.
Das lange Bestehen und das Bevölkerungswachstum des Menschen belegt eher das Gegenteil. Deine Ängste finde ich - unterm Strich - übertrieben - auch das ist eine Form des Glaubens. Dein Fokus liegt eben auf den Nachteilen von Religion, die es sicher auch gibt. Mein Fokus liegt eher auf den Vorteilen, die es auch gibt. Glaubenssache.
Eine objektive, nachvollziehbare Studie dazu, gibt es wohl nicht. Was wäre die Maßeinheit einer solchen Studie - Leichen, Neugeborene, Misshandelte, gute Ehen, Unglück, Glück, Krankheit, Gesundheit?

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#99 Re: WISSEN = GLAUBEN

Beitrag von Tyrion » Di 7. Feb 2017, 00:12

Andreas hat geschrieben:
Tyrion hat geschrieben:Wenn man das aber auf eine Spiritualität hindenken will, wird die Argumentation sehr brüchig.
Habe ich ja auch nicht getan.

Stimmt natürlich. Ich bezog mich da auch mit über die allgemeine Diskussion über Plutis These des "ungläubigen Säuglings"

Genau das ist mein Standpunkt - allerdings beziehe ich das auf alles Geglaubte, jede Ideologie und damit auch auf den Atheismus und Neo-Atheismus, auf das Geld und Wachstum, Wachstum, Wachstum, auf die jährlich wechselnde Mode, auf die Esoterik, auf Verschwörungstheorien und selbst auf den Hass und die Liebe.

Ja, wobei da wiederum die Frage aufkommt, ab welchem Entwicklungszustand das so ist. Das Kleinkind muss die Sprache verstehen können, dann kann es externe dinge glauben. Und ab wann kann das Kind allein transzendent denken, sich also Glauben selber füllen? Und das ist halt schwer fassbar

Ich denke, der Grund ist viel simpler. Statistisch gesehen ist es wohl besser in Notsituationen irgendwas zu tun als gar nichts. "Besser einmal zu viel wegrennen, als einmal zu wenig".

Dafür wird der Sympathicus (Teil des vegetatien Nervensystems) aktiviert (für's Wegrennen). Dafür muss man nicht "glauben", das ist eine vorprogrammierte Reaktion. Es wird dabei zeitgleich das Großhirn etwas runtergefahren - man soll nicht grübeln, sondern weglauen oder kämpfen. Deshalb verlieren wir an IQ, wenn wir Angst haben - das erklärt auch Blackouts bei Prüfungsangst.
Der Systemabsurz droht eher, wenn man in einer Hängematte liegt und über den Sinn der Welt nachdenkt.

So ist es auch mit den Gottesbildern. Plutos Kontroll-Gott geht gar nicht. Ein Notnagel-Gott ist nicht mein Ding. Mit dem Lückenbüßer-Gott kann ich auch nichts anfangen. Mit dem Gottesbild der Evangelikalen, "Bibeltreuen" und Zeugen Jehovas komm ich nicht klar.

Ging mir genauso, als ich noch geglaubt habe. Und was die Gottesbilder angeht auch heute noch so. Letzteres (Bibeltreue, ZJ) stellt für mich ein Monster dar.

Bei einem aufgeklärten und progressiven Gottesbild wird die Sache für mich dann aber ziemlich spannend und erfahrbar und bei meinem persönlichen Gottesbild rockt es dann so richtig.

Glaube ich dir gerne. Es ist halt dein eigenes, privates Gottesbild, das durchaus auch von anderen ähnlich getroffen wird, aber primär dein eigenes Bild. Und wenn es dir guttut, warum nicht? Religion ist nicht nur Opium für das Volk, sie kann auch helfen, das Leben zu meistern.

Das funktioniert, weil es mein Leben "irgendwie" nachhaltig zum Besseren wendet. Das muss mir aber niemand glauben.

Siehe Absatz drüber ;) . Ich glaube nicht an dein Gottesbild, glaube dir aber, dass du ein Gottesbild hast. Ich muss aber auch nicht an dein Gottesbild glauben. Solange du es als solches erkennst, als deine Vorstellung von Gott und das eben niemandem aufzwingst, ist ja alles o.k.

Das lange Bestehen und das Bevölkerungswachstum des Menschen belegt eher das Gegenteil.

Warum? Das zeigt, dass wir eben dan solcher "Programme" gut mit unserem Intellekt auskommen, ihn nutzen können und bei Problemen wie der Sinnfrage notfalls ausweichen können. Deshalb sind wir ja so erfolgreich.

Deine Ängste finde ich - unterm Strich - übertrieben - auch das ist eine Form des Glaubens. Dein Fokus liegt eben auf den Nachteilen von Religion, die es sicher auch gibt. Mein Fokus liegt eher auf den Vorteilen, die es auch gibt. Glaubenssache.

Das kommt vielleicht so rüber, weil ich meist über radikale Formen des Glaubens schreibe - und da eben wirklich Gefahren sehe. Ich finde den IS nicht prickelnd. Und da ich keine Religion einseitig bevorzuge, denke ich über Religion allgemein nach. Und da sehe ich eben Grundtendenzen, die zur Radikalität führen. Vor allem das Einteilen in Gläubige und Ungläubige, die zu viel Übel führen kann und geführt hat (bei diversen Religionen). Dann die Missstände beispielsweise in den großen Kirchen (Kindesmissbrauch, Vertuschungsaktionen, Prügel in Heimen usw.)

Eine objektive, nachvollziehbare Studie dazu, gibt es wohl nicht. Was wäre die Maßeinheit einer solchen Studie - Leichen, Neugeborene, Misshandelte, gute Ehen, Unglück, Glück, Krankheit, Gesundheit?

Leichen kann man zählen - da sind Christentum und Moslems vermutlich führend. Das Problem ist, dass man Glauben nie singulär sehen kann. Vor- und Nachteile von Gläubigkeit herauszuarbeiten, dürfte schwer fallen. Gebete können aber schaden, das wurde mal gezeigt (wobei die Studie von religiöser Seite ausging - muss ich mal raussuchen, vielleicht finde ich sie wieder).

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Andreas
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#100 Re: WISSEN = GLAUBEN

Beitrag von Andreas » Di 7. Feb 2017, 01:56

Tyrion hat geschrieben:Ja, wobei da wiederum die Frage aufkommt, ab welchem Entwicklungszustand das so ist. Das Kleinkind muss die Sprache verstehen können, ...
Sprache quasi aus dem Nichts - ohne jeden Anhaltspunkt - zu erlernen, halte ich für eines der größten Wunder des Menschen. Das dürfte die krasseste Skinner-Box-Glaubens-Leistung überhaupt sein, weil das ja in allen Sprachen der Menschheit funktioniert und Sprachen sich viel zu schnell weiterentwickeln, als dass die Evolution da genetisch hinterher kommen könnte.
Tyrion hat geschrieben:dann kann es externe dinge glauben.
Die Sprache der Eltern ist aus Sicht des Säuglings ein externes Ding und äußerst komplex obendrein, wenn man sich die Grammatik in manchen Sprachen anschaut - das ist doch das irrwitzige an dieser außerordentlichen Leistung.

Ich glaube ich habe dich schon verstanden, dass du jetzt auf religiöse Dinge anspielst.
Tyrion hat geschrieben:Und ab wann kann das Kind allein transzendent denken, sich also Glauben selber füllen? Und das ist halt schwer fassbar
Dem widerspreche ich nicht, dem stimme ich zu. Religion und anderer Glaube muss aber irgendwo im Menschen andocken können. Ich glaube in diesem Punkt sind wir uns schon einig.

Tyrion hat geschrieben:Dafür wird der Sympathicus (Teil des vegetatien Nervensystems) aktiviert (für's Wegrennen). Dafür muss man nicht "glauben", das ist eine vorprogrammierte Reaktion.
Stimmt, das mit dem Wegrennen war vielleicht kein gutes Beispiel.

Tyrion hat geschrieben: Deshalb verlieren wir an IQ, wenn wir Angst haben - das erklärt auch Blackouts bei Prüfungsangst.
Das wiederum spricht dafür, dass der Mensch durch Belohnung besser lernt als durch Bestrafung > Skinnerbox und modernere Gottesbilder die auf Vergebung und nicht auf Bestrafung ausgerichtet sind.
Sieht man übrigens auch an modernen Methoden des Tiertrainings in Zoos und selbst bei Haustieren. Bären auf heißen Platten das Tanzen abzuringen ist völlig out - hoffe ich.

Katzen lieben es wirklich zu "clickern." Später kann man die Belohnung in Form von Futter weglassen - das ist also nicht der Grund, sondern das Spiel, wenn sie zwischendurch von selbst kommen um clicker zu spielen.


Tyrion hat geschrieben:Der Systemabsurz droht eher, wenn man in einer Hängematte liegt und über den Sinn der Welt nachdenkt.
Da finde ich die Gefahr aber größer, wenn man ein sinnfreies naturalistisches Weltbild glaubt als an ein religiöses - sofern es sich dabei nicht um ein vorwiegend apokalyptisches, angstbesetztes Glaubenssystem handelt.

Tyrion hat geschrieben:Glaube ich dir gerne. Es ist halt dein eigenes, privates Gottesbild, das durchaus auch von anderen ähnlich getroffen wird, aber primär dein eigenes Bild.
Glaube ist letztendlich immer eine interne Angelegenheit.

Tyrion hat geschrieben:Das zeigt, dass wir eben dan solcher "Programme" gut mit unserem Intellekt auskommen, ihn nutzen können und bei Problemen wie der Sinnfrage notfalls ausweichen können. Deshalb sind wir ja so erfolgreich.
So meinte ich es auch. Aber ich würde nicht von "ausweichen" reden, weil das rein naturalistische Weltbild jeden Sinn ad absurdum führt - weil es die Frage nach dem "Wozu" gar nicht und die Fragen nach dem "Woher" und "Wohin" nicht befriedigend beantwortet.

Tyrion hat geschrieben:Und da ich keine Religion einseitig bevorzuge, denke ich über Religion allgemein nach.
Das mache ich auch.

Tyrion hat geschrieben:Vor allem das Einteilen in Gläubige und Ungläubige, die zu viel Übel führen kann und geführt hat (bei diversen Religionen).
Da finde ich die Gier nach Macht und Reichtum, welche Religion zu ihren Zwecken missbraucht, viel wichtiger. Da setzen ja auch die meisten Religionen an. Dein Problem ist vermutlich auch darin begründet, dass es kein 4sanftmut.de gibt. Oder müsste das dann vor 4macht.de heißen um die Mächtigen anzulocken - ich bin grade etwas verwirrt.

Tyrion hat geschrieben:Dann die Missstände beispielsweise in den großen Kirchen (Kindesmissbrauch, Vertuschungsaktionen, Prügel in Heimen usw.)
Das ist aber hier nicht das Thema und weil es das überall in Erziehungseinrichtungen gab und gibt. Am weitaus häufigsten in "ganz normalen" Familien. Willst du auch gegen Familien zu Felde ziehen und diese Abschaffen? Dann landen die Kinder aber in Erziehungsanstalten und da wären wir wieder am Anfang. Ähnlich wie der religiöse Glaube sind diese Unsitten in Personen verankert und nicht in Institutionen. Diese Vermischung gefällt mir nicht, weil Ursache und Wirkung nicht klar auszumachen sind - hierarchische Strukturen sind kein religiöses Phänomen sondern allgegenwärtig in allen Gesellschaftsformen und menschlichen Gruppen zu finden. Übrigens auch im Tierreich weit verbreitet und damit wie die Anlage zum Glauben ein biologisches Grundproblem - und wieder sind es die Religionen, die einen Versuch darstellen, das in den Griff zu kriegen. Wenn das kein christliches Anliegen ist, scheine ich die christliche Botschaft völlig falsch verstanden zu haben.

Tyrion hat geschrieben:Leichen kann man zählen - da sind Christentum und Moslems vermutlich führend.
Kunststück. Das sind ja so ziemlich die Ältesten und Größten. Glaubst du wirklich, dass das mit 2000 Jahren weltweitem Atheismus besser gelaufen wäre?
Dass man die positiven Wirkungen nicht so gut zählen kann, wie Leichen ist aber ein dürftiges Argument für so ein Urteil. Deshalb - Einspruch euer Ehren. Bessere Alternativen mit so langen Laufzeiten sind mir nicht bekannt und alternative neue Gesellschaftsstrukturen stecken noch im Hoffnungsstadium der Utopie.

Und was mich immer wieder an dir ärgert, sind diese unsäglichen Pauschalisierungen: Christentum? Da gehöre ich auch dazu und auf mein Konto gehen keine Leichen, auf das Konto der weit überwiegenden Christen auch nicht. Der größten Mehrheit der Moslems tust du mit solchen Äußerungen auch unrecht. Unrecht! Das ist das was du anprangerst. Wenn du deine Kritik präziser adressieren würdest könnten wir miteinander auskommen - aber so? "Wenn Christen diskriminieren - christliche Gewalt heute" Das geht von der Formulierung her gar nicht, das ist unterste ideologische Schublade.

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